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Veröffentlicht am 05.02.2021

Wieder ein Lesevergnügen

Elsas Glück
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Im zweiten Band um die Familie Sonnstein begleiten wir Elsa, die Tochter von Lotte und Jakob. Sie ist in ganz anderen Verhältnissen als ihre Mutter aufgewachsen und studiert Psychologie und Pädagogik in ...

Im zweiten Band um die Familie Sonnstein begleiten wir Elsa, die Tochter von Lotte und Jakob. Sie ist in ganz anderen Verhältnissen als ihre Mutter aufgewachsen und studiert Psychologie und Pädagogik in Wien.

Elsa ist, wie ihre Mutter, eine aufgeschlossene junge Frau. Bezüglich ihres Lehramts-Studiums ist sie sich aber noch unsicher. Elsa sieht sich nicht wirklich als Lehrerin, möchte aber benachteiligten Kindern helfen. Sie bewundert und vertritt die modernen Erziehungsmethoden von August Aichorn und Maria Montessori. Deswegen meldet sie sich zusätzlich zu einem Seminar an, bei dem es um praxisbezogene Beobachtung von Kindern geht. Die Studenten besuchen dabei städtische Kindergärten und Kinderheime, um Kinder aus dem Arbeitermilieu zu beobachten. Elsa erhofft sich dadurch das Verhalten auffälliger Schüler besser verstehen zu können. Dabei lernt sie ihren Mitstudenten Moritz Grün und den Reporter Otto besser kennen, der sich politisch sehr engagiert.

Letztes Jahr hat mich der erste Band "Lottes Träume" richtig begeistert, vorallem weil es viel um das Skifahren ging und auch meine Gegend erwähnt wurde, wo die Geburtsstätte des Skilaufs liegt. Bei "Elsas Glück" geht es zwar auch um den Wintersport, der auch 1928 noch Neuland für die meisten Menschen war, aber nur am Rande.
Im Mittelpunkt steht diesmal die Pädagogik und die Politik zu dieser Zeit. Die Sozialdemokraten regieren Wien und schaffen neue Wohnungen und Kinderheimstätten, wie die KÜST - eine Kinderübernahmestelle. Hier werden sozial schwache, vernachlässigte oder auffällige Kinder aufgenommen. Sie bleiben einige Wochen in dieser Übernahmestelle und werden danach den entsprechenden Einrichtungen zugewiesen. Auch Elsa und ihr Studienkollege Moritz besuchen die KÜST im Rahmen ihrer Ausbildung, doch Elsa ist nicht wirklich überzeugt von der Einrichtung. Bei ihrem Besuch lernt sie den kleinen Werner kennen, der unter der Trennung seiner Mutter leidet, die obdachlos geworden ist und nicht mehr für ihren Sohn sorgen kann. Elsa nimmt sich Werner an und erfährt dabei mehr über die sozialen Missstände...

Jakob leidet hingegen an seinen Kriegserfahrungen und Lotte an seiner Wesensveränderung. Vorallem aber bekommt Elsa's Bruder Conrad seine Launen zu spüren, der nicht in die Fußstapfen des Vaters treten möchte. Er beendet zwar sein Arztstudium, möchte danach aber seinen eigenen Berufswunsch nachgehen. Unter der strengen Herrschaft von Mathilde, die sich nach dem alten Kaiserreich sehnt und ihre Schwiegertochter Lotte bis heute nicht wirklich anerkannt hat, braut sich ein Sturm im Hause Sonnstein zusammen. Als dann auch noch Elsa Wien verlässt und zu ihrer Tante an den Attersee reist, droht die Familie zu zerbrechen....

