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Veröffentlicht am 08.01.2018

Der Fluch der Rosens

Das Erbe der Rosenthals
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1939. Die Rosenthals sind eine wohlhabende jüdische Familie in Berlin. Zur Zeit des immer schlimmer werdenden Nationalsozialismus versucht Max Rosenthal eine Ausreisegenehmigung für seine Frau Alma und ...

1939. Die Rosenthals sind eine wohlhabende jüdische Familie in Berlin. Zur Zeit des immer schlimmer werdenden Nationalsozialismus versucht Max Rosenthal eine Ausreisegenehmigung für seine Frau Alma und die 11-jährige Tochter Hannah zu bekommen. Die Lage spitzt sich immer mehr zu und die einzige Chance, die noch besteht das Land zu verlassen, ist eine Passage auf der St. Louis nach Kuba. Von dort wollen die Rosenthals weiter in die USA. Doch noch während der dreiwöchigen Schiffsreise ändert Kuba seine Meinung und die Visabedingungen. Die St. Louis darf zwar vor Kuba anlegen, doch die 937 Passagiere dürfen das Schiff nicht verlassen. Plötzlich werden nur mehr Dokumente, die vom kubanischen Außenministerium ausgestellt wurden, akzeptiert. Nur 22 Flüchtlinge dürfen das Schiff verlassen, darunter sind Hannah und ihre schwangere Mutter Alma. Max Rosenthal und Hannah's Freund Leo müssen an Bord bleiben. Auch die USA und Kanada weisen die deutschen Flüchtlinge ab und so steht den restlichen 900 jüdischstämmigen Menschen eine Rückreise nach Deutschland und der sichere Tod bevor. Kurz vor ihrer Ankunft genehmigte die belgische Regierung die Landung in Antwerpen und die Flüchtlinge wurden auf Belgien, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien verteilt. Die Meisten davon entkamen dem KZ trotzdem nicht...

2014. Im zweiten Handlungsstrang lernen wir die gleichaltrige Anna kennen, deren Vater beim Terroranschlag am 11. September ums Leben kam. Ihre Mutter war zu dieser Zeit gerade schwanger und Anna lernte ihren Vater Louis nie kennen. Sie weiß nur, dass er aus Kuba stammt und von seiner Tante großgezogen wurde. An ihrem 11. Geburtstag erhält Anna Post aus der Karibik. Hannah, die 87-jährige Tante ihres Vaters schickt ihr einen Umschlag mit Fotos ihres Vaters. Daraufhin reisen Anna und ihre Mutter nach Kuba um Hannah kennenzulernen und mehr über ihren Vater und dessen Familie zu erfahren…

Die Handlung wird in drei Teilen und auf zwei Zeitebenen erzählt. Ein Strang beschreibt das Leben von Hannah von 1939 bis zur Gegenwart, der andere ergänzt die Geschichte mit der Erzählung von Anna im Jahr 2014. Am Ende vereinen sich die beiden Handlunsgstränge und Zeitebenen.

Der Roman besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil erzählen die beiden gleichaltrigen Mädchen Hannah und Anna aus ihrer Sicht. Die Mütter der Beiden sind depressiv und auch die ähnlichen Namen haben es mir anfangs etwas schwer gemacht. Während Annas Mutter den Tod ihres Mannes verdrängt, der am 11. September 2001 nach dem Terroranschlag auf die Zwillingstürme nicht mehr nach Hause kommt, ist Hannahs Mutter Alma eine sehr selbstsüchtige Frau. Sie kommt aus reichem Haus und sieht die Flucht als Demütigung an. Ihre hochnäsige Art und ihr Auftreten, die einer Diva gleichkommt, konnte bei mir keinerlei Sympathien erwecken. Sie erkennt weder die Gefahr, die von den Nationalsozialisten ausgeht, noch ist sie Hannah eine Hilfe, die nicht versteht, warum sie als schmutzige Jüdin beschimpft wird. Sowohl Hannah, als auch Anna sind mehr oder weniger sich selbst überlassen.

