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Veröffentlicht am 28.04.2020

Must Read gegen das Vergessen

Die Unwerten
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Ein "Must Read" war der Roman "Die Unwerten" von Volker Dützer für mich, der sich in seinem neuen Roman mit dem Thema Euthanasie während des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzt. Ein absolut schwieriges ...

Ein "Must Read" war der Roman "Die Unwerten" von Volker Dützer für mich, der sich in seinem neuen Roman mit dem Thema Euthanasie während des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzt. Ein absolut schwieriges Thema, welches der Autor sehr gut gelöst und einen spannenden Roman geschrieben hat, den ich gerne weiterempfehle.

Wir schreiben das Jahr 1939, Hannah Bloch ist 14 Jahre alt und Halbjüdin. Als sie in der Schule einen epileptischen Anfall erleidet, ist es die perfekte Gelegenheit für ihren nationalistisch eingestellten Mathematiklehrer Pilz Hannah zu melden. Schon länger ist ihm die Halbjüdin ein Dorn im Auge. So geraten Hannah und ihre Mutter ins Visier von Dr. Joachim Lubeck, der zuerst von der Schönheit von Hannahs Mutter Malisha geblendet ist. Er bietet ihr an beide zu verschonen, wenn sie seine Geliebte wird. Malisha lehnt ab und kommt ins Gefängnis. Lubeck ist in seiner Ehre gekränkt und schwört sie und Hannah zu zerstören. Er lässt Malisha foltern und schickt Hannah ins Irrenhaus. Hannah gerät in die Fänge der Aktion T4. Für sie beginnt eine Odysee, die sie auf ihren weiteren Lebensweg oftmals Dinge erleben lassen, die jeden Menschen an seine Grenzen bringt.

Der junge Psychiater steckt voller Zweifel und versucht in der in der NS-Maschinerie nach oben zu kommen. Anfangs noch mit Skrupel behaftet, wird er einer der Ausführer der Aktion T4. (eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in Deutschland von 1940 bis 1941 unter Leitung der Zentraldienststelle T4) Lubeck wird Herr über Leben und Tod aller Personen, die für die Nazis unwertes Leben bedeuten. Geschickt webt Dützer diese historischen Fakten in seinem Roman mit ein.

Ich war an die Geschichte gefesselt und konnte nicht glauben, welche Grausamkeiten sich die SS und die Gestapo immer wieder einfallen ließ. Obwohl ich schon sehr viele Bücher zu diesem Thema gelesen habe, gab es auch in "Die Unwerten" wieder erschreckend neue Erkenntnisse, die mich immer wieder davon überzeugen, dass diese Zeit einfach nicht vergessen werden darf! Mir war zum Beispiel nicht bekannt, dass auch die eigenen Wehrmachtsoldaten, die traumatiert im Lazarett lagen, ebenfalls als "unwertes Leben" angesehen wurden und demselben System unterzogen wurden.

Obwohl Lubeck hier einer der Bösewichte ist, ist seine Figur großartig ausgearbeitet worden. Seine Wandlung vom Mitläufer zum überzeugten Fanatiker wird glaubwürdig dargestellt. Generell wirken alle Charaktere sehr authentisch und detailliert gezeichnet. Hannah ist ein sehr starkes und intelligentes Mädchen, das unendliches Leid erfahren muss und trotzdem nie die Hoffnung aufgibt.
Der fesselnde, mitreißende und lebhafte Schreibstil hat mich durch das Buch getragen.

Der letzte Abschnitt hat dann leider meine euphorische 5 Sterne Bewertung runtergeschraubt. Zu actionreich, zu viele Zufälle, die die Ereignisse teilweise für mich unglaubwürdig wirken lassen. Schade! Für mich hätte es sonst großartige 5 Sterne gegeben, so aber muss ich auf 4 abrunden.
Es wird einen Nachfolgeband geben, den ich auf jeden Fall auch lesen möchte, denn bis auf den letzten Abschnitt hat mich dieser historischer Roman vollkommen überzeugt.

