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Veröffentlicht am 10.11.2019

Start einer mitreißenden Familiensaga in der Hamburger Speicherstadt

Der Duft der weiten Welt
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Mina Deharde hat den "Kaffee im Blut" und verbringt seit ihrer Kindheit viel Zeit im Kontor ihres Vaters in Hamburgs Speicherstadt. Trotzdem ist es ihr nicht möglich in seine Fußstapfen zu treten und den ...

Mina Deharde hat den "Kaffee im Blut" und verbringt seit ihrer Kindheit viel Zeit im Kontor ihres Vaters in Hamburgs Speicherstadt. Trotzdem ist es ihr nicht möglich in seine Fußstapfen zu treten und den Kaffeekontor eines Tages zu übernehmen. Wir schreiben nämlich das Jahr 1912, eine Zeit, in der Frauen an der Seite ihres Ehemannes oder unter der Obhut des Vaters stehen. Sie sind weder befugt ein Geschäft zu führen, noch die Handelskammer zu betreten. Doch Mina möchte weder heiraten, noch hinter einem Mann zurückstehen, sondern Medizin studieren oder den Kontor ihres Vaters übernehmen. Handarbeiten oder Haushaltsführung interessiert sie nicht die Bohne. Karl Deharde ist zwar ein eher moderner Mann, doch als Geschäftsführerin sieht er seine Tochter nicht und schickt sie auf ein Pensionat für höhere Töchter. Als Minas Vater erkrankt, sieht sie die Chance sich im Kontor noch mehr einzubinden und unersetzlich zu werden. Doch dann spitzen sich die Ereignisse zu und Mina steht vor einer großen Entscheidung...

Fenja Lüders gibt dem Leser einen interessanten Einblick in die Familiengeschichte der Dehardes, dem Kaffeehandel und den Konventionen der damaligen Zeit. Schonungslos zeigt sie auf, auf welche Rolle die Frau zu dieser Zeit reduziert wurde. Minas Wünsche sind uninteressant. Hauptziel ist die Heirat mit einem Geschäftsmann, der den Kontor weiterführen kann. Die damaligen Lebensumstände sind fundiert recherchiert und dargestellt. Als Leserin der heutigen Zeit wurde mir beim Lesen wieder sehr bewusst, wie froh wir über die Errungenschaften der letzten hundert Jahre sein können.
Ebenso bekommt man als Leser einen großartigen Einblick in die Welt des Handels und der Kaffeehändler zu dieser Zeit, sowie der Speicherstadt und dem Hafenviertel Hamburgs.

Charaktere:
Mina ist eine sehr sympathische Protagonistin, die in den gesellschaftlichen Konventionen dieser Zeit feststeckt und versucht daraus das Beste zu machen. Einige Schicksalsschläge lassen sie schneller erwachsen werden. Mina macht eine große Entwicklung durch und wird vom Backfisch zu einer jungen Frau mit hohem Verantwortungsbewusstsein.
Ihr Vater spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Er nennt sie liebevoll "sein Wunschmädchen". Minas jüngere Schwester Agnes ist im ersten Teil der Trilogie noch nicht sehr präsent. Sie ist der Liebling der strengen Großmutter, die nach wie vor an den alten Konventionen festhält und Anstand und Tugend predigt.
Aber auch die Nebenfiguren, wie Fräulein Brinkmann, die Hauslehrerin der beiden Mädchen oder Irma von Gusnar, Minas quirlige beste Freundin im Pensionat, sind wunderbar lebendig dargestellt. Von Irma hätte ich gerne noch mehr gelesen und hoffe sie im zweiten Teil wiederzutreffen.
Eine größere Rolle spielt hingegen Edo Blumenthal, der Minas Vater im Kontor zu Hand geht. Mit ihm verbindet Mina eine enge Freundschaft aus der Liebe wird. Edo sieht seine Zukunft jedoch in Amerika und möchte mit Mina auswandern.
Sein Ziehbruder Heiko, ein einfacher Arbeiter, sieht die Kluft zwischen Arm und Reich. Er unterstützt die Gedanken der Sozialdemokraten, die für mehr Gleichheit und Gerechtigkeit eintreten.
Mit Leutnant Frederik Lohmayer kommt ein weiterer spannender Charakter hinzu, der ebenfalls bei Karl Deharde in die Welt des Kaffees eingeführt wird. Der zweite Sohn eines Kaffeeplantagenbesitzers aus Guatemala erhofft sich Chancen bei Mina und ihrem Vater.

