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Veröffentlicht am 19.06.2021

Auf einmal bist du nicht mehr da

Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan
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Warum ich so richtig auf diesen Roman aufmerksam geworden bin, kann ich eigetnlich gar nicht mehr wirklich sagen. Jugendromane snd ja eher selten bei mir am Blog zu finden und trotzdem hat mich die Geschichte ...

Warum ich so richtig auf diesen Roman aufmerksam geworden bin, kann ich eigetnlich gar nicht mehr wirklich sagen. Jugendromane snd ja eher selten bei mir am Blog zu finden und trotzdem hat mich die Geschichte direkt angesprochen.
Die 16jährige Tabitha, genannt Tally, wird mit dem plötzlichen Tod ihres Vaters konfrontiert. Sie fällt daraufhin in ein tiefes Loch, denn die Beziehung zu ihrer Mutter war nie richtig eng. Tally ist gefangen in ihrem Schmerz und lässt niemand an sich heran. Sie zieht sich auf ihre eigene imaginäre Insel zurück. Ihre Mutter geht anders mit ihrer Trauer um und empfiehlt Tally eine Psychologin. Doch auch diese kann Tally nicht helfen. Sie übergibt ihr jedoch ein Tagebuch um ihre Gedanken niederzuschreiben. Einzig ihre beste Freundin Sanne, die Kraft und Stärke in ihrem Glauben findet, bekommt etwas Zugang zu ihr. Und da ist auch noch Timo, der Leiter der Jugendgruppe, zu der Sanne regelmäßig geht. Mit Religion kann Tally aber nichts anfangen - schon gar nicht nach dem Tod ihres geliebten Vaters.
Eines Tages lernt Tally ganz unverhofft eine alte Dame kennen, die sich mit ihrem Rollator und den Einkäufen abmüht. Tally hilft ihr und lernt Helga Möller und ihren Papagei Gustav näher kennen. In der Wohnung gibt es viele Erinnerungsstücke aus Frau Möllers Leben. Tally beginnt sich dafür zu interessieren. Dabei fällt ihr auch das Foto eines gutaussehenden jungen Mannes in die Hände, der sie fasziniert. Sie beginnt in ihrem Tagebuch eine Geschichte rund um diesen Mann zu spinnen und ihm ein "Happy End" zu vergönnen. Darin beginnt sie ihre Gefühle und den Schmerz zu verarbeiten. Aber auch die Zufallsbekanntschaft mit der alten Dame scheinen Tally zu helfen und es beginnt eine ganz besondere Freundschaft...

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und ich bin schnell in die Geschichte gekommen. Die Autorin hat die jugendliche Tally sehr authentisch und ihrem Alter entsprechend beschrieben. Beim Lesen spürt man die tiefe Trauer des Mädchens, sowie ihre Verzweiflung und Hilflosigkeit. Diese wirkt vorallem zu Beginn sehr erdrückend. Tally weiß nicht, wie sie ihr Leben wieder auf die Reihe bekommen soll.
Anni E. Lindner fängt den Schmerz von Tally sehr gut ein und lässt den Leser intensiv daran teilhaben. Sehr einfühlsam erzählt die Autorin über Verlust und Trauer. Gerade der Beginn der Geschichte ist diese jedoch sehr bedrückend. Gleichzeitig zeigt die Autorin aber auch auf, dass es immer Hoffnung gibt und das Leben trotz all dem Schmerz und der Trauer positiv weitergehen kann.

Die Figuren sind bis hin zu den kleinsten Nebencharaktere sehr liebevoll gezeichnet. Sanne ist für Tally immer da und eine wirklich gute Freundin. Sie nimmt selbst ihre Ausraster hin. Helga Möller habe ich sofort ins Herz geschlossen und auch ihre Liebe zu Marzipan und ihrem sprechenden Papagei Gustav. Mit Tallys Mutter wurde ich nicht wirklich warm. Timo hingegen ist ein feiner Kerl...fast zu gut um wahr zu sein.

Was ich weniger mochte, waren die Tagebucheinträge von Tally. Darin schreibt sie einen kleinen Roman rund um Eugen, dem Mann auf dem Foto, und lässt ihm ein Happy End zukommen. Eine nette Idee, aber für den Roman komplett unwichtig. Die Geschichte, die sie sich selbst zusammenspinnt, ist sprachlich der damaligen Zeit sehr angepasst. Ich denke nicht, dass sechzehnjährige Mädchen, die sich kaum für historische Romane interessieren, diese Sprache beherrschen. Ich will jetzt niemanden beleidigen, aber ich lese sehr viele historische Romane und oftmals ist die Sprache bei einigen Autorinnen nicht wirklich zeitgemäß. Dass dies ein junges Mädchen schafft, das sich vorher überhaupt nicht damit auseinandersetzt, finde ich unwahrscheinlich. Das ist allerdings mein einziger Kritikpunkt. Die Geschichte ist sehr intensiv und hat mich vorallem am Beginn emotional richtig mitgenommen.

