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Veröffentlicht am 08.11.2020

War leider nichts für mich

Trümmerland
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"Trümmerland" von Silvia Hildebrandt habe ich bei Lovelybooks entdeckt und der Klappentext hat mich sofort angesprochen. Ich liebe ja Romane und historische Sachbücher zu den beiden Weltkriegen. Über Rumänien ...

"Trümmerland" von Silvia Hildebrandt habe ich bei Lovelybooks entdeckt und der Klappentext hat mich sofort angesprochen. Ich liebe ja Romane und historische Sachbücher zu den beiden Weltkriegen. Über Rumänien habe ich allerdings bisher kaum etwas gelesen und deshalb war ich sehr neugierig.

Doch schon beim Reinlesen habe ich bemerkt, dass mir weder der Schreibstil, noch die Charaktere richtig zusagen. Der im Klappentext beschriebene Inhalt passiert in rasendem Tempo bereits auf den ersten Seiten. Dadurch fehlte mir der Zugang zu den Figuren und ich konnte mit keiner von ihnen richtig mitfiebern.
Als Nelu Nikolescu in den Krieg ziehen muss, verspricht er seiner langjährigen Freundin Andrada die Ehe, wenn er wieder nach Hause kommt. Doch aus Monaten werden Jahre und Andrada wendet sich Cristian, dem Freund ihrer Schwester Nina, zu. Sie wird schwanger und heiratet den Bauern und Kommunisten. Nelu steht hinter den Deutschen bis er in Stalingrad in Kriegsgefangenschaft kommt. Sein Hass auf die Deutschen und die Russen wird immer stärker. Als die Rumänen die Fronten wechseln und mit den Russen gegen die Deutschen kämpfen, kommt Nelu ins Kriegsgefangenenlager nach Kasachstan und wird umerzogen. Mit der Kapitulation König Mihais I. marschieren sowjetische Truppen in Rumänien ein und wird als Sozialistische Republik ein Vasallenstaat. Im Hinterkopf wünscht sich Nelu jedoch noch immer ein freies Rumänien, das sich weder von Deutschland, noch von Russland unterjochen lässt. Nelu steigt schnell beim Geheimdienst Securitate in der Hierarchie auf...doch er kann weder seine Kriegserlebnisse, noch Andrada vergessen.

Der Roman ist in drei Teile aufgeteilt: Ruinen (1941-1946), Wiederaufbau (1950-1951) und Abgesang (1956-1968). Als Leser begleitet man die drei Hauptcharaktere durch diese Zeit und erlebt wie ihre Träume der Reihe nach zerplatzen.
Andrada ist zu Beginn eher naiv. Die im Wohlstand aufgewachsene junge Frau sieht sich mit Nelu einer unbeschwerten Zukunft entgegen, bevor er in den Krieg zieht. Mit Cristian nimmt sie sich einen Mann, der das Gegenteil von Nelu ist...einen Bauer und ein aktiver Kommunist, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Als Tochter der wohlhabenden Familie Constantinescu, verliert sie dadurch das Ansehen im Dorf. Trotz der Heirat mit Cristian liebt sie Nelu noch immer. Die Beiden haben eine ganz eigene Beziehung. Andrada liebt beide Männer auf unterschiedliche Art. Auch Cristian weiß das und akzeptiert es. Nelu ist ein Mann, der sich seiner Anziehungskraft und seinem Charme sicher ist. Er nutzt sie bei seinen Spionagetätigkeiten aus und kennt keinerlei Mitgefühl, selbst bei alten Bekannten nicht. Für mich war er ein herzloser Mensch, auch wenn er seine eigenen kleinen Schwächen hat.

Die Autorin, selbst in Rumänien geboren, beschreibt die Zerrissenheit ihrer Landsleute in dieser schwierigien Zeit sehr gut. Was mir nicht gefallen hat waren die andauernden abwertenden Sager über die Deutschen, Österreicher, Russen und Ungarn...generell gegen alle anderen Rassen, außer den Rumänen. Ich will hier nicht für Diktatoren eines Landes Partei ergreifen, aber das Abwertende gegen alles, was nicht rumänisch ist, ist mir sauer aufgestoßen. Sicherlich gehören auch die Hinweise auf die Unterdrückung der Rumänen durch diese Völker dazu, aber ich mag diese schwarz-weiß Malerei nicht. Es gibt gute und schlechte Menschen in jedem Volk.

