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Veröffentlicht am 28.02.2022

Spannend wie ein Thriller

Verdeckte Gerechtigkeit
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Fabrikant Blake Harrison ist nach einem längeren Bürotag auf dem Heimweg zu seiner Familie. Im Rückspiegel nimmt er plötzlich Scheinwerfer wahr, die immer näher auf ihm zukommen. Kurz darauf wird er vom ...

Fabrikant Blake Harrison ist nach einem längeren Bürotag auf dem Heimweg zu seiner Familie. Im Rückspiegel nimmt er plötzlich Scheinwerfer wahr, die immer näher auf ihm zukommen. Kurz darauf wird er vom Fahrzeug hinter ihm mit voller Wucht gerammt und landet im Straßengraben. Eine unbekannte Frau hilft ihm aus dem Autowrack und bringt ihn in Sicherheit. Kurze Zeit später stellt sie sich ihm als Undercoveragentin Heidi Zimmermann vor und versucht ihm zu erklären, dass er und seine Familie anscheinend im Fadenkreuz eines Verbrecherkartells steht. Heidi hat sich bereits vor Jahren zur Aufgabe gemacht diesem Syndikat endlich das Handwerk zu legen. Sie übernimmt die Aufgabe Blake rund um die Uhr bewachen. Um es ihr leichter zu machen, schleust er sie in die Firma ein. Mit dem Studium der Ingenieurwissenschaften hat Heidi alle Voraussetzungen einen offiziellen Posten zu übernehmen. Einer der Drahtzieher muss in seiner Firma angestellt sein - doch wer ist es? Auch Blakes Familie wird rund um die Uhr überwacht und trotzdem gelingt dem Syndikat ein weiterer Anschlag...

Das Buch beginnt richtig fesselnd und man wird sofort in die Geschichte hineingezogen. Voller Spannung habe ich Seite um Seite gelesen und konnte den Roman nur schwer aus der Hand legen. Als Leser fragt sich man von Beginn an, warum Blake und seine Familie zur Zielscheibe des Verbrechersyndikats geworden sind.

Blake Harisson ist ein Familienmensch. Diese geht ihm über alles - auch über die Firma. Vorallem für seine Tochter Maggie möchte er sich Zeit nehmen und versucht so oft wie möglich pünktlich zuhause zu sein. Von der Mutter des Kindes lebt er getrennt. Seine Schwester Caroline und seine Eltern habe ich ebenfalls sofort ins Herz geschlossen, vorallem aber die kleine Maggie. Der Zusammenhalt der Familie spielt im Roman eine sehr große Rolle und hat mir sehr gut gefallen.

Die Geschichte hat Tempo und überrascht mit ungeahnten Wendungen. Für mich ist dier Roman viel mehr Krimi mit einem Hauch Romantik. Die Veröffentlichung im Brunnen Verlag weist aber ebenfalls darauf hin, dass der Glauben eine Rolle spielt. Er steht aber nicht im Vordergrund und ich fand die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Blake und Heidi gut eingefügt. Sie lockert die Krimihandlung etwas auf - wird aber nicht zu kitschig oder überlagernd. Mir persönlich gefällt es aber immer besser, wenn ein Krimi oder Spannungsroman ohne einer Liebesgeschichte auskommt. Das ist jedoch meine sehr persönliche Meinung. Ich freue mich schon auf den zweiten Band, in dem Blakes Schwester Caroline im Vordergrund steht.

Fazit:
Ein sehr temporeicher Roman, den ich mehr als Krimi mit einem Hauch Romantik empfand. Von Beginn an spannend und fesselnd. Für mich war ein bisschen zu viel Liebe dabei, aber das ist Geschmackssache. Ein bisschen erinnert mich der Roman/Krimi an die Bücher von Dani Pettrey, die ich sehr gerne gelesen habe. Ich freue mich schon auf den Folgeband und kann "Verdeckte Gerechtigkeit" auf jeden Fall weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 26.02.2022

Schönbrunn vor mehr als 100 Jahren

Die Frauen von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 1)
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Beate Maly hat sich in ihrem neuen Roman den ältesten noch bestehenden Zoo der Welt gewidmet, nämlich den Tiergarten Schönbrunn bei uns in Wien.

