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Veröffentlicht am 06.06.2020

Eine verbotene Liebe

Die Lilienbraut
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Voller Vorfreude habe ich bereits auf den neuen Roman von Teresa Simon gewartet. Bisher habe ich alle ihre Bücher verschlungen. Auch der neue Roman spielt auf zwei Zeitebenen, wie bereits die Vorgänger.

Im ...

Voller Vorfreude habe ich bereits auf den neuen Roman von Teresa Simon gewartet. Bisher habe ich alle ihre Bücher verschlungen. Auch der neue Roman spielt auf zwei Zeitebenen, wie bereits die Vorgänger.

Im Gegenwartsstrang sind wir in Köln 2019. Die junge Niederländerin Liv hat eine schmerzhafte Trennung hinter sich. Da kommt ihr das Erbe ihrer verstorben Tante Wimmi gerade recht, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Gemeinsam mit ihrem Sohn Thijs zieht sie von Holland nach Deutschland, denn die Erbschaft erhält sie nur, wenn sie nach Köln zieht. Im hippen Stadtteil Ehrenfeld eröffnet sie ihr kleines Duftparadies. Mit Duftseminaren möchte sie Interessenten anlocken. Ihr Ziel sind persönliche Duftkreationen für ihre Kundinnen. Ihr anfänglicher Erfolg scheint einigen Menschen jedoch nicht wirklich zu gefallen und schon bald muss sie sich mit feigen Attacken auf ihr Geschäft auseinandersetzen....

In der Vergangenheit lernen wir Nellie kennen, die als Bürokraft bei 4711 arbeitet. Chefparfumeur Luuk van Geelen entdeckt, dass Nellie "eine Nase" ist und Duftessenzen eines Parfums erkennen kann. Er gibt ihr die Chance als seine Assistentin mehr über Düfte zu lernen und eigene Ideen und Kreationen herzustellen. Als der Krieg ausbricht benötigen die Menschen eher Lebensmittel als Duftkreationen und die Arbeitsplätze bei 4711 werden immer weniger. Zusätzlich muss sich Nellie Sorgen um ihren jüngeren Bruder machen und selbst leidet sie an einer unerreichbaren Liebe, die keine Zukunft haben kann....

Durch den lebendigen Schreibstil der Autorin ist man sofort mitten im Geschehen. Teresa Simon hat sich diesmal etwas intensiver mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt. Die Bombennächte in Köln werden sehr lebendig und eindringlich beschrieben. Ich habe mit Nellie und ihrer Familie gebangt, konnte den Hunger und das Leid durch die Zeilen spüren.

In beiden Zeitsträngen erfährt man mehr über die verschiedenen Methoden der Duftherstellung, was ich faszinierend fand. Als Leser erfährt man hier viel Neues und Interessantes.

Die facettenreichen Charaktere hat man schnell ins Herz geschlossen. Liv ist eine sympathische Frau, die sich liebevoll um ihren Sohn kümmert, vor Ideen nur so sprüht und trotz Anfeindungen nicht so schnell die Flinte ins Korn wirft. Nouria, die ihr im Laden zur Hand geht, sprüht vor Leben und ist die geborene Verkäuferin. Ihre Familie geht ihr über alles, auch wenn sie mit den alten Traditionen nicht viel anfangen kann und rebelliert. Besonders ins Herz geschlossen habe ich den kleinen Thijs mit seinem Kuscheltier Pinki.
Nellie ist eine offene, aber ein bisschen naive junge Frau, die auch während des Krieges, dem Elend und der Not nicht so schnell aufgibt. Sie sorgt sich besonders wegen ihres Bruders Martin, der sich den sogenannten Edelweiß-Piraten anschließt und sich in Gefahr begibt. Aber auch ihre beste Freundin Greta schlägt im Krieg Wege ein, die Nellie nicht gutheißen kann.
Auch wenn man nicht immer mit den Schicksalen einiger Figuren zufrieden ist, weil sie uns während der Geschichte verlassen müssen, habe ich mit ihnen gebangt, gezittert und gehofft...
Während die verbotene Liebe von Nellie im Vergangenheitsstrang einen großen Teil einnimmt und mich sehr berühren konnte, war mir der Love Interest in der Gegenwart weder richtig sympathisch, noch konnte ich die aufkeimende Liebe zwischen den Beiden fühlen.