Wir treffen im zweiten Band wieder auf altbekannte Figuren, wie die Familie Sonnstein oder Mizzi Langer-Kauba, lernen aber auch neue kennen, wie Otto, ein Journalist und überzeugter Sozialdemokrat oder Elsa's Mitkommilitone Moritz Grün. Durch Otto erfahren wir mehr über die Bewegung der Sozialdemokraten und seine Ambitionen. Elsa findet sowohl an Moritz, als auch an Otto gefallen, und ist hin- und hergerissen.
Die Charaktere sind wieder wunderbar lebendig. Ich hatte sie alle vor Augen und fieberte mit ihnen mit. Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und lässt sich toll lesen.

Beate Maly hat die Zwischenkriegszeit in Wien wunderbar eingefangen. Die wirtschaftliche Not, das Ende der Kaiserzeit, die manche Adelige, wie Mathilde Sonnstein noch immer nicht akzeptieren können und die politischen Umwälzungen werden besonders thematisiert. Die Stadt Wien wird sehr bildhaft beschrieben, genauso wie die ländliche Idylle am Attersee, wo Elsas lesbische Tante mit ihrer Freundin lebt. Die Autorin nimmt sich auch dem Thema der Behinderung und den traumatisierten Kriegsheimkehrern an. Das klingt fast nach zu vielen Themen, die Maly in ihrem Roman aufgreifen will, jedoch hat sie diese so geschickt in die Geschichte miteingewoben, dass es perfekt zur Handlung passt. Trotzdem wäre ein bisschen weniger etwas mehr gewesen. Am Ende bleiben dann noch ein paar Fragen offen - nichts Gravierendes, aber so viel, dass man auf eine weitere Fortsetzung hoffen kann.

Fazit:
Mir hat der erste Band zwar etwas besser gefallen, aber auch "Elsas Glück" hat mich wieder wunderbar unterhalten und mir wunderschöne Lesestunden gebracht. Ich freue mich schon auf einen weiteren Band, den es hoffentlich geben wird.

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Veröffentlicht am 03.02.2021

Leider nur ein Fall von vielen...

Mein Fall
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Eine weitere Biografie, die ich schon vor Monaten gelesen habe und die sich ebenfalls mit dem Thema Kindesmissbrauch beschäftigt. Diesmal sind wir wieder bei der katholischen Kirche gelandet, die für viele ...

Eine weitere Biografie, die ich schon vor Monaten gelesen habe und die sich ebenfalls mit dem Thema Kindesmissbrauch beschäftigt. Diesmal sind wir wieder bei der katholischen Kirche gelandet, die für viele Fälle dieser Art bekannt geworden ist.

Josef Haslinger ist im niederösterreichischen Waldviertel aufgewachsen. Der Bauernsohn kommt aus einem christlichen Haushalt und war als Junge Minstrant, wie viele Kinder bei uns am Land. Zu dieser Zeit war es nur Jungen erlaubt zu minstrieren. Erst in den 2000 Jahren durften auch (in den Kirchengemeinden, die keinen erzkonservativen Prietser hatten) Mädchen als Minstranten aushelfen. Josef war sehr gläubig und sein Berufswunsch war demnach der eines Priesters. Mit seiner glockenhellen Stimme und seiner musikalischen Begabung fiel er jedoch auf und wurde Mitglied bei den berühmten Wiener Sängerknaben. Sein Glaube war ein wichtiger Bestandteil seines Lebens, der jedoch durch genau die Menschen, zu denen er aufgeblickt hatte, zerstört wurde. Erst sehr spät - und zwar nachdem seine Peiniger gestorben sind - legt er Zeugnis ab, was ihm damals im Konvikt des Stiftes Zwettl passiert ist. Haslinger wollte niemanden, der noch lebt, an den Pranger stellen.