Schon als Kind hat Emma ihren Vater immer gerne begleitet, ...

Beate Maly hat sich in ihrem neuen Roman den ältesten noch bestehenden Zoo der Welt gewidmet, nämlich den Tiergarten Schönbrunn bei uns in Wien.

Schon als Kind hat Emma ihren Vater immer gerne begleitet, wenn er als Tierarzt in den Schönbrunner Tiergarten gerufen wurde. Deshalb träumt sie schon lange davon Tierärztin zu werden. Für Frauen ist in Wien im Jahre 1914 das Studium der Veterinärmedizin jedoch noch nicht möglich. Umso mehr freut sich Emma, dass sie vorerst eine Stelle als Tierpflegerin im Zoo erhält. Später möchte sie in der Schweiz ihren Traum erfüllen und Tiermedizin studieren. Doch kurze Zeit später bricht der Erste Weltkrieg aus. Emmas Vater und der Mann ihrer Schwester Grete werden eingezogen und Emma und ihre hochschwangere Schwester müssen alleine zurechtkommen. Emma durchläuft im Tiergarten alle Arbeiten, doch als die männlichen Mitarbeiter an die Front geschickt müssen alle umso mehr anpacken. Emma liebt vorallem die Arbeit mit der Orang-Utan Dame Fanny, die ihr besonders am Herzen liegt. Als die Frauen Unterstützung durch Julius Winter, dem neuen Tierarzt bekommen, der als verwundeter Kriegsheimkehrer seinen Dienst im Tiergarten antritt, hofft Emma, dass Fanny nicht, wie vom wissenschaftlichen Zoologen Hubert von Kochauf erhofft, als Versuchstier endet. Dieser möchte unbedingt das Gehirn eines Menschenaffern erforschen und hat ein Auge auf Fanny geworfen.
Julius kämpt hingegen mit seinem Kriegstraumata und versucht mit Alkohol die schrecklichen Bilder aus dem Krieg zu vergessen. Emma gelingt es Julius aus seinem Selbstmitleid herauszuholen. Gemeinsam versuchen sie so viele Tiere wie möglich vor der Schlachtung zu retten, denn die Futtermittel werden immer knapper. Nach drei Kriegsjahren leiden die Menschen Hunger. Noch kann das Personal die Tiere versorgen, kämpfen jedoch immer mehr mit Futterknappheit. Einerseits wächst bei der Bevölkerung der Unmut gegen den kaiserlichen Zoo angesichts der Nahrungsknappheit, Armut, Kälte und Hoffnungslosigkeit, andererseits verschaffen ihnen die Tiere auch Abwechslung im schlimmen Alltag. Gegen Ende des Krieges, als der Hunger in der Bevölkerung immer größer wird, steht der Zoo kurz vor der Schließung. Kann der Tiergarten bestehen bleiben?

Ich liebe es, wenn ich Bücher lese, wo ich die Örtlichkeiten gut kenne oder bereits besucht habe. Der Schönbrunner Tiergarten war immer wieder ein tolles Ausflugsziel, als meine Tochter noch ein Kind war. Seit Jahrzehnten wird dort sehr viel Wert auf einen natürlichen Lebensraum für die Tiere gelegt.

Beate Maly stellt uns allerdings noch einen ganz anderen Tiergarten vor - einen, der die Tiere wenig artgerecht hält und sie in kleinen Käfigen gesperrt sind. Trotzdem liebt Emma ihre Arbeit im Zoo und versucht Fanny zu beschäftigen, was damals noch völlig unbekannt war. Mit ihrer Liebe zu den Tieren, ganz besonders zu den Menschanaffen, versucht sie Gutes zu tun. Sie ist eine sehr symapthische und willensstarke Protagonistin. Neben ihrer Arbeit kümmert sie sich liebevoll um ihre Schwester und deren Baby. Die Not während der Kriegsjahre wird immer größer und auch Emma und Grete haben kaum genug zu essen. Der unsymapthische Nachbar, der ihnen unbegingt ihr Haus und den Grund zu einem Spottpreis abkaufen möchte, setzt ihnen noch zusätzlich zu.