Der zweite Teil erzählt von der Schiffsreise und war für mich der spannendste Part. Hier erfahren wir wie den jüdischen Flüchtlingen die Einreise nach Kuba verwehrt wird. Ebenso fand hier kein Wechsel zwischen den Erzählungen der beiden Mädchen statt, sondern es wird nur aus der Sicht von Hannah erzählt. Die wahre Begebenheit der Irrfahrt der St. Louis und dass Kuba plötzlich seine Meinung änderte, hat mich zutiefst schockiert. Der Kapitän des Schiffes versuchte alles menschlich mögliche seine Passagiere an Land zu bringen, hatte aber keine Chance.

Im dritten Teil, dem längsten des Buches, treffen Anna und ihre Mutter in Kuba ein. Hannah lebt sehr zurückgezogen und sie ist überglücklich ein lebendes Familienmitglied der Rosenthals oder Rosens gefunden zu haben.
In diesem Teil erfahren wir, wie es Hannah und ihrer Mutter nach ihrer Ankunft auf der Karibikinsel ergangen ist. Nicht nur die Familiengeschichte wird hier sehr genau erzählt, sondern auch die politischen Hintergründe. Man erhält Einblicke in die Geschichte Kubas, die Revolution, die Enteignung und den Umsturz, sowie die darauffolgende Diktatur. Obwohl die Zeit in Kuba der seitenreichste Teil des Buches war, hätte ich mir hier neben den politischen Ereignissen noch ein paar mehr Details aus Hannahs und Louis Leben gewünscht.
Sowohl Anna, als auch Hannah wirken in diesem Roman in keinster Weise wie 12-jährige Mädchen. Die Sprache und ihre Gedanken wirken erwachsen und selten kindlich. So fand ich die beiden Mädchen nicht wirklich authentisch. Bei Hannah kann man noch sagen, dass sie durch den bevorstehenden Kriegsbeginn und ihrem Freund Leo, der aus dem Armenviertel stammt, etwas Einblick in die Gefahren der Judenverfolgung erfahren hat und dadurch erwachsener wirkt. Doch bei Anna, die wohlbehütet in New York aufwächst, trifft dies nicht zu.

Auch den restlichen Schreibstil fand ich nicht ganz rund. Es werden einige unwichtige Dinge sehr detailliert erzährt, während man von den beiden Vätern nicht wirklich viel erfährt. Die Frauen spielen hier eindeutig die Hauptrolle. Die Erzählung aus der Sichtweise eines 12-jährigen Mädchen (Hannah feiert auf dem Schiff ihren 12. Geburtstag) ist dem Autor nicht ganz gelungen und die Geschichte wirkt des öfteren sehr einseitig. Als Erstlingswerk ist der Roman allerdings vielversprechend und die historischen und politischen Fakten wurden gut recherchiert.

Die Geschichte rund um Hannah und Anna ist fiktiv, doch die furchtbare Entscheidung der Kubaner die St. Louis nicht anlegen zu lassen, ist historisch belegt. Am Ende des Romans finden sich Passagierlisten und Fotos der fast 1000 Flüchtlinge der St. Louis, die der Geschichte ein Gesicht geben.

Fazit:
Der Autor hat ein sehr interessantes Thema zu Papier gebracht, das gut recherchiert wurde. Mit der Erzählweise wurde ich nicht ganz warm und auch die Figuren waren nicht gerade Sympathieträger. Trotz dieser Schwächen ist der Roman ein lesenswertes Buch, welches mir aufzeigt, dass ich zum Thema Weltkrieg noch immer Neues erfahren kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Authentizität
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 06.01.2018

Konnte mich leider nicht ganz überzeugen

Beim Leben meiner Mutter
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Von Rowan Coleman habe ich leider immer noch ihren Bestseller "Einfach unvergesslich" im SuB Regal stehen. Damals wollte ich das Buch unbedingt lesen und wie es so oft passiert mit meinen selbst gekauften ...