"Trümmerland" war leider nicht mein Buch. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass fast alle in der Leserunde begeistert waren und 5 Sterne vergeben haben. Nur eine weitere Leserin hatte ähnliche Probleme wie ich. Deshalb rate ich allen, die Interesse an diesem Roman haben, einfach mal reinzulesen. Geschmäcker sind nun mal verschieden.

Fazit:
Ich konnte mich leider mit den Charakteren und den Schreibstil nicht richtig anfreunden, auch wenn die politischen Einsichten über diese Zeitspanne sehr interessant war. Ebenso konnte ich der schwarz-weiß Malerei nicht viel abgewinnen. Es tut mir wirklich leid, aber das war nicht mein Buch. Ich will euch aber gerne vorschlagen, die Leseprobe zu lesen, denn die Bewertungen sind allgemein sehr gut. Macht euch selbst ein Bild von der Geschichte!

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Zurück in der Speicherstadt

Der Glanz der neuen Zeit
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Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen und Mina ist mit Frederik verheiratet und die Beiden haben eine gemeinsame Tochter. Die Folgen des Großen Krieges spüren auch die Dehardes. Es gibt kaum mehr ...

Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen und Mina ist mit Frederik verheiratet und die Beiden haben eine gemeinsame Tochter. Die Folgen des Großen Krieges spüren auch die Dehardes. Es gibt kaum mehr Kaffee und Mina muss sich etwas einfallen lassen um die Firma zu retten. Täglich geht sie gemeinsam mit ihrer Schwester Agnes ins Kontor. Sie ist es auch, die die rettende Idee hat und Mina vorschlägt ihren Schwiegervater in Guatemala zu benachrichtigen. Schließlich hat dieser eine Kaffeeplantage und nachdem der Krieg nun beendet ist, könnte er seine Schwiegertochter beliefern. Während des Krieges begannen die meisten süd- und mittelamerikanischen Plantagenbesitzer einen regen Handel mit den Vereinigten Staaten, wo sie bessere Konditionen erhielten. In der Speichertstadt hat niemand mehr Kaffeevorräte und Mina wittert ein gutes Geschäft. Ihr Schwiegervater hilft aus, doch Frederik, der sich noch immer in Berlin herumtreibt, ist nicht damit einverstanden. Er ist seit Jahren mit seinem Vater zertsritten. Nur mit Frederiks Einverständis kann Mina einen Kredit für die neue Kaffeelieferung aufnehmen und nur er hat die Möglichkeit in der Zukunft an der Kaffeebörse zu handeln....

Die Charaktere sind - bis hin zu den Nebenfiguren - wieder wunderbar lebendig und vielschichtig. Mit Frederik haben wir im zweiten Band eine Figur, die mein Blut öfters in Wallung brachte. Seine Agressivität Mina gegenüber und seine blinde Wut machen aus ihm einen unberechenbaren Charakter, der vor nichts zurückschreckt. Seine Leidenschaft für jegliche Glücksspiele und Wetten treiben Mina und ihre Familie fast in den Ruin.
Sein Vater Paul ist hingegen ein herzensguter Mensch, der Mina und seine kleine Enkeltochter sofort ins Herz schließt.
Mina trägt die ganze Verantwortung für die Familie und Firma ganz alleine auf ihren Schultern. Sie ist stark, kann aber nicht immer alles alleine stemmen. Bis sie das einsieht dauert es allerdings so einige Zeit.
Agnes wird in diesem zweiten Teil erwachsen und die Schwestern sind sich näher, als im ersten Band. Auch die quirlige Irma, die einer meiner Lieblingscharaktere aus "Der Duft der weiten Welt" war bleibt uns erhalten. Ebenso Heiko, der Mina immer zur Seite steht. Hiltrud führt ihr strenges Regiment weiter, zeigt aber diesmal mehr menschliche Züge und unterstützt Mina, wo sie nur kann.
Neue Figuren, von denen manche ein bisschen rätselhaft bleiben, werden eingeführt und geben dem Roman noch weitere Brisanz.

