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Veröffentlicht am 07.10.2021

Ikone im Ullstein Verlagshaus

Vor Frauen wird gewarnt
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Vicki Baum...wer kennt heute diese bereits in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts berühmte Schriftstellerin, die im Ullstein Verlag arbeitete und zusätzlich einen Autorenvertrag hatte? Ich kenne ...

Vicki Baum...wer kennt heute diese bereits in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts berühmte Schriftstellerin, die im Ullstein Verlag arbeitete und zusätzlich einen Autorenvertrag hatte? Ich kenne ihren Namen nur aus meiner Zeit als Kind in der Bücherei in der ich ausgeholfen habe. Damals standen ihre Bücher augenfällig in den Regalen. Leider findet man diese heutzutage kaum mehr. Wie wäre es mit einer Neuauflage liebe Verlage?

Heid Rehn hat sich dieser außergewöhnlichen Frau angenommen. In ihrem biografischen Roman "Vor Frauen wird gewarnt", anlehnend an Vicki Baums Bestseller "Vor Rehen wird gewarnt" widmet sie sich der Schriftstellerin und ihrem Leben. Dabei werden die fünf entscheidenden Jahre, in den Vicki Baum der große Durchbruch gelang, beschrieben.
Die Erzählung beginnt mit dem Zeitpunkt, als die in Wien als Hewdig Baum geborene Autorin, getrennt von Mann und Kindern nach Berlin zieht. Im Ullstein-Verlagshaus erhält sie die einmalige Chance Karriere zu machen. Zu dieser Zeit ist nicht nur die Verlagbranche eine von Männern dominierende, sondern generell sind nur wenige Frauen berufstätig. Doch Vicki Baum ist eine sehr selbstbewusste und vorallem freiheitsliebende Frau, die ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben lebt. Ihr Mann Richard, Dirigent und erster Kapellmeister, bleibt vorerst mit den beiden gemeinsamen Söhnen in Mannheim zurück, wo er seiner Arbeit nachgeht. Beide nehmen die Treue nicht sehr genau, halten jedoch trotzdem aneinander fest.

Mir blieb leider über längere Zeit die Person Vicki Baum fremd, obwohl sie auf der anderen Seite sehr lebendig dargestellt wird. Sie ist arbeitswütig und versucht immerzu die Achtung ihres Umfeldes zu erringen. Oftmals fragte ich mich, woher diese Frau die Energie nahm? Nach einem langen Tag im Verlag, der meistens mit Überstunden endete, schrieb sie danach an ihren Romanen und ging mehrmals die Woche und am Wochenende in die beliebten Tanzlokale, zu Opernvorstellungen oder anderen Kulturevents. Immer wieder wird auch einem Mantra gleich erwähnt, dass sie nicht mehr die Jüngste sei. Umso mehr erstaunte mich ihre Energie. Für mich war sie schlussendlich einfach zu perfekt dargestellt.

Ich hatte außerdem oftmals das Gefühl auf der Stelle zu treten - besonders im ersten Abschnitt. Da fehlte es mir sehr an Spannung. Mir ist bewusst, dass es sich hier um einen biografischen Roman handelt und man als Autorin authentisch bleiben muss. Man kann nicht einfach weitere spannende Geschichten dazu erfinden. Trotzdem waren es für mich doch so einige Längen...
Auch die politische Brisanz dieser Zeit - die Anfänge der Braunhemden und des Judenhasses - wird nur kurz angerissen. Vicki Baum wird sich der Gefahr auch gar nicht bewusst (wie leider so vielen Juden), obwohl sie selbst jürdische Wurzeln hat.

Gefallen haben mir hingegen die Einblicke in den Ullstein Verlag und die Beziehungen untereinander. Die von Männern dominierende Branche war teilweise von Vicki Baum hingerissen, auf der anderen Seite gab es jedoch viele Skeptiker. Wie leider auch noch heute üblich, musste sie viel mehr Arbeit stemmen, um bei den männlichen Kollegen und Vorgesetzten anerkannt zu werden. Außerdem mochte ich ihre emanzipierte Art und ihren Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen. Sie ging sogar zum Boxtraining und machte damit einmal mehr klar, dass Frauen sich hinter Männer nicht zu verstecken brauchen. Sie war ihrer Zeit einfach ziemlich voraus....
Gelungen dargestellt ist auch die damalige Atmosphäre. Man erlebt die wilden Zwanziger in der Metropole Berlin, wo die Nacht zum Tag gemacht wurde und die Menschen feierten, als gäbe es kein morgen.