In einem ausführlichen Nachwort geht der Autor auf seine Idee, die Umsetzung und seine Recherche zum Thema Euthanasie ein, die ihn selbst oftmals an seine Grenzen gebracht hat. Dützer hat großartig recherchiert und mit "Die Unwerten" eine bewegende Geschichte erzählt. Er zeigt auf, dass man auch zu diesem dunklen Thema einen Roman ohne erhobenen Zeigefinger schreiben kann, welches für viele unmöglich erscheint. Hut ab, Herr Dützer!

Fazit:
Ein fesselnder und lesenwerter Roman, der sich den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte widmet und vom Autor grandios umgesetzt wurde. Einzig das Ende war mir von zu vielen Zufällen geprägt. Bis dahin hat mich der Roman allerdings vollkommen überzeugt und ich gebe gerne eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 25.04.2020

Auch Teil 2 wird zum Jahres-Highlight

Neuleben
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Mein erster Roman 2020 mit dem Prädikat "Lieblingsbuch-Status" und das zweite Buch der Autorin, welches dieses von mir erhält. Denn auch der erste Band "Zwei Handvoll Leben" hat von mir vor einem Jahr ...

Mein erster Roman 2020 mit dem Prädikat "Lieblingsbuch-Status" und das zweite Buch der Autorin, welches dieses von mir erhält. Denn auch der erste Band "Zwei Handvoll Leben" hat von mir vor einem Jahr diese Auszeichnung bekommen.

Katharina Fuchs führt ihre Familiengeschichte nun mit ihrer Tante Therese und ihrer Mutter Gisela fort, nachdem wir in "Zwei Handvoll Leben" ihre Großmütter begleiten durften.
In "Neuleben" befinden wir uns in der Nachkriegszeit und verfolgen zwei berührende Frauenschicksale, die sich dem Frauenbild der damaligen Zeit widersetzen und sich nicht nur Ehemann, Kinder und Küche widmen möchten.

Therese's Schicksal als Kind und junge Frau hat mich bereits im ersten Teil sehr berührt. Als Folge einer schweren Ohrenentzündung, die sie fast mit dem Leben bezahlt hat, sowie einer falschen Behandlung, bleibt ihr Gesicht schief. Während des Zweiten Weltkrieges nur knapp der Euthanasie entkommen, steht sie nun vor der nächsten Hürde. Als Tochter eines Wehrmachtsoffiziers und einer Großgrundbesitzerin darf sie in der neu gegründeten DDR nicht Jura studieren. Noch ist es möglich in den Westen zu gehen. Deshalb zieht sie zu ihrem leiblichen Vater Leonhard nach West Berlin. Als eine von nur zwei Frauen wird sie sowohl von den Kommilitonen, als auch von einigen Professoren schikaniert und immer wieder bloßgestellt. Zusätzlich ist sie keine Schönheit und kleidet sich eher hausbacken, um nicht aufzufallen. Doch Therese brennt für ihren Wunsch Richterin zu werden und gibt nicht so schnell auf.
Auch ihre Schwägerin Gisela hat nach der Hochzeit mit Therese Bruder Felix eigene Pläne. Die hübsche und modebewusste junge Frau hat das Talent ihrer Mutter Anna geerbt. Sie schneidert für ihr Leben gern und möchte selbstentworfene Kleider in einem großen Kaufhaus herstellen. Für Frauen zu dieser Zeit alles andere als selbstverständlich. Als Ehefrau hatte man sich den Kindern und dem Ehemann zu widmen, der das Geld nach Hause brachte. Wollte man arbeiten gehen, benötigte man die Unterschrift und das Einverständis des Ehemannes. Etwas, was ich heute einfach unvorstellbar finde!
Aber auch die Männer haben ihren Rucksack zu tragen. Viele kamen traumatisiert oder als Invalde aus dem Krieg zurück und versuchen nun wieder Fuß zu fassen, was nicht jedem gelingt.