Schreibstil:
Fenja Lüders hat einen wunderbaren flüssigen Schreibstil, der mich von Anfang an gefesselt hat Man fliegt durch die Seiten. Auch wenn einige Handlungen leicht vorherhsehbar sind, gibt es immer wieder unerwartete Wendungen, die mich überraschten. Der Roman wird aus der Sicht von Mina in der 3. Person erzählt.
Die bildhaften Beschreibungen der Hamburger Speicherstadt, die ich selbst erst letztes Jahr mit eigenen Augen sehen durfte, sind absolut gelungen.

Fazit:
Der Start einer mitreißenden Familiensaga, die in der Hamburger Speicherstadt spielt und mich bereits mit Band 1 überzeugen konnte. Die stimmige Handlung, tolle Recherche und facettenreiche Charaktere, die sich alle weiterentwickeln, runden die Geschichte ab. Ich freue mich schon auf den Folgeband, auf den wir leider bis Juni 2020 warten müssen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Thema
Veröffentlicht am 10.11.2019

Macht nachdenklich

Die Zeit der Töchter
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Im Nachfolgeband von "Die Stunde der Mütter" begleiten wir Marias und Vivians Töchter Anna und Antonia in der zweiten Hälfte der 50iger Jahre, die Jahre des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Die ...

Im Nachfolgeband von "Die Stunde der Mütter" begleiten wir Marias und Vivians Töchter Anna und Antonia in der zweiten Hälfte der 50iger Jahre, die Jahre des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Die jungen Frauen haben sich aus den Augen verloren und sehen sich nach vielen Jahren wieder. Anna versucht ihr Glück am Residenztheater in München, nachdem sie am Theater an der Wien seit Jahren als "das Naturtalent" gehandelt wird, aber die großen Rollen immer wieder ausbleiben. Sie zieht bei Antonia ein, die ihr Medizinstudium abgebrochen hat und als Krankenschwester arbeitet. Die Cousinen, die gemeinsam aufgewachsen sind, verstehen sich auch nach all den Jahren hervorragend.
Maria und Vivian unterstützen nach wie vor Menschen die Hilfe benötigen. Maria engagiert sich vor Ort in der Flüchtlingshilfe, Vivian wird Schuldirektorrin an der örtlichen Schule. Im kleinen Dorf werden Besatzungskinder und ihre Mütter ausgegegrenzt und auch Vivian, "die Engländerin" spürt Gegenwind, weil sie sich dafür einsetzt, dass Mädchen Beruf und Ehe sehr wohl vereinbaren können. Die rechte Partei "Freunde der Heimat" sorgen immer wieder für Ausschreitungen. Auch Daniel ein kleiner schwarzer Junge wird zur Zielscheibe von Ausländerhass. Seine aus Ostpreußen geflüchtete Mutter Veronika arbeitet Tag und Nacht und muss unter der Intoleranz ihrer Mitmenschen leiden. Daniel nutzt die Zeit, die er unbeaufsichtigt ist, um am Bahnhof auf seinen amerikanischen Vater zu warten. Dabei trifft er eines Tages auf Vivian, die sich seiner annimmt und damit einen weiteren Grund liefert, dass sie nicht die Richtige für den Direktorposten an der Schule ist...
Währenddessen versuchen Anna und Antonia ein Treffen der Frauen zu organisieren, die Vivian und Maria zu Kriegsende aus dem Lager retteten. In einem weiteren Strang lernen wir noch Marie-Luise kennen, die in einem Klosterr eine abgeschiedene Kindheit erlebt, wo sie von der Außenwelt abgeschirmt wird, denn ihr Vater war im örtlichen KZ-Lager der Anführer.