Mit Julius bekommen wir einen Protagonisten, der nicht nur schwarz-weiß gemalt ist. Er ist ein herzensguter junger Mann, der jedoch mit seinem Kriegstraumata kämpft. Doch im Zoo ist er eine große Hilfe. Das Zusammenspiel von Emma und Julius hat mir richtig gut gefallen, jedoch hätte der Roman auch ohne Liebesgeschichte funktioniert. Weniger gefallen hat mir hingegen die sehr einseitige Darstellung des typischen Antagonisten Hubert von Kochauf. Sein Wunsch unbedingt das Gehirn von Fanny zu sezieren, obwohl er mit einem bereits verstorbenen Schimpansen bereits die Möglichkeit gehabt hätte, das Gehirn eines Menschenaffen zu untersuchen, war nicht wirklich logisch.
Die Nebencharaktere sind hingegen wieder liebevoll gezeichnet und besonders Franz ist mir sehr ans Herz gewachsen.

Der Schreibstil von Beate Maly ist flüssig und locker - er lässt sich wunderbar lesen. Auch den Zeitgeist hat die Autorin wieder wunderbar eingefangen. Ich liebe ja auch ihre historischen Krimis, die ebenfalls in dieser Zeit spielen und einen authentischen Einblick dieser Zeit vermitteln. Ein äußerst glaubwürdiges Bild erhält der Leser, wenn man von Angriffen von Menschen liest, die mit dem Hunger kämpfen und nicht verstehen können, dass die Tiere im Zoo weiter gefüttert werden. Beate Maly lässt uns hier etwas hinter den Vorhang blicken und hat einige reale historische Ereignisse miteingebaut, wie zum Beispiel die Geschichte mit dem Eisbären.

Fazit:
Eine interessante, aber auch teilweise vorhersehbare Geschichte, bei der die Tiere im zweiten Teil etwas in den Hintergrund treten. Die Autorin hat den Zeitgeist wunderbar eingefangen und eine tolle Atmosphäre erschaffen. Lockere Lektüre für das Wochenende, die unterhält und vorallem Wien und den Schönbrunner Tiergarten zu dieser Zeit sehr bildhaft darstellt.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Die Unberührbaren

Das Mädchen mit dem Drachen
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Laetitias Colombanis Roman "Der Zopf" hat mich vor Jahren wirklich sehr beeindruckt und noch heute wirkt er bei mir nach. Nun hat die Autorin ihren neuen, und sicher nicht nur von mir heiß ersehnten Roman ...

Laetitias Colombanis Roman "Der Zopf" hat mich vor Jahren wirklich sehr beeindruckt und noch heute wirkt er bei mir nach. Nun hat die Autorin ihren neuen, und sicher nicht nur von mir heiß ersehnten Roman "Das Mädchen mit dem Drachen" veröffentlicht und kehrt damit nach Indien zurück.
Léna hat einen schweren Verlust erlitten und steht an einer Wegkreuzung in ihrem Leben. Sie möchte abschalten und über ihre weitere Zukunft nachdenken. Sie reist spontan nach Indien, wo sie die Bekanntschaft mit einem kleinen Mädchen macht, welches jeden Tag ihren Drachen am Strand steigen lässt. Als Léna eines Tages in Not gerät, holt das kleine Mädchen Hilfe bei Preeti, der Anführerin der örtlichen Roten Brigade, die Frauen Selbstverteidigung beibringt. Sie schließt Freundschaft mit den beiden, die der Kaste der Dalit, der Unberührbaren, angehören.
Léna erfährt, dass den Dalit und vorallem generell Mädchen keine Bildung ermöglicht wird. Sie ist seit zwanzig Jahren Lehrerin und beschließt daraufhin ihrer Retterin Lalita die Bildung schenken, die dem lernfreudigen Mädchen aktuell verwehrt bleibt. Ihr Plan, eine Schule in Bengalen zu errichten, stellt sich jedoch als schwieriger heraus, als gedacht.