Ich möchte eine kleine Triggerwarnung an jene Leserinnen geben, die erst vor Kurzem jemanden verloren haben.

Fazit:
"Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" ist ein ruhiges Buch voller Emotionen und einer tiefgründigen Botschaft. Die Autorin hat das Thema Trauer sehr gekonnt in Worte gefasst und perfekt vermittelt. Eine wunderbare Geschichte direkt aus dem Leben gegriffen.

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Veröffentlicht am 16.06.2021

Sittengemälde des 19. Jahrhunderts

Träume von Freiheit - Ferner Horizont
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Auch der zweite Roman von Silke Böschen, der unter dem Übertitel "Träume der Freiheit" im Gmeiner Verlag erschienen ist, erzählt über wahre Schicksale von amerikanischen Frauen in Deutschland.

Diesmal ...

Auch der zweite Roman von Silke Böschen, der unter dem Übertitel "Träume der Freiheit" im Gmeiner Verlag erschienen ist, erzählt über wahre Schicksale von amerikanischen Frauen in Deutschland.

Diesmal begleiten wir die blutjunge Florence de Meli in Dresden des 19. Jahrhunderts. Sie ist Mitglied der amerikanischen Gesellschaft in der sächsischen Hauptstadt. Die junge, hübsche und nicht auf den Mund gefallene Florence ist ein immer gern gesehener Gast in der Dresdner High Societey, was besonders ihrer Schwiegermutter Antoinette ein Dorn im Auge ist. Ihr krankhaft eifersüchtiger Mann Henri, der dem Alkohol nicht abgeneigt ist, hört immer mehr auf die bösartigen Einflüsterungen seiner Mutter und lässt Florence entmündigen. In einer Nacht und Nebel Aktion wird sie mithilfe eines befreundeten Arztes in die Irrenanstalt Sonnenstein gebracht. Florence versucht mit Hilfe ihrer Freundinnen zu fliehen und die Scheidung einzureichen. Doch in einer Zeit, wo in der Irrenanstalt Menschen gebrochen werden, um danach einfach vor sich hinzuvegetieren und Frauen keinerlei Rechte haben, ist dies nicht einfach. Nur mit Hilfe der angesehenen Ehemänner ihrer Freundinnen gelingt ihnen die Verlegung in ein Sanatorium, wo Florence die Flucht gelingt. Doch es stellt sich noch immer die Frage: Kann sie ihre Kinder zurückgewinnen und vom europäischen Kontinent in die alte Heimat fliehen?

Wie schon im ersten Roman von Silke Böschen "Flammen am Meer" hat sie auch diesmal eine historische Figur in den Mittelpunkt ihres Romans gestellt. Es ist wiederum eine starke Frau, die um ihre Freiheit und Unabhängigkeit kämpft, was zu dieser Zeit nur sehr schwer möglich war. Die Autorin zeigt vorallem das damalige Sittenbild und die gesellschaftlichen Zwänge sehr genau auf. Als Frau war man völlig vom Vater oder Ehemann abhängig. Er bestimmte und konnte sie, wenn sie ihm lästig wurde, jederzeit entmündigen oder wegsperren lassen. Hysterie oder Ungehorsam waren nur eine von vielen "Krankheiten" die von Männern gerne als Grund für einen Aufenthalt in der Psychatrie rechtfertigten. Was Florence in der Irrenanstalt erlebt, lässt einem die Haare zu Berge stehen.

Silke Böschen hat das Leben ihrer Florence etwas abenteuerlicher gestaltet, als die historisch belegte Figur. Dies hält auch den Spannungsbogen im Roman höher und lässt einem trotzdem in das wahre Leben von Florence blicken. Vorallem die Intrigen ihrer Schwiegermutter haben mich beim Lesen richtig aufgeregt. Nur in der Mitte flachte die Handlung ein bisschen ab.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist der Zeit angepasst und lässt sich sehr gut lesen. Er ist sehr bilhaft, denn ich hatte Florence Leben in Bildern in meinem Kopf. Auch die damalige Kleidung und das Stadtbild von Dresden konnte ich mir wunderbar vorstellen.
Fiktion und wahre Begebenheiten werden von der Autorin gekonnt vermischt. Sie hat wieder akribisch recherchiert und im Nachwort genau erklärt, was der Fiktion und Wahrheit entspringt. Dazu gibt es Personenregister, die fast gesamte Lebensläufe erzählen, und sich interessant lesen lassen.

