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Veröffentlicht am 30.09.2019

Leseempfehlung für wahre Freunde des historischen Romans

Der Fluch des Blutaltars
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Es sind die Anfangsjahre des Dreißigjähriges Krieges. Im Odenwald ist der Aberglaube tief verwurzelt. Philipp Juncker ist der begabte Sohn eines Bildhauers, der einen Reliquienaltar für die Wallfahrtskirche ...

Es sind die Anfangsjahre des Dreißigjähriges Krieges. Im Odenwald ist der Aberglaube tief verwurzelt. Philipp Juncker ist der begabte Sohn eines Bildhauers, der einen Reliquienaltar für die Wallfahrtskirche in Walldürn bauen soll. Doch bei einem furchtbaren Unglück erblindet Philipp und sein älterer Bruder Zacharias soll nun an seiner statt den Altar schnitzen. Philipp hadert mit seinem Schicksal und fällt in eine tiefe Depression. Er verfällt zusehends in Selbstmitleid und schikaniert seine Familie, bis Zacharias ihm ein Ultimatum stellt....

Ich habe bereits "Das Heilige Blut" der Autorin gelesen und war begeistert. Es ist schade, dass Anne Grießer auch bei Liebhabern des historischen Romans noch sehr unbekannt ist. Sie schreibt fesselnd und versteht Spannung aufzubauen, denn auch in "Der Fluch des Blutadlers" kommt eine kleine kriminelle Prise durch. Auch diesmal greift die Autorin auf das Blutwunder von Walldürn zurück. Neben der Religion, die den einfachen Leuten zu dieser Zeit oft Hoffnung gibt, gewinnt der Aberglauben immer mehr an Bedeutung.
Durch Missernten und den andauernden Krieg verfallen die Menschen immer mehr dem Wunderglauben. Hexenprozesse häufen sich und auch auf dem Bau des Altars scheint ein Fluch zu liegen. Merkwürdige Zwischenfälle, die den Bau immer weiter verzögern, lassen die Menschen immer misstrauischer werden. Heimlich flüstern sie vom Blutaltar, der plötzlich fürchterlich stinken und über und über mit Blut besudelt sein soll. Hat hier etwa der Teufel seine Hand im Spiel?

Die Stimmung im Roman ist düster. Der anhaltende Krieg und der immer stärker werdende Aberglauben stürzt die Menschen oftmals ins Verderben. Zusätzliche Missernten und darauffolgende Hungersnöte sind ebenso Zunder für Hexenprozesse und -verbrennungen. Menschen, die andere anprangeren und sie in den Tod treiben gibt es leider seit Menschengedenken. Ob Philipp seiner großen Liebe Katharina helfen kann, als sie plötzlich ebenfalls als Hexe angeklagt wird? Muss er seine eigenen Überzeugungen nun überdenken?
Und warum bringt der Bau des Reliquienaltars immer wieder ungewollte Verzögerungen mit sich?

Was dahintersteckt und wer hier seine Hände im Spiel hat, müsst ihr aber selber lesen! Ich konnte das Buch - kaum angefangen - nicht mehr aus der Hand legen....

Generell sind die letzten Romane und Krimis, die ich aus dem eher unbekannten Silberburg Verlag gelesen habe, allesamt richtig tolle Bücher gewesen!

Charaktere:
Die Charaktere wurden bis hin zu den Nebenfiguren liebevoll ausgearbeitet und sind lebendig dargestellt. Die Entwicklung der Figuren, vorallem von Philipp, ist absolut gelungen. Emilia, die das Herz auf den rechten Fleck hat und Philipp immer treu zur Seite steht, ist zu meiner Lieblingsfigur geworden. Sie versucht Philipp zu überzeugen, dass hinter jedem mysteriösen Vorfall ein Mensch aus Fleisch und Blut steckt.

