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Veröffentlicht am 30.06.2020

Guter Reihenabschluss

Die Herren der Zeit
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Im dritten und letzten Teil rund um Inspector Alaya werden Unai, Estíbaliz und Alba in eine sehr mysteriöse Mordserie verwickelt. Diese Morde folgen grausamen mittelalterlichen Ritualen, die alle in einem ...

Im dritten und letzten Teil rund um Inspector Alaya werden Unai, Estíbaliz und Alba in eine sehr mysteriöse Mordserie verwickelt. Diese Morde folgen grausamen mittelalterlichen Ritualen, die alle in einem historischen Roman, der in Vitoria gegen Ende des 12. Jahrhunderts spielt, beschrieben werden. Hinter dem Bestselleroman verbirgt sich ein anonymer Autor, der bei einer Lesung in der Stadt endlich sein wahres Gesicht lüften soll. Doch dieser taucht nicht auf. Stattdessen wird im Untergeschoß eine Leiche gefunden, die mit einer ganz besonderen Mordwaffe getötet wurde....

Eva García Sáenz stellt in diesem dritten Band ihrer "Trilogie der weißen Stadt" den Leser wieder vor viele Rätsel. Die Idee einen Roman in einem Roman zu platzieren, finde ich total interessant. Dieser Teil ist dadurch etwas anders, als die beiden Vorgänger. Zweieinhalb Jahre sind seit dem Ende von "Das Ritual des Wassers" vergangen. Unai Lopez de Ayala genannt "Kraken" hat in Subcomisaria Alba seine Frau fürs Leben gefunden. Die kleine Deba ist ihr Sonnenschein, doch die immer wiederkehrenden Todesfälle in Unais Freundeskreis belasten das Familienleben. Die neue Mordserie ist da nicht gerade hilfreich. Zusätzlich sind noch zwei junge Mädchen verschwunden, dessen Fall ebenfalls bei Kraken und Esti landet. Noch weiß er nicht, dass die beiden Fälle zusammengehören....

Ihrem Schema, auf zwei Zeitebenen zu erzählen, bleibt die Autorin treu. Der Thriller wird abwechselnd in der Gegenwart und aus dem Manuskript in der Vergangenheit erzählt. Dabei werden die Parallelen der Morde gegenübergestellt. Unai ist sich bewusst, dass weitere Morde passieren werden und versucht alles Mögliche diese zu verhindern. Überraschende Wendungen lassen den Spannungsbogen steigen.

Auch die persönliche Geschichte von Unai und seiner Familie entwickelt sich weiter. Deswegen empfehle ich immer die Bücher der Reihenfolge zu lesen. Besonders bei dieser Reihe sind die Geschichten doch sehr komplex angelegt.

Wie auch in den Vorgängerbänden sind die vielen baskischen Namen und Orte eine kleine Herausforderung. Doch mit Fortschreiten der Lektüre wird es besser und auch die Namen, die wir bereits aus Band 1 und 2 kennen, bereiten keine Schwierigkeiten mehr.

Diesmal war mir aber das ganze Drumherum etwas zu sehr in die Länge gezogen.

Schreibstil:
Eva García Sáenz schreibt sehr detailliert und komplex. Ihre Figuren sind facettenreich und lebendig. Das Buch im Buch wird aus der Sicht des Conde Don Vela erzählt, der Gegenwartsstrang wie gewohnt aus der Ich-Perspektive von Unai. Die bildhafte Beschreibung von Vitoria ist wieder sehr gelungen.

Am Ende des Buches gibt es ein Glossar, sowie ein Verzeichnis der Personen. Die Klappbroschur versteckt zusätzlich noch eine historische und eine aktuelle Stadtkarte der Stadt Vitoria.