Fazit:
Ein weiterer Roman über das Schicksal einer jungen amerikanischen Frau in Deutschland, die um ihre Unabhängigkeit kämpft. Ein Sittengemälde des 19. Jahrhunderts - spannend erzählt. Trotzdem gefiel mir "Flammen am Meer" eine Spur besser...

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Veröffentlicht am 14.06.2021

Die Stärke der Töchter

Die Stärke der Töchter
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Der zweite Band der Reihe um die Lehmanns und Falkenbachs von Ellin Carsta ist wieder gewohnt spannend erzählt. Mich packt der Schreibstil der Autorin immer wieder, egal ob sie unter Ellin Carsta, Caren ...

Der zweite Band der Reihe um die Lehmanns und Falkenbachs von Ellin Carsta ist wieder gewohnt spannend erzählt. Mich packt der Schreibstil der Autorin immer wieder, egal ob sie unter Ellin Carsta, Caren Benedict oder Petra Mattfeld schreibt.

Diesmal stehen - wie der Titel bereits suggeriert - die Schwiegertöchter der drei Familien im Mittelpunkt. Ein ganz besonders schlimmes Ereignis verbindet Irma, Elisabeth und Clara, das die drei genauso zusammenschweißt, wie das schreckliche Geheimnis von Wilhelm, Heinrich und Paul-Friedrich aus dem ersten Weltkrieg. Die drei jungen Frauen demonstrieren Stärke und Kraft. Alle drei versuchen ihre Situationen zu verbessern und auch eigenständiger zu werden. Während Elisabeth ihren Ferdinand kaum sieht, weil er sich dem Militär verschrieben hat, versucht Clara Gustav bei der neuen Arztpraxis unter die Arme zu greifen. Das Geheimnis um ihre Vergangenheit wird ebenfalls aufgeklärt. Irma bekommt Rückhalt von ihren Schwiegereltern, die Leopold ein Ultimatum stellen. Wilhelmine nimmt ebenfalls einen größeren Part in der Geschichte ein. Sie hinterfragt immer mehr die politischen Vorgänge, hält aber noch an Hitlers Aussagen fest. Als ein politisch Verfolgter bei Gustav Falkenbach Unterschlupf sucht, bringen seine Ansichten Wilhelmine noch mehr zum Nachdenken.
Paul-Friedrich erhält eine Nachricht, die ihn dazu bringt mit Wilhelm gegen Heinrich vorzugehen. Doch Wilhelm erleidet einen Schwächeanfall, bevor Paul-Friedrich sich mit ihm austauschen kann....

Die politische Lage spitzt sich ebenfalls zu. Es ist 1937 und nicht mehr lange bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. Wer kein Parteimitglied ist, bekommt erhebliche Schwierigkeiten, was auch Wilhelm zu spüren bekommt. Paul-Friedrich hingegen nutzt die Gunst der Stunde, um das Grundstück der jüdischen Nachbarn zu erwerben, die das Land verlassen müssen. Er ist ein gewiefter Geschäftsmann, der seine Chancen erkennt und sie clever abwägt.

Die Handlung wird wieder aus der Sicht verschiedener Figuren erzählt. Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat der jeweiligen Person, um die sich dieses Kapitel dreht.

Die Charktere entwickeln sich weiter, einige Geheimnisse werden aufgelöst, neue kommen hinzu. Wie es bei einer großen Familiensaga gang und gäbe ist, endet auch dieser Band mit einem kleinen Cliffhanger.

Fazit:
Eine tolle und spannende Fortsetzung der Falkenbach-Reihe, auch wenn mir der erste Band ein bisschen besser gefallen hat. Nun freue ich mich auf Band 3, der demnächst erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 12.06.2021

Eine herrlich ironische Krimikomödie mit Wortwitz und Charme.

Lasst uns schweigen wie ein Grab
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Jugendbücher findet ihr bei mir nicht sehr oft, aber im Moment habe ich so einige hier bei mir liegen. Durch die liebe Aleshanee bin ich auf "Lasst uns schweigen wie ein Grab" von Julie Berry aufmerksam ...