Schreibstil:
Anne Grießer schreibt fesselnd und bildhaft. Die Sprache ist der damaligen Zeit angeglichen. Die Charaktere sind facettenreich und lebendig dargestellt, haben Ecken und Kanten. Philipp ging mir anfangs mit seinem Selbstmitleid und seiner Ungerechtigkeit anderen Menschen gegenüber ganz schön auf die Nerven. Er entwickelt sich allerdings bis zum Ende hin weiter und wird erwachsen.

Der Roman wird aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der 3. Person erzählt. Über den jeweiligen Kapiteln stehen Orts- und Zeitangabe. Im Nachwort geht die Autorin noch näher auf die Hexenprozesse, das Stadtbild zu dieser Zeit und die Wallfahrtskirche ein und erzählt was Dichtung und Wahrheit ist.

Fazit:
Ein großartiger historischer Roman mit einer kleinen Kriminote und viel Aberglauben, der uns in die dunkle Zeit des Dreißigjährigen Krieges bringt. Facettenreiche Charaktere runden den fesselnden und bildhaften Schreibstil der Autorin ab. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für wahre Freunde des historischen Genres.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Auftakt einer tollen Reihe

Die Hafenschwester (1)
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Bewertung: 4 1/2 Sterne

In der Geschichte befinden wir uns im Hamburger Gängeviertel Ende des 19. Jahrhunderts. Martha ist gerade erst 14 Jahre alt geworden, als ihre kleine Schwester Anna an der Cholera ...

Bewertung: 4 1/2 Sterne

In der Geschichte befinden wir uns im Hamburger Gängeviertel Ende des 19. Jahrhunderts. Martha ist gerade erst 14 Jahre alt geworden, als ihre kleine Schwester Anna an der Cholera erkrankt. Sie ist eine der ersten Erkrankten der verheerenden Epidemie, über die zuerst Stillschweigen verbreitet wird. Doch die Zahl der Infiszierten und Toten steigt innerhalb kurzer Zeit in besorgniserreichende Höhe. Als auch Marthas Mutter erkrankt, pflegt sie Martha liebevoll, kann sie aber nicht retten. Ihr Vater beginnt zu trinken und ihr kleiner Bruder Heinrich muss seine Zukunftspläne einer weiteren Schulausbildung begraben.
Martha muss vortan für die Familie sorgen und nimmt den Rat des Arztes an, sich als Krankenwärterin am St. Georg Hospital zu bewerben. Wegen ihrer Pflegekenntnisse wird Martha aufgenommen. Ihr Interesse, ihr logisches Denken und ihr Wille fallen bald einem jungen Arzt auf, der sich für sie einsetzt. Martha erhält einen Platz im Eppendorfer Krankenhaus bei den Erika-Schwestern, der eigentlich nur Töchtern aus gutem Hause "zusteht". Und so sehen es nicht alle wohlwollend, dass eine Frau aus dem Gängeviertel dieselben Chancen erhält....

Die Charaktere sind individuell und entwickeln sich weiter. Martha ist ein starkes Mädchen, das sich aus ihrer Not heraus entwickelt und zu einer engagierten jungen Frau heranwächst. Ihr Vater, gefangen in seiner Trauer, versucht im Alkohol zu vergessen und vergisst dabei seine eigenen Kinder. Vater und Tochter entwickeln sich in gegensätzliche Richtungen, Marthas Bruder versucht sobald wie möglich auf eigenen Füßen zu stehen und aus dem Viertel zu fliehen.
Besonders gut gefallen hat mir die Figur von Millie. Sie ist von Kindesbeinen an Marthas beste Freundin, erwartet jedoch ein schlimmes Schicksal. Ihre Stärke ist bewundernswert und die bedingungslose Freundschaft der Beiden wird oftmals auf die Probe gestellt. Melanie Metzenthin baut neben ihren fiktiven Charakteren auch reale Figuren dieser Zeit geschickt in den Roman ein, wie die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann oder die Werftsbesitzer Gustav Wolkau und Hermann Blohm.