Fazit:
Ein gelungener Abschluss der Trilogie, der mir für mich allerdings etwas zu sehr in die Länge gezogen wurde. Trotzdem überzeugte die ganze Reihe mit einer außergewöhnlichen Erzählweise und wunderbaren bildhaften Beschreibungen der Stadt Vitoria. Eine etwas andere Thrillerreihe, die ich gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 28.06.2020

Bau des Freiburger Münsters spannend erzählt

Der Turm aus Licht
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Was für ein Schmöker! Sechzig Jahre verfolgt der Leser den Bau des Freiburger Münsters in Astrid Fritz neuem historischen Roman. Und dies wird wirklich spannend und sehr bildgewaltig erzählt.
Wir beginnen ...

Was für ein Schmöker! Sechzig Jahre verfolgt der Leser den Bau des Freiburger Münsters in Astrid Fritz neuem historischen Roman. Und dies wird wirklich spannend und sehr bildgewaltig erzählt.
Wir beginnen im Jahr 1270. Unter Graf Konrad I von Freiburg soll endlich der Kirchenbau weiter voranschreiten. Zehn Jahre wurde an der Liebfrauenkirche nicht mehr gearbeitet, weil die Befestigung der nördlichen Vorstadt Priorität hatte. Zu diesem Zweck soll Baumeister Gerhard mit seiner Frau Odilie nach Freiburg geholt werden, der bisher als Parlier an der Straßburger Bischofskirche mitgearbeitet hat. Doch nicht alle Bewohner der Stadt stehen dem Weiterbau positiv gegenüber. Als Graf Konrad ein Jahr später stirbt, kommt sein Sohn Egino II an die Macht. Dieser gibt das Geld mit beiden Händen lieber für Raufhandel und Kleinkriege aus und schon bald stoppt der Bau an der Kirche erneut....

Über 60 Jahre dauerte die Vollendung des Münsters - ein Menschenleben. Und so begleiten wir nicht nur Gerhard von Straßburg, sondern auch seinen Nachfolger Erwin von Steinbach mitsamt ihren Gehilfen (Steinmetze, Zimmerer, Bildhauer) über diese Zeit. Im Vordergrund steht immer der Bau der Kirche, doch Astrid Fritz gelingt es mit interessanten Lebensgeschichten einiger Bewohner von Freiburg und den Arbeitern an der Kirche die Geschichte noch lebendiger zu gestalten. Verknüpft mit den historischen Persönlichkeiten dieser Zeit begleiten wir manche Familien über Generationen hinweg bis der Münster fertiggestellt ist. Der Leser erhält informative Kenntnisse über den Bau des Freiburger Münsters, sowie über den Alltag der Menschen zu dieser Zeit.
Alle Figuren sind lebendig und facettenreich dargestellt. Man durchlebt hier sämtliche Gefühle von Freude, Angst, Zorn, Trauer und Hoffnungslosigkeit. Es fällt einem schwer liebgewonnene Charaktere loszulassen, doch im nächsten zeitlichen Abschnitt findet man immer einige bekannte Gesichter wieder.

Auch die politischen Anteile haben beim Bau Gewicht, denn der Baumeister und seine Gehilfen sind vom Grafen oder den kirchlichen Fürsten abhängig. Zusätzlich sind sich die alten Stadträte, die aus Adeligen und Rittern bestehen, und den neuen Räten, die sich aus Kaufleuten und Handwerkern zusammensetzen, nicht wirklich grün. Die Meinungen driften hier oftmals auseinander und führen zu Streitereien. Das Streben nach Macht und das Gerangel um Zuständigkeiten bleiben über all die Jahre des Turmbaus bestehen.