Lange fragt man sich wie die beiden Frauenschicksale zusammen hängen könnten. Ein paar Vermutungen hatte ich, die auch eintrafen. Bei einigen hatte ich wiederum überhaupt keine Ahnung. Teresa Simon ist es perfekt gelungen zum Schluss alle losen Enden zusammenzuführen. Es bleiben keinerlei Fragen offen. Gerne empfehle ich "Die Lilienbraut" weiter.

Am Ende findet man ein historische Nachwort zur Firma 4711 und erfährt mehr über die Edelweißpiraten und die Bombardierungen Kölns. Auch die gewohnten Rezepte, die man in jedem Buch der Autorin finden kann, dürfen nicht fehlen. Diesmal sind es Speisen aus der Kölner Region.

Fazit:
Eine duftende Reise in das Köln von damals und heute. Zwei starken Frauenfiguren, die man schnell ins Herz schließt und ein Familiengeheimnis, das beide verbindet. Wieder eine gelungene Story von Teresa Simon, die ich gerne gelesen habe, aber nicht an mein Lieblingsbuch der Autorin herankommt.

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Die Legende vom großen Bären

Der Schattengrizzly der Rocky Mountains
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Die Bücher von Natascha Birovljev über die Willow Ranch in den Rocky Mountains sind Herzensbücher für mich geworden. Aktuell habe ich nun den dritten Band beendet und kann es gar nicht erwarten das nächste ...

Die Bücher von Natascha Birovljev über die Willow Ranch in den Rocky Mountains sind Herzensbücher für mich geworden. Aktuell habe ich nun den dritten Band beendet und kann es gar nicht erwarten das nächste Buch in den Händen zu halten. Leider dauert es nun wieder ein Jahr...

Man kann Band 3 sicher auch alleinstehend lesen, doch habe ich in der Leserunde bemerkt, dass Einsteiger zu Beginn kleine Schwierigkeiten mit den Figuren haben, weil doch schon viele Hintergrundinfos zu den einzelnen Charakteren fehlten. Deswegen rate ich mit Band 1 zu beginnen!

Wie schon in den vorherigen Bänden wird im Prolog eine Indianerlegende erzählt. Diesmal geht es um den großen Bären am Firmament und seinen Jägern. Danach steigen wir direkt ein. Lee und Nick, die Eigentümer der Willow Ranch, sind sich noch immer nicht einig, wie die (finanzielle) Zukunft aussehen soll. Nick möchte mit den Plänen von Lee, ein Gästehaus zu eröffnen und Reittouren anzubieten, nichts zu tun haben. Er setzt rein auf die Pferdezucht. Daraufhin bietet Lee's Ehefrau Naira ihre Hilfe für die erste Zeit an. Lee's Schwester Lyla, die sich nach der Trennung von Nick eine Auszeit genommen hat, kehrt aus dem Yukon zurück. Auch sie steckt in einem Zwiespalt, was ihre Zukunft betrifft. Noch immer sucht sie nach weiteren Antworten zu ihren indianischen Wurzeln. Um sie auf andere Gedanken zu bringen und weil er Hilfe nötig hat, bietet ihr Lee die Leitung der Wildtierstation an. Dabei soll ihr Woodwind, der Bruder von Lonefather Jones, zur Hand gehen. Nach einem Gefängnisaufenthalt tauchte dieser plötzlich bei seinem Bruder unerwartet auf. Der Traumfänger-Knüpfer wollte eigentlich erneut auf Wanderschaft gehen, doch mit der Rückkehr seines Bruders kommt auch die Vergangenheit zurück, die ein Versprechen einfordert. Zusätzlich verwirren ihn seine Gefühle für Lyla immer mehr...

