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Veröffentlicht am 28.06.2021

Zu viele Themen - zu oberflächlich

Honigherzen
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Ich muss zugeben, dass war ein Coverkauf. Eigentlich bin ich keine Leserin, die nur nach einem schönen Cover greift - natürlich war auch der Klappentext ausschlaggebend. Ich wollte etwas Leichtes für den ...

Ich muss zugeben, dass war ein Coverkauf. Eigentlich bin ich keine Leserin, die nur nach einem schönen Cover greift - natürlich war auch der Klappentext ausschlaggebend. Ich wollte etwas Leichtes für den Sommer und erhoffte mir mit "Honigherzen" genauso einen Roman zu bekommen. Leicht ist er, jedoch so ganz überzeugen konnte er mich leider nicht - trotz der sehr guten Bewertungen auf diversen Plattformen.

Leni ist seit einiger Zeit Witwe und ihre Tochter Romy ein richtiger Wirbelwind. Den Tod ihrer großen Liebe hat sie nach rund sechs Jahren noch immer nicht richtig überwunden. Deswegen möchte sich Leni endlich einen großen Traum erfüllen und einen Neuanfang wagen. Sie kauft gemeinsam mit ihrer Schwester Juna einen renovierungsbedürftigen Hof auf dem Land. Ihr Traum einen eigenen Hofladen aufzumachen und die alten Rezepte ihrer Großmutter auszuprobieren, lassen das Dreimäderlhaus voller Elan ans Werk gehen. Doch so einfach, wie sie sich das vorgestellt haben, ist es nicht. Die Dorfgemeinschaft steht den zwei unabhängigen Frauen skeptisch gegenüber, Romy eckt immer wieder in der Schule an und das Bauernhaus fällt den Frauen förmlich über den Kopf zusammen. Zusätzlich nervt Hannelore, die Nachbarin, die mit ihrem Mops und böser Zunge immer dann auftaucht, wenn man sie am wenigsten braucht. Nur der Tipp mit dem Tischler Henry, der ihnen bei der Renovierung helfen soll, ist Gold wert.

Der Beginn des Romans hat mir sehr gut gefallen und war ernster, als erwartet. Wir erfahren, wie sich Leni und ihr Mann Alex kennengelernt haben und wie sie ihn wieder durch einen tödlichen Unall verloren hat. Man spürt den Schmerz und die Trauer zwischen den Zeilen und ich hatte einen dicken Kloß im Hals. Doch sehr bald ändert sich die Atmospähre und es wird humorvoller. Zusätzlich gibt es bald tierischen Zuwachs auf dem Hof, nachdem Leni einen Esel und ein altes Pony vom Schlachter rettet.
Weniger gefallen hat mir - trotz vieler Pannen - wie schnell und ohne Probleme Leni und Juna Liköre, Marmeladen und Schnäpse herstellen konnten. Nicht ein einziger Fehlversuch! Da erblasst jede Frau, die sich zum ersten Mal an disen Köstlichkeiten versucht. Befremdlich fand ich auch die Auftritte von Alice, Lenis zweites ich. Natürlich darf auch die Liebe nicht fehlen, die noch mehr Irrungen und Wirrungen stiftet.

Mina Teichert hat sich aber auch dem Thema ADHS angenommen. Romy zeigt Anzeichen dieser Krankheit und Leni steht vor der Frage, ob sie medikamentös eingreifen soll oder ob sich andere Wege finden lassen.
Natürlich kommen auch die titelgebenden Bienen vor, die weiterhin vom Imker des Vorbesitzer versorgt werden. Der verschrobene alte Mann hilft den Frauen nach einiger Skepsis gerne.

Ein weiteres Thema sind die Briefe, die Leni am Dachboden von einer gewissen Tilly findet und von einer unglücklichen Liebe erzählen.
Und damit bin ich auch schon bei meiner nächsten Kritik: zu viele Themen, die mehr oder weniger angeschnitten werden und an der Oberfläche bleiben. Ein paar weniger mit mehr Tiefe hätten der Geschichte gut getan.