Der Roman ist trotz der vielen Protagonisten und der komplexen Handlung nicht unübersichtich, auch wenn mich das umfangreiche Personenregister am Anfang des Buches gleich mal leicht geschockt hat. Aber keine Angst! Dies gilt nur als Nachschlagwerk, sollte man einmal wirklich nicht wissen, von wem gerade die Rede ist.
Die Autorin verwebt alle fiktiven Figuren mit den historisch belegten und kreiert damit einen spannenden historischen Roman über den Münsterbau. Dabei muss man die gründliche Recherche, die sicherlich jede Menge Zeit beansprucht hat, wirklich hervorheben. Die Autorin hat sich gründlich mit der Geschichte des Freiburger Münsters auseinandergesetzt und dieses historische Zeitzeugnis sehr lebendig erzählt. Sie vergisst dabei nicht, dass dieses grandiose Bauwerk von Menschenhand aufgebaut wurde und dies zu einer Zeit ohne jeglicher technischer Hilfsmittel. Man kann nur staunen, was Menschen vor Jahrhunderten bereits geleistet haben. Schaut euch doch bei eurem nächsten Münster- oder Dombesuch die vielen Einzelheiten, wie Wasserspeier, Schnitzereien oder Glasfenster, genauer an.

Schreibstil:
Astrid Fritz schreibt lebendig und spannend. Bei ihr fühlt sich das Eintauchen in eine ferne Zeit sehr real an. Trotz der historisch angepassten Sprache lässt sich der Roman wunderbar flüssig lesen. Dazu gibt es zusätzlich ein Glossar am Ende des Buches. Auf der Coverinnenseite befindet sich eine Zeichnung des Turmes. Die etwas mehr als 800 Seiten sind in drei große Abschnitte geteilt: Liebfrauen, Himmelwärts und Glaube, Hoffnung, Liebe.

Fazit:
Ein hervorragend recherchierter und erzählter historischer Roman um den Bau des Freiburger Münsters. Eine intensive Erzählung, die mich bei meinem nächsten Dom- oder Münsterbesuch begleiten wird.

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Veröffentlicht am 26.06.2020

Kann ich empfehlen

Rache an der Riviera
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Mit Luca Ferraro bin ich diesen Monat nach Italien gereist. Doch statt "Dolce far niente" überrascht der Autor gleich auf den ersten Seiten mit einem grausamen Fund. Im Genueser Aquarium werden im Piranhas ...

Mit Luca Ferraro bin ich diesen Monat nach Italien gereist. Doch statt "Dolce far niente" überrascht der Autor gleich auf den ersten Seiten mit einem grausamen Fund. Im Genueser Aquarium werden im Piranhas Becken die wenigen Überreste eines Menschen gefunden. Als Johann Sorbello, deutsch-italienischer Gerichtsmediziner, ein Foto der toten Frau sieht, wirkt er verstört. Die Tote ähnelt einem Opfer aus seiner Vergangenheit. Zusätzlich findet er bei der Sezierung Olivenöl in der Lunge der Toten, was den Mord noch mysteriöser macht.
Das Verhältnis zur hiesigen Polizei, aber vorallem zu Commissario Moreno, ist alles andere als gut. Johann lässt der Fall hingegen keine Ruhe. Er stellt gemeinsam mit Enza, der besten Freundin der Toten, Nachforschungen an und stößt bald auf einen Verdächtigen: Toni, den Verlobten der Toten. Doch dieser ist spurlos verschwunden....

Dies ist mein erstes Buch des Autors und ich bin wirklich begeistert vom komplexen Aufbau der Geschichte. Habt ihr auch Angst vor diesen kleinen Fischen, den Piranhas, die in Sekundenschnelle das Fleisch von deinem Finger knabbern können? Und dann erst eine ganzer Mensch im Piranha Becken....brrr. Sicherlich eine Herausforderung für Gerichtsmediziner Johann Sorbello aus den wenigen Überresten eine genaue Todesursache zu finden. Sebello ist ein außergewöhnlicher "Ermittler", der sich in die Liste von Journalisten, Friedhofsgärtner, Gefängnisärzten und Feldjägern in meiner Bibliothek einreiht. Und ich muss zugeben, dass ich diese Krimis und Thriller oftmals den echten Ermittlern vorziehe.
Der Fall ist fesselnd und man rätselt als Leser gerne mit. Der Autor legt gekonnt falsche Fährten und hält den Spannungsbogen mit überraschenden Wendungen oben.