Woodwind kommt als neuer Charakter hinzu, der undurchsichtig bleibt und für so einige Spekulationen herhalten muss. Dorothy und ihre Tochter Sam, die auf der Ranch einen Neuanfang versuchen, bereichern ebenfalls als Neuankömmlinge die Geschichte. Sam wächst dem Leser sehr schnell ans Herz. Sie ist ein naturverbundenes Mädchen, die Pferde über alles liebt und sich schnell auf der Ranch einlebt. Doch schon bald kommen dunkle Wolken über die Willow Ranch. Ein Teil der First Natives, wie die Indianer genannt werden, stellen sich gegen Lee's Idee Ausritte in die Rocky Mountains anzubieten. Woodwinds etwas dubiose Aktivitäten lassen ebenfalls Ärger wittern und ein weiterer Neuankömmling hegt ebenfalls dunkle Pläne. Wohlbekannte Nebenfiguren, wie Tante Jeanne, Eric oder Lylas Freundin Sarah dürfen ebenfalls nicht fehlen.

Im Mittelpunkt steht diesmal Lyla. Sie ist jedoch nicht immer im Zentrum der Geschichte. In weiteren Handlungssträngen begeben wir uns auch in die Berge. Rund um geheimnisvolle Bärenspuren, langen Ausritten in der Natur oder Vorfällen in der Wildtierstation, kommt es auch zu Schicksalsschlägen und Auseinandersetzungen. Es wird spannend, aber auch sehr emotional.

Die bildhafte Beschreibung der atemberaubenden Naturlandschaft in den kanadischen Rocky Mountains beherrschen auch diesen dritten Band der Reihe rund um die Willow Ranch und ihren Bewohnern. Mystik und das geheimnisvolle Flair rund um die Indianerlegenden und das Leben mit der Natur sind immer wieder Bestandteil in den einzelnen Büchern, ebenso wie die Tierwelt.
Wie gewohnt baut die Autorin die Geschichte langsam auf. Für manche dauert es diesmal vielleicht etwas zu lange bis es spannend wird, doch für Nichtkenner der Reihe finde ich es positiv die Charaktere der Haupt- und Nebenfiguren zuerst intensiver kennenzulernen, indem man ihre Gedanken und Zweifel mitverfolgen kann. Man spürt ihre Sorgen und Ängste, aber auch Neid und Eifersucht durch die Zeilen. Es geht um Mut, Zusammenhalt und den Weg zu sich selbst.
Der spannende Showdown am Ende lässt einem den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Jedoch gibt es diesmal auch ein etwas emotionales Ende, das mir Tränen in die Augen trieb - was bei mir sehr selten vorkommt.

Man merkt einfach mit jeder Zeile die Liebe der Autorin zu ihrer neuen Wahlheimat. Ich freue mich schon auf einen weiteren Band.

Fazit:
Die Autorin überzeugt auch im dritten Teil mit atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen, mystischen Indianerlegenden und erzählt in gewohnter fesselnden Art vom Schicksal der Bewohner und Freunde der Willow Ranch.

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Veröffentlicht am 02.06.2020

Die Macht der Freundschaft

Limonensommer
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Das frische und sommerliche Cover ist mir sofort ins Auge gesprungen, als ich bei Lovelybooks diesen Roman gesehen habe. Nach dem Lesen der Inhaltsangabe habe ich mich dafür beworben und hatte Glück. Ich ...

Das frische und sommerliche Cover ist mir sofort ins Auge gesprungen, als ich bei Lovelybooks diesen Roman gesehen habe. Nach dem Lesen der Inhaltsangabe habe ich mich dafür beworben und hatte Glück. Ich durfte gemeinsam mit der Autorin und anderen Leserinnen dieses Buch über drei ehemalige Freundinnen lesen, deren Freundschaft vor über zwanzig Jahren zerbrochen ist.
Judith, Katharina und Lene waren seit ihrer Kindheit ein eingeschworenes Trio. Sie verbringen sogar jedes Jahr die Sommerferien gemeinsam und zwar in Bordighera an der italienischen Küste, wo Katharinas Eltern ein Sommerhaus besitzen. Doch nach dem Abitur geht jeder der drei jungen Frauen mehr oder weniger ihren eigenen Weg, trotz des gemeinsamen Berufswunsches Schauspielerin zu werden. Zusätzlich stellt sich ein junger Mann zwischen zwei der Freundinnen. Vom einstigen unzertrennlichen Kleeblatt bleibt nichts mehr übrig.
Eines Tages erhält Judith Besuch von Helga, der ehemals besten Freundin ihrer Mutter, die kürzlich verstorben ist. Helga übergibt ihr Briefe, die ihr Judiths Mutter geschrieben hat und bedauert, dass sie am Ende den Kontakt verloren haben und sie nicht zum Begräbnis erschienen ist. Dies gibt Judith zu denken und sie beschließt den Kontakt zu Lene und Katharina wieder herzustellen. Doch so einfach gestaltet sich das nach all den Jahren der Funkstille nicht....