Die Figuren sind sehr individuell und teilweise etwas skurill gezeichnet. Selbst die kleine Romy mit ihren vielen "Ups" und "Huchs" bei jedem kleinen Malheur, das ihr gefühlt auf jeder Seite passiert, nervt leider mit der Zeit. Hannelore, die Nachbarin, hat ebenfalls Haare auf den Zähnen und Henry, der Tischler, kämpft mit seinen eigenen Dämonen. Juna liebt Männer und Frauen gleichermaßen und Klara, die seit ihrer Geburt beeinträchtigt ist und am liebsten durch Fenster einsteigt, erfüllen schnell mal die LGBTQ Quote, die im Moment so angesagt ist.

Mir war der Roman trotzdem zu oberflächlich! Sicherlich ist es ein leichter Wohlfühlroman und ich habe auch nichts anderes erwartet und erhofft. Trotzdem wurde ich weder richtig warm mit den Protagonisten, noch mit den schnellen oder oberflächlichen Problemlösungen. Auch der Humor war nicht meiner und die irgendwie gewollte Stellungnahme gegen diverse Diskriminierung kamen mir zu gewollt vor.
Es gab für mich zu viele Themen in der Geschichte, die aufgegriffen wurden. Ein Buch, das nicht in meinem Regal verbleiben wird - schade!

Fazit:
Ich hatte mir sehr wohl ein Wohlfühlbuch erwartet, aber bin mit diesem Roman trotzdem nicht ganz glücklich geworden. Zu viele Themen, die nur an der Oberfläche bleiben und ein Humor, der mir nicht immer zusagte. Ich kann mich den sehr guten Bewertungen auf diversen Plattformen nicht anschließen, aber empfehle jedem sich seine eigene Meinung zu bilden. Ich kenne deutlich bessere Geschichten aus diesem Genre.

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Veröffentlicht am 25.06.2021

Blutiges Wien

Die Totenärztin: Wiener Blut
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Ich habe mich total gefreut, dass ich bei dieser Leserunde dabei sein und nach Wien in die Zeit der Jahrhundertwende reisen durfte. René Anour hat diese Epoche wunderbar eingefangen und mit Fanny Goldmann ...

Ich habe mich total gefreut, dass ich bei dieser Leserunde dabei sein und nach Wien in die Zeit der Jahrhundertwende reisen durfte. René Anour hat diese Epoche wunderbar eingefangen und mit Fanny Goldmann eine sehr außergewöhnliche junge Frau erschaffen.

Fanny ist Totenärztin, also Pathologin. Sie liebt ihren Beruf und möchte den Toten eine Stimme geben. Jedoch durfte sie 1908, trotz Medizinstudium, nicht als Ärztin arbeiten, sondern muss den männlichen Kollegen als Prosekturgehilfin assistieren. Dabei fällt ihr auf, dass der scheinbar Obdachlose, den Inspector Kalteneckker zur Obduktion gebracht hat, unter dem stinkenden Mantel gepflegte Hände und Nägel hat. Außerdem ist er viel zu gut genährt. Diese Ungereimtheiten lassen Fanny keine Ruhe, doch ihre männlichen Kollegen nehmen sie nicht ernst. Fanny beschließt die Leiche heimlich während der Nacht zu obduzieren. Dabei entdeckt sie einige Geheimnisse des Toten, wie einen Zettel mit der Einladung zu einem geheimnisvollen Treffen am Stock im Eisen in zwei Tagen. Fanny beschließt sich den Treffpunkt genauer anszusehen und kommt einem skrupellosen Mörder in die Quere...

Die Geschichte packte mich von der ersten Seite an. Fanny ist eine überaus sympathische und intelligente Person, die etwas zu neugierig und unerschrocken ist. Sie verkörpert den modernen Frauentyp, dem Bildung wichtig ist und sich nicht in das übliche Schema pressen lassen möchte. Damit eckt sie natürlich überall an. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Tilde lässt sie sich zu so einigen verrückten Aktionen hinreißen, die für mich manchmal etwas über das Ziel hinausschossen. Der Spannungsbogen stieg dadurch nochmals an und blieb durch weitere unerwartete Wendungen in der Höhe, sodass man das Buch nicht aus der Hand legen konnte.