Katharina Fuchs hat das Feeling dieser Zeit wunderbar einfangen. Der langsame Aufschwung und die harte Realität durch die Teilung Deutschlands, wird mit viel Herzblut erzählt. Als Österreicherin, und in den späten Sechziger Jahren geboren, war für mich die DDR einfach Fakt. Wie es so richtig dazu gekommen ist, haben wir in der Schule nie gelernt. Ich hatte zwar damals eine Brieffreundin aus Ostdeutschland und hatte oftmals geschwärzte Zeilen in den Briefen, doch wie es damals zu der Teilung kam, wusste ich nicht so genau. Niemand hätte gedacht, dass es plötzlich eine Mauer mitten durch Berlin geben und auch keiner, dass diese erst Ende 1989 wieder verschwinden wird.
Aber auch bestimmte Momente aus dieser Zeit, wie das WM-Finale in Bern 1954, geben dem Roman zusätzliche Authentizität.

Schreibstil und Charaktere:
Der Schreibstil von Katharina Fuchs hat einfach alles, was mich an eine Geschichte fesselt. Er ist lebendig, einfühlsam, bildhaft und atmosphärisch.
Die Figuren sind Menschen, wie du und ich, und zeigen doch viel Persönlichkeit und Stärke. Obwohl die Autorin hier über ihre Tante und ihre Mutter schreibt, muss es nicht automatisch heißen, dass die Figuren auch berühren und authentisch dargestellt werden. Es gehört eine Portion Gefühl und vorallem Schreibkunst dazu, dass man die Charaktere so transportieren kann, dass sie auch den Leser mitreißen und bewegen. Außerdem erscheint es mir nicht einfach, die geheimsten Wünsche und Hoffnungen der eigenen Eltern niederzuschreiben.

Fazit:
Auch "Neuleben" konnte mich genauso überzeugen, wie bereits der erste Band der Autorin "Zwei Handvoll Leben". Hier wurde Zeitgeschichte, basierend auf der eigenen Familiengeschichte, grandios umgesetzt. Ein Roman, der alles beinhaltet, was man sich als Leser wünscht. Ein Buch, das mich gefesselt und sehr berührt hat.
Für mich ein Lese-Highlight in diesem Jahr. Der Roman reiht sich in die Reihe meiner wenigen Bücher ein, die das Prädikat ♥♥♥ Lieblingsbuch-Status ♥♥♥ erhalten. Absolute Leseempfehlung! (aber vorher Band Eins lesen!!)

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Veröffentlicht am 24.04.2020

Cold case aus Norwegen

Wisting und der Tag der Vermissten
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Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. ...

Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. Das war schon vor der Coronakrise...aber manchmal dauert es eben bis die Rezension auf meinem Blog auch dazu geschrieben ist.

Cold Cases werden in diesem Genre immer beliebter seit Jussi Adler-Olssen seine Bestseller rund um das Dezernat Q zu schreiben begonnen hat. Hier haben wir es aber mit keinem richtigen Team zu tun, sondern mit einem Kommissar, der seit 24 Jahren versucht einen seiner alten Fälle doch noch aufzuklären.

Damals verschwand die gebürtige Österreicherin Katharina Haugen spurlos. Hinterlassen hat sie einen gepackten Koffer, einen verblühten Rosenstrauß und einen Zettel mit komischen Zeichen und Zahlencodes.

Jedes Jahr fährt William Wisting am Jahrestag des Verschwindens Richtung Norden, um Martin Haugen zu treffen, dem Ehemann der damaligen Vermissten. Dieses Jahr bekommt Wisting Hilfe, denn der aus Oslo angereiste junge Ermittler Adrian Stiller ist bei einem weiteren Vermisstenfall über die DNA-Spuren von Martin Haugen gestolpert und setzt Wisting auf den Mann an. Wie jedes Mal fährt er am Jahrestag zu ihm, doch diesmal ist Haugen nicht anwesend und auch telefonisch nicht erreichbar. Gleichzeitig versucht Stiller, ohne Wissen von Wisting, dessen Tochter Line ebenfalls auf die beiden Kriminalfälle anzusetzen. Die Journalistin, die sich in Karenz befindet und gerne wieder arbeiten möchte, greift sofort zu. Die Polizei versucht mit Hilfe von neuen Zeitungsartikeln und Podcasts die Menschen an die Fälle zu erinnern und eventuell neue Spuren zu finden. Line, Wisting und Stiller versuchen Ähnlichkeiten in den beiden Mordfällen zu finden und dem Täter auf die Spur zu kommen...

