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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.08.2022

Vorhersehbar, viel Drama, aber angenehmer Schreibstil

A Place to Love
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Nach dem Tod ihres Vaters verlässt June ihren Studienort Portland und kehrt in ihre Heimat Colorado zurück, wo sie sich nun um den Familienbesitz, die Obstfarm, kümmert. In Portland lässt sie auch ihre ...

Nach dem Tod ihres Vaters verlässt June ihren Studienort Portland und kehrt in ihre Heimat Colorado zurück, wo sie sich nun um den Familienbesitz, die Obstfarm, kümmert. In Portland lässt sie auch ihre große Liebe Henry zurück. Dieser steht nun plötzlich vor ihr und möchte die Scheidung. Nicht nur June ist überrascht, auch ihre Mutter und ihre Schwestern können ihren Ohren nicht trauen, weil sie nie etwas von einer Hochzeit gehört haben.
Um die Scheidungsangelegenheiten zu klären, verweilt Henry einige Tage auf der Farm, wohnt den Familien-Abendessen bei, packt bei alltäglichen Aufgaben an und kommt June langsam wieder näher. Beide müssen sich die Frage stellen, ob ihre Liebe noch Bestand hat und sie aufgrund ihrer Familienbesitze wieder eine langfristige Beziehung führen können.

Den Schreibstil, die lockere und unterhaltsame Art von Lilly Lucas mochte ich sehr gern. Gerade zu Beginn wirkte alles recht unbefangen und leichtlebig trotz der Thematik von Krankheit und Tod der Eltern. Doch spätestens als June und Henry sich wieder annähern, hat sich die Atmosphäre für mich verändert. June ist dann total verkrampft, eifersüchtig und kontrollierend. Aus meinen Augen werden hier ganz viele Klischees und Stereotype thematisiert, obwohl June zu Beginn als eigenständige, verantwortungsvolle und resiliente Frau dargestellt wird. Plötzlich klammert sie und macht alles in ihrem Leben und ihrem Alltag abhängig von der Liebe und der Aufmerksamkeit eines Mannes. Auch die Art, wie über Henrys (Ex-)Freundin geschrieben wird, konnte ich nur mit kritischem Blick lesen.
Neben dem liebesdusseligen Verhalten hat mich auch das ewige Hin und Her zwischen Henry und June genervt. Alles war dramatisch und wirkte unüberwindbar - zum Ende hin war dann plötzlich eine Lösung da, für ein Problem, an dem June monatelang nagte und fast vieles aufgegeben hätte.

Dass die Handlung in solchen Romanen vorhersehbar ist und es viel Drama gibt, ist mir klar. Dennoch war mir das hier an vielen Stellen zu viel, gerade in Kombination mit der Reproduktion der sexistischen Zuschreibungen der Figuren. Dennoch mochte ich den Schreibstil der Autorin sehr und würde prinzipiell auch weitere Bücher von ihr lesen - eventuell dann mit einer anderen Erwartungshaltung.

Veröffentlicht am 31.07.2022

Melacholie und niederbayerische Kleinstadt

Das Marterl
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Nach zehn Jahren kehrt der Protagonist zurück in seine Heimatstadt A. in Niederbayern. Dort ist er nicht nur aufgewachsen, sondern hat damals auch seinen Vater bei einem Motorradunfall verloren. Nun kehrt ...

Nach zehn Jahren kehrt der Protagonist zurück in seine Heimatstadt A. in Niederbayern. Dort ist er nicht nur aufgewachsen, sondern hat damals auch seinen Vater bei einem Motorradunfall verloren. Nun kehrt er zurück, um sich an die Zeit damals und vor allem an seinen Vater zu erinnern.

Johannes Laubmeier hat einen poetischen, melancholischen und verdichteten Schreibstil, sodass die Lektüre anspruchsvoll war. Das wird unter anderem von den Zeiten- und Ebenenwechseln untermalt. Während der Protagonist einerseits aus der Gegenwart erzählt, recherchiert und die Traditionen und Folklore seiner niederbayerischen Kleinstadt erlebt, wird andererseits aus der Vergangenheit, in Form von Erinnerungen erzählt. Die wirken, als sollen sie die kindliche Wahrnehmung darstellen, enthalten viel Symbolik und darin wird der Protagonist lediglich als "der Junge" bezeichnet.

Mir fiel es tatsächlich schwer, konzentriert am Ball zu bleiben. Obwohl ich viele Beschreibungen als sehr angenehm und humorvoll empfand, hatten andere Kapitel oftmals Längen, waren irgendwie zäh und schwergängig. Die zahlreichen poetischen Ziatate von Olson haben meinen Lesefluss ebenfalls erschwert - oft fehlte mir da der direkte Zusammenhang bzw. habe ich mich rausgerissen gefühlt.

Ein besonderes Buch, das sehr viel Zeit und Anstrengung brauchte, dennoch die Formen der Erinnerung und Verdrängung bildhaft darstellt.

