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Veröffentlicht am 23.01.2017

Sehr guter Einblick in das streng islamische Saudi-Arabien, aber eher schacher Krimi

Wüstenblut
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Nachdem ich bereits die beiden Vorgängerromane "Die letzte Sure" und "Totenverse" von Zoë Ferraris um die Pathologin Katya Hijazi gelesen habe und in die islamische Welt Saudi-Arabiens eintauchen konnte, ...

Nachdem ich bereits die beiden Vorgängerromane "Die letzte Sure" und "Totenverse" von Zoë Ferraris um die Pathologin Katya Hijazi gelesen habe und in die islamische Welt Saudi-Arabiens eintauchen konnte, war ich gespannt auf den dritten Band der Reihe.

Als in der Wüste südlich von Dschidda in Saudi-Arabien ein Beduine ein Massengrab mit 19 Frauenlaichen entdeckt, sind die Polizeibehörden schockiert, dass in ihrem Land ein Serienmörder seit mehreren Jahren unbemerkt sein Unwesen treibt.
Ibrahim Zahrami wird als leitender Kommissar mit den Ermittlungen betraut. Unterstützung erhält er von der sehr engagierten Pathologin Katya Hijazi, die vor allem damit zu kämpfen hat, sich in der Männerdomäne Gehör zu verschaffen.

Bei den getöteten Frauen handelt es sich überwiegend um Arbeiterinnen aus Asien, die als Hausangestellte in Saudi-Arabien beschäftigt werden. Bezogen auf die Bedeutung der Zahl 19 im Koran und eine Botschaft des Mörders, die an einen Koranvers erinnert, gehen die Behörden von einem religiösen Fanatiker aus, auch wenn einzelne Ermittler die Augen vor der Wahrheit verschließen möchten, dass es sich bei dem Massenmörder um einen Einheimischen handelt.

Privat ist Zahrami besorgt um seine Geliebte Sabria Gampon, die als verdeckte Ermittlerin für die Polizei arbeitete, und plötzlich spurlos verschwunden ist. Eine Vermisstenmeldung kommt für ihn nicht in Frage, da ihm als Ehebrecher die Todesstrafe durch Enthauptung droht.

Katya ist sehr modern und möchte sich nicht in die traditionelle Rolle der Frau drängen lassen, weshalb sie beruflich und privat aneckt. Bei den Ermittlungen werden ihr durch die Kollegen solche Steine in den Weg gelegt, dass sie ihrer Arbeit aus persönlichem Ehrgeiz vermehrt in ihrer Freizeit nachgeht. Ihr Verlobter, der Spurenleser Nayir hilft ihr bei ihrer Arbeit und befindet sich damit selbst in einem Konflikt, ob er das emanzipierte Verhalten seiner zukünftigen Frau dulden kann. Katya kommen Bedenken in Bezug auf die bevorstehende Heirat, holt sie sich doch mit Nayir nur einen dritten Mann in den Haushalt, der sich bedienen lassen und zusätzlich noch ihre Nachtruhe einschränken wird.

"Wüstenblut" ist wieder ein Krimi, der den westlichen Leser sehr anschaulich in die saudi-arabische, streng muslimische Welt versetzt, deren Regeln für uns geradezu unwirklich und beklemmend sind. Man erhält erneut einen Einblick in die von Männern dominierte Gesellschaft, in der Frauen voll verschleiert sind und nicht einmal Auto oder Fahrrad fahren dürfen. Interessanterweise leiden aber nicht nur die Frauen unter der Situation und der Berücksichtigung der strengen Auslegung des Korans, sondern auch die Männer, die ihre Frauen im Alltag chauffieren müssen und keine Chance haben, eine arrangierte Ehe zu beenden.

Auch im dritten Band ist es interessant, wie Katya die auferlegten Regeln der religiösen Wächter umgeht, um ihrem Beruf voll nachgehen zu können, der ihr so viel bedeutet und wie sie damit hadert, ob sie bereit ist, sich so weit in ihrer Freiheit einzuschränken, um den Mann, den sie liebt, zu heiraten.

Der Kriminalfall ist dagegen eher schwach und die Suche nach dem Mörder sowie sein Motiv nicht ganz so spannend aufgebaut und durchdacht wie in den anderen beiden Fällen der Autorin.

Veröffentlicht am 21.01.2017

Egal ob man Guido Westerwelle zu Lebzeiten mochte oder nicht- ein ergreifendes Buch über den Menschen Westerwelle, das Mut macht

Zwischen zwei Leben
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Guido Westerwelle beschreibt in seiner Biographie die Zeit "zwischen zwei Leben": sein Leben als FDP-Politiker und Bundesaußenminister und sein Leben nach der Leukämieerkrankung.

