Der Fluch der Rosens
Das Erbe der Rosenthals1939. Die Rosenthals sind eine wohlhabende jüdische Familie in Berlin. Zur Zeit des immer schlimmer werdenden Nationalsozialismus versucht Max Rosenthal eine Ausreisegenehmigung für seine Frau Alma und ...
1939. Die Rosenthals sind eine wohlhabende jüdische Familie in Berlin. Zur Zeit des immer schlimmer werdenden Nationalsozialismus versucht Max Rosenthal eine Ausreisegenehmigung für seine Frau Alma und die 11-jährige Tochter Hannah zu bekommen. Die Lage spitzt sich immer mehr zu und die einzige Chance, die noch besteht das Land zu verlassen, ist eine Passage auf der St. Louis nach Kuba. Von dort wollen die Rosenthals weiter in die USA. Doch noch während der dreiwöchigen Schiffsreise ändert Kuba seine Meinung und die Visabedingungen. Die St. Louis darf zwar vor Kuba anlegen, doch die 937 Passagiere dürfen das Schiff nicht verlassen. Plötzlich werden nur mehr Dokumente, die vom kubanischen Außenministerium ausgestellt wurden, akzeptiert. Nur 22 Flüchtlinge dürfen das Schiff verlassen, darunter sind Hannah und ihre schwangere Mutter Alma. Max Rosenthal und Hannah's Freund Leo müssen an Bord bleiben. Auch die USA und Kanada weisen die deutschen Flüchtlinge ab und so steht den restlichen 900 jüdischstämmigen Menschen eine Rückreise nach Deutschland und der sichere Tod bevor. Kurz vor ihrer Ankunft genehmigte die belgische Regierung die Landung in Antwerpen und die Flüchtlinge wurden auf Belgien, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien verteilt. Die Meisten davon entkamen dem KZ trotzdem nicht...
2014. Im zweiten Handlungsstrang lernen wir die gleichaltrige Anna kennen, deren Vater beim Terroranschlag am 11. September ums Leben kam. Ihre Mutter war zu dieser Zeit gerade schwanger und Anna lernte ihren Vater Louis nie kennen. Sie weiß nur, dass er aus Kuba stammt und von seiner Tante großgezogen wurde. An ihrem 11. Geburtstag erhält Anna Post aus der Karibik. Hannah, die 87-jährige Tante ihres Vaters schickt ihr einen Umschlag mit Fotos ihres Vaters. Daraufhin reisen Anna und ihre Mutter nach Kuba um Hannah kennenzulernen und mehr über ihren Vater und dessen Familie zu erfahren…
Die Handlung wird in drei Teilen und auf zwei Zeitebenen erzählt. Ein Strang beschreibt das Leben von Hannah von 1939 bis zur Gegenwart, der andere ergänzt die Geschichte mit der Erzählung von Anna im Jahr 2014. Am Ende vereinen sich die beiden Handlunsgstränge und Zeitebenen.
Der Roman besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil erzählen die beiden gleichaltrigen Mädchen Hannah und Anna aus ihrer Sicht. Die Mütter der Beiden sind depressiv und auch die ähnlichen Namen haben es mir anfangs etwas schwer gemacht. Während Annas Mutter den Tod ihres Mannes verdrängt, der am 11. September 2001 nach dem Terroranschlag auf die Zwillingstürme nicht mehr nach Hause kommt, ist Hannahs Mutter Alma eine sehr selbstsüchtige Frau. Sie kommt aus reichem Haus und sieht die Flucht als Demütigung an. Ihre hochnäsige Art und ihr Auftreten, die einer Diva gleichkommt, konnte bei mir keinerlei Sympathien erwecken. Sie erkennt weder die Gefahr, die von den Nationalsozialisten ausgeht, noch ist sie Hannah eine Hilfe, die nicht versteht, warum sie als schmutzige Jüdin beschimpft wird. Sowohl Hannah, als auch Anna sind mehr oder weniger sich selbst überlassen.
Der zweite Teil erzählt von der Schiffsreise und war für mich der spannendste Part. Hier erfahren wir wie den jüdischen Flüchtlingen die Einreise nach Kuba verwehrt wird. Ebenso fand hier kein Wechsel zwischen den Erzählungen der beiden Mädchen statt, sondern es wird nur aus der Sicht von Hannah erzählt. Die wahre Begebenheit der Irrfahrt der St. Louis und dass Kuba plötzlich seine Meinung änderte, hat mich zutiefst schockiert. Der Kapitän des Schiffes versuchte alles menschlich mögliche seine Passagiere an Land zu bringen, hatte aber keine Chance.
Im dritten Teil, dem längsten des Buches, treffen Anna und ihre Mutter in Kuba ein. Hannah lebt sehr zurückgezogen und sie ist überglücklich ein lebendes Familienmitglied der Rosenthals oder Rosens gefunden zu haben.
In diesem Teil erfahren wir, wie es Hannah und ihrer Mutter nach ihrer Ankunft auf der Karibikinsel ergangen ist. Nicht nur die Familiengeschichte wird hier sehr genau erzählt, sondern auch die politischen Hintergründe. Man erhält Einblicke in die Geschichte Kubas, die Revolution, die Enteignung und den Umsturz, sowie die darauffolgende Diktatur. Obwohl die Zeit in Kuba der seitenreichste Teil des Buches war, hätte ich mir hier neben den politischen Ereignissen noch ein paar mehr Details aus Hannahs und Louis Leben gewünscht.
Sowohl Anna, als auch Hannah wirken in diesem Roman in keinster Weise wie 12-jährige Mädchen. Die Sprache und ihre Gedanken wirken erwachsen und selten kindlich. So fand ich die beiden Mädchen nicht wirklich authentisch. Bei Hannah kann man noch sagen, dass sie durch den bevorstehenden Kriegsbeginn und ihrem Freund Leo, der aus dem Armenviertel stammt, etwas Einblick in die Gefahren der Judenverfolgung erfahren hat und dadurch erwachsener wirkt. Doch bei Anna, die wohlbehütet in New York aufwächst, trifft dies nicht zu.
Auch den restlichen Schreibstil fand ich nicht ganz rund. Es werden einige unwichtige Dinge sehr detailliert erzährt, während man von den beiden Vätern nicht wirklich viel erfährt. Die Frauen spielen hier eindeutig die Hauptrolle. Die Erzählung aus der Sichtweise eines 12-jährigen Mädchen (Hannah feiert auf dem Schiff ihren 12. Geburtstag) ist dem Autor nicht ganz gelungen und die Geschichte wirkt des öfteren sehr einseitig. Als Erstlingswerk ist der Roman allerdings vielversprechend und die historischen und politischen Fakten wurden gut recherchiert.
Die Geschichte rund um Hannah und Anna ist fiktiv, doch die furchtbare Entscheidung der Kubaner die St. Louis nicht anlegen zu lassen, ist historisch belegt. Am Ende des Romans finden sich Passagierlisten und Fotos der fast 1000 Flüchtlinge der St. Louis, die der Geschichte ein Gesicht geben.
Fazit:
Der Autor hat ein sehr interessantes Thema zu Papier gebracht, das gut recherchiert wurde. Mit der Erzählweise wurde ich nicht ganz warm und auch die Figuren waren nicht gerade Sympathieträger. Trotz dieser Schwächen ist der Roman ein lesenswertes Buch, welches mir aufzeigt, dass ich zum Thema Weltkrieg noch immer Neues erfahren kann.