Neben den bildhaften Beschreibungen von Hamburgs Speicherstadt wird auch das herrschende Gesellschaftsbild wunderbar eingefangen. Frauen sind weder geschäfts- noch handlungsfähig. Sie sind auf ihre Ehemänner angewiesen. Die Zeit nach dem Großen Krieg ist geprägt von Not und Warenknappheit. Während die Armen hungern, fürchtet Mina um ihren Lebensunterhalt. Fenja Lüders gelingt uns nicht nur mit den lebengigen Bildern in dieser Zeit zu begeistern, sondern auch mit unerwarteten Wendungen zu überraschen.

Der Schreibstil ist bildhaft, gefühlvoll und lässt sich sehr flüssig lesen. Man fliegt förmlich durch die Seiten und möchte am liebsten das Buch in einem Satz verschlingen.

Erst im letzten Drittel haben mich einige Ungereimtheiten und offene Stränge die Stirn runzeln lassen. Besonders ein Vorkommnis, das ich leider hier nicht erklären kann ohne zu spoilern., fand ich sehr unwahrscheinlich. Aber auch wichtige ungeöffnete Briefe und einige Handlungen von Mina werden nicht auserzählt. Vorallem die letzten Seiten haben mir so gar nicht gefallen. Es gibt zum Ende hin einen großen Zeitsprung und keinerlei nähere Erklärungen zu wichtigen Themen, über die vorher lang und breit geschrieben wurde. Ich hätte viel lieber eine genauere Erklärung zu einem einzigen Handlungstrang gelesen, als plötzlich irgendwelche Fakten, die 1 1/2 Jahre später spielen und nicht wirklich aufgekärt werden. Man fühlt sich als Leser damit völlig im Stich gelassen und hängt in der Luft.
Sicherlich wird in Band 3 einiges weitergeführt werden, aber ich denke nicht, dass auf genau diese Themen noch näher eingegangen wird, sondern ein neuerlicher größerer Zeitsprung die Geschichte fortsetzt. Das ist mein großer Minuspunkt an Band 2, der bis zu den ersten zwei Dritteln des Romans noch die vollen 5 Sterne bekommen hätte. Danach gab es leider zu viele offene Stränge und einige Ungereimtheiten. Deshalb vergebe ich noch gerade 4 Sterne, da mich die Geschichte wieder richtig gefesselt hat.

Fazit:
Eine gelungene und spannende Fortsetzung, die jedoch im letzten Drittel einige Schwächen hat. Die letzten Seiten sind zu gerafft und lassen zu viele Fragen offen. Auch ein paar Ungereimtheiten haben mich gestört. Abgesehen davon waren die ersten zwei Drittel des Buches wieder großartig, was mich mit Vorfreude auf den letzten Band der Trilogie hoffen lässt.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

Scheunenkinder

Fräulein Gold: Scheunenkinder
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Im zweiten Band rund um die Hebamme Hulda Gold von Anne Stern geht die Autorin etwas mehr auf die historischen Hintergründe ein und etwas weg vom Krimigenre. Wir schreiben das Jahr 1923, das geprägt ist ...

Im zweiten Band rund um die Hebamme Hulda Gold von Anne Stern geht die Autorin etwas mehr auf die historischen Hintergründe ein und etwas weg vom Krimigenre. Wir schreiben das Jahr 1923, das geprägt ist von der Hyperinflation. Hunger und Not sind an der Tagesordnung, denn niemand weiß wie viel am nächsten Tag ein Stück Brot kosten wird. Auch in diesen schweren Zeiten ist Hulda täglich unterwegs um sich um schwangere Frauen und um Neugeborene zu kümmern. Als sie durch eine Vermittlung ihres Vaters außerhalb ihres Gebietes zu einer Geburt ins berüchtigte Scheunenviertel gerufen wird, spürt sie sofort die sehr angespannte Stimmung zwischen den Familienmitgliedern. Die strenggläubige Familie Rothmann, die erst seit kurzem im ärmsten Viertel von Berlin wohnt, scheint die Schwiegertochter nicht zu akzeptieren, die nicht jüdischen Glaubens ist. Als Hulda zwei Tage später zum Routinebesuch bei der Familie ankommt, ist das Neugeborene verschwunden und die Mutter völlig verzweifelt und ängstlich. Hulda kann nicht glauben, dass ein Neugeborenes so einfach verschwindet und nimmt sich als Aufgabe den kleinen Sohn der Rothmanns zu finden. Doch sie stößt auf eine Mauer des Schweigens...