Jugendbücher findet ihr bei mir nicht sehr oft, aber im Moment habe ich so einige hier bei mir liegen. Durch die liebe Aleshanee bin ich auf "Lasst uns schweigen wie ein Grab" von Julie Berry aufmerksam geworden. Als ich es in unserer Bücherei entdeckt habe, musste es gleich mit und ich kann sagen, dass ich mich wirklich köstlich unterhalten habe.

Der Jugendkrimi spielt 1890 im St. Etheldra Mädcheninternat bei London. Während die sieben Mädchen bei Bohnen und Brot am Tisch sitzen, futtert die Direktorin Constance Plankett gemeinsam mit ihrem Bruder Aldous Godding köstliches Kalbfleisch. Doch der Genuss währt nicht lange, denn plötzlich fallen beide hintereinander tot vom Stuhl. Die Mädchen wissen sich zu helfen und verschweigen den Tod von Mrs. Plankett, denn sie befürchten nach Hause geschickt zu werden, was keine von ihnen möchte. Und so schaufeln sie ein Grab im Garten und versuchen ohne Kontrolle eines Erwachsenen weiter im Internat zu bleiben....

Schon der Beginn der Geschichte ist skurill und voller schwarzem Humor. Die Fassade, dass Mrs. Plankett noch lebt, soll aufrecht erhalten bleiben. Der Kreativität der Mädchen, die alle zwischen 12 und 17 Jahren alt sind, sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die Beinamen, die jedes der Mädchen von der Autorin erhält, klärt sofort über ihre Fähigkeiten oder ihr Aussehen auf. Das sind:
Roberta "Liebenswert", Mary Jane "Ungeniert", Martha "Einfältig", Alice "Robust", Kitty "Schlau", Louise "Pockennarbig" und Elinor "Düster".
Diese Namenszusätze werden auch auch immer verwendet und so hat man als Leser immer ein Bild vor Augen, wer wer ist. Das ist vorallem am Anfang sehr hilfreich.

Schon von Beginn an habe ich mich köstlich unterhalten, denn schon sehr bald treten die ersten Schwierigkeiten auf. Just am Todestag wollte Constance Plankett ihrem Bruder zum Geburtstag überraschen und hat einige Freunde eingeladen. Wie die Mädchen sich aus dieser verfahrenen Situation herausmanövrieren ist einfach nur witzig. Weitere unlösbare Situationen folgen natürlich bald darauf. Oftmals wird es sehr skurill und obwohl ich das sonst nicht mag, hat es mir hier total gefallen. Zusätzlich müssen die Mädchen herausfinden, wer hinter den Giftmorden an ihrer Direktorin steckt. Der Verdacht, eine von ihnen könnte die Täterin sein, macht den Mädchen zusätzlich zu schaffen. Noch gefährlicher erscheint es jedoch, dass der Mörder noch herumläuft und einen weiteren Anschlag planen könnte. Für mich war es bald ersichtlich wer hinter den Morden steckte, aber es ist ja auch ein Jugendbuch und kein Erwachsenenkrimi. Außerdem konnte mich die Autorin trotzallem mit einigen Wendungen überraschen.
Die Geschichte ist eigenwillig und glänzt vorallem durch ihren schwarzen Humor und den Charakteren. In der Mitte wird es ruhiger und der Spannungsbogen sinkt.

Die Autorin hat ihre schwarze Krimikomödie im Viktorianischen Zeitalter angesiedelt. Die Figuren sind authentisch und glaubhaft und die Mädchen zeigen, dass sie sich mit dem Rollenbild der Frau zu dieser Zeit nicht wirklich identifizieren können. Die Charaktere sind jedoch sehr verschieden, wie auch ihre Beinamen erklären. Gemeinsam mit den tollen Figuren, etwas Ironie und Sarkastik ist diese Krimikomödie für junge Leser ein richtiges "Schmankerl". Ich hab's genossen und empfehle den Roman, der schon etwas älter ist, gerne weiter.


Fazit:
Eine herrlich ironische Krimikomödie mit Wortwitz und Charme. Eine Geschichte für Jugendliche und auch ältere Semester, die mit schwarzem Humor punktet und welche ich sehr gerne gelesen habe. Ich empfehle dieses unterhaltsame Buch gerne weiter!

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Spannende Zeitreise ins Wien der Sechziger Jahre

Leopoldstadt
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Ich liebe historische Romane, die in Wien spielen. Diesmal bin ich aber etwas später in unserer Hauptstadt und zwar in meinem Geburtstsjahr 1966. Es ist dies der zweite Fall von Chefinspektor Wilhelm Fodor ...

Ich liebe historische Romane, die in Wien spielen. Diesmal bin ich aber etwas später in unserer Hauptstadt und zwar in meinem Geburtstsjahr 1966. Es ist dies der zweite Fall von Chefinspektor Wilhelm Fodor - für mich allerdings das erste Buch von Sabina Naber.

