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Veröffentlicht am 11.09.2019

Spannender historischer Krimi

Rheinlandbastard
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Coblenz am Rhein, 1924. Sechs Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ist das Rheinland von den französischen Soldaten besetzt. Der Hass und das Misstrauen schwelt noch immer zwischen Deutschland und ...

Coblenz am Rhein, 1924. Sechs Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ist das Rheinland von den französischen Soldaten besetzt. Der Hass und das Misstrauen schwelt noch immer zwischen Deutschland und Frankreich. Aber auch die Rheinländer sind sich nicht wirklich einig, welchen Weg sie gehen wollen: Monarchie oder Republik? Franzose sein oder Deutscher? Durch den andauernden Kampf um dieses Gebiet herrscht große Unsicherheit.
Auf der Festung Ehrenbreitstein, die ich schon von einem historischen Roman "kenne", dessen Handlung ein Jahrhundert früher gespielt hat, befinden sich die französischen Besatzungssoldaten, die die Region bewachen.
Als einer ihrer Kameraden mit durchschnittener Kehle aufgefunden wird, denken alle zuerst an Widerstandskämpfer aus den deutschen Reihen. Als das Morden jedoch weiter geht, sieht der französische Ermittler Didier Anjou ein, dass er deutsche Amtshilfe benötigt. Er rechnet mit einem erfahrenen deutschen Kriminalkommissar, erhält jedoch den frisch von der Polizeischule kommenden Adalbert Wicker. Für ihn ein Affront, denn Anjou hat seit seinen Kriegserlebnissen an der Front für die Deutschen nicht viel über. So fällt es ihm schwer Vertrauen zu Wicker zu fassen. Zusätzlich verdächtigt der junge Kommissar eher die französische Seite, was Anjou noch mehr aufbringt. Doch zu seiner Überraschung freundet er sich nicht nur mit dem jungen Wicker an, sondern auch mit dem deutschen Rechtsmediziner von Hohenstetten.
Durch Adalberts französische Freundin Babette, die im Lazarett als Krankenschwester tätig ist, erhält er bald interessante Informationen und dén richtigen Fingerzeig, was hinter den Morden stecken könnte....

Dieter Aurass hat einen sehr temporeichen historischen Krimi geschrieben, der von der ersten Seite an spannend zu lesen ist. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und wieder einmal etwas dazugelernt, denn der historische Hintergrund war mir nicht wirklich bekannt. Es ist ein schwarzes Kapitel in der Geschichte, das noch immer totgeschwiegen wird. Mehr darf ich dazu nicht verraten, sonst würde ich spoilern.

Die Charaktere sind facettenreich und wunderbar gezeichnet. Ich konnte mir alle Figuren lebhaft vorstellen und habe besonders den jungen Adalbert Wicker ins Herz geschlossen. Dieter Aurass hat hervorragend recherchiert und ein Thema aufgerollt, das viel mehr an die Öffentlichkeit transportiert werden sollte. Man fiebert mit Babette und Adalbert, als auch mit Didier Anjou mit, während man einige grausame Morden mitverfolgt.

Mir waren die 272 Seiten fast zu kurz und ich hätte noch gerne etwas ausführlicher über die Hintergrunde oder die Aufklärung der Morde gelesen. Ein historischer Krimi, der gut und gerne noch 100 Seiten länger hätte sein können.

Fazit:
Ein spannender historischer Krimi, der ein bisher kaum bekanntes Thema aufgreift und wieder einmal die Grausamkeit der Menschen aufzeigt. Vielschichtige Charaktere und ein rasanter Schreibstil haben mich durch die - meiner Meinung fast zu wenig Seiten - durchrasen lassen. Wer gerne spannende historische Krimis liest, dem kann ich "Rheinlandbastard" auf jeden Fall empfehlen!

Veröffentlicht am 08.09.2019

Wunderschöne Naturstudien - ein gelungener Debütroman

Der Gesang der Flusskrebse
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Der Debütroman der 70jährigen Delia Owens ist momentan in aller Munde. Selbst Reese Witherspoon hat bereits die Filmrechte für sich beansprucht, nachdem sie den Roman selbst gelesen hat. Und ich muss sagen, ...

Der Debütroman der 70jährigen Delia Owens ist momentan in aller Munde. Selbst Reese Witherspoon hat bereits die Filmrechte für sich beansprucht, nachdem sie den Roman selbst gelesen hat. Und ich muss sagen, eine Verfilmung würde zu diesem atmosphärischen Buch wirklich hervorragend passen.

Im Prolog, der im Jahre 1969 spielt, wird Chase Andrews, beliebter Quarterback und Frauenheld, der die Autowerkstätte seinen Vaters übernommen hat, tot aufgefunden. Die Einwohner von Barkley Cove sind entsetzt. Aufgrund fehlender Spuren geht der Sheriff von Mord aus. Der Verdacht fällt sehr schnell auf das eigenartige Marschmädchen, zu dem Chase einige Zeit in die Salzwiesen und Sandbänke vor Ort rausgefahren ist. Die Vorverurteilung greift rasch um sich....