Von Rowan Coleman habe ich leider immer noch ihren Bestseller "Einfach unvergesslich" im SuB Regal stehen. Damals wollte ich das Buch unbedingt lesen und wie es so oft passiert mit meinen selbst gekauften Büchern ...sie bleiben im Regal und verstauben. Zuerst kommen Leserundenbücher und Rezensionsexemplare an die Reihe und dann auch noch die Büchereibücher....so wie dieses hier.
Nun habe ich "Beim Leben meiner Mutter" als ersten Roman der Autorin gelesen, der mich aber leider etwas zwiespältig zurücklässt.

Das Buch ist zwar ein Roman, hat aber auch einen Touch Fantasy, da wir uns auf eine Zeitreise begeben. Ich liebe Zeitreisen und auch hier gefiel sie mir...nur leider nicht bis zum Ende der Geschichte.

Marissa leidet seit Jahrzehnten an Depressionen und beschließt ihrem Leben ein Ende zu setzen. Sie verbirgt ein dunkles Geheimnis, das sie mit ins Grab nimmt. Ihren beiden erwachsenen Töchtern, Luna und Pia, hinterlässt sie einige Videos. Darauf offenbart sie Luna, dass Pia und sie nicht denselben Vater haben. Luna ist entsetzt und die beiden Frauen beschließen sich auf die Spuren von Marissas Vergangenheit zu begeben. Gemeinsam machen sie sich von London auf nach Brooklyn, New York, dem Heimatort ihrer Mutter. Neben dem Geheimnis um Lunas Vater, müssen sich Luna und Pia auch um ihr Erbe kümmern: eine Haushälfte von Marissas Elternhaus. Dieses ist seit Jahren unbewohnt und in einem schlechten Zustand. Die andere Hälfte gehört Marissas Schwester Stephanie, zu der sie keinen Kontakt mehr pflegte, seit sie Broolyn verlassen hat, um den Engländer Henry zu heiraten.

Als sich Luna das Haus ihrer Mutter ansieht, verspürt sie ein sonderbares Gefühl. Plötzlich steht sie inmitten von jungen Menschen - mittendrin ihre Mutter. Es ist das Jahr 1977 und Marissa ist eine fröhliche, unbeschwerte und wunderschöne junge Frau, umgeben von Freunden und ihrer Schwester Stephanie. Luna erkennt ihre Mutter kaum wieder - diese Frau, die zeitlebens nur depressiv war, ist hier der Mittelpunkt der jungen Menschen und strahlt nur vor Lebensfreude. Was ist ihr nur passiert?
Luna versucht daraufhin öfters ins Jahr 1977 zu reisen, doch sie kann Zeitpunkt und Dauer ihrer Zeitreise nicht beeinflussen. Bald fühlt sie sich wohl unter Marissas Freunden und versucht herauszufinden, was dasmals passiert ist, dass aus diesem lebenfrohen Mädchen eine junge Frau mit schweren Depressionen wurde. Luna versucht den Grund zu finden und etwas dagegen zu unternehmen....

Anfangs war ich noch begeistert von den Zeitreisen und den Treffen von Luna mit ihrer Mutter und deren Clique. Zu schnell wurde allerdings das Geheimnis aufgedeckt und dadurch verlor die Geschichte etwas an Spannung. Dies wurde zum Ende hin mit einer überraschenden Wendung kompensiert, die nochmals Spannung verhieß. Leider konnte mich dann aber der fantastische Part nicht mehr richtig überzeugen. Es wurde etwas verwirrend und zu unglaubwürdig.

Die Charaktere sind schwer zu beschreiben, da sich durch die Zeitreise einige Begebenheiten in der Zukunft verändern. Daraus folgend hatte eine Person auch verschiedene Charakterzüge, maßgeblich durch ihre Vergangenheit beeinflusst. Das macht es etwas schwer eine gute Verbindung aufzubauen. Bei Luna gelingt es größtenteils, bei Pia nicht wirklich.

