Opulente Familiensaga vor und während des großen Krieges
Das goldene PalaisDer opulente Roman spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und weiteren europäischen Metropolen und erzählt die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum, dessen Familienmitglieder in ganz ...
Der opulente Roman spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und weiteren europäischen Metropolen und erzählt die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum, dessen Familienmitglieder in ganz Europa verstreut sind. Mich erinnerte doch so einiges an die legendäre Familie Rothschild, die in Östereich vor den Weltkriegen riesige Besitztümer hatten.
Die Lebenswege der reichen Familienmitglieder sind damals vorgezeichnet. Gut florierende Bankhäuser in ganz Euopra erinnern sich an die Heiratspolitik der Habsburger und nehmen sich diese zum Vorbild. So auch die jüdische Bankiersfamilie Goldbaum.
Im Mittelpunkt des Romans von Natasha Solomons steht die 20jährige Greta Goldbaum aus Wien, die ihren Cousin Albrecht aus dem englischen Zweig der Familie ehelichen soll. Albert ist als Langweiler bekannt, der Schmetterlinge und Käfer sammelt. Er wäre gerne Entomologe geworden und passt so gar nicht zur quirligen Greta, die sich trotz der Verwandtschaftsverhältnisse nicht persönlich kennen. Viel lieber wäre Greta eine Verbindung zu ihrem französischen Cousin Henry eingegangen, mit dem sie sich sehr gut versteht. Zu ihrem Bruder Otto, der sich für das Weltall und für Physik interessiert, hat Greta abenfalls eine sehr enge Verbindung. Doch auch die beiden Männer sind in ihrer Familienpolitik eingeschränkt und müssen sich den Wünschen ihrer Väter beugen, ebenso wie Alberts älterer Bruder Clemens, der einmal die Bankgeschäfte übernehmen soll, aber so gar kein Händchen fürs Geld hat.
Greta hat sich in den Kopf gesetzt ihre Ehe nicht auf ein Nebeneinander aufzubauen, sondern möchte ihr eine Chance geben. Die britische Insel ist ihr jedoch sehr fremd und Greta langweilt sich schnell. Man erwartet von ihr nichts anderes, als für Nachwuchs zu sorgen. Ihre Schwiegermutter versucht ihr durch ihre eigene Liebe zum Garten zu helfen und so findet Greta bald Freude an der Gartenarbeit. In späterer Folge versucht sie mittellose Frauen zu unterstützen und richtet ein Gebärhaus auf dem Grundstück ein, wo die Frauen bis zur Geburt im Garten helfen und ein klein bisschen Lebensmut wiederfinden. Als Albert anfängt sich Greta langsam zuzuwenden, bricht der Große Krieg aus und Greta wird in ihrem neuem Heimatland plötzlich zum Feind...
In einem weiteren Erzählstrang lernen wir den obdachlosen Jungen Karl kennen, der in den unterirdischen Kanälen Knochen sammelt, um sie den Seifensiedern zu verkaufen. Damit verdient er sich ein paar Heller, um zu überleben. Größtenteils hält er sich in den Kanälen in der unmittelbaren Nähe des Goldbaum Anwesens auf. Beim Lesen fragte ich mich die ganze Zeit, warum wir aus seiner Perspektive lesen, doch im letzten Drittel nimmt Karl einen wichtigen Part ein und leztendlich schließt sich der Kreis.
Solomon erzählt aber nicht nur aus der Sicht von Greta und Karl, sondern auch aus anderen Perspektiven.
Der Kaiser war ein alter Mann. Er war der älteste Kaiser der Welt. Rings um ihn wandelte der Tod im Kreis, im Kreis und mähte und mähte. Schon war das ganze Feld leer, und nur der Kaiser, wie ein vergessener silberner Halb, stand noch da und wartete. ZITAT BUCHANFANG -Joseph Roth, Radetzkymarsch-
Der Roman spielt in der Zeit von 1910 bis 1917. Schauplätze der Familiensaga sind Österreich, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz und Russland. In all diesen Ländern - mit Ausnahme Russlands, wo Juden nicht gern gesehen waren - lebte mindestens einer aus dem Familienzweig der Goldbaums. Geld regiert zwar die Welt, aber es verheißt nicht automatisch Glück. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erleiden die Goldbaums ebenso Verluste und Leid, wie ihre armen Mitmenschen. Das Grauen nimmt keinen Umweg, sondern erreicht alle Menschen, ob jung oder alt, arm oder reich.
Der geschichtliche Hintergrund vor und während des Ersten Weltkrieges ist hervorragend recherchiert und in die Familiengeschichte eingeflochten. Solomon gibt Einblicke in das jüdische Alltagsleben und in den gesellschaftlichen Umbruch. Auch Gustav Klimts Geliebte Emilie Flöge, deren Kleider Greta trägt und die damit auf Korsagen pfeift, findet Erwähnung, genauso wie der Untergang der Titanic.
Die Protagonisten sind sehr vielschichtig und lebendig gezeichnet. Greta ist eine moderne und unkonventionelle junge Frau. Sie findet in ihrer arrangiert Ehe schlussendlich Glück und Geborgenheit und in der Gartenarbeit Kraft und neuen Lebensmut.
Fazit:
Eine umfangreiche Familiengeschichte einer jüdischen Bankiersfamilie, die wunderbar in die historischen Begegebenheiten vor und während des Ersten Weltkrieges eingeflochten wurde. Die vielen Seiten sind schnell gelesen, denn der Sog des Romans hält einem sehr schnell gefangen. Auch hier kann ich eine Leseempfehlung aussprechen.