Ihre Bücher wurden in der Zeit der Nationalsozialismuses verboten und wurden Opfer der Bücherbrennungen. Der Roman endet mit einem Neuanfang in Amerika, wo Vicki weitere Erfolge feiert. Am Ende befindet sich noch eine Nachbemerkung der Autrin und ein Personenverzeichnis.

Fazit:
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass biografische Romane um berühmte Frauen nicht wirklich meins sind. Natürlich ist "Vor Frauen wird gewarnt" in erster Linie ein Roman und subjektiv, trotzdem gab es für mich einige Längen. Vicki Baum wurde mir außerdem zu sehr als Überfrau dargestellt. Neugierig auf ihre Romane hat mich Heidi Rehn aber allemal gemacht...

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Bis zum letzten Tanz

Bis zum letzten Tanz
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Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ...

Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ihre Zeit als junge Frau.
Als Zwanzigjährige Waise kommt Lotte nach Wien, nachdem sie ihr Elternhaus in Oberösterreich verlassen musste. Nach dem Tod der Eltern muss sie Geld verdienen und folgt ihrer Freundin und Nachbarin Gisi in die Bundeshauptstadt. Der Hunger ist ihr ständiger Begleiter. Dank des Apfelstrudel Geheimrezeptes ihrer Mutter findet sie schlussendlich im Café Schwarz eine Anstellung. Im Café bekommt sie neben ihrem Lohn auch etwas zu Essen. Doch die Arbeit ist hart und die Chefin schikaniert sie, wo sie nur kann. Lotte verliebt sich unwissentlich in ihren Sohn Erich und die Beiden kommen sich näher. Doch die junge Liebe dauert nur kurz, denn Erich wird eingezogen. Fast zeitgleich verschwindet auch ihre beste Freundin Gisi. Während die Jahre vergehen, gibt es weder ein Lebenszeichen von Erich, noch von Gisi. Die Lebensmittel werden in der Stadt immer weniger und so entschließt sich Lotte nach Hause nach Oberösterreich zu fahren und bei den Nachbarn und Bauern Lebensmittel einzukaufen oder zu tauschen. Dabei lernt sie den GI Richard kennen, der ihr neuen Lebensmut schenkt. Die Beiden verlieben sich ineinander....

Lotte kam mir zu Beginn wirklich sehr naiv vor. Sicherlich war es damals etwas komplett anderes, plötzlich vom Land in die Hauptstadt Österreichs zu ziehen -noch dazu mutterseelenallein. Doch gerade in der Stadt merkt man doch viel schneller, wie sich politisch alles entwickelt und die Veränderungen vonstatten gehen. So richtig konnte ich keine Beziehung zu Lotte aufbauen, obwohl sie von der Autorin sehr gut gezeichnet wurde. Erst im letzten Drittel, als sie durch die schlimmen Nachkriegsjahre zu einer bewundersnwerten Stärke fand, bekam ich besseren Zugang zu ihr. Lottes Zerissenheit, ihre Einsam- und Traurigkeit konnte ich sehr gut nachvollziehen.

Die einzelnen Figuren, vorallem die Nebencharaktere, sind sehr lebendig dargestellt. Frau Schwarz, die Rosenblums, die Besucher des Cafés und Evi habe ich alle bildhaft vor mir gesehen. Auch unsere Bundeshauptstadt hatte ich immer vor Augen und begleitete Lotte durch den 1. Bezirk.

Hungrig sollte man bei dieser Lektüre ebenfalls nicht sein. Nicht, weil man dauernd vom Essen liest...dass auch, aber vorallem weil man ständig vorgesetzt bekommt, wie der Hunger an Lotte nagt. Man durchlebt mit ihr die Kriegsjahre, die tiefe Spuren an den Menschen hinterlassen. Der tägliche Überlebenskamp der Frauen während des Krieges wird sehr lebendig dargestellt. Viel öfter liest man von den Männern und was sie alles furchtbares an der Front erlebt haben, aber wie die Frauen während der Bombennächte und den schrecklichen Hungerwintern überleben mussten, davon liest man viel zu wenig. Katharina Schöndorfer hat die Folgen, die der Krieg und die Gefangenschaft mit sich gebracht haben, ebenfalls thematisiert und sehr ausdrucksstark dargestellt. Deshalb verstand ich umso weniger, dass sich Lotte so überhaupt nicht für die Politik interessierte bzw. sich nicht informierte.