Die Geschichte ist düster, obwohl sie im sonnigen Süden spielt. Die zusätzlichen Informationen betreffend des Olivenöls, wie auch der leider gängigen "Pantscherei", fand ich sehr interessant. Die Charaktere sind interessant und facettenreich. Sie entwicklen sich weiter. Gut gefallen haben mir auch die Einschübe aus einer anderen Perspektive....die Sicht des Mörders? Als Leser weiß man nicht, um wen es sich handelt. Jedoch wird damit die Spannung erhöht.
Ebenso erfahren wir von Zwistigkeiten zwischen einzelnen Familien, die zurück bis zur Zeit des Zweiten Weltkrieges reichen. Erst am Ende gelingt es Sorbella die Puzzlestücke zusammenzusetzen und in einem gelungenen Showdown den Mörder zu überführen.
Das Buch ist vor einigen Jahren im Selbstverlag erschienen und nun nochmals bei emons neu veröffentlicht worden.

Schreibstil:
Luca Ferraro schreibt fesselnd, komplex und bildhaft. Er erzählt aus verschiedenen Sichtweisen und lässt uns verschiedene Gedankengänge seiner Figuren miterleben. Zusätzlich gibt es ansprechende und bildhafte Beschreibungen der Schauplätze.
Über den Kapiteln steht der Wochentag oder welche Tageszeit man gerade hat. So hat man einen kleinen Überblick über das Geschehen.

Fazit:
Ein spannender und komplexer Krimi mit einem schlüssigen Ende und einem etwas anderen Thema. Absolut gelungen! Ich werde auf jeden Fall die weiteren Bücher des Autors verfolgen.

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Trotz Bücherbus und Bücherliebe konnte es mich nicht überzeugen

Happy Ever After – Wo das Glück zu Hause ist
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Was für eine nette Idee, die sich Jenny Colgan für ihr neuerstes Buch ausgesucht hat. Eine buchverrückte Hauptprotagonistin und ein Bücherbus, der Nachschub in die entferntesten Winkel Schottlands bringt. ...

Was für eine nette Idee, die sich Jenny Colgan für ihr neuerstes Buch ausgesucht hat. Eine buchverrückte Hauptprotagonistin und ein Bücherbus, der Nachschub in die entferntesten Winkel Schottlands bringt. Jeder, der wie ich Bücher liebt, kommt daran kaum vorbei. Erwartet habe ich eine buchige Wohlfühlgeschichte, die ich einerseits auch bekommen habe. Jedoch gibt es für mich doch so einige Kritikpunkte.
Doch worum gehts?
Die schüchterne Nina hat ihren geliebten Job in der Bibliothek in Birmingham verloren. Nun steht sie vor der schweren Entscheidung, wie ihr weiteres Leben aussehen soll. Auf jeden Fall sollen Bücher darin vorkommen und eine kleine Idee schwirrt ihr bereits im Kopf herum: ein fahrender Bücherbus, der auch Nichtleser von Büchern überzeugen soll. Allerdings steht das einzige in Frage kommende Gefährt in Kirrinfief in Schottland. Und so beweist Nina Mut und macht sich auf nach Schottland...

Die Idee mit der fahrenden Buchhandlung fand ich gelungen. Ninas Idee ihre Liebe zu Büchern auch anderen Menschen vermitteln zu wollen, ist genial. Jenny Colgan bringt die Liebe ihrer Protagonistin zu den Büchern sehr lebendig und mit viel Gefühl zum Ausdruck. Auch die landschaftlichen Beschreibungen sind bildgewaltig, wie auch die der schottischen Männer. Gefallen hat mir auch die Idee mit dem Bücherbaum oder die Beschreibung des Mittsommerfestes.
Die erste Hälfte hat so in etwa meine Erwartungen erfüllt, doch dann kam die zweite Hälfte...und hier hat mich die Geschichte im Stich gelassen. Nicht mehr Bücher stehen im Vordergrund, sondern Ninas Selbstfindung und die Liebe. Ersteres fand ich gut dargestellt, zweiteres nicht. Das dramatische Liebeschaos wirkte für mich unglaubwürdig. Nina wechselt von der einen Schwärmerei zur nächsten, ohne dass man als Leser das Knistern oder die plötzlich aufkommende Liebe einem Mann gegenüber, der nur mürrisch ist und kaum mit ihr redet, nachempfinden könnte. Es kamen keinerlei Gefühle bei mir an. Auch die Gedanken von Surindras, Ninas Freundin, die sich immer nur um die muskulösen, bärtigen Schotten und Sex drehte, nervte mich mit der Zeit.