Hulda muss sich diesmal selbst ihrer jüdischen Herkunft stellen, die für sie bisher nicht wirklich wichtig war. Mit dem Besuch im Scheunenviertel, wo sie zu einer Geburt gerufen wird, wird ihr erstmals klar, dass sie ihre Herkunft nicht verleugnen kann. Obwohl sie selbst die Religion nicht praktiziert, genügt der jüdische Nachname um denunziert zu werden. Als die Repressalien gegen die orthodoxen Juden zunehmen und sie plötzlich mittendrin ist, realisisert sie erstmals den beginnenden Hass auf die jüdische Bevölkerung.
Zusätzlich versucht sie sich über die Beziehung zu Hauptkommissar Karl North klar zu werden, die nicht sehr einfach ist. Er befasst sich im Moment mit besonders grausamen Morden an Kindern, die ihn sehr mitnehmen. Dementsprechend sind auch die Treffen der Beiden sehr von ihren eigenen Gedankengängen getrübt.
Hulda, die sehr eigenständig ist und nicht vom Wohlwollen eines Ehemannes abhängig sein möchte, fragt sich, ob ihre Beziehung überhaupt eine Chance hat. In der Apothekerwitwe Jette findet sie endlich eine Freundin, die ihr in der Not zur Seite steht.

Die Handlung kommt diesmal extrem langsam in Fahrt und hatte für mich einige Längen. Obwohl der politische Hintergrund und die Charaktere sehr fein und detailliert gezeichnet sind, war für mich der Krimianteil viel zu klein. Eigentlich hatte ich schon im ersten Band keinen Kriminalroman erwartet und war erstaunt, dass "Fräulein Gold" damit bezeichnet wurde. Im ersten Teil findet man auch noch mehr kriminalistische Anteile, im zweiten Band erst ganz gegen Ende. Das ist allerdings kein Kriterium die Geschichte "abzuwerten". Wie oft habe ich mich schon an den Bezeichnungen "Thriller" oder "Roman" gestört, nachdem ich eine ganz andere Geschichte hinter den Buchdeckeln fand. Aber es suggeriert den Leser im Vorhinein oftmals eine falsche Richtung...das ist schade!
Die Geschichte lebt vorallem von der Atmosphäre und dem Lokalkolorit Berlins. Die Schauplätze sind lebendig und bildhaft. Die einzelnenen Charaktere sind bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren sehr liebevoll ausgearbeitet, vielschichtig und authentisch. Das macht vorallem die Geschichte aus, die davon lebt. Der Schreibstil ist flüssig, detailliert und fesselnd.
Trotzdem war ich ein bisschen enttäuscht, denn alleine die lieb gewonnenen Figuren und der atmosphärische Schreibstil haben mir diesmal nicht ganz gereicht. Mich muss auch die Geschichte fesseln und das tat sie leider nur teilweise. An Band 1 kommt "Scheunenkinder" nicht ganz heran, deswegen vergebe ich gute 3 1/2 Sterne und freue mich schon auf Band 3.

Fazit:
Trotz der tollen Atmosphäre, dem Lokalkolorit von Berlin in den 1920igern und dem Zeitgeist kommt meiner Meinung Band 2 nicht ganz an den ersten Band heran. Mir fehlte es ein bisschen an Spannung. Macht euch aber bitte selbst ein Bild, denn die Bewertungen der anderen Leser sind sehr gut.

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Ein Unglückshaus?

Das Haus
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Beschreibung und Cover passen doch perfekt zu Halloween waren meine Gedanken. Und so war "Das Haus" von Olivia Monti meine Lektüre am 31. Oktober. Da der Krimi nur 194 Seiten hat, war das auch kein Problem ...

Beschreibung und Cover passen doch perfekt zu Halloween waren meine Gedanken. Und so war "Das Haus" von Olivia Monti meine Lektüre am 31. Oktober. Da der Krimi nur 194 Seiten hat, war das auch kein Problem ihn an einem Abend auszulesen. Und für diese nicht mal ganz 200 Seiten ist der Krimi wirklich komplex.

Zu Beginn werden wir direkt in die Handlung geworfen und es werden die Bewohner des Hauses vorgestellt. Die vielen Namen haben mich anfangs ziemlich verwirrt, doch sehr schnell hat man den Überblick und kann diese im Kopf zuordnen. Mit dem Tod von Enis Al Agha, einem schüchternen Medinzinstudenten, der noch gar nicht lange ins Haus eingezogen ist, beginnt die Mordserie. Er wird nicht der einzige Tote bleiben...

