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Veröffentlicht am 04.03.2025

Mit Herz und Witz

Ungeheuer schleimig (Band 2)
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Grüner Schleim ist nicht nur eklig, findet Ludwig, sondern vermutlich auch das äußerst sichtbare Anzeichen einer Krankheit. Daher macht er sich große Sorgen um sein lilafarbenes Monster, das Unmengen an ...

Grüner Schleim ist nicht nur eklig, findet Ludwig, sondern vermutlich auch das äußerst sichtbare Anzeichen einer Krankheit. Daher macht er sich große Sorgen um sein lilafarbenes Monster, das Unmengen an Schleim produziert. Wie kann er ihm helfen? Gemeinsam mit seiner kleinen Schwester Carla begibt er sich in Professor Schuhmanns Labor, um ein Medikament für "Prinzessin Knuddelwuff" alias "Lupus brutalicus“zu finden - gar nicht so leicht und obendrein nicht ungefährlich…
In gewohnt lockerem Ton und sprachlich auf ihr junges Lesepublikum ausgerichtet erzählt Kaiblinger die Geschichte von Ludwig, Carla und ihrem lebendigen Mülltonnenfund, den sie heimlich adoptiert haben und nun liebevoll pflegen. Die Autorin spricht stets aktuelle Themen an wie Wissensdurst und Umwelt, Freundschaft und Zusammenhalt, ohne die Probleme nicht so einfach bewältigt werden können. Mit viel Humor und ohne pädagogischen Zeigefinger werden sie als selbstverständliche Werte in den Roman integriert.
Die frechen Illustrationen von Der Anton greifen Kaiblingers Witz auf und setzen ihre Ideen fantasievoll grafisch um. Die comicartigen Bilder unterstreichen den Text der Geschichte und wirken wie das sprichwörtliche i-Tüpfelchen.
Auch Kinder, die eher „Lesemuffel“ sind, werden sich bestimmt von der bunt-saloppen Aufmachung des Buches überzeugen lassen.

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Veröffentlicht am 24.02.2025

Musik und Gefühle

Für Polina
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Hannes ist das ungewöhnliche Kind einer unkonventionellen jungen Mutter. Er zeigt autistische Züge und ist ganz auf das (ruhige) Leben mit Mama Fritzi und dem vertraulichen Zusammensein mit Polina, der ...

Hannes ist das ungewöhnliche Kind einer unkonventionellen jungen Mutter. Er zeigt autistische Züge und ist ganz auf das (ruhige) Leben mit Mama Fritzi und dem vertraulichen Zusammensein mit Polina, der gleichaltrigen Tochter von Fritzis Freundin, eingestellt. Sein ganz besonderes musikalisches Talent und seine Kreativität mag er nicht in der Öffentlichkeit präsentieren. Dass er dennoch als Erwachsener Konzerte gibt, geschieht nicht der Gage wegen, sondern aus Liebe - und Verzweiflung.

Würger wählt für seinen Roman einen ruhigen, sachlichen Stil, passend zum Charakter seines Protagonisten; denn nüchtern und kommentarlos beobachtet Hannes seine Umwelt und reagiert auf sie. Der Autor schreibt einfühlsam, bleibt dabei aber distanziert und wird niemals melodramatisch. Er greift mehrere Themen auf, doch Freundschaft und Liebe stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Um sie und die (Klavier-)Musik dreht sich alles in Hannes´ Leben. Was er nicht in Worten ausdrücken kann, das sagt er mit seiner Musik - und niemand kann ihrer Kraft widerstehen.

„Für Polina“ erweist sich als eindrucksvoller Roman, dessen Protagonist nicht so leicht in Vergessenheit gerät; wirklich lesenswert.

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Veröffentlicht am 24.02.2025

Familie und Politik

Russische Spezialitäten
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Seit seiner Kindheit leben Dmitrij und seine Familie als Spätaussiedler in Sachsen und haben sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Ihr Магазин, ein kleines Geschäft mit ukrainischen und russischen Spezialitäten, ...

Seit seiner Kindheit leben Dmitrij und seine Familie als Spätaussiedler in Sachsen und haben sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Ihr Магазин, ein kleines Geschäft mit ukrainischen und russischen Spezialitäten, gibt ihm ein Gefühl der Wärme und Sicherheit, bedeutet für ihn einen Rückzugsort vor den rechtsextremen Anfeindungen der neuen Umgebung. Er liebt Kiew und vor allem seine Muttersprache Russisch, die er "inhaliert".
Doch als der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ausbricht scheint ihm die Sprache das einzige zu sein, das ihn mit seiner Mutter noch verbindet; denn ihre unterschiedlichen politischen An- und Einsichten führen zu Streit. Sie bezichtigt - von russischen Propagandafilmen beeinflusst - die Ukraine als Aggressor und hält ihren Sohn für deutsch geprägt. Ob es Dmitrij gelingt, sie mit einer Reise ins Kriegsgebiet nach Kiew zu einer anderen Einstellung zu bewegen?