Neben Fanny spielt ihre beste Freundin Tilde eine große Rolle. Sie wirkt etwas naiv und bezaubert mit ihrem Charme und Aussehen die Männer. Hinter dem hübschen Gesicht steckt aber eine sehr unkonventionelle und gewitze junge Frau.
Auch Fannys Cousin Schlomo passt nicht in die gesellschaftliche Norm. Seine Eltern haben mit ihrm gebrochen, seit er als Maskenbildner unter dem Namen Maître François am Burgtheater arbeitet.
Leontine Kuderna ist die Frau des Insitutsleiters, die heimlich für mehr Frauenrechte kämpft und Fanny unterstützt. Und dann gibt es noch den Mann, den Fanny bei ihrem geheimnisvollen Treffen am Stock im Eisen antrifft und der ihr immer wieder über den Weg läuft...

Historisch erfahren wir ebenfalls mehr über Kaiserin Elisabeth, ihrem Hungerwahn und ihrem Haarschmuck. Die berühmten Sisi-Sterne spielen eine besondere Rolle in der Geschichte. Die tiefen Einblicke in die damalige Wiener Gesellschaft sind gelungen.
Die Schauplätze der österreichischen Metropole sind von René Anour sehr bildhaft eingefangen worden, wie auch die einzigartige historische Atmosphäre. Zusätzlich hat der Autor viele österreichische Köstlichkeiten vorgestellt (und meinen Hunger geweckt), sowie modische Einblicke in die Zeit eingebaut. Mit Emilie Flöge, die Muse Gustav Klimts, die mit ihren Reformkleidern eine modische Revolution begeht und die Frauen vom Korsett befreit oder die ersten Automobile, die das Stadtbild verändern.
Am Ende gibt es einen fiesen Cliffhanger, der mich ungeduldig auf den Nachfolgeband warten lässt.

Schreibstil:
Der Schreibstil von René Anour ist sehr bildhaft, und detailliert. Die Szenen in der Gerichtsmedizin und in den Katakomben Wiens sind sehr detailliert beschrieben und haben mir grausige und gruselige Bilder im Kopf beschert. Die Geschichte fesselt ungemein und hat auch witzige Momente, die die Handlung immer wieder auflockern. Der Autor hat viel Zeit in seine Recherche gesteckt und mit "Die Totenärztin: Wiener Blut" einen tollen Auftakt zu einer Diologie erschaffen, die hoffentlich eine Reihe werden wird.

Auf der Innenseite vorne und hinten gibt es eine historische Karte von Wien. Im Anschluss an den Roman findet man noch ein Nachwort des Autoren, wo er Fiktion und Realität trennt, sowie ein Glossar.

Fazit:
Ein toller historischer Krimi mit einer ungewöhnlichen Protagonistin und dem Charme von Wien zur Jahrhundertwende. Eine spannende Jagd nach Dieben und Mörder in der damaligen Wiener Gesellschaft - absolut gelungen!

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Veröffentlicht am 24.06.2021

Leider der schwächste Band der Reihe

Die verschwundene Schwester
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Den siebenten Band der Sieben Schwestern Reihe von Lucinda Riley habe ich gemeinsam mit den lieben Mädels Livia, Andrea und Nicole gelesen, mit denen ich schon die Vorgängerbände in einer Leserunde gelesen ...