Die Idee hinter der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Wie oft denkt man sich selbst, was ist aus einer ehemliagen Schulfreundin geworden? Warum haben wir keinen Kontakt mehr und wie kam es dazu?
Judith macht Lene in der Schweiz ausfindig, doch Katharina bleibt wie vom Erdboden verschluckt. An Judith nagt noch immer die Ungewissheit, warum Katharina damals sang- und klanglos verschwunden ist und sie keinerlei Kontakt zu ihr gesucht hat. Was ist damals wirklich vorgefallen? Neidete sie Judith den beruflichen Erfolg? Sie wurde als Einzige des Kleeblatts an der Schauspielschule aufgenommen und hat eben erst einen Vertrag für eine neue Serie unterschrieben.

Das frische sommerliche Cover erweckt den Anschein eines ebenso fröhlichen Inhalts - dem ist allerdings nicht so. Trotzdem liest sich die Geschichte gut und es entwickelt sich schnell ein Lesefluss, den man sich schwer entziehen kann. In wechselnden Erzählperspektiven und mit vielen Rückblicken in die Neunziger Jahre erzählt uns Susanne Fülscher über eine Freundschaft, die zerbrochen ist.

Durch den Wechsel der Erzählpersepktiven erhält man einen guten Einblick in die verschiedenen Charaktere der drei ehemaligen Freundinnen. Führte Katharina die Clique in der Jugend an, ist sie jetzt diejenige, die zu keinem Kompromiss fähig zu sein scheint und ihr Glück nicht finden kann. Lene, die damals schüchternste und ruhigere der drei Mädchen, ist heute die Ausgeglichenere. Sie hat ihren Weg gefunden. Sie blieb mir allerdings zu blass. Judith ist noch immer voller Selbstzweifel, doch sie nimmt für mich die Rolle der Engagiertesten in der Gegenwart ein. Sie möchte die Vergangenheit nicht ruhen lassen, sondern endlich damit abschließen und auch ihre Freundinnen wiederfinden. Einzig Robert, der junge Mann, der damals einer der Gründe für das Zerwürfnis war, konnte bei mir absolut keine Sympathiepunkte erlangen. Deshalb konnte ich auch die Rivalität zwischen Judith und Katharina um diesen Mann nicht verstehen, den ich unreif und faul, angeberisch und manipulativ fand. Leider hat ihm die Autorin eine österreichische identität gegeben....

Ein Thema, das sicher schon jeder einmal, der bereits die Vierzig überschritten hat, kennt. Man fragt sich doch ab und zu: "Was ist nur aus dem oder der geworden ?" Ein ruhiger Roman, der dazu anregt über seinen Schatten zu springen .

Schreibstil:
Der Schreibstil ist angenehm und man begleitet die drei Protagonistinnen von ihrer Kindheit bis in die Gegenwart. Manche Charaktere bleiben dabei etwas zu blass, mit anderen kann man gut mitfühlen. Hier fehlte mir ab und zu etwas mehr Tiefe bei den Figuren.

Die Beschreibungen von Sonne, Sand und Meer lassen den Leser auch in Zeiten, wo Urlaub im Ausland nicht möglich ist, im Kopf an die italienische Rivera reisen. Allerdings wurde auch hier eher die touristische Seite beleuchtet und nicht die Schönheiten der Gegend.