Melanie Metzenthin, die selbst Medizin studierte, hat sich bei ihrem Roman vom Leben ihrer Urgroßmutter inspirieren lassen. Diese lebte zur selben Zeit wie Martha, überlebte ebenfalls die Cholera-Epidemie, arbeitete aber als Näherin.
Eigentlich dachte ich, dass der Schwerpunkt des Romans im medizinischen Bereich liegt, doch die Autorin hat uns auch in der Leserunde hingewiesen, dass ihr Hauptaugenmerk bei der Cholera-Epidemie und dem größten Hafenarbeiterstreik Deutschlands lag. Es ist das Ende des vorletzten Jahrhunderts und es ist eine Zeit des Umbruchs und des Umdenkens. Die Gesellschaft ist im Aufbruch, denn die Schere zwischen Arm und reich wird immer größer. In der Mitte des Romans nahm mir die politische Sicht, sowie die Reden der Sozialdemokraten, etwas zu viel Raum ein.
Durch die Cholera haben viele Familien ihre Ernährer verloren. Die Armen werden immer ärmer und kaum eine Familie hat mehr genug zu Essen. Die Mieten werden erhöht, ein 72 Stunden-Arbeitstag wird zur "Normalität". Unfälle häufen sich und kaum jemand wird mehr satt. Dies führt zum Streik, der sich immer mehr ausweitet und in die Geschichte als größter deutscher Hafenarbeiterstreik eingeht. Auch Martha unterstützt die Streikenden, engagiert sich für Rechte der Frauen und wird Mitglied bei den Sozialdemokraten. Dort lernt sie bei einer politischen Veranstaltung einen jungen Mann kennen, der dieselben Interessen und Ziele wie Martha vertritt. Als Erika-Schwester ist ihr allerdings der nähere Umgang mit Männern und eine Hochzeit untersagt....

Der erste Teil dieser Reihe konnte mich begeistern und ich freue mich schon auf die beiden Nachfolgebände.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd, atmosphärisch und lässt sich wunderbar lesen. Es ist mein zweites Buch der Autorin und ich bin genauso begeistert, wie schon bei "Mehr als die Erinnerung". Die bildhafte Beschreibung der Stadt Hamburg zu dieser Zeit ließ mich selbst durch das Gängeviertel und den Hafen wandern.
Die Figuren sind lebendig und facettenreich und entwickeln sich weiter. Sie wirken glaubhaft und man fühlt sich ihnen nahe.
Die politischen und historischen Begebenheiten wurden akribisch recherchiert. Die eigenen medizinischen Kenntnisse der Autorin sind wunderbar integriert.
Im Nachwort findet man weitere Erklärungen zur damaligen Zeit bzw. zur Cholera-Epidemie und dem Streik der Hafenarbeiter.

Fazit:
Ein wundervoller Auftakt der neuen Reihe von Melanie Metzenthin, der mich in das Hamburg des vorletzten Jahrhundert katapultiert hat und deren Protagonisten ich gerne begleitet habe. Die interessanten Themen rund um die Cholera-Epidemie und den Kampf der Armen um mehr Rechte und Lohn haben der Geschichte rund um Martha's Leben nochmehr Tiefe gegeben. Ich freue mich schon auf den Folgeband!

Veröffentlicht am 27.09.2019

Intensiv, vielschichtig, melancholisch, aber auch hoffnungsvoll und tiefgründig

Der Geschmack unseres Lebens
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Julia Fischers neuer Roman ist von Beginn an ein Buch, das auf der Zunge zergeht. Das liegt an all den beschriebenen Köstlichkeiten, die unsere Sinne ansprechen, wie auch an dem unvergleichlichem poetischen ...

Julia Fischers neuer Roman ist von Beginn an ein Buch, das auf der Zunge zergeht. Das liegt an all den beschriebenen Köstlichkeiten, die unsere Sinne ansprechen, wie auch an dem unvergleichlichem poetischen Schreibstil der Autorin, der einem sofort gefangen nimmt.
Aber nicht nur die Süße begleitet uns in der Geschichte rund um Ella Donati, sondern auch der bittere Geschmack des Lebens, der von persönlichen Verlusten und psychischen Krankheiten erzählt. Trotzalledem schwelgt man im intensiven und wohl persönlichsten Roman der Autorin, den man sicherlich nicht so schnell vergisst.