Mit ihrem neuen Roman weist Katja Maybach auf die Intoleranz und auf den Fremdenhass hin, der auch in der heutigen Zeit wieder vermehrt auftritt. Die Brisanz des Themas könnte genauso gut im Heute spielen und macht einem sehr nachdenklich!
Besonders ins Herz geschlossen habe ich den kleinen Daniel, der so voller Lebensfreude und mit offenen Augen durch die Welt geht. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass sein Vater heimkehrt und er einen Freund findet und muss gegen so viele Vorurteile und Gemeinheiten ankämpfen. Sein Schicksal hat mich zu Tränen gerührt.
In wechselnden Perspektiven lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Vivien, Maria, Antonia und Anna und auch von Veronikas Schicksal, die von den Russen aus Ostpreußen vertrieben wurde und dabei nicht nur ihre Heimat verloren hat. Diese Perspektivwechsel halten die Spannung aufrecht, die besonders durch die lauernde Präsenz der Gefahr spürbar ist.
Trotz des Buchtitels standen meiner Meinung eher Vivian und Anna im Vordergrund, wobei Maria eher im Hintergund blieb und mir Antonia zu blass erschien. Ihren Einsatz für Marie-Luise fand ich ein bisschen bedenklich. Auch ihre Liebesgeschichte konnte ich nicht nachvollziehen, die einfach viel zu schnell und unglaubwürdig dargestellt wurde. Hingegen fesselte mich Vivians Schicksal und ich litt und fieberte mit ihr mit.

Es ist nicht zwingend nötig den Vorgängerband zu kennen und trotzdem würde ich empfehlen ihn vorher zu lesen, weil in diesem zweiten Band doch viele Anpielungen auf Band Eins zu finden sind und die Geschichte abrundet.

Schreibstil:
Katja Maybach erzählt direkt und mit viel Einfühlungsvermögen aus der Sicht ihrer Protaginisten. Dabei nimmt sie sich vieler Themen an und führt die Geschichte von Vivian und Maria weiter. Ich war entsetzt, traurig, wütend und überrascht und konnte mit ihren Charakteren, die mich nicht alle überzeugten, mitfühlen. Trotzdem hat mich dieser Roman sehr berührt und wird noch länger nachhallen.

Fazit:
Eine Geschichte, die mich berührt und sehr nachdenklich gemacht hat und die die Nachkriegszeit nicht nur als die Zeit des Wirtschaftswunders, sondern auch deren Schattenseiten aufzeigt. Parallelen zur Gegenwart erzeugen Gänsehaut und lassen den Roman noch nachhallen. Ich empfehle den Vorgängerband zu lesen, auch wenn "Die Zeit der Töchter" alleinstehend gelesen werden kann.

Veröffentlicht am 09.11.2019

Opulente Familiensaga vor und während des großen Krieges

Das goldene Palais
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Der opulente Roman spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und weiteren europäischen Metropolen und erzählt die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum, dessen Familienmitglieder in ganz ...

Der opulente Roman spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und weiteren europäischen Metropolen und erzählt die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum, dessen Familienmitglieder in ganz Europa verstreut sind. Mich erinnerte doch so einiges an die legendäre Familie Rothschild, die in Östereich vor den Weltkriegen riesige Besitztümer hatten.

Die Lebenswege der reichen Familienmitglieder sind damals vorgezeichnet. Gut florierende Bankhäuser in ganz Euopra erinnern sich an die Heiratspolitik der Habsburger und nehmen sich diese zum Vorbild. So auch die jüdische Bankiersfamilie Goldbaum.