Veröffentlicht am 31.07.2022

Ermutigend für Betroffene

Echt ist mein Perfekt
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DominoKati macht 2019 ihre Krankheit Lipödem auf ihrem YouTube-Account öffentlich und schildert in "Echt ist mein Perfekt" ihren Kranhkeits- und Heilungsweg.

Das Buch setzt in der Kindheit bzw. frühen ...

DominoKati macht 2019 ihre Krankheit Lipödem auf ihrem YouTube-Account öffentlich und schildert in "Echt ist mein Perfekt" ihren Kranhkeits- und Heilungsweg.

Das Buch setzt in der Kindheit bzw. frühen Jugend ein, thematisiert die "dicken Beine", die Kati während der Pubertät bekommt und wegen der sie sehr unsicher ist, sich sogar schämt. Weiter geht es über ihre Anfänge auf YouTube, begleitet von zahlreichen Diäten, Wegen, ihre Beine zu verstecken, über ihre Zeit in den USA, einem Schub neuer Symptome in Form rascher Zunahme an den Beinen und den Armen bis hin zum Erkennen des Krankheitsbildes, der ärztlichen Beratung, der Operationen und der anschließenden monatelangen Heilung des Körpers.

Ich denke, gerade für Katis Zuschauer*innen ist das Buch nochmal eine tiefere Einsicht in ihren Weg, ihre Gedanken und Gefühle zur Krankheit. Doch auch für Betroffene und Interessierte am Lipödem bietet das Buch sehr viele Informationen, macht auf Symptome aufmerksam und sorgt sicherlich dafür, dass das Lipödem in immer mehr Köpfen als Krankheit wahrgenommen und bewusst wird.

Der Schreibstil ist locker, flüssig und man hat fast das Gefühl, als würde Kati zu einer Freundin/einem Freund sprechen. Was mir besonders gut gefallen hat sind die Ergänzungen der Ärztin und Schilderungen von Betroffenen, die von ihren eigenen Erfahrungen sprechen.

Ein gutes Buch, das mir mehr Wissen über das Lipödem beschert hat!

Veröffentlicht am 17.07.2022

Starke Impulse zum Thema Freundschaft und Verbundenheit

seelenverwandt
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In sehr ruhigem, einfühlsamen und irgendwie vertrautem Ton schreiben Ronald Schweppe und Aljoscha Long in "Seelenverwandt" über die verbindenden und fundamentalen Aspekte von Freundschaft. Sie unterteilen ...

In sehr ruhigem, einfühlsamen und irgendwie vertrautem Ton schreiben Ronald Schweppe und Aljoscha Long in "Seelenverwandt" über die verbindenden und fundamentalen Aspekte von Freundschaft. Sie unterteilen den Freundschaftsbegriff in unterschiedliche Typen, untermauern ihre Äußerungen mit Meditationsübungen und (spirituellen) Erzählungen, die das Geschriebene untermauern und einen gewissen Praxisbezug herstellen bzw. die eigene Reflexion ankurbeln. Zur tiefen, verbindenden Freundschaft gehören auch die Aspekte Gesundheit, Glück, Achtsamkeit, Selbstliebe, Mitgefühl und Vertrauen, was immer wieder zur Geltung kommt.

Was mir sehr gut gefallen hat: Das Autorenduo stellt hier kein richtig oder falsch in Bezug auf Freundschaft auf, sondern dröselt die Werte, Erwartungen und Qualitäten von Freundschaften auf, gibt Impulse zum Nachdenken über die eigenen Freundschaften und gibt Anregungen zum Schließen neuer Freundschaften und dem Bewahren bereits bestehender Freundschaften.

Für mich eine wohltuende Lektüre, die mich bestärkt hat und von der ich einige Impulse mitnehmen konnte!

Veröffentlicht am 17.07.2022

Hervorragende Anthologie

Tatort Nord
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Mit 23 Kurzkrimis, die allesamt im Norden zwischen Hamburg und den Küstengebieten spielen, haben mir sowohl die Herausgeberinnen als auch die sehr vielfältigen Autorinnen spannende Lesestunden beschert. ...

Mit 23 Kurzkrimis, die allesamt im Norden zwischen Hamburg und den Küstengebieten spielen, haben mir sowohl die Herausgeberinnen als auch die sehr vielfältigen Autorinnen spannende Lesestunden beschert. Jeder Kurzkrimi ist in und für sich besonders und konnte mich fesseln, mich an den Tatort und in die Figuren hineinsaugen. Während ich bei einigen Fällen recht früh ahnte, worauf sie hinauslaufen, trafen mich andere Auflösungen völlig überraschend. Das Spektrum der Kurzkrimis reicht von spannend über düster, schwarzhumorig, clever, aufregend, angsteinflößend bis hin zu absurd oder gar fantastisch - alles im Positiven Sinn!

Abgesehen von den spannenden Lesemomenten hat mir "Tatort Nord" auch eine ganze Palette an interessanten und ansprechenden Autorinnen beschert, dessen weitere Publikationen und Ermittlerteams ich mir definitiv ansehen werde, um hoffentlich die ein oder andere Figur noch einmal zu treffen!

Eine hervorragende Anthologie, in der sicherlich jeder Krimifanin auf seine*ihre Kosten kommt!