Den siebenten Band der Sieben Schwestern Reihe von Lucinda Riley habe ich gemeinsam mit den lieben Mädels Livia, Andrea und Nicole gelesen, mit denen ich schon die Vorgängerbände in einer Leserunde gelesen habe.
Umso mehr schockierte uns die Nachricht vom plötzlichen Tod der Autorin, die uns genau während dieser Zeit erreichte. Lucinda Riley wurde nur 56 Jahre alt und kämpfte vier Jahre - schlussendlich erfolglos - gegen den Krebs. Kaum jemand ihrer Leser wusste davon. Als ich die Nachricht auf Instagram entdeckte, dachte ich zuerst an eine Falschmeldung. Leider war dies nicht der Fall und obwohl ich die Autorin nicht persönlich kannte, ging mir ihr Tod die kommenden Tage nicht aus dem Kopf. Immer wieder musste ich daran denken und natürlich auch an die Sieben Schwestern Reihe, die wir gerade lasen. Erst im Mai hat die Autorin verkündet, dass der siebente Band nicht der letzte sein würde und es noch einen weiteren geben wird. Nun hoffe ich stark, dass sie genaue Aufzeichnungen gemacht hat, damit dieser Band geschrieben werden kann. Im siebenten Band werden nämlich nur einige Geheimnisse aufgelöst, aber nicht alle.....und das trotz der 836 Seiten.

Wie der Titel des siebenten Bandes schon sagt, handelt es sich bei diesem Buch um die verschwundene Schwester, die niemand der sechs D’Aplièse Schwestern kennt. Doch nun scheint sich das zu ändern, denn Familienanwalt Georg kommt mit der Neuigkeit an, die verschwunde Schwester gefunden zu haben. In Neuseeland auf einem Weingut soll eine gewisse Mary leben. Doch sowohl die Tochter des Weingutes, als auch die Mutter, heißen beide Mary. Zu Pa Salt's Todestag möchten die Schwestern gemeinsam in der Ägäis an ihn denken und einen Kranz ins Meer werfen. Dazu möchten sie die geheimnisvolle Mary einladen. Da CeCe am nächsten wohnt, beschließt diese gemeinsam mit Chrissie zuerst herauszufinden, welche der beiden Frauen die verschwundene Schwester sein könnte. Tochter Mary-Kate empfängt CeCe sehr freundlich, doch die Beweise, dass ihre Mutter Mary (genannt Merry) die Gesuchte ist, verdichten sich. Mary ist jedoch kurz vorher zu einer kleinen Weltreise aufgebrochen, um sich um ihre Zukunft nach dem Tod ihres Mannes klar zu werden. Perfekt, dass die Schwestern rund um den Globus verteilt wohnen. Eine nach der anderen versucht Mary zu erreichen oder mit ihr zu sprechen, doch es scheint, als wollte diese nicht gefunden werden. Sie verschwindet meistens im letzten Augenblick. Auch Jack, Mary's Sohn und Mary-Kate erscheint dies ungewöhnlich und überrreden sie, sich mit einer der Schwestern zu treffen. Dies ist auch der Beginn einer Reise in die Vergangenheit von Mary, die in Irland begann....

Irland, die grüne Insel, und auch die Heimat der Autorin. Sie erzählt in diesem Buch die leidvolle Geschichte der Iren: den Unabhängigkeitskampf, die IRA (Irish Republican Army) und deren Frauen, den Cumann na mBan, die ihren Männern im Widerstand halfen. In diesem Vergangenheitsstrang, der im Jahr 1920 beginnt, wird dem Leser dieser lange Kampf für Unabhängigkeit und die Teilung Irlands näher gebracht. Viel zu wenig wusste ich darüber und würde auch gerne noch mehr erfahren. Trotzdem konnte mich der Teil der Geschichte nicht immer abholen. Nuala, die Großmutter Marys, entwickelte sich für mich von einer sympathischen jungen Frau und Widerstandskämpferin zu einer radikalen Verfechterin, die den Hass gegen die Engländer bis in die übernächste Generation schürt.
Father O'Brian und Ambrose hingegen konnten mein Leserherz erwärmen.

Im Gegenwartsstrang erleben wir das erste Mal alle Schwestern gemeinsam und erfahren auch ein bisschen etwas darüber, wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen ist. Ich fand das Drängen der Schwestern unbedingt gemeinsam mit Mary Pa Salt zu gedenken zu überzogen. Sie kannte Pa Salt ja nicht einmal. Auch die Art und Weise, wie sie Mary "auflauerten", war etwas an den Haaren herbeigezogen.
Die übertrieben Angst, die Mary hatte, fand ich ebenfalls überspitzt. Diese Gedanken änderten sich auch nicht nach der Auflösung am Ende.