Als Leser begleiten wir Léna zwei Jahre lang und man bemerkt sehr schnell: Hier treffen zwei Welten aufeinander: Das Leben einer idealistischen westeuropäischen Frau und das von jungen indischen Mädchen und Frauen, die der niedrigsten Kaste angehören und keinerlei Zukunft vor sich haben. Sie gelten als unrein und dürfen nur die niedrigsten Arbeiten verrichten.
Léna denkt natürlich wie wir Europäer und ist entsetzt über die Armut, die Kinderarbeit, Zwangsehen oder sexuelle Übergriffe. Sie sieht für sich eine neue Aufgabe und beginnt alles für die Gründung einer Schule vorzubereiten. Trotz ihres Engagements stößt sie bei den meisten der Dörfler auf Widerstand. Alte Traditionen und der Glaube, dass Mädchen keinen Wert haben, lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen auslöschen. Léna gibt aber nicht so schnell auf und findet bei Preeti Unterstützung. Diese setzt sich schon seit einigen Jahren für junge Mädchen und Frauen ein und übt mit ihnen Kampfsporttechniken, um sich vor Übergriffen und Vergewaltigungen zu schützen.

Als Leser begleiten wir Léna zwei Jahre lang bei ihrem Projekt. Der Schreibstil von Laetitia Colombani ist dabei eher einfach, aber auch poetisch. Dies ergibt genau den Widerspruch, die auch die beiden Kulturen mit sich bringen. Die Autorin schafft mit wenigen Worten intensive Schilderungen. Es gibt kaum Dialoge, aber viel indirekte Rede.
Die Charaktere sind trotz des schmalen Büchleins sehr gut dargestellt und ich hatte die Figuren sehr eindringlich vor meinen Augen.

Besonders der letzte Abschnitt des Buches hat mich tief ergriffen. Der Roman lebt vorallem durch die starken Kontraste im Leben der Dalit und der Kastenstruktur, die eigentlich schon seit Jahrzehnten verboten ist, aber noch immer ausgeführt wird. Ich hätte es für gut befunden, wenn die Geschichte noch ein bisschen länger oder ausführlicher gewesen wäre.

Fazit:
Ein eindrucksvoller und realitätsnaher Roman, der die noch immer fest verankerten Strukturen und Traditionen des Kastensystems in Indien aufzeigt. Für alle, die bereits "Der Zopf" gelesen haben, kann ich diese kleine weiterführende Geschichte um Lalita empfehlen. Aber auch allen anderen Lesern, die sich für die Lebensumstände der Frauen in Indien interessieren. Auch wenn die Geschichte für mich nicht ganz an den Zopf heranreicht, gebe ich eine Empfehlung ab.

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Willkommen im Mostviertel

Mostbarone
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Mit "Mostbarone" schickt Helmut Scharner den aus den Vorgängerbänden bereits bekannten Kommissar Brandner vom LKA Niederösterreich, zu einem Mord nach Neuhofen an der Ybbs. In der Zwischenzeit wurde Brandner ...

