Von der Demokratie zum Gottesstaat
Zum Schweigen verdammtMit "Zum Schweigen verdammt" hat Melanie Metzenthin einen etwas anderen Roman geschrieben. Das Buch gehört zur "Leise Helden" Reihe, jedoch sind Eddy und Bruno zwei Nebenfiguren der Trilogie, die nun ihre ...
Mit "Zum Schweigen verdammt" hat Melanie Metzenthin einen etwas anderen Roman geschrieben. Das Buch gehört zur "Leise Helden" Reihe, jedoch sind Eddy und Bruno zwei Nebenfiguren der Trilogie, die nun ihre eigene Geschichte bekommen. Man kann daher diesen Roman auch ohne Vorkenntnisse zur Reihe lesen.
Wir begleiten Bruno und Eddy auf ihrer Reise in den Iran, der 1953 noch sehr westlich orientiert und fortschrittlich war. Wenn man sich die heutigen Nachrichten oder die Entwicklung des Landes in den letzten fünfzig Jahren ansieht, ist dies kaum zu glauben. Unsere Generation und die nach mir kennen deswegen den Iran nur als grausame Diktatur.
Wir befinden uns in der Zeit des Kalten Krieges. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Stimmung zwischen der USA und der Sowjetunion wieder zunehmend verschlechtert. Die Trennung Deutschlands in Ost- und West zeigt die Differenzen und die politischen Gegensätze.
In dieser Zeit machen sich Bruno Matthiesen aus Westdeutschland und der Brite Eddy McLaine auf den Weg in den Iran. Die beiden sind ein Paar und dürfen ihre Liebe nicht ausleben. Umso mehr freuen sie sich auf den gemeinsamen Road-Trip. Eddy ist Journalist und möchte eine Reisereportage schreiben. Er hat dazu das okay seines Chefs bekommen und ahnt noch nicht, in welche politisch wichtige Epoche sie geraten werden. Bruno hat den gemeinsamen VW-Bus umgebaut und möchte damit Werbung für seine Tischlerei machen. Außerdem soll er als Fotograf auftreten.
Auf den Weg in den Iran erfahren sie große Gastfreundschaft und treffen letztendlich wohlbehalten in Teheran ein, wo sie der Familie Khademi begegnen, die ihnen ein offenes Haus anbieten. Der britische Journalist Trevor, an den sich Eddy wenden soll, um ihm Einblicke in die iranischen Gegebenheiten zu ermöglichen, verhält sich hingegen äußert unfreundlich.
Ich tat mir zu Beginn etwas schwer mit dem Einstieg. Der Schreibstil erinnerte mich nicht wirklich an die Autorin, von der ich bereits einige Bücher gelesen hatte. Er war sehr nüchtern und erinnerte eher an ein Sachbuch. Doch bald änderte sich mein Gefühl und ich nahm regen Anteil an Bruno's und Eddy's Abenteuer. Man bekommt Einblicke in die Hintergründe und den Machtspielchen der Briten, Amerikaner und Russen, die den Iran auf ihre Seiten ziehen wollen. Unter Reza Schah blühte das Land auf und war ein demokratischer und moderner Staat. Doch nach seinem Tod wird sein Sohn Mohammed Reza Pahlavi zum Spielball der Großmächte. Die kommunistische Tudeh-Partei unterstützt außerdem Premier Mohammad Mossadegh und die Briten sind seit dem Streit um das Öl zu Feinden mutiert. Bruno und Eddy sind mittendrin und erleben den Beginn des Umsturzes life mit.
Melanie Metzenthin hat die damaligen politischen Ereignisse wunderbar mit ihrer fiktiven Geschichte um Bruno und Eddy verwoben. Beide Männer sind sehr symapthische Figuren. Durch viele Dialoge erhalten wir persönliche Einsichten und erfahren mehr über die charakterlichem Eigenschaften der beiden.
Das Bild dieses Landes, wie wir es heute kennen und wie es Bruno und Eddy vor siebzig Jahren erleben durften, lässt sich kaum vergleichen. Von dem gastfreundlichen und damals noch weltoffenen Iran mit seinen freundlichen und herzlichen Menschen ist nicht viel geblieben. Melanie Metzenthin erzählt über die Wandlung eines neutralen und eher europäisch orientierten Landes hin zum Gottesstaat, wie wir ihn heute kennen. Mich hat es sehr erschreckt, wie schnell ein neutrales und weltoffenes Land in eine völlige Diktatur schlittern kann. Das macht sehr nachdenklich! Auch die Rollen der USA und Russland, die mit ihren Geheimdiensten und ihrer Doppelmoral wesentlich zum Niedergang des Irans beitrugen, werden aufgezeigt.
Im Nachwort gibt es noch einige zusätzliche Details zu Akteneinsichten, die erst 2013 veröffentlicht wurden.
Fazit:
Ein sehr interessanter Roman, der das Leben im Iran vor siebzig Jahren zeigt und wie es zum Umsturz zum Gottesstaat kam, den wir heute kennen. Die beiden Protagonisten Bruno und Eddy sind dabei wundervolle Charaktere, die ich gerne begleitet habe.