Die zeitgenössische Familiengeschichte unterscheidet sich zu "gewöhnlichen" Romanen durch die fantastischen Elemente, auf die man sich einlassen muss. Auch wenn Luna als Physikerin anfangs nicht an verschiedene Zeitebenen glaubt, muss sie sich dieser "Realität" stellen. Fand ich die Zeitreise zurück ins Jahr 1977 anfangs noch sehr interessant und liebenswert, wurde sie zum Ende hin leider zu verworren und konfus.

Schreibstil:
Rowan Coleman schreibt sehr angenehm. Obwohl es im Mittelteil etwas an Spannung fehlte und mir der letzte Abschnitt zu verworren war, ließ sich die Geschichte trotzdem flüssig lesen. Die Kapitel sind eher kurz gehalten.


Fazit:
Die Grundidee und der Schreibstil der Autorin ist toll - und ich liebe Zeitreisen. Trotzdem konnte mich der Roman nicht richtig abholen. Vorallem die letzten hundert Seiten waren zu verworren und haben das Konzept der Autorin irgendwie zerstört.

Veröffentlicht am 04.01.2018

Hoffnung für die Hopes

Nur zusammen ist man nicht allein
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Bewertung: 4 1/2 Sterne

Nach dem überraschenden Unfalltod seiner Frau Laura steht Tom Hope mit seinen beiden Töchtern Evie (13) und Lola (8) plötzlich alleine da. Der englische Fernsehproduzent und Workaholic ...

Bewertung: 4 1/2 Sterne

Nach dem überraschenden Unfalltod seiner Frau Laura steht Tom Hope mit seinen beiden Töchtern Evie (13) und Lola (8) plötzlich alleine da. Der englische Fernsehproduzent und Workaholic stürzt sich nach einer Depression noch mehr in die Arbeit und vergisst dabei seine Mädchen völlig, die seine Unterstützung dringen benötigen würden. Tom verlässt sich dabei komplett auf seine Schwiegermutter Linda, die seit dem Tod ihrer Tochter bei den Hopes wohnt undder selbst kaum Zeit zum Trauern bleibt. Linda kann nach einem Jahr nicht mehr zusehen, wie sich Tom immer mehr von seinen Töchter entfremdet und er rein gar nichts vom Leben außerhalb seiner TV-Show mitbekommt. Linda versucht alles Mögliche, scheitert jedoch. Deswegen greift Linda zu einer drastischen Maßnahme: Sie nimmt die Einladung ihrer Freundin Moira an, die sie schon einige Male in ihre neue Heimat Australien eingeladen hat. Linda bucht ihren Flug und hat vor ganze sechs Monate zu bleiben - komme, was wolle! Tom ist wie vom Kopf gestoßen. Nach anfänglicher Wut auf Linda nimmt er sich eine Auszeit vom Job und versucht sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Doch wird er es schaffen wieder Zugang zu seinen Töchtern zu finden?

Mike Gayle beschreibt in seinem Roman sehr gefühlvoll und eindringlich die Emotionen von Tom, Linda und auch seinen Töchtern, Evie und Lola. Er erzählt abwechselnd aus der Sicht von Linda und Tom. Als Leser erlebt man alle Gefühlsebenen der vier Hauptcharaktere hautnah mit: Wut, Verzweiflung, Trauer, aber auch Hoffnung und neuen Lebensmut. Die Figuren sind sehr lebendig und mitten aus dem Leben gegriffen. Sie haben Ecken und Kanten und man fühlt mit ihnen mit. Nicht nur Tom hat jede Menge zu lernen, sondern auch Linda findet in der Ferne endlich Zeit ihren Verlulst zu verarbeiten, den sie seit dem Unfall verdrängt hat, um rund um die Uhr für Tom und ihre Enkelinnen da zu sein. Alle Charaktere entwickeln sich weiter und man hat das Gefühl mit ihnen mitzuwachsen.