Was ich sehr spannend fand war, dass man endlich auch einmal zu lesen bekommt, wie diejeningen in Österreich, die der russischen Besatzungszone unterstellt waren, zu leiden hatten. Ich habe noch heute die Worte meiner Großmutter im Ohr, die immer wieder betonte, wie grausam die Russen waren...nur zu den Kindern waren sie freundlich und nett. Katharina Schöndorfer greift dieses Thema auf und erzählt wie schutzlos, vorallem die Frauen, vor ihnen waren.
Das Ende hat die Autorin gut gewählt. Es lässt mich allerdings auch nachdenklich zurück. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, ob die Entscheidungen, die man trifft, immer die Richtigen waren und was gewesen wäre, hätte man eine andere getroffen....

Am Ende gibt es wieder den Zeitsprung ins Jahr 2018. Ich habe mir danach den Prolog nochmals durchgelesen, um ein vollständiges Bild zu bekommen.

Fazit:
Ein Roman, der den täglichen Überlebenskamp der Frauen während des Krieges und in der Nachkriegszeit widerspiegelt, eingebettet in die Kulisse Wiens. Eine Geschichte, die nachdenklich macht und mich trotzdem gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Abschluss einer großartigen Reihe

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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Es war für mich eine wunderbare Überraschung, als ich entdeckte, dass Brigitte Riebe sich dafür entschieden hatte, noch einen vierten Band um die Schwestern vom Ku'damm zu veröffentlichen. Diesmal begleiten ...

Es war für mich eine wunderbare Überraschung, als ich entdeckte, dass Brigitte Riebe sich dafür entschieden hatte, noch einen vierten Band um die Schwestern vom Ku'damm zu veröffentlichen. Diesmal begleiten wir Miriam Feldmann, genannt Miri, die uneheliche Tochter des Kaufhaus-Patriarchen Friedrich Thalheim.

Obwohl es schon eine Weile her ist, dass ich den dritten Band gelesen habe, war ich sofort wieder mitten im Geschehen und hatte das Gefühl nach Hause zu kommen. Die Thalheims sind mir alle sehr ans Herz gewachsen.
Zeitlich befinden wir uns diesmal in Berlin in den Jahren 1966-1971. Eine Zeit voller Umbrüche. Die Musik und die Mode feiert gleichermaßen eine Revolte. Woodstock, Drogen, lange Haare, freie Liebe - schrille Farben und große Muster, Felljacken und Miniröcke...all das prägt das Erscheinungsbild dieser Zeit (und wird teilweise heute wieder modern). Studenten protestieren lautstarkt auf den Straßen und politisch stehen viele Zeichen auf Unruhe. Es ist die Zeit der ersten Kommunen, des Vietnamkrieges und des Prager Frühlings. Deutschland ist durch die Mauer gespalten und mögliche Besuche in Ost und West werden immer schwieriger.
In dieser Zeit ist Miri bereits fester Bestandteil der Thalheim Familie und ihr kreative Kopf. Als Chef-Designerin ist sie in die Fustapfen ihrer Mutter getreten. Auch die Schwestern springen auf den neuen Trend auf, was Friedrich Thalheim zunächst alles andere als begeistert. Der Erfolg überzeugt allerdings auch ihn.

Miri wird mit 42 Jahren erstmals schwanger, nachdem sie und Schani bis dahin kinderlos geblieben sind. Vor Jahren haben sie deswegen Jenny adoptiert, die mittlerweile zu einem Teenager herangewachsen ist. Meine Mutter wurde 1965 ebenfalls mit 42 Jahren schwanger. Allerdings war ich dann im Februar 1966 nicht ihr erstes, sondern das vierte Kind und ein richtiger Nachzügler. Diese Parallelen fand ich richtig cool und umso genauer verfolgte ich diese Zeitspanne.
Gott sei Dank waren es die einzigen Gemeinsamkeiten, denn Miri lebte in den Kriegsjahren als "Unsichtbare" (untergetauchte jüdische Menschen, die dem Naziregime zu entfliehen versuchten) in Berlin. Diese tief bewegenden Rückblenden als U-Boot, immer mit der Angst aufzufliegen und wie ihre Mutter deportiert zu werden, haben auch ihr weiteres Leben beeinträchtigt. Einzig der Koffer mit den Schnittmustern ist Miri von ihrer Mutter erhalten geblieben. Dieser bedeutet ihr sehr viel und bringt ihr auch immer wieder neue Inspirationen. Als Miri auf einem alten Bekannten aus dieser Zeit trifft, kommen alte Erinnerungen wieder hoch. Zusätzlich gibt es Probleme mit Jenny...