»Meine Eltern hatten mich der Gemeinschaft der Patres anvertraut, weil mich dort das Beste, das selbst sie mir nicht geben konnten, erwarten würde. Ich habe sie heimlich oft verflucht, weil sie mich nicht darauf vorbereitet hatten, was dieses Beste sei …«

Manche Leser werden sich denken, dass der Autor viel zu spät mit seinen Bericht an die Öffentlichkeit ging und wie er sich nach so langer Zeit noch detailliert an einige Handlungen erinnern kann. Er hat sie jedoch bereits früher aufgeschrieben und solche einschneidenen Erlebnisse vergisst man sein Leben lang nicht. Ich möchte auf keinen Fall urteilen und ziehe den Hut, dass er sich dazu geäußert hat, was ihm damals widerfahren ist. Dabei wurden ihm auch genug Steine in den Weg gelegt, denn Haslinger versuchte schon früher auf die Missstände in der Kirche hinzuweisen. Er musste jedoch bald feststellen, dass sich das Interesse an Aufklärung und Entschädigung in überschaubaren Grenzen hielt.

Haslinger hat sich mit seiner Biografie endlich seiner Vergangenheit gestellt. Erschütternd liest man, wie der junge Sängerknabe vom zuerst väterlichen Freund und Priester manipuliert und später missbraucht wurde. Für Außenstehende sind die Beschreibungen manchmal vielleicht etwas nüchtern und sachlich, doch ich denke anders hätte der Autor nicht über seine Vergangenheit und die Seelenqualen, die er erleiden musste, schreiben können.
Man schließt das dünne Büchlein mit einem Gefühl von Wut im Bauch und kann verstehen, dass der Autor noch jahrzehntelang unter diesen Vorgängen zu leiden hatte.

Fazit:
Ein bewegender Rückblick in die Kindheit des Autors Josef Haslinger, der noch jahrezehntelang unter den psychischen und physischen Missbrauch zu leiden hatten. Leider nur ein Fall von zu vielen....

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Roadtrip ins wahre Leben

Hannos Reise
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Dies ist mein zweiter Roman des Autors und wie auch "Für dich bricht meine Welt zusammen" fand ich die Geschichte glaubwürdig und wunderbar erzählt.
"Hannos Reise" wird unter Young Adult gelistet, ist ...

Dies ist mein zweiter Roman des Autors und wie auch "Für dich bricht meine Welt zusammen" fand ich die Geschichte glaubwürdig und wunderbar erzählt.
"Hannos Reise" wird unter Young Adult gelistet, ist es aber meiner Meinung nach nicht. Es ist viel mehr ein Road-Trip und ein Selbstfindungsroman. Es gibt hier keinen Bad Boy und auch keine ausgiebigen Sexszenen, sondern einen ganz normalen siebzehnjährigen Jungen, der auf der Suche nach sich selbst ist.
Hanno ist schüchtern und wird in der Schule gemobbt. Er ist keiner der großen Macker, sondern ein introvertierter Junge mit wenig Selbstbewusstsein. Am liebsten spielt er Onlinegames, wo er in Silentfox14 eine verwandte Seele gefunden hat. Doch am Ende des Schuljahres schickt ihn sein Vater auf eine Interrail-Tour, um endlich etwas mehr Selbstbewusstsein zu gewinnen. Hanno ist entsetzt. Doch schon am ersten Tag bekommt er Hilfe von der hübschen, drei Jahre älteren Sarah, als er im Zug blöd angemacht wird. Hanno klebt fortan an ihrer Seite, was Sarah gar nicht recht ist. Doch dann hilft ihr Hanno in München aus der Patsche und Sarah und er beschließen nun doch gemeinsam weiterzureisen. Sarah hütet jedoch ein Geheimnis...sie ist nicht diejenige, als die sie sich ausgibt....