Das Buch beginnt im ...

Guido Westerwelle beschreibt in seiner Biographie die Zeit "zwischen zwei Leben": sein Leben als FDP-Politiker und Bundesaußenminister und sein Leben nach der Leukämieerkrankung.

Das Buch beginnt im Dezember 2013 als Westerwelle noch in seiner Funktion als Außenminister die Ukraine besucht, die von inneren Unruhen geprägt ist. Zuvor hatte Präsident Wiktor Janukowytsch das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnet.

Es ist eine der letzten Dienstreisen von Westerwelle, der sein Amt aufgrund der herben Stimmenverluste der FDP bei der Bundestagswahl im September 2013 abgeben muss. Er ist nicht resigniert, sondern vielmehr enttäuscht darüber, was aus den Liberalen geworden ist. Die bevorstehende ruhigere Zeit möchte er zusammen mit seinem Mann Michael Mronz verbringen und diese mit einem Urlaub auf seiner geliebten Insel Mallorca einläuten. Anschließend möchte er sich der "Westerwelle Foundation", einer Stiftung für internationale Verständigung, widmen.

Westerwelle genießt die unbeschwerte Zeit auf Mallorca ohne Verpflichtungen und Termine, feiert dort Weihnachten mit seinem Mann, nur das rechte Knie bereitet ihm Probleme. In Deutschland möchte er seinen kaputten Meniskus operieren lassen, erhält jedoch bei einer Blutuntersuchung die niederschmetternde Diagnose Leukämie. Westerwelle hat Glück, dass die Erkrankung so früh erkannt wurde, dennoch beginnt ein körperlicher und seelisch belastender Leidensweg, bis im September 2014 ein geeigneter Spender für die Stammzellentransplantation gefunden ist.

Egal wie man zu Guido Westerwelle als Politiker bzw. Person des öffentlichen Lebens stehen mag, in "Zwischen zwei Leben" lernt man den Menschen Westerwelle kennen, der die Sympathien des Lesers leicht gewinnt und der mit Hilfe des Journalisten Dominik Wichmann seinen Schicksalsschlag der Krebserkrankung berührend und eindringlich erzählt. Er schildert einerseits den Verlauf der Erkrankung, die Möglichkeiten der Therapie und vor allem ganz offen, wie er sich fühlte und wie froh er war, die Unterstützung durch seinen Mann und seine Freunde zu erfahren und die Versorgung durch vertrauenerweckende Ärzte zu haben. Gleichzeitig gibt er in Rückblenden Einblicke in sein Leben als Politiker, die Hürden, die er als Homosexueller umschiffen musste, und in sein Verhältnis zu Angela Merkel, die er sehr schätzt.

Mit dem Buch möchte Westerwelle Mut machen, sowie ihm nach Erhalt der Diagnose und der schweren Zeit der Erkrankung selbst von Fremden immer wieder Mut gemacht wurde. Er betont, wie wichtig es ist, zu kämpfen, zuversichtlich zu bleiben und niemals aufzugeben. Gleichzeitig erinnert er daran, wie kurz das Leben sein kann und dass man es mit allen Facetten genießen sollte, solange es geht.

Umso trauriger ist es, dass Westerwelle nur ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus nach der erfolgten Stammzellentransplantation und kurz nach der Veröffentlichung seines so optimistischen Buches wieder stationär behandelt werden musste und am 18. März 2016 den schweren Folgen der Leukämie erlag.

Veröffentlicht am 18.01.2017

Roman um Familie, Freundschaft, Liebe und Vergangenheitsbewältigung - gelungene Mischung aus Emotionen, Humor und Spannung

Wo dein Herz zu Hause ist
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Harri Ryan wollte an ihrem 30. Geburtstag vor den Traualtar treten, um ihren Verlobten James zu ehelichen, aber wie schon beim ersten Versuch vor wenige Monaten kommt auch Harri erneut kurz vor dem Termin ...