Die ersten hundert Seiten fand ich sehr interessant. Wisting ist ein authentischer und eher ruhiger Ermittler, der immer zum Kern der Sache kommt. Die Polizeiarbeit wird realistisch dargestellt und nimmt viel Platz ein. Seine Tochter Line blieb mir fast ein bisschen zu blass und Stiller hatte etwas geheimnisvolles, undurchschaubares. Er kam mir sehr ehrgeizig und auch mediengeil vor. Obwohl es auch viele private Einblicke in Wistings Familie gibt, fehlte mir trotzdem ein bisschen die Nähe zu den Figuren.

Die Geschichte fand ich eher gemächlich. Sie wird aus der Sicht von Wisting, aber auch aus der Perspektive seiner Tochter Line erzählt. Als Leser rätselt man von Anfang an mit und leider habe ich sehr bald durchschaut, wer der Täter ist. Ich habe wohl wirklich einfach schon zu viele Thriller gelesen.

Für mich war die Spannung nur teilweise vorhanden....zu Beginn und dann am Ende, als die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt. Ob ich weiter lesen werde, kann ich noch nicht sagen, denke aber eher nicht...da gibt es wesentlich spannendere Thriller-Reihen, die ich noch weiterlesen möchte.

Schreibstil:
Jørn Lier Horst schreibt ruhig und anschaulich, oftmals detailliert und bildhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten, das Tempo eher gemächlich. Die Beschreibung der norwegischen Landschaft im Herbst wird sehr lebendig und bildhaft dargestellt. Man spürt bereits die nahende Ankunft des Winters und der nebeligen Tage, die der Geschichte eine tolle Atmosphäre geben.

Fazit:
Ein Thrillerauftakt, der mich nicht ganz überzeugen konnte. Sehr ruhig und atmosphärisch, aber leider zu schnell durchschaubar. Ein interessanter Cold Case, den ich gern gelesen habe. Trotzdem werde ich wahrscheinlich die Reihe nicht weiter verfolgen.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Die letzten 24 Stunden im Leben von Will

Mercy Seat
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Wir sind in den Südstaaten in den 1940iger Jahren. Eine Gleichstellung zwischen Schwarz und Weiß ist Zukunftsmusik. Noch immer verbergen sich weiße Männer hinter spitzen weißen Kapuzen um gegen Schwarze ...

Wir sind in den Südstaaten in den 1940iger Jahren. Eine Gleichstellung zwischen Schwarz und Weiß ist Zukunftsmusik. Noch immer verbergen sich weiße Männer hinter spitzen weißen Kapuzen um gegen Schwarze oder "Niggerfreunde" vorzugehen. Der Klu-Klux-Clan ist allgegenwärtig. Zu dieser Zeit wird ein junger schwarzer Mann wegen Vergwaltigung einer jungen weißen Frau zum Tode verurteilt. Die Beiden sind ein Liebespaar, doch der Vater des Mädchens ist Mitglied im Clan. Während Will festgenommen wird, erschießt sich Claire und kann somit nicht für ihn aussagen...was aber egal ist, denn dass er zum Tode verurteilt wird ist zu dieser Zeit in den USA einfach nur klar...

Die Geschichte erzählt die letzten 24 Stunden vor Wills Hinrichtung aus der Sicht mehrerer Personen. Die kurzen Kapitel und der rasche Perspektivwechsel hat mich zu Beginn etwas verwirrt. Ich konnte nicht alle Figuren sofort zuordnen und die vielen Namen taten ihr Übriges. Doch nach und nach waren diese Probleme vergessen und ich war tief in die Geschichte eingetaucht.