Lebendige Zeitgeschichte, verbunden mit dem Schicksal der Thalheims und den gesellschaftlichen Umbrüchen, wurden von Brigitte Riebe wieder fesselnd erzählt und sehr lebendig dargestellt. Ich war mitten drin und habe mitgefiebert. Danke, dass ich diese Zeit literarisch erleben durfte, als ich selbst noch zu klein war, um dies alles richtig aufzunehmen.

Am Ende befindet sich wieder eine Zeittabelle mit den wichtigsten zeitgeschichtlichen Ereignissen von 1966 - 1971.

Fazit:
Brigitte Riebe hat mir mit diesem Wiedersehen mit Rike, Silvie, Flori und Miri eine große Freude bereitet. Eine großartige Reihe, die ich allen empfehlen kann, die sich für Familiengeschichten und lebendige Zeitgeschichte interessieren.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

I still have Faith in you

Für Glück ist es nie zu spät
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Johanna steht am Grab ihres Mannes. Ihre Ehe ist seit längerer Zeit zerrüttet, obwohl sie ihr eigenes Leben immer hinten angestellt hat. Nur die schwere Krankheit ihres Mannes hat sie kurz vor der geplanten ...

Johanna steht am Grab ihres Mannes. Ihre Ehe ist seit längerer Zeit zerrüttet, obwohl sie ihr eigenes Leben immer hinten angestellt hat. Nur die schwere Krankheit ihres Mannes hat sie kurz vor der geplanten Scheidung abgehalten. Nun ist sie plötzlich mit Anfang Fünfzig frei, aber auch total verunsichert. Wie soll ihr neuer Lebensausschnitt aussehen?
Bei der Durchsicht der Trauerpost findet sie einen sehr persönlichen Brief ihrer alten Freundin Ines. Seit der Eheschließung mit René hat Johanna den Kontakt zu ihr verloren - wie so vieles andere. Ein beigelegtes Notizbuch ihrer Freundin erinnert Johanna daran, dass sie früher Tagebuch geschrieben hat. Sie beginnt ihre Gedanken und Gefühle wieder aufzuschreiben und stellt bald fest, dass sie neu anfangen muss.
Das Erste, wovon sie sich trennen möchte, ist das durchgestylte, aber unpersönliche, Haus, das den Geschmack ihres Mannes widerspiegelt, aber keinesfalls ihren. Durch die Entrümpelungsfirma lernt sie die ausgeflippte Pauline kennen, die ihr zur Freundin wird und aus der ersten Trauierphase holt. Diese schickt ihren Onkel, einen Makler, zu Johanna, um ihr bei der Suche nach einem passenden Haus zu helfen. Johanna fällt fast aus allen Wolken, als sich dieser als ihr Exfreund Henry entpuppt. Das bringt sie auf die Idee in ihren alten Tagebüchern zu lesen, die sie bei der Entrümpelung gefunden hat. Ihre Einträge machen ihr bald klar, wie viele ihrer Träume und Ideen im Sand verlaufen sind und sie fragt sich, wohin ihr altes Ich verschwunden ist. Hat sie Ines damals nicht verstanden, ist ihr heute klar, dass diese den weitaus besseren Weg gewählt hat. Nach und nach verucht sie ihr altes ich hinter sich zu lassen. Alles Schwere fällt nach und nach von ihr ab und ihr Leben erscheint so viel leichter und abwechslungsreicher.

Heike Abidi hat die Verwandlung von Johanna wunderbar realistisch dargestellt. Man lebt und leidet, lacht und bangt mit ihrer Hauptprotagonistin. Die Autorin erzählt diese warmherzige und gefühlvolle Geschichte mit viel Herzblut, aber wie gewohnt auch mit einer Prise Humor.
Man blickt als Leser tief in die Gefühls- und Gedankenwelt von Johanna, die sehr authentisch wiedergegeben wird. Viele ihrer Empfindungen konnte ich sehr gut nachvollziehen. In kurzen Rückblenden durch die Einträge in ihre alten Tagebücher, erhalten wir ein sehr ausdrucksstarkes Bild der jungen Johanna und ihren Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben. Sie ist zielorinetiert und voller Lebensfreude, während die Johanna in der Gegenwart erst ihre Träume wiederfinden muss. Der Vergleich zeigt wie verschieden die junge und alte Johanna sind. Man erkennt deutlich, wie viele ihrer Träume und Ideen im Sand verlaufen sind und welches Leben sie an der Seite von René hatte bzw. was sie alles aufgegeben hat. Doch neben all den tiefgründigen und oftmals schmerzvollen Szenen hat Heike Abidi wieder ihren unverwechselbaren Humor miteingebracht. In Rückblenden lernen wir Johannas Affären von damals kennen, die die gegenwärtige Johanna ausfindig macht und trifft. Besonders der Zahnarztbesuch hat mir die Lachtränen in die Augen getrieben!
Neben den Hauptprotagonisten hat Abidi auch die Nebencharaktere ausdrucksstark in Szene gesetzt. Dabei habe ich besonders Pauline und Maxi ins Herz geschlossen.