Leider hatte ich diesmal sehr mit der gestreckten Handlung zu kämpfen. Lucinda Riley erzählt sehr detailliert - oftmals zu sehr. Es kam zu Längen und ich griff dazwischen immer wieder zu einem anderen Buch. Danach war ich zwar wieder schnell in der Geschichte und war eine Weile gefesselt, bis ich wieder "zu kämpfen" begann. Viele warfen der Autorin Geldgier vor, weil sie einen weiteren Band um Pa Salt plante. Dies sollte ihr plötzlicher Tod nun doch relativieren, denn sie hatte ganz andere Sorgen, als Geld zu scheffeln.
Leider ist die Reihe und die Geschichte um Pa Salt, und auch teilweise um die verschwundene Schwester, nicht wirklich aufgelöst. Wie die meisten Leser hoffe auch ich, dass Lucinda Riley ihre Aufzeichnungen fertig hatte, damit jemand anders den krönenden Abschluss um das Geheimnis der Sieben Schwestern schreiben kann. Es wäre sehr schade, würde dies Reihe unvollendet bleiben...
Es ist besonders schwierig diesen Band objektiv zu bewerten, doch ich hoffe, dass ich trotzdem meine Gedanken dazu relativ unvoreingenommen wiedergegeben habe.


Fazit:
Für mich war der siebente Band leider der Schwächste der Reihe, was vorallem an den Längen und der Detailverliebtheit lag. Ich kann aber auch verstehen, dass die Autorin sich ein bisschen verzettelt hat und einfach noch so viel zu erzählen hatte/gehabt hätte. Die Idee hinter der Reihe finde ich noch immer grandios und ich hoffe wirklich sehr, dass es Aufzeichnungen gibt und wir noch den letzten Band lesen dürfen - sonjst wäre das wirklich sehr schade!

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Völlig überzogen

Als wir uns die Welt versprachen
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"Als wir uns die Welt versprachen" hat mich, als ich es in den Vorschauen gesehen habe, sofort angesprochen. Das Thema der Schwabenkinder und Südtirol sind zwei Themen, die mich interessieren. Leider hat ...

"Als wir uns die Welt versprachen" hat mich, als ich es in den Vorschauen gesehen habe, sofort angesprochen. Das Thema der Schwabenkinder und Südtirol sind zwei Themen, die mich interessieren. Leider hat der Roman von Romina Casagrande meine Erwartungen so gar nicht erfüllt.

Die Geschichte basiert auf zwei Zeitebenen, wobei der Gegenwartsstrang dominiert. Genau mit diesem hatte ich aber arge Probleme. Die über neunzig jährige Edna lebt mit ihrem Papagei Emil in einem Dorf in Südtirol, dem heutigen Italien. Wie die meisten Menschen in ihrem Alter ist sie deutschstämmig und wurde in ihrer Kindheit als billige Arbeitskraft über die Berge nach Schwaben geschickt. Die Eltern der Bergbauernkinder konnten sich oftmals ein zusätzliches Kind gar nicht mehr leisten und haben ihre Kinder an reiche Bauern verkauft, in der Hoffnung, dass es ihnen dort besser geht. Auch Edna erlitt dieses Schicksal und erlebte eine schlimme Zeit, wo sie oftmals schlechter als die Hoftiere behandelt wurde. Ihr einziger Freund war damals Jacob mit dem sie die Flucht vom Hof vorbereitete. Doch dann kam der Krieg dazwischen....

Als Edna in einer deutschen Zeitschrift das Foto von Jacob sieht, beschließt sie ihn aufzusuchen. Vergessen hat sie den Jungen von damals nie und so sieht sie die Entdeckung als Zeichen des Schicksals an. Anhand einer alten Karte möchte sie dieselbe Strecke, die sie vor 75 Jahren schon einmal gegangen ist, nochmals gehen....quer über die Alpen bis nach Ravensburg, wo Jacob heute lebt. Denn Edna muss noch ein Versprechen einlösen...