Was für ein toller Jugendroman und gleichzeitig ein Roadtrip quer durch Europa. Kai Bischof/Kai Everstein hat es wieder geschafft, mich völlig in seiner Geschichte abtauchen zu lassen.
Die Protaginisten sind authentisch und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet. Hanno ist ein sehr sympathischer Junge. Ich konnte viele seiner Unsicherheiten und Selbstzweifel verstehen - auch mir ging es in seinem Alter sehr ähnlich. Er ist ein feinfühliger und empathischer junger Mann, der jedoch durch die ständige Mobberei durch seine Klassenkameraden immer weniger Selbstvertrauen aufbringt. Nur in seiner Spielewelt fühlt er sich wohl.
Sarah spielt bei Hannos Selbstfindung eine große Rolle. Die ältere und selbstbewusste junge Frau, die früh auf eigenen Beinen stehen musste, nimmt Hanno so, wie er ist. Sarah lernt Hanno in einem anderen Umfeld kennen und erkennt sehr schnell, welche Herzenswärme er besitzt. Sie versucht ihm zu vermitteln, dass er liebenswert ist. Das dauert jedoch eine Weile, was sehr authentisch dargestellt wird. Sarah hat ihre eigenen Probleme und erfährt durch Hanno etwas Normalität in ihrem Leben.
Zwar dreht sich die Geschichte auch um Liebe, aber es gibt keine aufgesetzte Romanze, sondern es geht um Freundschaft, Empathie und Hilfsbereitschaft.

Zusätzlich haben mir die Reisen in die Schweiz, nach Spanien, Italien und Schweden sehr gut gefallen. Die Landschaftsbeschreibungen sind lebendig und bildhaft. Außerdem war ich selbst vor 2 Jahren in Andalusien und freute mich buchtechnisch nochmals in diese Gegend reisen zu können.

Die Geschichte ist wunderbar authentisch. Kai Bischof erklärt ohne erhobenen Daumen, wie wichtig Individualität ist und man sich nicht dem Gruppenzwang beugen soll. Nur ganz am Ende fand ich zwei Dinge ein bisschen zu viel gewollt.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Kai Bischof ist einfühlsam, aber auch locker mit einer Prise Humor. Der Autor lässt tief in die Gefühlswelt seines Protagonisten blicken.

Fazit:
Ein wundervoller Roman für jung und alt mit einem sehr sympathischen Protagonisten. Eine Geschichte, die jungen Menschen aufzeigt nicht der oberflächlichen Masse nachzueifern, sondern sich selbst und seine eigenen Stärken zu finden. Den älteren Semestern - wie ich - erlaubt es einen Blick zurück in ihre Jugend und erinnert an die Selbstzweifel, die man damals hatte. Wie schon Kai Bischofs letzter Jugendroman sticht auch "Hannos Reise" aus dem Einerlei dieses Genres heraus. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 31.01.2021

(Alp)Traumpartner gefunden

The One - Finde dein perfektes Match
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Was war ich auf dieses Buch von John Marrs gespannt, nachdem es in so vielen YouTube Videos in den höchsten Tönen gelobt wurde. Schon bei Erscheinen fand ich den Klappentext richtig cool und interessant ...

Was war ich auf dieses Buch von John Marrs gespannt, nachdem es in so vielen YouTube Videos in den höchsten Tönen gelobt wurde. Schon bei Erscheinen fand ich den Klappentext richtig cool und interessant und nun habe ich es endlich auch gelesen. Vorweg kann ich sagen, dass ich es richtig gut fand und "The Passengers" schon eingezogen ist.

Worum geht's? Durch einen simplen DNA Test ist es in der nahen Zukunft möglich seinen perfekten Partner zu finden. Nur eine simple Registrierung und ein einfacher Test bei Match Your DNA und schon hast du die Nummer deines Traumpartners. Man zweifelt nicht mehr an der bestehenden Beziehung, Streit oder Untreue gehören der Vergangenheit an und zeitraubende Dates erspart man sich auch. Zusätzlich haben gematchte Paare bessere Jobs, mehr Geld und höheres soziales Ansehen.
Wow, denke ich mir...das hört sich toll an. Zu toll....denn was passiert, wenn der Traummann schon über 80 ist oder am anderen Ende der Welt lebt? Oder wenn er in der Zwischenzeit gestorben ist, nachdem er sich bei matchyourDNA.com registriert hat? Eine zweite Chance gibt es nicht, denn für jeden von uns gibt nur einen perfekten Partner. Das hört sich dann nicht mehr so toll an! Und was tun, wenn man glaubt bereits den Traumpartner gefunden zu haben, doch eure DNA kein Matsch ist?