Die Charaktere sind mir ebenfalls etwas fern geblieben. Den Figuren fehlt es, meiner Meinung nach, an Tiefe. Zu Beginn habe ich mich gefragt, ob Stadtmenschen wirklich so eine naive Vorstellung vom Landleben haben? Vorallem zu Beginn musste ich oftmals den Kopf schütteln. Doch gut - es ist nur eine Geschichte und Nina ist ein etwas anderer Charakter ;) Gefallen hat mir allerdings ihre Suche nach Identität und Glück. Als Mensch entwickelt sich Nina bis zum Ende der Geschichte enorm weiter, auch wenn ich sie nicht wirklich verstehen konnte.
Zusätzlich plätschert die Geschichte so vor sich hin. Mir fehlte es an Ereignissen, Höhen und Tiefen. Die Liebesgeschichte hinterließ ebenfalls keinen wirklichen Eindruck.
Die erste Hälfte fand ich noch ganz gut, aber ab der Hälfte ging mir nicht nur Nina ziemlich auf die Nerven, sondern auch das unglaubwürdige Liebeschaos samt Ex.
Bisher kann ich von der Autorin eigentlich nur den ersten Band der kleinen Bäckerei am Strandweg empfehlen, den ich sehr mochte. Die nachfolgenden Bände waren schon nicht mehr meins und die zweite Reihe um die Sommerküche habe ich gleich gelassen. Mit dem Thema Bücher bei ihrer neuen Reihe wollte ich der Autorin eine weitere Chance geben, doch das wird wohl eher nichts mehr...


Fazit:
Ein leichtes und süßes Buch, das mir allerdings kaum in Erinnerung bleiben wird. Der "Wohlfühlroman" war mir zu oberflächlich, die Charaktere zu blass und gewöhnungsbedürftig. Band 2 werde ich mir schenken und lieber zu einem anderen Buch greifen...

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Veröffentlicht am 18.06.2020

Interessanter erster Teil rund um das Juliusspital und die Medizin

Das Juliusspital. Ärztin aus Leidenschaft
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Würzburg 1850. Viviane Winkelmann ist die Tochter eines angesehenen Bankiers. Die aufgeweckte junge Frau soll mit einem Sohn aus gutem Hause verheiratet werden, doch ihr Herz gehört Steinmetz Paul. Als ...

Würzburg 1850. Viviane Winkelmann ist die Tochter eines angesehenen Bankiers. Die aufgeweckte junge Frau soll mit einem Sohn aus gutem Hause verheiratet werden, doch ihr Herz gehört Steinmetz Paul. Als sie von ihm ein Kind erwartet, schicken sie ihre Eltern ins Kloster. Dort soll der Säugling nach der Geburt zur Adoption freigegeben werden. Doch Viviana träumt von einer gemeinsamen Zukunft mit Paul und ihrer kleinen Tochter Ella und flieht. Daraufhin verstoßen sie ihre Eltern. Fortan lebt sie in der Pleich, dem Armenviertel der Stadt. In der Apotheke neben dem Juliusspital erhält sie die Chance als "Helfnerin" zu arbeiten. Dort entdeckt sie ihr Interesse für die Heilkunde und Medizin....