Romina Casagrande erzählt abwechselnd in zwei Zeitsträngen. Die Erzählung über die Erlebnisse der Schwabenkinder war herzzerreißend, der Gegenwartsstrang hingegen völlig unglaubwürdig. Die Reise über die Alpen, die die über neunzig Jährige zu Fuß (!) unternimmt, hätte sie schon nach den ersten 50 Kilometern nicht mehr erlebt. Mit einem kleinen Rucksack und einer schweren Kiste, wo sie ihren Papagei untergebracht hat, wandert sie über die Berge und gerät nicht nur an lauter Gutmenschen, sondern verliert ihre Geldbörse, kämpft gegen die Naturgewalten und wehrt sich gegen Raubvögel, die ihren Emil schaden wollen. Völlig durchnässt läuft sie zwei Tage und Nächte in den Bergen herum....da wären wohl auch schon Jüngere an einer schweren Erkältung oder Lungenentzündung gestorben. Edna aber bleibt frisch und munter. Die bereits vorhandenen körperlichen Beschwerden in ihrem Alter werden ausgeblendet und lassen oftmals jeden fitten Alpinisten vor Neid erblassen. Ihre Naivität und Planlosigkeit passt außerdem so überhaupt nicht zu ihrem Alter. Als Figur blieb mir Edna völlig fremd.
Ihr merkt schon ich bin mit der Geschichte im Gegenwartsstrang überhaupt nicht klar gekommen und konnte nur immer wieder den Kopf schütteln. Schade um die eigentliche ernste Thematik, die die Autorin mit der Geschichte um die Schwabenkinder schreiben wollte. Sie verliert sich völlig in der klamaukhaft geschriebenen Gegenwart, statt die Vergangenheit in den Vordergrund zu stellen. Diese erzählt sie berührend und voller Emotionen. Zusätzlich verliert sich die Autorin in Details und unwichtigen Nebenhandlungen.

Als Deutschlehrer würde ich jetzt sagen: Thema verfehlt und nicht genügend. Als Leserin sage ich ...schade um den guten Plot und die Erzählung in der Vergangenheit, die mich überzeugen konnte. Leider muss ich aber das Gesamtwerk betrachten und gebe daher 2 Sterne (für die Geschichte in der Vergangenheit und den flüssigen Schreibstil)...das war's aber auch schon.


Fazit:
Das war leider gar nicht meins! Eine völlig an den Haaren herbei gezogene Geschichte in der Gegenwart, die den berührenden Vergangenheitsstrang über das Leiden der Schwabenkinder völlig ruiniert. Schade um die eigentliche ernste Thematik, die die Autorin schreiben wollte. Leider total am Thema vorbei! Ich gebe hier keine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.06.2021

Auf einmal bist du nicht mehr da

Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan
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Warum ich so richtig auf diesen Roman aufmerksam geworden bin, kann ich eigetnlich gar nicht mehr wirklich sagen. Jugendromane snd ja eher selten bei mir am Blog zu finden und trotzdem hat mich die Geschichte ...