Obwohl das Thema nicht neu ist, erzählt Mike Gayle diese Geschichte sehr behutsam und eindringlich. Dabei fliegt man richtig durch die Seiten und möchte den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen. Der Autor hat die Gabe, die Stimmungen seiner Figuren wirklich sehr gut zu vermitteln. Mit Clive Maynard, einem kauzigen alten Mann und großartigen ausgefeilten Charakter, kommt auch eine Prise Humor und Spritzigkeit in den Roman. So hat man nicht das Gefühl ein Buch in den Händen zu halten, das nur von Trauerarbeit erzählt, sondern eines, das Mut und Zuversicht gibt. Vorallem Werte wie Zusammenhalt, Liebe und Vergebung werden vom Autor vermittelt.
Das letzte Drittel hält dann noch so einige Überraschungen für den Leser parat und lässt auf ein Happy End hoffen...

Fazit:
Ein wundervoller Roman mit einem sehr einfühlsamen Schreibstil, der einem im Buch versinken lässt und man erst wieder auftaucht, wenn man die letzte Seite zuschlägt. Zum Entspannen am Wochenende, eingekuschelt in der Lieblingsdecke und einer Tasse heißen Kakao....Lesen kann ich nur sagen.

Veröffentlicht am 04.01.2018

Tod von oben

Tod von oben
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Die Meisten von euch wissen, dass ich gerne Literatur zum Thema Weltkrieg lese. Der Autor Jürgen Ehlers berichtet in seinem Buch "Tod von Oben" über Doppelagenten und Spionage in den Niederlanden. Als ...

Die Meisten von euch wissen, dass ich gerne Literatur zum Thema Weltkrieg lese. Der Autor Jürgen Ehlers berichtet in seinem Buch "Tod von Oben" über Doppelagenten und Spionage in den Niederlanden. Als Zeitraum behandelt er allerdings nur die Zeitspanne von Juli 1941 bis Ende 1942. Dieser deckt sich mit den historischen Ereignissen und berichtet auch über reale Personen dieser Zeit, doch der Rest ist eine fiktive Geschichte.

Der deutsche Student Gerhard Prange, der in England studierte, als der Krieg ausbrach, landet eines Nachts gemeinsam mit den Niederländer Aaart Alblas mit den Fallschirm in der Nähe von Den Haag. Beide sollen für die Engländer in den Niederlanden spionieren. Gerhard wird allerdings direkt bei seiner Landung festgenommen. Sein Nennonkel Arthur Seyß-Inquart, der Reichskommissar der Niederlande, bietet ihm die Möglichkeit für Deutschland zu spionieren oder durch eine Kugel in den Kopf zu sterben. Natürlich nimmt er das Angebot an und arbeitet ab diesem Zeitpunkt als Doppelagent. Bald darauf lernt er Sofieke kennen, bei der er Unterschlupf findet, nichtsahnend, dass sich die junge Frau ebenfalls versteckt. Sie hat ihre Familie verlassen und den Kontakt komplett abgebrochen. Sofieke ist Jüdin, gibt sich aber als Niederländerin aus und hat Kontakte zum Widerstand. Zwischen den Beiden entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte.

Anfangs hatte ich kleine Probleme die vielen Personen auseinanderzuhalten und richtig zuzuordnen. Ein Personenverzeichnis gleich zu Beginn des Buches hat mir dies etwas erleichtert. Gerhard bleibt lange Zeit undurchschaubar. Erst mit der steigenden Anzahl der Seiten, erkennt man, auf welcher Seite er wirklich steht. Kopfschütteln musste ich über die unglaubliche Situation der Spione. Die sehr jungen Burschen erhielten kaum eine Ausbildung und wurden einfach ins kalte Wasser gestoßen, ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei hatten sie noch schlecht gefälschte Ausweise und altes niederländisches Geld dabei - unglaublich! Gerhard und seine Kollegen sind völlig auf sich gestellt. Die Untergrundbewegung in den Niederlanden war in den Jahren 1941 und 1942 nicht sehr ausgeprägt. Die Bevökerung steht der Besatzung zu diesem Zeitpunkt noch eher gleichgültig gegenüber und der Widerstand ist noch zu klein und unbedeutend. Die meisten Menschen hoffen auf ein baldiges Ende des Krieges und dass alles bald wieder so wird, wie es war. Sie stecken den Kopf in den Sand. Als Gerhard Gerüchte über die geplante Massenvernichtung der Juden hört, spricht er Seys-Inquart darauf an....