Ironisch und doch warmherzig schildert Kapitelman ein (stets aktuelles) Dilemma, das sicher in vielen Familien für Probleme sorgt oder sie gar spaltet: Streit um gegensätzliche politische Einstellungen. Bei aller Problematik bleibt er jedoch unterhaltsam und wunderbar lesbar.
Unaufdringlich, aber dezidiert reflektiert der Autor über die Kraft von Sprache, ihre Facetten, über Verbindendes und Trennendes. Seine Liebe zu Sprache und ihren Möglichkeiten, sich zu verständigen zeigt sich deutlich in seinem Roman: Er spielt selbst mit der Sprache und bedient sich gern auch eigener Wort-Kreationen; was seinen Schreibstil frisch und individuell macht.
Mit „Russische Spezialitäten“ trifft Kapitelman sicher einen Nerv seiner Leserschaft. большо́е спаси́бо!

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Veröffentlicht am 10.10.2024

"Das Buch Hanna"

Ein anderes Leben
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Mit dem aufschlussreichen Titel “Das Buch Hanna“ bezeichnet Caroline Peters die Erinnerungen ihrer Mutter. Denn Hanna hat ihre eigene Sicht auf ihre Vergangenheit, die bisweilen erheblich von der ihrer ...

Mit dem aufschlussreichen Titel “Das Buch Hanna“ bezeichnet Caroline Peters die Erinnerungen ihrer Mutter. Denn Hanna hat ihre eigene Sicht auf ihre Vergangenheit, die bisweilen erheblich von der ihrer Töchter abweicht.
Sehr sensibel spürt die Autorin dem Leben ihrer Mutter nach. Sie begegnet deren Wünschen, die oft im Widerspruch zu den Erwartungen der bürgerlichen Gesellschaft der Siebziger Jahre stehen, mit dem Verständnis der inzwischen erwachsenen Tochter und begreift, wie stark die Doppelrolle der Frauen jener Zeit ihre Mutter belastet hat. Hausfrau, Ehefrau, Mutter und eine Karriere als Schriftstellerin - das ist kaum in Einklang zu bringen.
Erst am Grab ihres Vaters ist Peters bereit, über Hanna nachzudenken, die zu jener Zeit schon einige Jahre nicht mehr am Leben ist. Sie erzählt in leichtem Ton, wunderbar lesbar und sehr humorvoll, doch der Leser spürt die leichte Wehmut dahinter.
Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich hier auf eigene Weise. Aus dem „Buch Hanna“ und den oft konträren Erinnerungen der drei Schwestern setzt sich schließlich ein Bild ihrer Mutter zusammen: einer klugen Frau, die den gesellschaftlichen Erwartungen ihrer Zeit entsprechen, aber ebenso sehr ein autarkes Leben als Künstlerin führen will und beinahe daran zerbricht.
Einfühlsam und nachdenklich - ein überzeugendes Romandebüt von Caroline Peters!





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Veröffentlicht am 15.09.2024

Sensibler Jugendroman

Unser Buch der seltsamen Dinge
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Einen Serienmörder fangen? Die zwölfjährige Miv traut sich das ohne weiteres zu, natürlich gemeinsam mit ihrer Freundin Sharon. Auslöser für diese Idee ist die Ankündigung ihres Vaters, aus Yorkshire fortzuziehen. ...

Einen Serienmörder fangen? Die zwölfjährige Miv traut sich das ohne weiteres zu, natürlich gemeinsam mit ihrer Freundin Sharon. Auslöser für diese Idee ist die Ankündigung ihres Vaters, aus Yorkshire fortzuziehen. Doch ihre vertraute Umgebung will Miv nicht verlassen, erst recht nicht ihre beste Freundin. Vielleicht wird die Familie bleiben, wenn der Yorkshire-Ripper gefasst ist, der seit einiger Zeit die Menschen in Angst versetzt? Miv beginnt Merklisten zu schreiben, und eine nicht ungefährliche Recherche beginnt…
Jenny Godfrey siedelt ihren Roman in einer kleinen Industriestadt Yorkshires an, Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. In flottem, wirklich sehr gut lesbarem Stil entführt sie uns in eine Zeit, die einige von uns noch aus ihrer Kindheit kennen; eine Zeit, in der Vorurteile, Intoleranz, Ausgrenzung und offene Rassendiskriminierung an der Tagesordnung waren. In dem typischen Kleinstadtklima, von dem die Autorin so packend erzählt, dringen Probleme, die in der Familie auftreten, nicht nach außen, getratscht wird dennoch. Die genauen Beobachtungen der Freundinnen (motiviert durch ihre Liste) führen dem Leser die Menschen ihrer Umgebung konkret vor Augen - ihre Außenwirkung und den Blick hinter die Fassade. Da gibt es Brutalität, Gewalt und heimliche Laster; aber auch Mut, Hilfsbereitschaft, und wahre Freundschaft. Bei allen Problemen siegt dennoch der Optimismus der Jugend und stärkt die jungen Leute. Sehr einfühlsam und authentisch hat Godfrey die Charaktere angelegt, besonders die Protagonistin Miv, aus deren Sicht der größte Teil des Romans erzählt wird.
Vor dem Hintergrund der Yorkshire Ripper-Morde (die es tatsächlich gab) spiegelt Godfreys Buch auf durchaus unterhaltsame Weise die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse der 70er Jahre und lädt diskret dazu ein, diese mit unseren aktuellen Umständen zu vergleichen und zu reflektieren.

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