Das wollen auch Mandy, Jade, Christopher, Ellie und Nick herausfinden. Während Jade verzweifelt nach ihrem zukünftigen Match sucht, steht Nick kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten Sally. Aus Spaß machen beide den DNA Test, doch das Ergebnis fördert ihre Hochzeitspläne nicht wirklich. Aber auch Ellie und Mandy erleben Überraschungen mit ihren angeblichen Seelenverwandten und einer der fünf Protagonisten ist ein Serienmörder und Psychopath und verfolgt ganz andere Ziele....

Der Roman wird abwechselnd aus den fünf verschiedenen Perspektiven der Protaginisten erzählt, was für mich jedoch kein Problem war. Man ist sofort wieder mitten im Leben der Figur, die man zuvor verlassen hat. Häppchenweise erfährt man immer mehr von den Figuren und fiebert mit ihnen mit. Jede Geschichte hat ihren besonderen Reiz und versteht zu fesseln.
Die Charaktere sind vielschichtig und undurchschaubar. Sie überraschen teilweise mit ihren Handlungen. Dadurch punktet die Geschichte immer wieder mit unerwarteten Wendungen. Nur das Ende eines Protagonisten konnte mich nicht ganz überzeugen - deswegen ein halber Stern Abzug.
Der Schreibstil ist flüssig, knackig und fesselnd. Die kurzen Kapitel und kleinen Cliffhanger am Ende machen die Dystopie zu einem wahren Pageturner. Ich bin durch die Seiten geflogen und wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht.

Autor John Marrs nimmt die gängigen Online-Portale für seine Geschichte sozialkritisch unter die Lupe. Mit seiner nahen Zukunftsversion bringt er neben der Spannung dem Leser auch zum Nachdenken. Als Leser fragt man sich: Würde auch bei mir die Neugierde siegen und ich mich registrieren?


Fazit:
Ein wahrer Pageturner! Ich fand meinen ersten John Marrs richtig gut und fiebere schon auf seine weiteren Geschichten hin, die sicherlich nach und nach bei mir einziehen werden. Geniale Idee, spannender Plot und eine Dystopie, die man mit Augenzwinkern lesen kann. Von mir gibt es eine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 29.01.2021

Hoffnung ist wie der Zucker im Tee

Die Gezeiten von Cramond
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Dies ist mein dritter Roman der Autorin und auch "Die Gezeiten von Cramond" habe ich in kurzer Zeit verschlungen. Esther Destratis schreibt so lebendig und bildhaft, dass man sich von der ersten Zeile ...

Dies ist mein dritter Roman der Autorin und auch "Die Gezeiten von Cramond" habe ich in kurzer Zeit verschlungen. Esther Destratis schreibt so lebendig und bildhaft, dass man sich von der ersten Zeile in ihren Geschichten einfach wohlfühlen muss.