Für zusätzliche Komplikationen sorgen die Spannungen zwischen der SS und der Wehrmacht, die sich gegenseitig ausbooten wollen. Der Schreibstil bleibt kühl und sachlich. Die Liebesgeschichte, die der Autor eingebaut hat, blieb mir viel zu emotionslos. Leider kamen bei mir überhaupt keine Gefühlsregungen auf. Anders war es allerdings bei Gerhards gefährlichen Aktionen. Vorallem als Funker kommt er immer wieder in brenzlige Situationen. Den Kontakt zu den Engländern hält er aufrecht. Diese schicken immer mehr Munition und weitere Spione, die allerdings sofort festgenommen werden. Seine chiffrierten Funksprüche werden nicht beachtet und als Leser fragt man sich, was sowohl die Deutschen, als auch die Engländer eigentlich vorhaben. Irgend etwas läuft hier einfach schief....

Das Ende bleibt offen. Obwohl ich offene Enden überhaupt nicht mag, fand ich es passend, dass der Autor das Schicksal von Gerhard nur bis Ende 1942 erzählt hat. Wie seine Kriegserlebnisse weiter gehen, erfahren wir vielleicht in einem Nachfolgeband.

Schreibstil:
Jürgen Ehlers schreibt knapp und sachlich. Für einen Roman wie diesen, finde ich das passend. Trotzdem tat ich mir etwas schwer damit, mich in Gerhard oder in einen anderen Protagonisten hineinzuversetzen. Ich hatte oft das Gefühl irgendwie außen vor zu stehen und nicht in der Geschichte versinken zu können.

Fazit:
Ein Stück Zeitgeschichte, das mir noch unbekannt war. Jürgen Ehlers hat hervorragend recherchiert und historische Fakten mit fiktiven Personen gekonnt verknüpft. Trotz der spannenden Spionagegeschichte, fand ich nicht ganz den Zugang zur Geschichte und vergebe knappe 4 Sterne.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Easant und voller Überraschungen

Mordsschnee
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Nach "Abfahrt in den Tod", dem ersten Krimi von Michaela Grünig und dem ehemaligen fünffachen Weltcupsieger Marc Girardelli, der im Skizirkus spielt, durfte ich nun den Folgeband lesen.
Schon der erste ...

Nach "Abfahrt in den Tod", dem ersten Krimi von Michaela Grünig und dem ehemaligen fünffachen Weltcupsieger Marc Girardelli, der im Skizirkus spielt, durfte ich nun den Folgeband lesen.
Schon der erste Roman rund um den Skirennläufer Marc Gassmann hat mich gesfesselt. Auch den neuen Krimi "Mordsschnee" konnte ich kaum aus der Hand legen.
Marc Gassmann versucht nach seinem schweren Unfall einen neuerlichen Anlauf um sein Ziel zum 5. Mal den Gesamtweltcup zu gewinnen, zu erreichen.
Seine Freundin Anna Brunner, die den Polizeidienst gekündigt hat, um Marc zu seinen Weltcuprennen zu begleiten, fühlt sich in ihrer neuen Rolle nicht wirklich wohl. Sie denkt bereits daran wieder in den Polizeidienst zurückzukehren, wovon Marc nicht wirklich begeistert ist. Als die Journalistin Lara Frey, eine Exfreundin von Marc, tot in einem Luxushotel in St. Moritz aufgefunden wird, gerät Marc unter Verdacht. Zuvor hat er sich nach seiner Trainingsabfahrt vor vielen Zeugen im Zielraum mit der Journalistin lautstark gestritten. Als Andrea auch noch erfährt, dass ihr Freund danach noch im Hotel bei Lara war, kriselt es noch mehr. Trotzdem ist Andrea überzeugt, dass Marc nicht der Täter sein kann, während sich die Schlinge um den Hals des Rennfahrers immer enger zuzieht. Für Staatsanwältin Mariela Carmassi steht bereits fest, dass Marc der Täter sein muss und Andrea hat alle Hände voll zu tun ihre alten Netzwerke zu aktivieren, um seine Unschuld zu beweisen.