Als Leser begleiten wir Ella, eine junge Frau, die mit fünf Jahren ihre Mutter verloren hat. Ihr Bruder Danilo verlässt die Familie nach einem großen Streit mit dem Vater und verpflichtet sich zum Militär. Ella steht kurz vor ihrer Hochzeit, als ihr Vater an Krebs erkrankt und ihr Verlobter ein Jobangebot in den USA bekommt und annimmt. Ella soll nachkommen, doch sie fühlt sich verpflichtet den Vater zu pflegen. Nach seinem Tod muss die Haselnussplantage, die in jahrzehntelangem Familienbesitz war, verkauft werden. Ein neuerlicher herber Verlust für Ella. Ihren Traum eine eigene Chocolateria zu eröffnen, hat die mittlerweile alleinerziehende Mutter von Zwillingen aber nie aufgegeben. Im kleinen Städtchen Alba im Piemont, unweit ihrer alten Heimat, eröffnet sie im historischen Stadtkern ihre kleine, aber exquisite Chocolateria "La Cuccagna" (= Schlaraffenland). Und genau so fühlt man sich auch, wenn man ihr Geschäft betritt und einem der Duft von Schokolade in die Nase steigt. 32 Pralinensorten hat Ella in ihrem Sortiment, die gleiche Anzahl ihrer Lebensjahre und die ihrer Mutter, als diese starb. In der Bäckerei gegenüber hat Ella einstmals gelernt, jedoch sind die Barberis alles andere als gut auf Ella und Maresh, dem Besitzer des indischen Restaurents nebenan, zu sprechen und machen beiden das Leben schwer.
Als der neue Besitzer der Haselnussplantage ihrer Eltern, Michele Mariani, ihr ein geschäftliches Angebot macht und ihr Bruder Danilo wieder nach Hause zurückkehrt, gerät Ellas Leben erneut aus den Fugen. Während Danilo bei Mariani zu arbeiten begonnen hat und beim alten Trüffelsucher Salvatore wohnt, holt Ella die Vergangenheit ein....

Was nach einem leichten Frauenroman aussieht, ist eine gefühlvolle Geschichte mit Tiefgang, die nicht nur die angenehmen Seiten des Lebens aufzeigt. Julia Fischer spricht Themen wie Trauerverarbeitung, Trennung, Verluste und psychische Krankheiten an. Trotzdem gibt es auch hoffnungsvolle und humorvolle Stellen, vorallem wenn von den "Neun vom Stadtplatz" die Rede ist. Diese illustre Runde alter Herren hat es faustdick hinter den Ohren und beeinflussen das Leben in Alba und ihrer Einwohner mehr als man denkt.

Bildgewaltig hat Julia Fischer auch den historischen Umzug mit dem Eselrennen in Alba beschrieben. Bei der Leserunde gab es zusätzlich jede Menge Fotos der Landschaft, dem Mittelalterfest, zur Pralinenherstellung und den Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Ein Fest nicht nur für die Sinne, sondern auch fürs Auge. Neben der Schokolade und den Haselnüssen ist auch der Trüffel und die Trüffelmesse ein Thema.

Wie schon im Vorgängerroman wird auch in "Der Geschmack unseres Lebens" aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Dazwischen gibt es kurze Rückblenden in die Vergangenheit. Man erfährt mehr über Ellas Mutter und ihr Leben mit Depression, über Salvatores große Liebe Gianna und ihr gemeinsamer Kampf als Mitglied bei den Partisanen während des Zweiten Weltkrieges, man bekommt ebenso Einsichten in Danilos Kämpfe im Irak und in Afghanistan und sein Leben in der Abgeschiedenheit des Mairatales. Ein weiterer Rückblick in Form von Briefen geht zurück ins 18. Jahrhundert zur Zeit der Besetzung durch die Franzosen. Diese sind in kursiver Schrift geschrieben, um sich vom Rest anzuheben. All diese Informationen geben interessante Einblicke und führen schlussendlich zur Lösung des Familiengeheimnisses.
Ein Thema ist im Roman allerdings allgegenwärtig und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht: Die Geschichte vom Zauberer von Oz.