Mit "Mostbarone" schickt Helmut Scharner den aus den Vorgängerbänden bereits bekannten Kommissar Brandner vom LKA Niederösterreich, zu einem Mord nach Neuhofen an der Ybbs. In der Zwischenzeit wurde Brandner vom Kommissar zum Major befördert.
Diesmal geht es sprichwörtlich um den Most, der im niederösterreichischen Mostviertel, in dem auch ich lebe, das "Nationalgetränk" ist. Naja, nicht ganz...es ist eigentlich die Mostbirne aus der man nicht nur den Most, sondern auch Fruchtsäfte, Edelmost, Schnaps, Birnen-Frizzante oder auch Essig herstellen kann. Diese Produkte werden von den Bauern bei Mostheurigen oder auch "Ab Hof" verkauft. Zu den ausgewählten Höfen, die ganz besonders gute Qualität liefern, gehören die Mostbarone. Und genau so einer liegt tot vor seinem Hof - erschlagen mit einer Mostflasche eines Konkurrenten. Der Tote ist noch dazu der Primus der Mostbarone, Franz Haider. Seine Frau verdächtigt sofort einen Kontrahenten, mit dem ihr Mann erst vor kurzem einen Streit hatte. Die Mordwaffe trägt zusätzlich noch das Logo des Bauern. Aber wäre das nicht zu offensichtlich?
Brandner erfährt, dass der Ermordete sich in seinem Amt als Vereinsprimus nicht nur Freunde gemacht hat und er scheint obendrein eine Affäre gehabt zu haben. Die Verdächtigen werden immer mehr und Brandner beginnt zu ermitteln....

Der Regionalkrimi spielt im Sommer 2020 und Helmut Scharner hat die Corona Pandemie ebenso in die Geschichte miteinfließen lassen, wie auch die Reisebeschrämkungen. Letztere bringen die geplante Urlaubsreise von Branders Familie gehörig durcheinander. Seine beiden Teenagertöchter wollten nach Mallorca ans Meer, doch nun ist Österreichurlaub angesagt. Im Westen und im oberösterreichischen Seengebiet gibt es so kurzfristig keine freien Zimmer mehr und so bucht Brandners Frau Eva eine Woche in einem Hotel mit Pferdegestüt unweit der Blindenmarkter Auseen. Sie ahnt nicht, dass ihr Mann genau in dieser Gegend ermittelt.

Ich bin gut in den Krimi eingestiegen und liebe es, wenn ich die Orte kenne, die der Autor im Buch beschreibt. Nach dem ersten Mord geht es zuerst um Befragungen und um das Motiv. Man beginnt als Leser fleißig mitzuraten und stellt nacheinander seine eigenen Hypothesen auf. Die Handlung bewegt sich eher gemächtlich und beginnt nach den ersten 120 Seiten etwas zu schwächeln. Die Gedanken von Brandner und seiner Familie, die in kursiver Schrift dargestellt werden, haben mich eher im Lesefluss ausgebremst bzw. wurden mir zu oft eingesetzt. Das Privatleben des Majors und seiner Familie war mir diesmal zu präsent und hat leider die Ermittlungen in den Hintergrund gestellt. Doch ab der Mitte des Krimis beginnt die Geschichte langsam eine überraschende Wendung zu nehmen und wird immer spannender. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen und habe den Rest in einem Rutsch durchgelesen.
Helmut Scharner gelingt es nach dem Durchhänger in der Mitte einige spannende Wendungen einzubauen. Der Krimi gewinnt an Fahrt und endet in einem tollen Showdown. Die Auflösung des Falles konnte mich auf jeden Fall überzeugen.

Schreibstil:
Helmut Scharner schreibt flüssig und sehr dialoglastig. Die Kapitel sind kurz gehalten und am Kapitelanfang findet man Ort, Datum und Uhrzeit. Es gibt auch Kapitel, die einige Wochen vor der Tat spielen und in Rückblenden erzählt werden. Wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik.
Der Regionalkrimi ist atmosphärisch und birgt viel Lokalkolorit. Leser, die nicht aus der Gegend kommen, erfahren zusätzlich mehr über die Herstellung von Most und über die Rituale rund um die Mostbarone. Einiges davon war auch mir neu ;)

Fazit:
Ein eher gemächtlicher Regionalkrimi, der im letzten Drittel aber sehr an Fahrt aufnimmt und mit einem tollen Ende glänzt. Bis dahin empfand ich allerdings das Privatleben des Ermittlers als zu präsent. Als Mostviertlerin hat mir natürlich das Lokalkolorit sehr gefallen und ich freue mich auf weitere Krimis aus meiner Gegend.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Cooles Setting, aber zu unglaubwürdig

Gejagt im Eis
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Diesen Thriller der in der Arktis, nämlich in Spitzbergen spielt, habe ich über den Benevento Verlag erhalten. Mir hat nicht nur der Klappentext, sondern natürlich auch das außergewöhnliche Setting sofort ...