Fazit:
Ein wundervoller Roman, der aufzeigt, dass es für einen Neustart im Leben nie zu spät ist. Warmherzig, tiefgründig und mit einer Prise Humor hat Heike Abidi wieder eine bezaubernde Geschichte geschrieben, die ich sehr gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Warmherzige Kurzgeschichte mit exotischem Setting

Das Parfum der Liebe
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Hanna Caspian's Reihe um "Gut Greifenau" hat mich und viele andere Leser begeistert und gehört zu meinen absoluten Lieblingsreihen überhaupt. Die Autorin ist eine von sechs, die im Rahmen der Reihe "Sehnsuchtsmomente" ...

Hanna Caspian's Reihe um "Gut Greifenau" hat mich und viele andere Leser begeistert und gehört zu meinen absoluten Lieblingsreihen überhaupt. Die Autorin ist eine von sechs, die im Rahmen der Reihe "Sehnsuchtsmomente" im Knaur Verlag eine Kurzgeschichte veröffentlich haben.

In diesem schmalen Büchlein reisen wir im Jahr 1904 nach Ecuador. Viola ist nach ihrer geplatzen Verlobung gemeinsam mit ihrem Onkel Nepomuk nach Südamerika "geflüchtet". Sie ist die perfekte Begleitung für seine naturwissenschaftlichen Erkundigungen, die ihn als Apotheker nach Ecuador geführt haben. Viola spricht drei Fremdsprachen, interessiert sich für die Pflanzenheilkunde und zeichnet außerdem sehr gut. Sie soll seine Funde zeichnerisch festhalten. In der Hacienda, wo sie abgestiegen sind, lernt sie den Parfumhersteller Adrian de Vries kennen. Durch ein Missgeschick zerstört Viola eine seiner kostbaren Phiolen und die beiden geraten in einen schlimmen Streit. Doch bei der ersten gemeinsamen Expedition im Dschungel ist Adrian mehr als überrascht von der toughen jungen Frau. Die beiden nähern sich immer mehr an, doch Adrian hütet ein Geheimnis...

Der Schreibstil von Hanna Caspian ist wie immer bildhaft und lebendig. Sie hat die Atmosphäre der damaligen Zeit wunderbar eingefangen. Die exotische und von der Autorin bildhaft beschriebene Landschaft hat mich sehr schnell verzaubert. Ich hatte die vielen bunten Blüten und Blumen vor Augen und hatte ein Potpourri von Düften in der Nase. Auch die Figuren sind sehr lebendig gezeichnet. Viola ist eine blitzgescheite junge Frau, die im Laufe ihres Aufenthaltes feststellt, dass sie unabhängig sein und gerne studieren möchte. Ihr Onkel ist ein sehr sympathischer und weiser Mann mit einem großen Herzen. Adrian war mir anfangs nicht so sympathisch, aber mit der Zeit lernt man ihn besser kennen und blickt auch in sein Herz. Seine Zerissenheit wird gut dargestellt. Florence ist eine eingebildete junge Frau, die sich für den Nabel der Welt hält. Sie ist grausam ihrer Bediensteten gegenüber und scheint auch sonst ein Herz aus Stein zu haben. So sind einige der Figuren etwas sehr schwarz-weiß dargestellt, jedoch tut dies der Geschichte keinen Abbruch.

Dass Kurzgeschichten leider nicht so sehr in die Tiefe gehen können ist hingegen ein Grund, warum ich diese sehr selten lese. Dass ich diesen Monat gleich zwei davon gelesen habe, ist daher sehr ungewöhnlich. Mir hat "Das Parfum der Liebe" schöne Lesestunden beschert und neben all den Wälzern, die ich zur Zeit lese ist ein dünnes Büchlein allmal eine nette Abwechlung.

Fazit:
Eine warmherzige und duftige Kurzgeschichte mit exotischem Setting, die mir schöne Lesestunden beschert hat. Hanna Caspian kann auch Novellen, auch wenn ich ihre dickeren Bücher bevorzuge.

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