Erzählt wird aus der Perspektive von Parapsychologin Nadja. Gemeinsam mit Mitbewohnerin und Freundin Priscilla und der pensionierten Schneiderin Frau Rauhaar (sie hat im Buch keinen Vornamen) versuchen die drei Frauen herauszufinden, wer von den Hausbewohnern hinter den heimtückischen Morden stecken könnte. Alle Bewohner werden analysiert und kritisch betrachtet. Mit Vorurteilen, Fremdenhass und Gerüchten wird nicht hinter dem Berg gehalten. Frau Rauhaar, eine Hobbyermittlerin, die sich mit Krimiliteratur beschäftigt, geht sogar so weit, sich in der Besenkammer zu verstecken und die Bewohner des Miethauses während der Nacht zu beobachen. Weitere Mordfälle kann sie jedoch auch damit nicht verhindern. Nadja vermutet zusätzlich böse Schwingungen, die sich mit jedem weiteren Mord oder Verschwinden im Haus festsetzen und die sie als Parapsychologin für gefährlich hält. Ein Unglück zieht infolgedessen weitere an, ist sich Nadja sicher. Die Atmosphäre wird immer düsterer und bedrohlicher und die Bewohner werden immer verängstigter...

Wir haben es mit einem typischen "Whodunit" Krimi zu tun, die - wie es mir scheint - im Moment sehr beliebt sind. Wie in Agathe Christis Krimi "Zehn kleine Negerlein" werden die Hausbewohner einer nach dem anderen ermordet oder verschwinden von der Bildfläche. Atmosphärisch ist der Krimi wirklich gelungen.
Olivia Monti spiegelt mit ihren verwendeten Charakteren gekonnt die heutige Gesellschaft wider. Sie zeigt auf, was Vorurteile und Angst alles anrichten können. Mit Frau Rauhaar ist ihr eine sehr lebedige Figur gelungen, die die Dinge selbst in die Hand nimmt und der Polizei keinerlei Erfolg zutraut. Diese taucht auch nur sehr selten auf und spielt erst am Ende eine kleine Rolle. Auch die anderenCharaktere des Wohnhauses sind teilweise sehr gut ausgearbeitet - manche mehr und manche weniger. Nachdem ich sie alle fest verankert hatte, hatte ich jeden von ihnen bildllich vor Augen. Einzig Nadja machte es mir schwer. Von ihr konnte ich mir so gar kein Bild machen...

Die parapsychologischen Einstreuungen von Nadja nehmen dem Leser aber leider den Lesefluss. Es sind sehr fachspezifische Erklärungen, die oftmals über eine halbe Seite oder mehr gehen und die Spannung komplett rausnehmen. Anfangs habe ich diese Ausführungen noch gelesen, aber je öfters sie vorkamen, umso mehr habe ich sie einfach nur quergelesen oder überflogen.

Zum Ende hin hatte ich einen Verdacht, der sich auch bestätigte. Trotzdem habe ich lange gegrübelt, wer der Täter sein und welches Motiv er haben könnte. Es wimmelt nur so von Verdächtigen und ich denke ich hatte fast alle mal durch ;) bis sich mein Gefühl auf einen Bewohner eingeschossen hatte.

Fazit:
Für die wenigen Seiten ist dieser Krimi komplex und hat mir gut gefallen. Durch die parapsychologischen Ergänzungen, die sehr wissenschaftlich klingen, stört die Autorin allerdings gewaltig den Lesefluss. Das ist schade! Auf jeden Fall aber ein etwas anderer Krimi, der mir den Halloween-Abend versüßt hat. Ob er allerdings lange in Erinnerung bleiben wird?

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Veröffentlicht am 03.11.2020

Ein Dichter und eine Sattlerin in den Fängen der Räuber

Die Gabe der Sattlerin
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Über den Autor Ralf H. Dorweiler habe ich von meinen lesebegeisterten Freundinnen, die sich ebenfalls im historischen Genre tummeln, bisher nur sehr gute Stimmen gehört. Ich habe noch "Der Pakt der Flößer" ...

Über den Autor Ralf H. Dorweiler habe ich von meinen lesebegeisterten Freundinnen, die sich ebenfalls im historischen Genre tummeln, bisher nur sehr gute Stimmen gehört. Ich habe noch "Der Pakt der Flößer" und "Der Gesang der Bienen" auf dem SuB.