Schreibstil:
Julia Fischers Schreibstil ist einnehmend, gefühlvoll und atmosphärisch, die Geschichte vielschichtig undvoller Tiefgang.
Die Charaktere sind sehr lebendig, warmherzig und facettenreich. Die Gefühls- und Gedankenwelt der Figuren wird sehr anschaulich dargestellt und man fiebert und lebt mit ihnen mit.
Die 43 eher kurzen Kapitel verführen zum "ein Kapitel geht noch" lesen ;)
Im Inneren der Klappbroschur findet man das Rezept für Haselnusstrüffel La Cuggana.

Fazit:
Ein Roman der leisen Töne, der die Sinne anspricht und einiges italienisches Flair verbreitet. Intensiv, vielschichtig, melancholisch, aber auch hoffnungsvoll und tiefgründig. Dieser Roman hat einfach alles, was man sich wünschen kann. Julia Fischers bisher persönlichstes und bestes Buch - ich empfehle es gern weiter!

Veröffentlicht am 23.09.2019

Leichter Wohlfühlroman mit einigen Schwächen

Herbstblüten und Traubenkuss
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Emilia Schilling's neuer Wohlfühlroman erzählt die Geschichte der 28-jährigen Mona, die ihren Job in der Agentur, die sie mit aufgebaut, verloren hat. Auch ihr Freund hat die Fliege gemacht und so steht ...

Emilia Schilling's neuer Wohlfühlroman erzählt die Geschichte der 28-jährigen Mona, die ihren Job in der Agentur, die sie mit aufgebaut, verloren hat. Auch ihr Freund hat die Fliege gemacht und so steht sie ohne Job und Wohnung da und kommt kurze Zeit bei ihrer Freundin Bianca unter. Diese nutzt sie allerdings zum Kinderhüten aus und ist ihr nicht wirklich eine Stütze. Da kommt ihr der Buchhalterjob in einer Detektei gerade recht. Doch der Inhaber verspricht ihr den Job nur, wenn sie zuerst den Winzersohn Oliver Feeberger ausfindig machen kann. Dieser soll nach fünf Jahren in die heimatliche Buschenschank zurückkehren und soll verhindern, dass ein Nobelheuriger den Familienbetrieb übernimmt. Oliver wird bald gefunden und willigt ein zurückzukehren, wenn Mona die restliche Saison auf dem Weingut und in der Buschenschank mitarbeitet. Mona überlegt nicht lange...zwei Monate sind schnell rum und das Geld kann sie brauchen. Außerdem muss sie nicht mehr im Kinderbett von Biancas Sohn schlafen, sondern kann direkt am Weingut übernachten. Doch so einfach, wie sich das Mona vorstellt, ist es nicht....