Ein weiteres Thema neben dem Mord an Lara Frey, dem Skizirkus und dem Kampf um Hundertstelsekunden, ist diesmal die Umwelt und die Klimaerwärmung. Letztere hat zur Folge, dass die Schneesicherheit in den Alpen allmählich abnimmt und immer mehr Tourismusgebiete auf Kunstschnee zurückgreifen müssen. Dies funktioniert aber nur bei bestimmten Temperaturen und Bedingungen. Massentourismus und Abholzungen der Wälder begünstigen diese Probleme in allen Regionen der Alpen. Immer mehr Umweltschützer protestieren gegen die Beschneiung mit Kunstschnee, der nicht so gefahrlos ist, wie er dargestellt wird. Hier erhält der Leser einen Blick auf die Gefahren, die unsere Umwelt heutzutage ausgesetzt wird. Die Autoren möchten mit diesem Thema die Leser auf die Umweltsünden aufmerksam machen, damit auch die nachkommenden Generationen noch die Möglichkeit erhalten den Schisport so auszuüben, wie wir ihn heute kennen....

Obwohl es nicht allzu viele Charaktere im Buch gibt, die als Täter in Frage kommen, wusste ich bis zum Ende nicht, wer dahintersteckt und vorallem nicht warum Lara ermordet wurde. Gekonnt haben Grünig und Girardelli noch einige überraschende Wendungen, die den Leser auf falsche Spuren führen, eingebaut.

Auch im zweiten Band hat mich das Duo Girardelli-Grünig mit ihrem Krimi begeistert. Die Jagd auf den Täter gestaltet sich genauso spannend und rasant, wie die Beschreibungen der Abfahrtsläufe. Hier hat sich wirklich ein Dream-Team gefunden! Ich hoffe Marc Gassmann legt seine Rennlauf-Karrierer noch nicht auf Eis und wir dürfen uns auf einen weiteren Krimi im Skizirkus freuen!

Schreibstil:
Das Autorenteam hat wieder ganze Arbeit geleistet. Der Krimi liest sich von Anfang fesselnd und äußerst flüssig. Man fühlt sich die ganze Zeit hindurch mitten im Geschehen, egal ob auf der Skipiste oder bei Andrea's Nachforschungen und Versuchen den wahren Täter zu finden. Die Charaktere sind lebendig und haben Ecken und Kanten. Auch diesmal verfolgt der Leser wieder die Gedanken einer Person, die in kursiver Schrift festgehalten werden. Man stellt aber bald fest, dass es sich dabei nicht um den Mörder handeln kann, diese Person aber einiges Hintergrundwissen mitbringt.

Fazit:
Ein rasanter Krimi aus dem Skizirkus, der sich diesmal nicht nur um Hundertstelsekunden dreht, sondern auch Umweltaktivisten und einen Mord (oder auch zwei) zum Thema hat. Wieder toll geschrieben und absolut fesselnd mit überraschenden Wendungen und authentischen Figuren. Für Skisport- und Krimifreunde eine Leseempfehlung! Ich hoffe, dass Marc und Andrea sich auch noch ein drittes Mal auf Mörderjagd begeben....