Die Leipziger Bestie
Evas RachePaul Stainer begleite ich bereits seit dem ersten Band "Der rote Judas", der mich richtig begeistert hat. Nun sind wir beim vierten und letzten Band der Reihe angelangt.
Leipzig 1922. In Paul Stainers ...
Paul Stainer begleite ich bereits seit dem ersten Band "Der rote Judas", der mich richtig begeistert hat. Nun sind wir beim vierten und letzten Band der Reihe angelangt.
Leipzig 1922. In Paul Stainers vierten Fall hat er es mit einem Serienmörder zu tun, der es auf junge blonde Frauen abgesehen hat und diese bestialisch ermordert. Dabei hat Stainer und sein Team sowieso alle Hände voll zu tun, denn es steht die Technische Messe bevor. Aus aller Herren Länder reisen die Aussteller nach Leipzig, was natürlich auch die Fahndung nach der "Leipziger Bestie" sehr erschwert.
In München lebt Eva-Maria Dorn, deren Ehemann Armin Dorn, an einer Erfindung arbeitet, die er unbedingt patentieren und bei der Messe in Leipzig vorstellen möchte. Seine Frau möchte ihn gerne begleiten, doch Dorn hat andere Pläne. Eva-Maria plant daraufhin mit dem Assistenten ihres Mannes nachzureisen. Kurze Zeit später ist sie verschwunden....
In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir einen jungen Mann kennen, der aus der russischen Gefangenschaft heimkehrt und der erfahren muss, dass er seine Eltern und sein daraus resultierendes Erbe verloren hat.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Dessen Überschriften beziehen sich auf Eva-Maria Dorn, die in der Geschichte eine gewaltige Wandlung durchmacht. Vom naiven "Dornröschen", wie sie ihr Mann nennt, wird Eva-Maria zur selbstbewussten und starken Frau, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt.
Generell sind die Figuren sehr vielschichtig und lebendig dargestellt, egal ob "Gut oder Böse" - wobei es Ziebula gelingt, diese schwarz-weiße Einordnung (fast) vollkommen zu vermeiden.
Natürlich habe ich mich auch über das Wiedersehen mit altbekannten Charakteren aus den vorangegangenen Folgen gefreut, vorallem auf Rosa und Siggi.
Obwohl die wahren Verbrecher ziemlich früh bekannt sind, gelingt es Thomas Ziebula die Spannung immer aufrecht zu erhalten. Die kurzen Abschnitte und schnell wechselnden Handlungsstränge erfordern Aufmerksamkeit, denn die Geschichte ist komplex. Die Spannungskurve steigt kontinuierlich an und als Leser fühlt man sich mitten im Geschehen.
Man rätselt lange, wie die drei Handlungsstränge überhaupt zusammen gehören. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt passiert dies oder jenes, baut der Autor eine Wendung ein, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Wie sich die drei Handlungsstränge schlussendlich ergänzen, ist lange nicht ersichtlich, aber genial gelöst.
Historisch ist dieser Krimi wieder absolut hervoragend recherchiert und umgesetzt. Die politischen und gesellschaftlichen Tendenzen zu dieser Zeit werden vom Autor gekonnt eingesetzt. Auch in der Wächterburg beginnen sich die radikaleren Ansichten immer mehr durchzusetzen. Der Aufstieg der nationalsozialistischen Partei lässt Stainers ungeliebten Kollegen Heinze, einer der ersten Anhänger der NSDAP, weiter nach oben kommen. Die Luft für den Sozialisten Stainer wird im Wächterturm immer dünner...
Es ist dem Autor wieder ganz ausgezeichnet gelungen, den Zeitgeist der 1920er Jahre einzufangen und den Alltag seiner Figuren authentisch darzustellen. Er verbindet persönliche, historische und politische Entwicklungen zu einem tollen Gesamtkonzept.
Schade, dass es sich bei "Evas Rache" um den letzten Band dieser wundervollen Krimireihe handelt. Thomas Ziebula hat das Ende versöhnlich gestaltet, damit man zwar mit einem weinenden Auge, aber zufrieden die letzte Seite zuklappt.
Fazit:
Eine der wenigen historischen Krimireihen, die ich absolut empfehlen kann! Wer Alex Beers August Emmerich Reihe in Wien der Zwanziger Jahre liebt, sollte zum Leipziger "Pendant" greifen. Von mir gibt es wieder eine Leseempfehlung!