In "Die Gezeiten von Cramond" lernen wir die drei Ironside Frauen Trudy, Alice und Cathy kennen. Trudy ist die Ältere der drei Frauen und die Tante von Alice. Sie führt ihn Cramond, einen kleinen Vorort von Edingburgh, ihre Keramikwerkstatt mit nostalgischem Teegeschäft, dem "Lady Teapot". Trudy hat die Liebe zum Tee und ausgefallenen Teekannen ihrer Nichte vererbt. Als Alice ihren Job als Teekannenkeramikerin verliert und Tante Trudy ihr beichtet, dass es schlecht um das "Lady Teapot" steht, verlässt Alice mit ihrer pubertierenden Tochter Cathy Manchester und zieht zu Trudy, obwohl sie nie wieder an diesen Ort zurückkehren wollte. In Cramond erinnert sie alles an ihre erste Liebe Gabriel, der ihr damals das Herz gebrochen hat. Alice möchte jedoch Trudy helfen und auch für Cathy ist ein Wechsel von Vorteil. Sie wurde in Manchester von Mitschülerinnen gemobbt. Beide fühlen sich bei Tante Trudy bald sehr wohl. Um das schnuckelige Teegeschäft steht es wirklich kritisch, vorallem seitdem gegenüber ein hippes Lokal, das "To go & Selfies" aufgemacht hat. Die Kunden bleiben aus und die Einnahmen schrumpfen gewaltig. Werden die drei Ironside Frauen den Teeladen retten können?

Der Roman hat viel mehr Tiefgang, als man bei diesem Cover und dem Titel vermuten lässt. Esther Destratis gelingt es vorallem vorzüglich, die wunderbare Landschaft der Gezeiteninsel und der Umgebung so darzustellen, dass man sich fühlt, als wäre man direkt anwesend. In Zeiten wie diesen, wo man nicht reisen kann, sind wunderschöne bildhafte Beschreibungen aus anderen Ländern ganz besonders gefragt. In Gedanken war ich selbst in Cramond, stand vor den Gezeitenanzeiger am Strand und hörte das Meer rauschen.

Trudy und Alice, wie auch Cathy, sind drei starke Frauen und Kämpferinnen. Die Figuren sind facettenreich und liebenswert. Vorallem Tanty Trudy schließt man sofort ins Herz. Obwohl die Charaktere allesamt (mit einer Ausnahme) sympathisch sind, haben sie für den Leser noch die eine oder andere Überraschung parat.
Die Geschichte ist ziemlich dialoglastig und wird aus den jeweiligen Sichtweisen von Trudy, Alice und Cathy erzählt, wobei Alice die Hauptfigur darstellt.

Der Roman lässt sich zügig lesen und geht ans Herz. In kleinen Rückblenden erfahren wir, was Alice damals passiert ist und warum sie Cramond den Rücken gekehrt hat. Die Autorin spricht auch heikle Themen an und hat die eine oder andere erstaunliche Wendung parat. Die Überraschung, was es mit Cathys Vater so auf sich hat, den Alice ihrer Tochter bisher verschwiegen hat, wird zur platzenden Bombe und hat mich total überrascht. Einerseits fand ich den Ansatz richtig gut, auf der anderen Seite habe ich aber auch eine kleine Kritik, die ich hier nicht näher beschreiben kann, ohne zu spoilern.

Das Ende war mir dann aber fast zu schnell und zu viel aufeinmal. Es überstürzen sich die Ereignisse und man kommt kaum zum Luft holen. Das ist für mich allerdings der einzige Kritikpunkt an dieser Geschichte, die neben einem wohligen Ambiente auch Intrigen, Mobbing und Gewalt aufzeigt.

Gefallen haben mir die süßen Teekannen zu Beginn jedes Kapitels, sowie die vielen Songs, die angesprochen und die am Ende als Playlist der Autorin nochmals aufgelistet werden.

Die eingeflochtene Geschichte vom "Zweisiedlerkrebs" fand ich wunderschön und hat mir Tränen in die Augen getrieben. Der Roman vermittelt eine wunderschöne Botschaft, die einem ermutigt zu sich selbst zu stehen und sich mit all seinen Eigenheiten anzunehmen.

Fazit:
Eine wunderschöne Familiengeschichte mit überraschenden Wendungen und bildhaften Landschaftsbeschreibungen - ein Roman, mit dem ich tolle Lesestunden verbracht habe und der viel zu schnell gelesen war. Zum Wohlfühlen, aber auch mit ernsteren Themen. Ich empfehle "Die Gezeiten von Cramond" gerne weiter.

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