Ich habe bereits "Sommerglück und Blütenzauber" von der Autorin gelesen und fand diesen Roman einfach süß und erfrischend. Deshalb freute ich mich auf ihren neuen Roman wirklich sehr. Es gibt auch ein kleines Wiedersehen mit Rita, der Hauptprotagonistin, aus dem Vorgängerband, was ich toll fand.
Im Gegensatz zur liebenswerten Rita hatte ich allerdings einige Probleme mit Mona, unserer Protagonistin aus "Herbstblüten und Traubenkuss". Sie scheint mit ihren 28 Jahren nicht nur komplett aus der Welt gefallen zu sein, sondern hat absolut kein Selbstbewusstsein. Dies scheint vorallem den Eltern geschuldet, die ihr immer wieder zu verstehen geben, dass sie ihren Anforderungen nicht entspricht. Die beiden Zahnärzte wollten ihre Tochter als Nachfolger einsetzen, doch Mona ist mehr Zahlenmensch und verweigerte das Studium.
Angekommen in der Buschenschank in den Hügeln vor Wien, weiß sie weder wie man kocht, noch wie man sich außerhalb des Büros durchs Leben schlägt. Für mich war Mona weder glaubwürdig, noch konnte ich sie wirklich ins Herz schließen. Auch ihre sofortige Zusage mit Oliver mitzugehen, fand ich etwas unrealistisch. Zusätzlich lässt sich Mona von ihrer "besten" Freunden richtig ausnutzen. Es ist eine sehr einseitige Freundschaft, denn Bianca gibt ihrerseits eigentlich nichts zurück.
Ins Herz geschlossen habe ich jedoch Lore, Olivers Großmutter. Sie ist der Fels in der Brandung und schupft den Betrieb. Aber auch Olivers Schwester Nina ist absolut liebenswert. Seit einem schweren Autounfall sitzt sie im Rollstuhl. Das familiäre Band, das die Feebergers zusammenhält, ist auch durch jede Zeile spürbar, was mir sehr gefallen hat. Manche Leserinnen in der Leserunde haben die fehlende romantische Liebesgeschichte vermisst. Dies hat mich wiederum nicht gestört, denn ich habe es lieber kitschfrei. Ich muss aber trotzdem sagen, dass mir das Prickeln zwischen Mona und Oliver gefehlt hat und die Liebesgeschichte erst gegen Ende hin glaubwürdiger wurde.

Wohlgefühlt habe ich mich in der Buschenschank der Familie. Als Österreicherin waren mit natürlich alle Begriffe und Speisen bekannt. Außerdem lebe ich selbst nur wenige Kilometer vom Weinbauangebiet der Wachau entfernt. Die Landschaftsbeschreibungen sind atmosphärisch. Interessant und realitätsnah sind die Einblicke in die Arbeit der Weinbauern. Die Weinlese und die Erklärungen betreffend dem Unterschied zwischen Buschenschank und Heurigen, wie auch das Leben auf dem Lande, wurden sehr bildhaft beschrieben.

Atmosphärisch wunderbar, das Lokalkolorit stimmt ebenfalls, allerdings hakt es etwas an den etwas überzeichneten Charakteren und manchem Realitätsbezug. Im Großen und Ganzen hat mich der Roman - trotz meiner Kritikpunkte - gut unterhalten. Ich weiß, dass es die Autorin besser kann, deswegen freue ich mich auch schon auf ihr nächstes Buch, das wohl im Winter spielen wird.

Schreibstil:
Emilia Schilling schreibt leicht und flüssig. Man kommt schnell in der Geschichte voran. Die sehr bildhaften Beschreibungen der Umgebung, sowie der vorhandene Lokalkolorit konnten mich überzeugen. Die Charaktere sind facettenreich.
Über manche Kapitel steht eine Erklärung zu einer Tradion, die im kommenen Kapitel Einsatz findet. Die Autorin hat ebenfalls die im Roman verwendeten Buschenschank-Rezepte hinzugefügt. Am Ende befindet sich ein österreichisch-deutsches Glosaar, das ich natürlich nicht benötigte ;)

Fazit:
Ein leichter Wohlfühlroman, der das Leben in einem Winzerbetrieb sehr atmosphärisch beschreibt. Leider gibt es einige Kritikpunkte, über die ich nicht hinweg sehen konnte. Wer nette Unterhaltung ohne Kitsch sucht und über einige Logikfehler hinweg sehen kann, ist hier richtig. Für mich war dieses Buch um einiges schwächer, als der Vorgängerroman.

Veröffentlicht am 20.09.2019

Toller Trilogie-Abschluss

Mostviertler Jagd
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Im dritten und letzten Teil der Mostviertel-Trilogie rund um Kommissar Brandner und der Schuhfabrik Schuster sind wir wieder zurück in Waidhofen an der Ybbs bzw. Ybbsitz.
Leopold Brandner wurde nach seinem ...