Fazit:
Ein ruhiger Roman mit Tiefgang, der das Zwischenmenschliche anspricht. Gedanken über verlorene Freunde, die Jugendzeit und verstrichene Gelegenheiten. Hat mir gut gefallen, aber trotzdem hat mir etwas gefehlt, was ich nicht genau benennen kann.

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Das stumme Mädchen

Stumm vor Angst
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Es geht weiter mit dem indischstämmigen Kommissar Surendra Sinha. Diesmal schreibt Ingrid Zellner wieder ohne ihre Autorenkollegin Simone Dorra, die beim lezten Fall "Mordshass" mit ihrem Ermittler Malte ...

Es geht weiter mit dem indischstämmigen Kommissar Surendra Sinha. Diesmal schreibt Ingrid Zellner wieder ohne ihre Autorenkollegin Simone Dorra, die beim lezten Fall "Mordshass" mit ihrem Ermittler Malte Jacobsen Surendra beistehen durften.
Auch "Stumm vor Angt" reiht sich mühelos an meine begeisterten Bewertungen zu den beiden Vorgängern "Adlerschanze" und "Mordshass" ein.

Noch immer ist Surendra Sinha vom Dienst suspendiert. Ihn quält die Unsicherheit, wie sein Verfahren ausgehen wird. Deswegen möchte er seinen ehemligen Vorgesetzten und Freund Frank Hasemann auf der Schwäbisch Alb besuchen und sich mit ihm aussprechen. Bei einem gemeinsamen Besuch auf der Burg Hohenzollern lernt Surendra Linnea kennen. Das zehnjährige Mädchen spricht nach einem schrecklichen Vorfall, bei dem ihr Vater im gemeinsamen Elternhaus verbrannt ist, nicht mehr. Der Täter wurde gefasst, doch eine der Hauptbelastungszeuginnen, Vanessa März, wurde nach dem Prozess ermordet und verbrannt. Sinha kannte die Zeugin aus einem früheren Fall und beginnt betreffend dem Feuer und dem Mord zu recherchieren. Da "stolpert" er über einen weiteren Toten, der ebenfalls einen Bezug zu Linneas Vater und dessen Firma aufweist. Außerdem war Linneas Mutter, Natalia Gruber, die ehemals beste Freundin der verbrannten Hauptentlastungszeugin.... Surendra ahnt, dass der Fall noch längst nicht abgeschlossen ist und nutzt die neue Freundschaft mit Linnea aus, mehr über das Umfeld der Familie zu erfahren. Kurze Zeit später flattert eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch ins Haus. Nun ist sich Surendra sicher, dass der wahre Täter noch frei herumläuft...

Wie schon in den Vorgängerbüchern schreibt Ingrid Zellner wieder extrem spannend und fesselnd. Diesmal steht neben dem Fall das Thema Fremdenhass im Fokus. Surendra, der zwar indischstämmig ist, aber in Deutschland geboren wurde, wird immer wieder Zielscheibe von rassistischen Anfeindungen, die sogar handgreiflich werden. Gelungene Sozialkritik, denn auch Sterbehilfe und Kindesmissbrauch sind Themen, die die Autorin einfließen lässt.

Überraschende Wendungen und falsche Fährten, die die Autorin geschickt legt, halten den Spannungslevel oben. Ich habe während des Lesens fleißig mitgeraten, wer hinter den Morden stecken könnte und war ausschließlich auf dem Holzweg. Genauso muss Krimi sein! Einzig am Ende hatte ich einen kleinen Kritikpunkt, den ich hier aber nicht erklären kann, ohne zu spoilern.

Hinzu kommen die vielschichtigen Figuren, die oftmals nicht zu durchschauen sind. Alte Bekannte, wie meine Lieblingsfigur Zinobia, Surendras Mutter, die diesmal zwar nur einen eher kurzen, aber sehr intensiven Auftritt hat, runden das Bild ab. Ich liebe ihre Bemühungen Surendra unter die Haube zu bringen, ihre Kochkünste und ihren Mut sich gegen jeden zu stellen, der ihrem Sohn Böses will. Zusätzlich konnte das kleine Fellknäuel Saleti meine Herz erobern, die neu bei Surendra eingezogen ist.
Viel Lokalkolorit rund um die Schwabisch Alb und diverse indische Köstlichkeiten und Bräuche runden das Gesamtbild großartig ab. Wieder eine absolut gelungen Mischung mit Suchtpotential!