Im Mittelpunkt des Romans von Natasha Solomons steht die 20jährige Greta Goldbaum aus Wien, die ihren Cousin Albrecht aus dem englischen Zweig der Familie ehelichen soll. Albert ist als Langweiler bekannt, der Schmetterlinge und Käfer sammelt. Er wäre gerne Entomologe geworden und passt so gar nicht zur quirligen Greta, die sich trotz der Verwandtschaftsverhältnisse nicht persönlich kennen. Viel lieber wäre Greta eine Verbindung zu ihrem französischen Cousin Henry eingegangen, mit dem sie sich sehr gut versteht. Zu ihrem Bruder Otto, der sich für das Weltall und für Physik interessiert, hat Greta abenfalls eine sehr enge Verbindung. Doch auch die beiden Männer sind in ihrer Familienpolitik eingeschränkt und müssen sich den Wünschen ihrer Väter beugen, ebenso wie Alberts älterer Bruder Clemens, der einmal die Bankgeschäfte übernehmen soll, aber so gar kein Händchen fürs Geld hat.


Greta hat sich in den Kopf gesetzt ihre Ehe nicht auf ein Nebeneinander aufzubauen, sondern möchte ihr eine Chance geben. Die britische Insel ist ihr jedoch sehr fremd und Greta langweilt sich schnell. Man erwartet von ihr nichts anderes, als für Nachwuchs zu sorgen. Ihre Schwiegermutter versucht ihr durch ihre eigene Liebe zum Garten zu helfen und so findet Greta bald Freude an der Gartenarbeit. In späterer Folge versucht sie mittellose Frauen zu unterstützen und richtet ein Gebärhaus auf dem Grundstück ein, wo die Frauen bis zur Geburt im Garten helfen und ein klein bisschen Lebensmut wiederfinden. Als Albert anfängt sich Greta langsam zuzuwenden, bricht der Große Krieg aus und Greta wird in ihrem neuem Heimatland plötzlich zum Feind...


In einem weiteren Erzählstrang lernen wir den obdachlosen Jungen Karl kennen, der in den unterirdischen Kanälen Knochen sammelt, um sie den Seifensiedern zu verkaufen. Damit verdient er sich ein paar Heller, um zu überleben. Größtenteils hält er sich in den Kanälen in der unmittelbaren Nähe des Goldbaum Anwesens auf. Beim Lesen fragte ich mich die ganze Zeit, warum wir aus seiner Perspektive lesen, doch im letzten Drittel nimmt Karl einen wichtigen Part ein und leztendlich schließt sich der Kreis.

Solomon erzählt aber nicht nur aus der Sicht von Greta und Karl, sondern auch aus anderen Perspektiven.


Der Kaiser war ein alter Mann. Er war der älteste Kaiser der Welt. Rings um ihn wandelte der Tod im Kreis, im Kreis und mähte und mähte. Schon war das ganze Feld leer, und nur der Kaiser, wie ein vergessener silberner Halb, stand noch da und wartete. ZITAT BUCHANFANG -Joseph Roth, Radetzkymarsch-


Der Roman spielt in der Zeit von 1910 bis 1917. Schauplätze der Familiensaga sind Österreich, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz und Russland. In all diesen Ländern - mit Ausnahme Russlands, wo Juden nicht gern gesehen waren - lebte mindestens einer aus dem Familienzweig der Goldbaums. Geld regiert zwar die Welt, aber es verheißt nicht automatisch Glück. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erleiden die Goldbaums ebenso Verluste und Leid, wie ihre armen Mitmenschen. Das Grauen nimmt keinen Umweg, sondern erreicht alle Menschen, ob jung oder alt, arm oder reich.


Der geschichtliche Hintergrund vor und während des Ersten Weltkrieges ist hervorragend recherchiert und in die Familiengeschichte eingeflochten. Solomon gibt Einblicke in das jüdische Alltagsleben und in den gesellschaftlichen Umbruch. Auch Gustav Klimts Geliebte Emilie Flöge, deren Kleider Greta trägt und die damit auf Korsagen pfeift, findet Erwähnung, genauso wie der Untergang der Titanic.