Nun ist es aber leider so, dass mich "Die Gabe der Sattlerin" nicht restlos überzeugen konnte. Mir waren es teilweise zu viele Zufälle und die Hauptprotagonistin rückt oftmals zu sehr in den Hintergrund. Diese, nämlich Charlotte Sattler, flieht zu Beginn des Romans vor ihrer eigenen Hochzeit mit dem wesentlich älteren Amtmann Juliuas Magnus Lenscheider. Die überstürzte Flucht findet bald ein Ende, als Charlotte von einer Räuberbande überfallen wird. Diese schicken sie zum herzöglichen Hofgestüt Marbach, wo sie sich als Sattlerin bewerben soll. Dort soll sie für die Bande auskundschaften, wann der erwartete Geldtransport für den württembergischen Herzog eintreffen wird. Charlotte findet tatsächlich eine Anstellung als Sattlerin und befreundet sich mit dem Pferdearzt, einen gewissen Friedrich Schiller. Dieser ist eigentlich Medicus und soll sein Regiment versorgen, doch Herzog Carl Eugen hat ihm statt seiner Bezahlung auf das Gestüt strafversetzt. Charlotte hilft Friedrich bei den Pferden und entdeckt, dass der Medicus an einer Geschichte schreibt, die er "Die Räuber" nennt. Und schon bald hat er mehr Stoff für sein Theaterstück, als ihm lieb ist....

Gefallen hat mir die Einbeziehung von Friedrich Schiller, der als Militärarzt arbeitet und sich nebenher seiner Dichtkunst widmet. Der noch unbekannte Dichter trifft in der Geschichte auf Charlotte und wird für sie ein Freund und Verbündeter. Die Verflechtung von Schillers Stück "Die Räuber" und der berüchtigten Räuberbande um den Hannikel ist eine tolle Idee.
Leider blieb trotz der reichlichen Themen die Spannung auf der Strecke, was ich als größtes Manko an der Geschichte fand.

Historisch hat mir die Geschichte gut gefallen, die einige Einblicke in das Leben des verschwendungssüchtigen Herzog Carl Eugen gibt. Ich habe oft noch zusätzlich gegoogelt um mich noch mehr mit dieser Zeit zu befassen. Auch die Beschreibungen des landschaftlichen Gebietes, die Schauplätze in Württemberg, Baden und dem Schwarzwald, der damals zum Habsburger Hoheitsgebiet gehörte, sind gelungen.

Die Figuren sind sehr bildhaft dargestellt. Charlotte, als eigentliche Hauptfigur, bleibt allerdings zu blass. Irgendwie verstrickt sie sich in zu unglaubwürdige Situationen und ist plötzlich aus heiterem Himmel umgeben von unzähligen Verehrern.
Es gibt meiner Meinung auch zu viele eher unglaubwürdige Begebenheiten und Vorkommnisse, wie z. Bsp. der plötzliche Opernauftritt eines Mitgliedes der Räuberbande
Das Ende war mir ebenfalls zu überstürzt. Es überschlagen sich die Ereignisse und innerhalb kurzer Zeit wird alles zu schnell aufgelöst.

Schreibstil:
Die Sprache ist der Zeit angepasst und ließ sich sehr gut lesen. Der subtile Humor und die Situationskomik sind gelungen. Die vielfältigen Dialoge haben mich gut unterhalten. Der Autor hat bestens recherchiert.
Die mit Hufeisen gestalteten Kapitelüberschriften, die zusätzlich mit einem Zitat aus Schillers "Die Räuber" versehen wurden, sind vom Verlag sehr liebevoll gestaltet worden. Zu Beginn gibt es ein ausführliches Personenverzeichnis. Im Nachwort geht der Autor auch auf den Romanschauplatz Schloß Grafeneck ein, das in der Zeit der Nationalsozialisten als Euthanesiestätte verwendet wurde.

Fazit:
Schreibstil, Setting und historische Begebenheiten sind in diesem Roman sehr lebendig. Leider konnte mich aber die fiktive Story rund um Charlotte Sattlerin nicht wirklich überzeugen. Da ich noch zwei Bücher des Autors auf dem SuB habe, hat er noch die Chance mich mit seinen anderen Romane zu überraschen.

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