Schreibstil:
Ingrid Zellner schreibt fesselnd und sehr lebendig. Die Charaktere sind vielschichtig, mitten aus dem Leben gegriffen und werden beim Lesen zu Freunden. Ihre Emotionen, Gedanken und Gefühle erlebt man direkt mit. Immer wieder kommt es zu spannenden Wendungen, die den Leser überraschen.

Fazit:
Das dritte Buch um Kommissar Surendra Sinha konnte mich wieder genauso überzeugen, wie bereits die Vorgänger. Mit viel Lokalkolorit, exotischen Beigaben, Spannung und einer Prise Humor überzeugt die Autorin wieder auf ganzer Linie. Ich freue mich, wenn diese Reihe fortgesetzt wird und empfehle sie gerne weiter!

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Veröffentlicht am 28.05.2020

Diesmal ist der Funke nicht übergesprungen

Der Funke des Lebens
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Jodie Picoult ist eine meiner Lieblingsautorinnen, trotzdem ist bei ihrem neuen Roman "Der Funke des Lebens" der Funke nicht übergesprungen. Dabei ist der Plot wirklich sehr interessant und wie von der ...

Jodie Picoult ist eine meiner Lieblingsautorinnen, trotzdem ist bei ihrem neuen Roman "Der Funke des Lebens" der Funke nicht übergesprungen. Dabei ist der Plot wirklich sehr interessant und wie von der Autorin bekannt, ein Thema, das für Diskussionen sorgt.
Das Problem beginnt eigentlich gleich zu Beginn. Jodie Picoult konfrontiert den Leser mit jeder Menge an Protagonisten, die man anfangs sehr schwer zuordnen und auseinanderhalten kann. Man kennt diese noch nicht richtig und hat noch keinen richtigen Zugang zu ihnen. Das zweite Problem ist, dass der Roman eigentlich mit dem Ende beginnt, da er rückwärts erzählt wird.

Die Problematik an der Geschichte liegt meiner Meinung nach aber nicht nur an der Art der Erzählung, sondern der Umsetzung. Ich habe erst vor kurzem einen Roman von Julie Cohen gelesen (leider gibt es noch keine Rezi dazu...wird folgen), der sich ebenfalls dieser Erzählart bedient und ich muss sagen Julie Cohen ist es absolut gelungen mich zu überraschen. Jodie Picoult gelang dies allerdings nicht. Bei ihr nimmt die Rückwärtserzählung für mich die komplette Spanung raus. Doch worum geht es eigentlich?

Wir starten mit einer Schießerei und Geiselnahme in einer Frauenklinik in Mississippi, den Südstaaten der USA. Die Klinik ist die einzige im Staat, die Abtreibungen vornimmt. Eine der Geiseln ist Wran, eine fünfzehnjährige Schülerin, deren Vater Hugh als Polizeiunterhändler vor der Klinik steht und versucht mit dem Amokläufer zu kommunizieren und seine Tochter zu retten.
Ein Wahnsinnsplot, der mich sofort gefangen genommen hat, als ich den Klappentext gelesen habe. Außerdem gehört Picoults Buch "19 Minuten" über einen Amoklauf in einer Schule zu meinen Lieblingsbüchern von ihr.
Doch zu Beginn ist sowohl die Stürmung der Klinik, als auch die Geiselnahme bereits passiert und der Leser hat die aufregendesten Sekunden versäumt. Mit der Rückwärtserzählung erfahren wir zwar dann weitere Geschehnisse, die bereits im Vorfeld passiert sind, aber das Hauptaugenmerk liegt beim Kennenlernen der Figuren, die involviert sind oder waren. Neben Wran wäre da noch ihre Tante Bex, die das Mädchen in die Klinik begleitet hat; Joy, die eine Abtreibung hinter sich hat; Janine, die sich als Abtreibungsgegner in die Klinik geschmuggelt hat; Olive, die einen Befund besprechen möchte; die schwangere Krankenschwester Izzy; Doktor Louie Ward, der die Abtreibungen vornimmt und Vonita, die Inhaberin der Klinik, sowie die Krankenschwestern Harriet und Rachel und die Sozialarbeiterin Graciela. Und natürlich der Geiselnehmer George......also wirklich jede Menge Protagonisten!
In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir noch Beth kennen, die im Gefängnis sitzt und der ein Prozess wegen Abtreibung ihres Kindes bevorsteht.
Mit dem langsamen Kennenlernen gelingt die Zuordnung all dieser Charaktere zwar mit der Zeit besser, aber man ist zu Beginnn definitiv überfordert.