Die Protagonisten sind sehr vielschichtig und lebendig gezeichnet. Greta ist eine moderne und unkonventionelle junge Frau. Sie findet in ihrer arrangiert Ehe schlussendlich Glück und Geborgenheit und in der Gartenarbeit Kraft und neuen Lebensmut.

Fazit:
Eine umfangreiche Familiengeschichte einer jüdischen Bankiersfamilie, die wunderbar in die historischen Begegebenheiten vor und während des Ersten Weltkrieges eingeflochten wurde. Die vielen Seiten sind schnell gelesen, denn der Sog des Romans hält einem sehr schnell gefangen. Auch hier kann ich eine Leseempfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 06.11.2019

Jedes jahr ein Muss: Petra Schiers Hundeweihnacht

Stille Nacht, flauschige Nacht
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Auch 2019 gibt es den alljährlichen Flauschangriff zu Weihnachten. Petra Schiers neuer Weihnachtsroman "Stille Nacht, flauschige Nacht" ist bei mir eingezogen und wurde nun endlich verschlungen.
Ich liebe ...

Auch 2019 gibt es den alljährlichen Flauschangriff zu Weihnachten. Petra Schiers neuer Weihnachtsroman "Stille Nacht, flauschige Nacht" ist bei mir eingezogen und wurde nun endlich verschlungen.
Ich liebe die weihnachtlichen Hundebücher mit Santa & Co., genauso wie die sommerlichen Hunderomane. Und ist das Cover nicht wieder allerliebst?

Santa hat diesmal einen ganz besonderen Weihnachtswunsch zu erfüllen. Ihm erreichte ein langer Brief von Joel, der mit seiner Zwillingsschwester Jessica seit dem Tod der Mutter beim Papa wohnt. Joel wünscht sich nichts sehnlicher, als dass dieser endlich mehr Zeit für ihn und Jessica hat und wenn möglich auch noch eine neue Mama und einen Hund. Und Santa möchte im gerne alle Wünsche erfüllen...doch da hat er sich eine äußerst schwierige Aufgabe aufgehalst.
Die Eltern der verstorben Mutter beginnen einen Sorgerechtsstreit und wollen die Kinder zu ihnen holen. Doch weder Joel, noch Jessica möchten zu ihnen oder ins Internat geschickt werden. Für die Meiningers ist Patrick, der Vater der Kinder, ein Taugenichts, der in jungen Jahren in Heimen und bei Pflegeeltern aufgewachsen ist bis ihn die Steinbachs adoptiert haben. Mittlerweile ist er ein erfolgreicher Geschäftsmann, der ein gutgehendes Bauunternehmen für Holzhäuser aufgebaut hat. Doch gerade dieses bereitet ihm schlaflose Nächte, seitdem seine Bürokraft gekündigt und auch sein Schreiner die Firma verlassen hat. Im Moment wächst ihm alles über den Kopf. Da schlägt ihm seine Schwägerin Laura ihre Freundin Angelique vor, die vor kurzem ihren Job verloren hat und in den Ort gezogen ist. Sie soll ein Organisationstalent sein und hatte bei einer großen Firma alle Fäden in der Hand. Doch Angelique und Patrick sind sich schon einmal über den Weg gelaufen und mochten sich von Anfang an nicht. Und so ist auch das Betriebsklima zuerst sehr unterkühlt, denn Angelique krempelt alles ohne nachzufragen um. Als auch noch Flauschnase Oskar einzieht, den die Kinder aus dem Tierheim holen, ist das Chaos perfekt....