Diesen Thriller der in der Arktis, nämlich in Spitzbergen spielt, habe ich über den Benevento Verlag erhalten. Mir hat nicht nur der Klappentext, sondern natürlich auch das außergewöhnliche Setting sofort zugesagt. Spitzbergen, eine Inselgruppe, die zu Norwegen gehört, aber durch den sogenannte Spitzbergen-Vertrag anderen Staaten unbegrenzte Abbaurechte an den Bodenschätzen gewährt. Besonders die Russen nutzen diese Rechte intensiv. Sie förderten Kohle und errichteten zwei Bergbausiedlungen, von denen eine seit 1998 aufgegeben wurde. Sie heißt Pyramiden und ist heute ein Lost-Place und eine Touristenattraktion.

Extremsportler und bekannter Tour-Guide der Insel, Martin Moltzau, bietet für Touristen Schneemobiltouren an. Seine neue Gruppe ist eine Familie aus den USA, die für viel Geld ein paar Tage Extremurlaub gebucht hat. Börsenmakler James Parker, seiner Frau Sarah und ihre 30-jährige eigenwillige Tocher Cindy, möchten neben der gebuchten Tour unbedingt auch nach Pyramiden, der verlassenen Bergbaustadt. Moltzau nerven die Amis von Beginn an, die sich als äußerst kompliziert herausstellen. Sein ungutes Gefühl bestätigt sich sehr schnell, als gleich zu Beginn der Tour die Probleme beginnen. Doch das ist erst der Anfang, denn es spielt nicht nur das Wetter verrückt, sondern es häufen sich die kleinen und großen Katastrophen und die Tour wird zum Wettlauf auf Leben und Tod. Den in der Arktis lauert nicht nur die Kälte, sondern auch hungrige Eisbären.
Als Cindy in Pyramiden dann auch noch verschwindet und die Gruppe nach dem Verlassen der Bergstadt von einer schwerbewaffneten Gruppe Russen verfolgt wird, wird es meiner Meinung nach immer unglaubwürdiger. Neben Martin Moltzau erbleicht sogar James Bond. Moltzau flüchtet vor seinen Verfolgern mit einem verletzten Bein, in nassen Kleidern, ohne Schuhe und versucht sich mit actionsgeladenen Stunts auf seinem Schneemobil in Sicherheit zu bringen. Hier reißt die Story nur mehr die wunderschönen Landschafts- und Umgebungsbeschreibungen heraus. Die gewünschte Spannung kommt zu Beginn auch noch nicht wirklich auf, steigt aber ab der Verfolgungsjagd rasant an.
Zusätzlich gibt es noch eine kleine Nebenhandlung - eine Schiffsreise, auf der sich einige weitere böse Menschen versammelt haben und Spitzbergen anzielen. Diesen Handlungsstrang hätte es nicht wirklich gebraucht, auch wenn er am Ende Sinn ergibt.

Die Charaktere sind furchtbar klischeehaft und sehr einfach gestrickt. Die Amis sind ziemlich dümmlich dargestellt, die Russen sind die bösen Killer, die sich alleine mit Wodka am Leben erhalten. Die Figuren haben weder Ecken noch Kanten und der Held der Geschichte ist der Norweger, der alle von ihnen austrickst.

Mich verwundert, dass der Autor, der selbst Extremsportler ist und Schneemobiltouren in Spitzbergen anbietet, seinen Protagonisten solche unglaubwürdige Szenen auf den Leib geschrieben hat.

Fazit:
Mich konnte dieser Thriller leider nicht überzeugen, vorallem wegen seinen sehr übertriebenen Actioneinlagen und den klischeehaften Figuren. Gelernt habe ich allerdings einiges über Spitzbergen und der nördlichsten Geisterstadt Pyramiden.

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