Harri Ryan wollte an ihrem 30. Geburtstag vor den Traualtar treten, um ihren Verlobten James zu ehelichen, aber wie schon beim ersten Versuch vor wenige Monaten kommt auch Harri erneut kurz vor dem Termin eine Panikattacke und muss ins Krankenhaus.
James ist verletzt und fühlt sich vor Freunden und Verwandten gedemütigt, weshalb er Abstand von Harri braucht und aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Harri zweifelt an sich, aber nicht an ihrer Liebe zu James, weiß aber nicht, was mit ihr los ist.
Als sich ihr Zwillingsbruder George daran erinnert, dass Harri bereits als Kind mit Panikattacken zu kämpfen hatte und sich wundert, dass ihre Eltern gegenüber den Ärzten darüber schweigen, erhöht sich der Druck auf Gloria und Duncan, endlich die Wahrheit zu sagen.

"Wo dein Herz zu Hause ist" ist keine Liebeskomödie über eine "Braut, die sich nicht traut", sondern schildert das tragische Schicksal einer jungen Frau, das auch noch Auswirkungen auf die nächste Generation haben soll.
Der Roman ist zu einem Großteil in der Gegenwart aus Sicht von Harri verfasst. In Form von Tagebucheinträgen wird der Leser nach jedem Kapitel in die Jahre 1975/76 versetzt. Die 16-jährige Liv schildert ihren Alltag, der geprägt ist von der Brutalität ihres Stiefvaters, der ständigen Angst um sich und ihre Mutter. Schöne Momente erlebt sie jedoch mit ihrer großen Liebe Matthew.
Im Verlauf des Romans fügen sich nach und nach die beiden Erzählstränge zusammen, bis der Leser erkennt, welche Verbindung es zwischen Harri und Liv gibt.

Nachdem ich bereits den Bestseller "Die letzten Tage der Rabbit Hayes" von Anna McPartlin gelesen habe und ich die positiven Rezensionen nicht unbedingt nachvollziehen konnte, hat mich die Autorin dagegen mit "Wo dein Herz zu Hause ist" von ihrem Schreibtalent überzeugt. Anna McPartlin erzählt eine Familientragödie, die emotional bewegt und gleichzeitig mit Spannung um ein wohlgehütetes Familiengeheimnis aufwartet. Harri muss erst ihre Vergangenheit aufklären, um sich selbst zu finden, um bindungsfähig zu werden.

Die Geschichte ist zudem abwechslungsreich und unterhaltsam, da sie sich nicht nur um Harris Schicksal dreht, sondern auch um das Leben ihres Bruders und das ihrer Freunde, die jeder in anderen Beziehungskrisen stecken.
Eine gelungene Mischung aus Emotionen, Humor und Spannung machen "Wo dein Herz zu Hause ist", einem Roman um Familie, Freundschaft, Liebe und Vergangenheitsbewältigung zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 16.01.2017

Keine Liebeskomödie, sondern Rückblicke eines Losers auf sein Scheitern bei Frauen und als Lyriker

Emma, der Kaktus und ich
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"Emma der Kaktus und ich" ist ein Roman, von dem ich mir aufgrund des Klappentextes eine romantische Liebesgeschichte um einen sympathischen Tollpatsch vorgestellt habe.
Tatsächlich handelt der Roman ...

"Emma der Kaktus und ich" ist ein Roman, von dem ich mir aufgrund des Klappentextes eine romantische Liebesgeschichte um einen sympathischen Tollpatsch vorgestellt habe.
Tatsächlich handelt der Roman von dem Langzeitstudenten und Möchtegernschriftsteller Gerd, der aus seinem vom exzessiven Alkoholkonsum geprägten Leben als Noch-immer-Jungfrau berichtet, bevor er Emma begegnete.

Kennenlernen und Entwicklung der jungen Liebe spielen im Buch selbst keine Rolle, vielmehr ist gleich zu Beginn Schluss und Gerd von Emma vor die Tür gesetzt.
Er erinnert sich sodann episodenhaft an seine (gescheiterten) Versuche, eine Freundin zu finden oder Verlage für seine Lyrik und Kurzgeschichten zu finden. Eine peinliche Situation nach der anderen wird aneinandergereiht bis Gerd aufgrund seines "schwarzen Daumens" Gärtnerin Emma im Botanischen Garten anspricht, die seinen Kaktus und später ihn selbst vor dem Selbstmord retten soll.

Der Kaktus ist ein Symbol für das Scheitern Gerds, der es sogar - wenig überraschend - schafft, einen Kaktus vertrocknen zu lassen.
Auch wenn man über so manche Anekdote aus der Vergangenheit, die jedoch überwiegend unter der Gürtellinie stattfinden, schmunzeln kann, fehlte mir eine stringente Handlung. Das Zusammenkommen mit Emma, Verlobung, Baby - werden nur kurz erwähnt und scheinen sich auch Knall auf Fall ereignet zu haben, was zu dem bisherigen Loser nicht so wirklich passte. Zudem machte Emma einen minderbemittelten Eindruck auf mich, wobei ich nicht weiß, ob das vom Autor tatsächlich so beabsichtigt war.