Patrick und Angelique sind einfach Figuren mit Charakter ;) Beides Sturköpfe und Kontrollfreaks, die wundervoll von der Autorin dargestellt sind. Obwohl Angelique nicht immer nur sympathisch rüberkommt, schließt man auch sie ins Herz. Die Zwillinge Joel und Jessica sind im Charaktere eher unterschiedlich, wobei Joel der Ruhigere und Besonnene ist.
Natürlich sind auch wieder die Gedanken von Oskar in kursiver Schrift festgehalten. Der ist anfangs so gar nicht begeistert Befehle zu bekommen. Viel lieber möchte er wieder ein Vagabund sein und herumstreunen. Doch schon bald hat auch Oskar sein Herz an Patrick, Angelique und die Kinder verloren.
Auch den Rest der Familie Sternbach begegnen wir erneut, so wie auch manchen "alten" Bekannten aus einem der Vorgängerromane.
Die Liebesgeschichte ist wie immer stimmig und erwärmt genauso das Herz wie Oskars brummelige Antworten, wenn er sich Gedanken macht, ob er denn wieder abhauen soll.

Die winterliche Atmosphäre am Weihnachtsmarkt wurde von Petra Schier wunderbar eingefangen, genauso wie die herzliche Stimmung beim Plätzchen backen bei der quirligen Familie Steinbach. Am liebsten würde man ins Buch hüpfen, einfach mit ihnen gemeinsam in der Küche stehen und diese wohlige Stimmung genießen.

Schreibstil:
Petra Schier schreibt gewohnt lebendig, herzlich und voller Emotionen. Die Dialoge sind spritzig und besonders zwischen Santa und seiner Frau sehr humorvoll.
Der Roman ist wieder in 25 Kapitel eingeteilt, perfekt für die Adventzeit....obwohl...wenn man einmal angefangen hat, kann man kaum abwarten weiter zu lesen und sicherlich schneller durch den Roman als in 25 Tagen.

Fazit:
Mit viel Humor und Fingerspitzengefühl hat Petra Schier wiederum eine liebevolle und spritzige Weihnachtsgeschichte geschrieben, die das Herz erwärmt und die Tage bis Weihnachten verkürzt. Auch dieses Jahr habe ich die Portion Hunde- und Liebesglück sehr genossen.

Veröffentlicht am 03.11.2019

Spannender und bittersüßer Roman, den ich gerne weiterempfehle!

Als wir den Himmel berührten
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Im Roman von Marie Leander, eine deutsche Autorin, die unter Pseudonym schreibt (leider habe ich keine Ahnung wer dahinter stecken könnte, sonst würde ich mir gleich auch ihre anderen Bücher holen), sind ...

Im Roman von Marie Leander, eine deutsche Autorin, die unter Pseudonym schreibt (leider habe ich keine Ahnung wer dahinter stecken könnte, sonst würde ich mir gleich auch ihre anderen Bücher holen), sind wir in Marseille in Südfrankreich.
Wir schreiben das Jahr 1940. Die Deutschen haben Paris eingenommen und Frankreich geteilt. Der Nord-Westen wurde besetzt, der Süden wird vom Vichy Regime verwaltet. Viele Menschen sind auf der Flucht Richtung Marseille, wo noch Schiffe nach Übersee auslaufen. Zu dieser Zeit sitzt der einheimische Maler Nicolas Guyot am Hafen und malt. Ihm fällt ein Pärchen auf, das zwischen den verzweifelten Menschen auf der Flucht, unbekümmert herum flaniert. Ihm fasziniert die bildhübsche junge Frau an der Seite eines etwas älteren Mannes. Umso überraschter ist Nicolas, als genau diese Frau am nächsten Tag plötzlich vor ihm steht und ihn bittet sie zu portraitieren. Seit dem Tod seiner Frau malt Nicolas keine Portraits mehr. Doch Juline lässt nicht locker, denn sie möchte das Bild ihrem Mann schenken. Noch ahnt Nicolas nicht, welches Geheimnis die beiden bewahren und wie schnell er Julines Charme erliegt...