Im dritten und letzten Teil der Mostviertel-Trilogie rund um Kommissar Brandner und der Schuhfabrik Schuster sind wir wieder zurück in Waidhofen an der Ybbs bzw. Ybbsitz.
Leopold Brandner wurde nach seinem letzten, leider nicht so erfolgreichen Fall, vom BKA Wien zum LKA in Sankt Pölten strafversetzt. Nun pendelt er regelmäßig zwischen Wien, Sankt Pölten und Waidhofen hin und her und hält deswegen Ausschau nach einem Haus in der niederösterreichischen Landeshaupstadt. Doch seine drei Frauen sträuben sich hartnäckig und wollen nicht übersiedeln. Als in Waidhofen ein Wilderer sein Unwesen treibt, soll Brandner ermitteln. Nach menschlichen Leichen wird er nun zu tierischen gerufen...
Nach dem schrecklichen Wildererfall von Annaberg, bei dem es Tote gab, ist die Polizei in Alarmbereitschaft. Nach einigen illegalen Abschüssen steht Brandner dann doch vor einer menschlichen Leiche im Wald. Außer einem Schuhabdruck und dem bereits bekannten Projektil gibt es keinerlei Spuren. Hat der Wilderer den Toten überrascht oder war es ein geplanter Mord?

Hans Meyer hat zwar im letzten Fall den Serientäter ausgeschaltet, jedoch seine Freundin Juliane verloren und schwört Rache. Seine Schwester Resi hat den Überfall noch immer nicht verkraftet und sucht Trost im Alkohol. Aus der hoffnungsvollen Musical Darstellerin ist ein psychisches Wrack geworden.

Leo Brandner gerät von seinem Vorgesetzten unter Druck. Die Spuren sind minimal und die Lösung meilenweit entfernt. Zusätzlich bremst ihm der lange Arbeitsweg und die Weigerung seiner Damen nach Sankt Pölten umzuziehen.

Obwohl es sich hier um den dritten Teil einer Trilogie handelt, kann Mostviertler Jagd auch alleinstehend gelesen werden, denn der Autor erinnert immer wieder an die Fälle in den Vorgängerbänden. Trotzdem empfehle ich wieder die Bücher der Reihe nach zu lesen, denn einige Bezüge zur Handlung sind für Neulinge der Trilogie manchmal schwer herzustellen.

Die Gegend rund um Waidhofen und Ybbsitz wurde wieder sehr detailliert und bildhaft dargestellt. Da ich die Gegend gut kenne, ist es immer besonders interessant, wenn man ein Buch liest, das in der eigenen Heimat spielt.
Aber auch der eigentliche Fall um den anfänglichen Wilderer und anschließenden Mörder ist gelungen. Doch handelt es sich wirklich um nur einen oder doch um zwei verschiedene Täter? Man rätselt bis zum Schluss und bekommt trotzallem ein stimmiges und logisches Ende.

Die Charaktere sind facettenreich dargestellt. Die meisten kennen wir schon aus den Vorgängerbänden, jedoch findet bei einer der Figur eine charakterliche Wandlung zum Positiven statt. Die Spannung steigt in der zweiten Hälfte stark an und der Autor legt gekonnt falsche Spuren. Das Ende ist stimmig und ein gelunger Abschluss der Trilogie.

Ich freue mich schon auf die Lesung mit dem Autor im Oktober. Es wird mein zweites Zusammentreffen mit Helmut Scharner sein.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eher ruhig und detailliert. Wechselnde Perspektiven sorgen für Spannung und Dynamik. In kursiver Schrift werden die Gedanken von Brandner eingeblendet und man kann sich noch besser in den Kommissar hineinversetzen. Die eher kurz gehaltenen Kapitel lassen sich schnell weglesen. Der Regionalkrimi ist atmosphärisch und birgt auch viel Lokalkolorit.

Fazit:
Der Abschlussband der Mostviertel-Trilogie hat mir insgesamt am Besten gefallen. Man merkt, wie sich der Autor mit seinem Büchern gesteigert hat. Mit viel Lokalkolorit, charismatischen Figuren und einigen falschen Spuren, die Scharner gekonnt legt, hat man einen spannenden Finalband in seinen Händen.