Romane über Medizin und Frauen, die in früherer Zeit gerne Ärztin geworden wären oder eine der ersten praktizierenden Ärztinnen waren, gibt es momentan sehr viele. Hebammen und Krankenschwestern tummeln sich in den Bücherregalen....auch in meinen. Dabei habe ich schon einge sehr spannende Geschichten gefunden, die mir gut gefallen haben. Natürlich gibt es auch durchschnittliche Romane zum Thema, doch der erste Band der Schwestern Claudia und Nadja Beinert über das Juliusspitals gehört nicht dazu.
Wir begleiten unsere anfangs naive Hauptprotagonistin, die sich von der verwöhnten Bankierstochter zur alleinstehenden Mutter eines unehelichen Kindes wandelt, plötzlich Verantwortung übernimmt und schlussendlich zu einer mutigen jungen Frau wird, die für mehr Frauenrechte kämpft. Dieser Wandel wird von den beiden Autorinnen sehr spannend und deatilliert beschrieben. Ihre Liebe zur Medizin und der Kampf für Frauen ein Studium zu ermöglichen wird fesselnd erzählt. Das große Vorbild von Viviana ist Dorothea Erxleben, die erste Ärztin, die bereits im 18. Jahrhundert promovierte. Doch 1850 sieht die Welt wieder anders aus und Frauen sind nichths anderes als Anhängsel der Männer, die sich vorwiegend um den Ehemann und den gesellschaftlichen Status widmen sollen. Die meisten Männer wollen keine Frauen in ihren Reihen, denn ihrer Meinung nach sind sie weder geistig in der Verfassung sich zu bilden (!), noch körperlich dem Mann ebenbürtig. Um ein Studium als Frau zu erhalten, muss sie ein Abitur haben, doch diese Möglichkeit gabe es für Mädchen im Königlichen Bayern zu dieser Zeit nicht.

Die medizinischen Ansätze haben Claudia & Nadja Beinert sehr anschaulich und detailliert ausgearbeitet. Der damalige Klinikalltag und der Stand der Forschung, aber auch der Unterschied zwischen Arm und Reich sind hervorragend beschrieben. Zu dieser Zeit war das Juliusspital in Würzburg, der heute weitaus bekannteren Berliner Charité, überlegen. In allen universitären Fachbereichen wurden bahnbrechende Entdeckungen gemacht. Rudolf Virchov forschte damals ebenfalls noch in Würzburg, wo er die Cellular-Pathologie entdeckte, die den Glauben an die Vier-Säfte-Lehre ablöste. Auch vor detaillierte Leichensezierungen nehmen die beiden Autorinnen nicht Abstand. Gut, dass ich so viele Thriller gelesen habe, wo ich bereits öfters mit ähnlichen Passagen konfontriert wurde.

Charaktere und Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr detailliert und teilweise auch mit medizinischen Fachausdrücken gefüllt. Deswegen kommen ab und zu einige kleine Längen auf. Doch er ist auch sehr bildhaft und fesselnd.
Die Figuren sind bis in die Nebencharakter lebendig und authentisch gezeichnet. Viviana entwickelt sich zu einer selbstbewussten Frau, die nicht so schnell aufgibt und für ihre Träume lebt. Sie besitzt Mut und Stärke.
Neben Rudolf Virchov sind weitere historische Persönlichkeiten in den Roman eingeflossen. Zu Beginn gibt es ein Personenverzeichnis und am Ende ein Nachwort der beiden Autorinnen. Der Roman ist in drei Teile: Mit Herz, mit Verstand und mit Gefühl, aufgeteilt.

Fazit:
Ein interessanter Start in diese Reihe rund um das Juliusspital, der mit Vivianas Enkelin Henrike und der Erfindung der Röntgenstrahlen im August fortgesetzt wird. Für Leserinnen, die auch die Charité von Ulrike Schweikert oder Helene Sommerfelds Trilogie "Die Ärztin" mochten. Ich empfehle den Roman gerne weiter.

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