Zuerst begegnen wir Lane und den Captain, die den elektrischen Stuhl nach St. Martinsville kutschieren. Lane ist selbst Häftling und hat seinen ersten Tag Freigang, um den Captain zu begleiten. Als sie an einer Tankstelle kurz halten, lernen wir auch den Tankstellenbesitzer Dale und seine Frau Ora kennen. Ihr gemeinsamer Sohn Tobias ist einberufen worden und kämpft in Japan. Dale und Ora spielen auch in der fortlaufenden Handlung eine Rolle.
Eine weitere Perspektive erhalten wir von Polly, dem Staatsanwalt, der das Strafmaß von Will festgesetzt hat. Seine Frau Nell, die im Norden geboren wurde, findet keinen Gefallen an der Rechtssprechung im Süden. Gabe, ihr gemeinsamer Sohn, erkennt die Zweifel seines Vaters. Frank, der Vater von Will, ist ebenfalls auf dem Weg nach St. Martinsville. Mit seinem altersschwachen Maultier Bess transportiert er den Grabstein für seinen Sohn, den er noch kurz vor der Hinrichtng sehen möchte. Und zu guter Letzt lernen wir noch Hannigan, einen Priester kennen, der Will die letzten Monate begleitet hat und ihm auch kurz vor seinem Tod beizustehen versucht. Er zweifelt am Glauben und an der Gerechtigkeit. Und natürlich Will selbst, der sich dem Urteil ergeben hat und nun seiner Hinrichtung um Mitternacht entgegensieht.

Feinfühlig erzählt Elizabeth H. Winthorp wie die oben genannten Personen mit dem Urteil umgehen und welche Gedanken, Emotionen oder auch Schuldgefühle sie spüren. Dabei gibt uns die Autorin einen schonugslosen Einblick in das letzten Jahrhundert in die Südstaaten der USA. Leider muss man sagen, dass sich in manchen Dingen - trotz der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den 1960igern - noch immer viel zu wenig geändert hat. Schwarze werden noch immer benachteiligt, sowie oftmals willkürlich und ungerecht angegriffen oder sogar getötet.

Die intensive Erzählung hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Man spürt die Emotionen der einzelnen Figuren, die drückende Hitze und das langsame Aufkommen von Zweifel und im Gegenzug den Mob, der der Hinrichtung entgegenfiebert. Manche Antworten überlässt Winthorp dem Leser. Dabei hätte ich bei einem Strang gerne noch etwas mehr erfahren.
Die Autorin hat sich an einem wahren Fall orientiert, die sie zu dieser Geschichte inspiriert hat. Ein Roman, der einem nicht so schnell loslässt und niemand kalt lässt.

Schreibstil:
Die Autorin hat einen wahnsinnig eindringlichen und intensiven Schreibstil. Man spürt die beklemmende Stimmung mit jeder Faser beim Lesen, ebenso wie die sengende Hitze und die Emotionen der einzelnen Charaktere. Die kurzen Kapitel mit wechselnden Perspektiven verleiten zum "Ich muss unbedingt noch ein bissche weiterlesen", denn man hat den Wunsch mehr von dieser Figur zu lesen, die wir gerade begleiten, obwohl bereits aus der Sicht der Nächsten erzählt wird. Und so ergeht es einem bei jedem Perspektivwechsel.


Fazit:
Eine beklemmende Geschichte über Rassismus und der Willkür der Menschen, die Menschleben unterschiedlich werten. Eindringlich und schonungslos - eine echte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.04.2020

Spannender Auftakt der neuen Tribute Reihe

Tribut der Sünde
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Tribut der Sünde" ist Teil Eins einer neuen historischen Reihe aus der Feder von Silvia Stolzenburg - jipee! Ich liebe ihre historischen Romane, die meistens sehr grausam und blutig sind und mir oftmals ...

Tribut der Sünde" ist Teil Eins einer neuen historischen Reihe aus der Feder von Silvia Stolzenburg - jipee! Ich liebe ihre historischen Romane, die meistens sehr grausam und blutig sind und mir oftmals mehr Gänsehaut bescheren, als so einige sogenannte Thriller.