Was mich aber am meisten gestört hat ist, dass es keine plötzlichen Wendungen und Überraschungen (bis auf ein kleines Aha-Erlebnis, welches aber mit einem Sachverhalt abseits der Geiselnahme zu tun hat), mehr gibt. Der große Knall bleibt völlig aus! Der Cut mit Cliffhanger nach dem ersten Abschnitt wurde am Ende des Buches in 2-3 Sätzen abgehandelt. Ich musste diese Zeilen nochmals lesen, um es wirklich glauben zu können, dass es damit abgetan war.
Zusätzlich habe ich einige Mängel in der Übersetzung gefunden, die sprachlich nicht wirklich gebräuchlich sind - also im Alltag verwendet werden.

Positiv ist, dass sich Picoult wieder einem Thema gewidmet hat, welches polarisiert und zu Diskussionen anregt. Fassungslos habe ich gelesen, dass man Minderjährige für 20 Jahre wegen Mordes ins Gefängnis steckt, weil sie Medikamente (die man per Internet bestellen kann!) genommen haben, damit es zu einem Abort kommt. Immer wieder musste ich den Kopf schütteln über Menschen, die jede Frau bedrohen, die in diese Klinik geht....dabei ist das keine Abtreibungsklinik, sondern ein Gebäude mit einer normalen Frauenarztpraxis, die man auch zu (halb)jährlichen Untersuchungen besucht. Menschen campen vor der Klinik und werden gegenüber aller Patienten oftmals handgreiflich. Der Weg wird für die Frauen zu einem Spießrutenlauf. Einfach unbegreiflich für uns Europäer! Man stelle sich vor bei seinem nächsten Frauenarztbesuch muss man durch eine Ansammlung von Menschen, die einem mit Tomanten und Eiern bewerfen und beschimpfen, weil man eine Routineuntersuchung hat!!

Den Leser nachdenklich zu stimmen ohne dabei selbst zu werten - das beherrscht die Autorin und deswegen greife ich auch immer wieder zu ihren Romanen mit kontroversen Themen. Doch in Europa kommt sie meiner Meinung mit dieser Geschichte, der leider völlig die Spannung fehlt und wohl eher auf das Thema Abtreibung und nicht auf die Geiselnahme aufgebaut ist, nicht wirklich an. Zu unterschiedlich sind die Systeme...
Auch der Rassismus wird angesprochen, denn mit rund 38% der Bundesstaat mit dem größten Anteil Schwarzer und Afroamerikaner.

Tolle Recherche, facettenreiche Charaktere, kontroverses und komplexes Thema, guter Plot mit interessanten Denkanstößen für die Leser, kein erhobener Zeigefinger....all das sind wir von der Autorin gewohnt und sind Pluspunkte. Doch diesmal ist die Umsetzung in meinen Augen leider schief gegangen.
Die drei Sterne bekommt der Roman aufgrund der oben angegebenen Punkte, sonst hätte ich eher noch abgerundet...


Fazit:
Der Funke ist bei mir diesmal leider nicht übergesprungen. Mit der Erzählweise hat die Autorin für mich die Spannung gekillt. Das Thema ist wieder eines, das zu Diskussionen einlädt, jedoch in Europa und den USA sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Weil die Bewertungen sehr differenzieren, empfehle ich jeden sich selbst ein Bild zu machen und empfehle das Buch eingeschränkt weiter.

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