Bereits auf den ersten Seiten ist man mitten im Geschehen. Wien stöhnt unter der Hitze und Chefinspektor Wilhelm Fodor entspannt sich gerade bei einem Picknick, als er an seinem freien Tag zu einem Mordfall gerufen wird. Am Donaukanal wird die Leiche eines Schwarzafrikaners gefunden. An den Füßen hat er die Stiefel eines GI Soldaten, doch die US-Botschaft will den Toten nicht kennen. Das Ende der Besatzungszeit ist gerade mal elf Jahre her und Wilhelm Fodor und sein Team laufen bei ihren Ermittlungen gegen Wände. Was war das Motiv? Ein Mord wegen der Hautfarbe des Mannes? Obwohl der Krieg seit 20 Jahren beendet ist, gibt es noch jede Menge nationalsozialistisches Gedankengut. Oder gab es Streit zwischen ehemaligen Soldaten? Was wollte der unbekannte Tote im Hotel Valerie kurz vor seinem Tode? Fragen über Fragen....

Mit herrlichen Dialogen im Wiener Dialekt begleiten wir Wilhelm Fodor und seine Assistenten Fischer und Lukaschek durch die Bundeshauptstadt. Dabei werden zu dieser Zeit noch Worte wie "Neger" in den Mund genommen. Sabina Naber hat im Nachwort darauf hingewiesen, dass sie die damals allgemein gebräuchlichen Wörter verwendet hat, obwohl sie heute starke negative Emotionen auslösen. Damals war das Wort mit dem N allerdings nicht abwertend gemeint...da gab es ganz andere Wörter dafür. Nur als Warnung für all diejeningen, die sich darüber aufregen und auch über die Antwort, die auch immer gebe: Bei einem historischen Roman sollte der Inhalt authentisch sein und zur damaligen Zeit passen. Das heißt nicht, dass ich rassistisch oder sonst etwas bin...nur so als Anmerkung!
Weiter zum Inhalt des spannenden Krimis bei dem die Ermittler lange Zeit keine Spur finden können und wichtige Zeugen plötzlich verschwunden sind. Die Identität des Toten ist hingegen rasch geklärt und gibt einen kleinen Hinweis auf weitere Spuren, die Chefinspektor Fodor nachgehen kann. Doch bald hat er das Gefühl selbst observiert zu werden. Wem gehört der schwarze Mercedes, der immer wieder in seiner Nähe auftaucht?

Sabina Naber hat die Atmosphäre von Wien und der Leopoldstadt in den 1960iger Jahren perfekt eingefangen. Die Stadt ist im Umschwung, die Menschen hoffen auf eine bessere Zeit. Historische und zeitgeschichtliche Themen wie die Südtirol-Frage oder den Krieg in Spanien sind ebenso präsent, wie die wieder aufkommenden Seilschaften der Nazis.
Der Wiener Dialekt ist großes Stilmittel und vielleicht für Nicht-Österreicher manchmal schwierig zu verstehen. Bei uns in der Leserunde hatte jedoch niemand Schwierigkeiten. Die Autorin hat den Kontext in den folgenden Sätzen außerdem wiederholt. Lokalkolorit steht neben dem spannenden Fall an erster Stelle.

Auch die Charaktere sind facettenreich und authentisch. Sie haben Ecken und Kanten. Wilhelm Fodor hat einige Geheimnisse, die seine Vergangenheit betreffen, hat aber sein Team im Griff. Fischer hat Nazi-Gedankengut in sich. Er wurde in der Kindheit von der Hitlerjugend geprägt. Auf der anderen Seite zeigt er viel Empathie gegenüber Schwächeren und sozial benachteiligten Menschen. Er ist ein Zerissener, meinte die Autorin und beschreibt ihn damit perfekt. Luschenko ist eher der gemütliche Typ, der meistens ans Essen denkt. Dabei hat er aber oftmals geniale Einfälle.

Die Mordfälle werden logisch aufgeklärt, jedoch bleibt ein kleines Geheimnis offen. Die Autorin hat hervorragend recherchiert und die Leser ins Herz von Wien blicken lassen.

Fazit:
Eine spannende Zeitreise ins Wien der Sechziger Jahre mit viel Lokalkolorit und historischen Einschüben. Fesselnd erzählt und mit facettenreichen Ermittlern hat die Autorin einen packenden Krimi geschrieben! Ich freue mich schon auf einen Nachfolgeband =)

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