Schon der Klappentext hat mein Interesse geweckt, jedoch muss ich zugeben, dass ich anfangs noch etwas skeptisch war. Hier kann alles mögliche drinnenstecken... Doch schon nach den ersten Seiten hat mich die Geschichte rund um Nicolas, Juline und ihrem Mann Georg gefangen genommen.
Marie Leander erzählt mit viel Herzblut über den nicht immer einfachen Lebensweg ihrer drei Protagonisten. Dabei spielt die Zeit des Romans eine große Rolle. Der historische Hintergrund und das Erstärken der nationalsozialsitischen Ideen im Süden Frankreichs, auch durch die eigenen Landsleute, wird unheimlich gut transportiert. Das Schicksal vieler Flüchtlinge, wie auch mutigen Fluchthelfern, ist nur eines der vielen Themen, die die Autorin hier aufbereitet, jedoch der rote Faden der Geschichte.
Aber auch das Künstlerleben und die damit verbundene Bohéme kommt nicht zu kurz und steht im krassen Gegensatz zu den Flüchtlingen. Hier spürt man allerdings schon die schleichende Einmischung der Parteimitglieder, die die Künstler in ihrer Form beschränken wollen. Die Atmosphäre der damaligen Zeit ist hervorragend eingefangen.

Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil. Sie schreibt bildhaft und voller Dynamik. Man fliegt durch die fast 600 Seiten und man fiebert mit den Protagnisten mit. Die Charaktere sind sehr facettenreich und lebendig dargestellt. Man begleitet sie durch Höhen und Tiefen, zittert mit ihnen um ihr Leben und nimmt gemeinsam große Herausforderungen an. Ich lebte mit den Figuren richtig mit und fühlte mich direkt im Geschehen.

Das Schicksal der drei Hauptprotaginisten ist bittersüß. Nicolas widmet sich seit dem Tod seiner Frau Tag und Nacht der Malerei. Sie ist sein Antrieb und sein Halt im Leben. Nicolas ist aber auch der typische Künstler, der die Nacht zum Tag macht und oftmals vergisst seine Miete pünktlich zu zahlen. Das Angebot seine Bilder bei einer Vernissage auszustellen, soll ihm helfen seiner permanenten Geldnot Herr zu werden.
Juline ist eine sehr starke Persönlichkeit. Sie weiß was sie will und steht treu zu ihrer Gesinnung. Sie setzt sich als Widerstandskämpferin ein und riskiert dabei mehr als nur ihr Leben.
Georg ist mit Juline auf Hochzeitsreise, während in Paris die Deutschen die Stadt besetzt haben. Die Beiden können nicht mehr zurück, denn Georg lebt mit Schweizer Pass unter falscher Identität.
Die Nebencharaktere sind ebenfalls sehr ausdrucksstark gezeichnet. Vorallem die Besitzerin eines Nachtlokales und gute Freundin von Nicolas ist mir dabei sehr ans Herz gewachsen. Alle Figuren besitzen eine Vielfalt an Charaktereigenschaften.

Auch die Schauplätze rund um Marseille sind wunderbar eingefangen und sehr anschaulich beschrieben.
Dazu kommt eine bittersüße Liebesgeschichte, die jedoch ohne Kitsch auskommt. Eine gelungene Mischung aus Romantik, Spannung und Historie.
Im Nachwort erzählt die Autorin noch wie sie auf die Idee kam diesen Roman zu schreiben und über den historisch belegten Journalisten Varian Fry, der in Marseille ein Rettungsnetzwerk aufbaute, mit dem er vielen Menschen die Flucht aus Europa ermöglichte.

Fazit:
Der Roman von Marie Leander bietet dem Leser eine spannende Reise voller Emotionen und führt ihn in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Erstärkung des Nationalsozialismusses im Süden Frankreichs. Tolle facettenreiche Figuren und ein lebendiger und bildhafter Schreibstil runden die Erzählung perfekt ab.
Dieser wunderbare Roman sollte noch viel mehr Leser und mehr Aufmerksamkeit erhalten! Ich empfehle ihn deshalb sehr gerne weiter!