Warum ich so richtig auf diesen Roman aufmerksam geworden bin, kann ich eigetnlich gar nicht mehr wirklich sagen. Jugendromane snd ja eher selten bei mir am Blog zu finden und trotzdem hat mich die Geschichte direkt angesprochen.
Die 16jährige Tabitha, genannt Tally, wird mit dem plötzlichen Tod ihres Vaters konfrontiert. Sie fällt daraufhin in ein tiefes Loch, denn die Beziehung zu ihrer Mutter war nie richtig eng. Tally ist gefangen in ihrem Schmerz und lässt niemand an sich heran. Sie zieht sich auf ihre eigene imaginäre Insel zurück. Ihre Mutter geht anders mit ihrer Trauer um und empfiehlt Tally eine Psychologin. Doch auch diese kann Tally nicht helfen. Sie übergibt ihr jedoch ein Tagebuch um ihre Gedanken niederzuschreiben. Einzig ihre beste Freundin Sanne, die Kraft und Stärke in ihrem Glauben findet, bekommt etwas Zugang zu ihr. Und da ist auch noch Timo, der Leiter der Jugendgruppe, zu der Sanne regelmäßig geht. Mit Religion kann Tally aber nichts anfangen - schon gar nicht nach dem Tod ihres geliebten Vaters.
Eines Tages lernt Tally ganz unverhofft eine alte Dame kennen, die sich mit ihrem Rollator und den Einkäufen abmüht. Tally hilft ihr und lernt Helga Möller und ihren Papagei Gustav näher kennen. In der Wohnung gibt es viele Erinnerungsstücke aus Frau Möllers Leben. Tally beginnt sich dafür zu interessieren. Dabei fällt ihr auch das Foto eines gutaussehenden jungen Mannes in die Hände, der sie fasziniert. Sie beginnt in ihrem Tagebuch eine Geschichte rund um diesen Mann zu spinnen und ihm ein "Happy End" zu vergönnen. Darin beginnt sie ihre Gefühle und den Schmerz zu verarbeiten. Aber auch die Zufallsbekanntschaft mit der alten Dame scheinen Tally zu helfen und es beginnt eine ganz besondere Freundschaft...

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und ich bin schnell in die Geschichte gekommen. Die Autorin hat die jugendliche Tally sehr authentisch und ihrem Alter entsprechend beschrieben. Beim Lesen spürt man die tiefe Trauer des Mädchens, sowie ihre Verzweiflung und Hilflosigkeit. Diese wirkt vorallem zu Beginn sehr erdrückend. Tally weiß nicht, wie sie ihr Leben wieder auf die Reihe bekommen soll.
Anni E. Lindner fängt den Schmerz von Tally sehr gut ein und lässt den Leser intensiv daran teilhaben. Sehr einfühlsam erzählt die Autorin über Verlust und Trauer. Gerade der Beginn der Geschichte ist diese jedoch sehr bedrückend. Gleichzeitig zeigt die Autorin aber auch auf, dass es immer Hoffnung gibt und das Leben trotz all dem Schmerz und der Trauer positiv weitergehen kann.

Die Figuren sind bis hin zu den kleinsten Nebencharaktere sehr liebevoll gezeichnet. Sanne ist für Tally immer da und eine wirklich gute Freundin. Sie nimmt selbst ihre Ausraster hin. Helga Möller habe ich sofort ins Herz geschlossen und auch ihre Liebe zu Marzipan und ihrem sprechenden Papagei Gustav. Mit Tallys Mutter wurde ich nicht wirklich warm. Timo hingegen ist ein feiner Kerl...fast zu gut um wahr zu sein.

Was ich weniger mochte, waren die Tagebucheinträge von Tally. Darin schreibt sie einen kleinen Roman rund um Eugen, dem Mann auf dem Foto, und lässt ihm ein Happy End zukommen. Eine nette Idee, aber für den Roman komplett unwichtig. Die Geschichte, die sie sich selbst zusammenspinnt, ist sprachlich der damaligen Zeit sehr angepasst. Ich denke nicht, dass sechzehnjährige Mädchen, die sich kaum für historische Romane interessieren, diese Sprache beherrschen. Ich will jetzt niemanden beleidigen, aber ich lese sehr viele historische Romane und oftmals ist die Sprache bei einigen Autorinnen nicht wirklich zeitgemäß. Dass dies ein junges Mädchen schafft, das sich vorher überhaupt nicht damit auseinandersetzt, finde ich unwahrscheinlich. Das ist allerdings mein einziger Kritikpunkt. Die Geschichte ist sehr intensiv und hat mich vorallem am Beginn emotional richtig mitgenommen.

Ich möchte eine kleine Triggerwarnung an jene Leserinnen geben, die erst vor Kurzem jemanden verloren haben.

Fazit:
"Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" ist ein ruhiges Buch voller Emotionen und einer tiefgründigen Botschaft. Die Autorin hat das Thema Trauer sehr gekonnt in Worte gefasst und perfekt vermittelt. Eine wunderbare Geschichte direkt aus dem Leben gegriffen.

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