Auch diesmal geht es blutig zu, denn gleich zu Beginn der Geschichte erwacht Martin Wengert aus seinem Rausch in der Schankstube und stolpert über eine Leiche. Dummer Weise ist es der Sohn des Bürgermeisters, Moritz Welling, der mit durchschnittener Kehle am Boden liegt und mit dem er letzte Nacht einen Streit hatte. Entsetzt flieht er zum Haus der Familie seiner Verlobten, Franziska Hochperger. Kurze Zeit später wird er verhaftet und des Mordes angeklagt. Zwei Tage später wird auch Franziskas Vater, ein ehrwürdiger Weinhändler und Ratsherr, festgenommen und der Beihilfe angeklagt. Haus und Hof werden beschlagnahmt und Franziksa steht plötzlich auf der Straße und muss sich als Bettlerin durchschlagen. Einzig Jakob, ein Freund von ihr und Martin, bietet ihr Hilfe an, die sie zuerst ausschlägt....

Von Anfang an fiebert man mit Franziska mit, deren Leben von einem Tag auf dem anderen aus den Angeln gehoben wird. Noch gestern Tochter eines angesehenen Mannes und kurz vor der Hochzeit stehend, steht sie nun auf der Straße und hat nichts und niemanden mehr. Eine furchtbare Vorstellung! Franzi ist sich sicher, dass ihr Verlobter und ihr Vater unschuldig sind und versucht alles Mögliche, um ihnen irgendwie Hilfe zukommen zu lassen.Gleichzeitig versucht sie herauszufinden, wer hinter dieser Intrige stecken könnte.

Zur selben Zeit brodelt es bereits unter den Bürgern von Stuttgart. Herzog Ulrich ist ein verschwenderischer Regent, der sich nicht um seine Untertanen schert. Seine Frau Sabina von Bayern hasst ihren Mann und dessen Geliebte und versucht mit allen Mitteln dieser Ehe zu entfliehen. Sie hütet ein Geheimnis, welches Franzi eines Tages zufällig in der Kirche, in der sie Zuflucht sucht, mithört. Ab diesem Zeitpunkt droht ihr auch von dieser Seite Gefahr.
Gewohnt spannend und fesselnd erzählt Silvia Stolzenburg die Geschichte um Franziska, deren Schicksal man mit klopfenden Herzen und unglaubigen Staunen liest. Glaubt man, ihr könnte nichts mehr zustoßen, wird man kurz darauf eines Besseren belehrt.

Das mittelalterliche Setting Stuttgarts wurde sehr bildhaft und detailliert beschrieben. Ich hatte immer das Gefühl mitten drinnen zu sein und mit Franzi durch die Gassen zu laufen.
Zusätzlich spürt man die Unzufriedenheit unter den Bürgern und ich nehme an, dass die Autorin im folgenden oder letzten Band den Aufstand des "Armen Konrad" als Mittelpunkt nehmen wird. Im ersten Band spürt man bereits die Ansätze dazu.

Mein einziger Kritikpunkt ist das Ende. Es gibt im ersten Band noch keine Auflösung und einen Cliffhanger. Ich hatte das Gefühl mitten aus demLesefluss gerissen zu werden. Das kommt leider nun immer öfters vor und ist nicht wirklich nach meinem Geschmack.
Außerdem bin ich von den anderen Bänden der Autorin gewohnt, dass eine Geschichte abgeschlossen isr, bevor es zum nächsten Band geht. Deswegen kann ich auch keine 5 Sterne vergeben, obwohl mich die Geschichte mitgerissen hat. Ich möchte aber nicht Monate warten und drei Bücher lesen, um endlich zu wissen, wer hinter der Intrige steckt, die Martin und Franzis Vater ins Gefängnis brachten.

Fazit:
Ein spannender Triologieauftakt, der mich ins mittelalterliche Stuttgart entführt und mit der Hauptprotagonistin mitleiden hat lassen. Einen Stern Abzug gibt es für das abrupte Ende mit dem Cliffhanger. Ich hatte das Gefühl mitten in der Geschichte rausgerissen worden zu sein....nun kann ich es gar nicht abwarten, den nächsten Band in den Händen zu halten.

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