Der Roman ist nicht nur aufgrund der Kürze, sondern auch aufgrund des rasanten Schreibstils in kurzen Sätzen zügig und kurzweilig zu lesen. Meinen Erwartungen hat der Roman dennoch nicht entsprochen.

Veröffentlicht am 16.01.2017

Fesselnder, sehr moderner Psychothriller über die Macht der modernen (Social) Media

Alleine bist du nie
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Als Zoe Walker auf dem Weg von ihrer Arbeit bei einem Immobilienmakler in Londoner U-Bahn nach Hause sitzt, fällt ihr eine Chiffre-Anzeige in der London Gazette auf, die mit ihrem Foto für eine Erotik-Hotline ...

Als Zoe Walker auf dem Weg von ihrer Arbeit bei einem Immobilienmakler in Londoner U-Bahn nach Hause sitzt, fällt ihr eine Chiffre-Anzeige in der London Gazette auf, die mit ihrem Foto für eine Erotik-Hotline wirbt. Zunächst ungläubig, stellt sie später fest, dass es sich tatsächlich um ein auf Facebook veröffentlichtes Foto von ihr handelt, das mit ihrem Profil verknüpft ist.

Auch andere Frauen werben ohne ihr Wissen für die ominöse Hotline, unter deren Rufnummer niemand zu erreichen ist. Als die ersten Frauen (Sexual-)delikten und tödlichen Verbrechen zum Opfer fallen, nimmt auch die Polizei die Ängste Zoes ernst und intensiviert die Ermittlungen, die zu einer Website führen, deren Betreiber es zu identifizieren gilt.

Zoe fühlt sich auf ihren Arbeitswegen in der U-Bahn inzwischen permanent verfolgt und kann sich nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren. Ihre Panik geht sogar so weit, dass sie damit beginnt, den Täter in ihrem persönlichen Umfeld zu vermuten. Sie verdächtigt einerseits ihren Lebensgefährten Simon, der ihr lange verheimlicht hat, seine Arbeitsstelle als Journalist verloren zu haben. Andererseits misstraut sie auch dem neuen, älteren Freund Isaac ihrer Tochter Katie, dessen schmeichelhafte Art Zoe zuwider ist.

Die junge Ermittlerin Kelly Swift, die aufgrund eines persönlichen Fehlers in der Vergangenheit degradiert wurde und für die Aufklärung von Delikten in der U-Bahn zuständig ist, erkennt als erstes Zusammenhänge der Übergriffe auf Frauen mit den verübten Morden. Sie drängt darauf, bei der Aufklärung der Mordfälle mitarbeiten zu dürfen und erhält eine zweite Chance für ihre Karriere.

Der Thriller fesselt von Anbeginn, da man sich als Leser(in) sehr gut in die Situation von Zoe einfinden kann. Sie ist einem Bedrohungsszenario ausgesetzt, mit dem jeder durch den wachsenden Einfluss der modernen Medien konfrontiert werden kann. Am Anfang könnt es sich noch um einen Fall von Stalking handeln, aber als der erste Mord passiert, ist klar, dass die Bedrohung für Zoe nicht nur real, sondern tatsächlich tödlich sein könnte.

Neben Zoe ist die Ermittlerin Kelly die zweite Protagonistin, aus deren Perspektive "Alleine bist du nie" wechselseitig geschrieben ist. Bei den Ermittlungen spielen auch ihre Erfahrungen aus der Vergangenheit und ihr familiärer Hintergrund eine Rolle, so dass man auch Einblick in das Privatleben der Ermittlerin erhält.

Neben der laufenden Handlung wird auch die Sicht des Täters in kurzen Kapiteln bedrohlich eingeflochten: "Du tust jeden Tag das Gleiche. Du weißt genau, wohin du willst. Ich auch. [...] Ich sehe dich. Aber du siehst mich nicht." Er scheint allgegenwärtig zu sein, ohne dass die potenziellen Opfer etwas bemerken.

Im Verlauf des Buches wird der Leser immer wieder auf falsche Fährten gelenkt, bis erst am Ende klar ist, wer der Täter ist, so dass die Spannung kontinuierlich aufgebaut und aufrechterhalten wird.
Ganz am Ende erschreckt die Autorin den Leser gekonnt mit einem Überraschungsmoment, denn "Alleine bist du nie..."

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