Danach sind wir im Jahre 1952 und lernen die erst fünfjährige Catherine Danielle Clark, genannt "Kya", kennen. Ihre Mutter hat eben erst die Familie verlassen. Bald folgen ihr Kyas wesentlich älteren Geschwister. Das kleine Mädchen bleibt mit ihrem Vater in ihrem kargen Zuhause ohne Strom und fließend Wasser im Marschland von South Carolina zurück. Der Trinker und gewalttätige Mann kümmert sich weder um seine Tochter, noch um Vorräte, damit Kya etwas zu Essen hat. Als sie schulpflichtig wird, holt sie die Schuldirektorin ab, doch der erste Schultag wird zum Desaster und das Marschmädchen, wie die Einwohner der kleinen Stadt Kya nennen, wird noch mehr zur Außenseiterin. Nur umgeben von Marschland, ohne Geld, versucht sie zu überleben. Trost sind ihr die Vögel und die Natur, die sie umgibt. Sie sammelt Federn und Muscheln, lebt mit der Natur im Einklang und legt eine kleine Sammlung ihrer Errungenschaten in der Hütte an.
Das Motorboot ihres Vaters dient ihr schlussendlich zur Fortbewegegung. Bis sie es lernt zu steuern dauert es etwas, doch dabei stößt sie auf Tate, der in den Sümpfen angelt. Früher, als ihre Mutter noch zuhause wohnte, war Tate öfters zu Besuch und spielte mit Kya. Im Laufe der Zeit versucht er ihr zu helfen und lernt Kya lesen und schreiben. Um Nahrung zu bekommen verkauft sie Muscheln an den afroamerikanischen Ladenbesitzer Jumpin'. Er wird gemeinsam mit seiner Frau Mabel zu ihrer einzigen Bezugsperson neben Tate werden, vorallem nachdem dieser zum Studium in die nächste größerer Stadt aufbricht. Kya wird wiederum verlassen, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünscht als Freundschaft und Liebe. Sie möchte keine Außenseiterin mehr sein.

In zwei Zeitebenen, die sich nach und nach annähern, lesen wir zuerst von Kya als Kind und später als erwachsene Frau, wobei es immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit gibt. Kya wächst isoliert, nur umgeben von der Natur auf. Sie zieht sich immer mehr von den Menschen zurück, die nur selten ins Marschland kommen und diese verabscheuen. Die Ausgrenzung, der Kya ausgesetzt ist, tat mir beim Lesen richtig weh. Doch Kya ist nicht die Einzige, denn in den 1960iger Jahren in den USA ist die Zweiklassengesellschaft zwischen Weißen und Schwarzen noch sehr ausgeprägt.

Die Entwicklung von Kya zur Frau wird sehr gefühlvoll und einfühlsam beschrieben. Delia Owens versteht es das Marschland bildhaft und eindringlich darzustellen. Man hat das Gefühl gemeinsam mit Kya anwesend zu sein. Die einzigartigen Naturschilderungen, Flora und Fauna, spielen im gesamten Roman eine große Rolle. Später kommen noch kriminalistische Elemente und eine Gerichtsverhandlung hinzu. Der Roman hat einen Sog, den man sich kaum entziehen kann und der sich von der Masse abhebt. Man könnte noch so viel zu dieser Geschichte sagen, aber dann würde diese Rezension noch länger werden.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber trotzdem. Obwohl ich offene Enden nicht mag, wäre für mich der Roman kurz nach der Gerichtsverhandlung zu Ende gewesen. Doch die Autorin erzählt im Schnellverlauf das weitere Geschehen bis hin zum Tod der Protaginistin. Das wäre für mich nicht notwendig gewesen und zerstörte etwas die Atmosphäre.

Schreibstil:
Die Charakter- und Naturstudien wurden von der Autorin in ihrem Debütroman einfach einzigartig dargestellt. Der wunderbare poetische Schreibstil lässt einem in der Handlung versinken. Die Geschichte fesselt ungemein. Aber auch die Entwicklung von Kaya vom Kind zur Frau, ihre Gefühle und Beobachtungen, sowie der Wunsch dazuzugehören, sind immer gegenwärtig und spürbar.
Dazwischen gibt es auch Zitate und Gedichte, die in die Handlung miteingebracht wurden.
Am Anfang findet man eine Karte der Region zur besseren Übersicht.

Fazit:
Ein Roman, der sich aus der Masse abhebt, dessen Inhalt nachdenklich stimmt und in Erinnerung bleibt.
Wunderschöne Naturstudien und ein malerisch poetischer Schreibstil machen diesen Debütroman (!) zu etwas ganz Besonderem. Auch wenn ich das Ende nicht ganz gelungen fand, vergebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 07.09.2019

Für mich leider enttäuschend

Das Schmetterlingszimmer
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Zu Beginn befinden wir uns im Jahre 1943 in Suffolk an der englischen Ostküste. Die siebenjährige Posy Montague erlebt den letzten Sommer mit ihrem heißgeliebten Vater, der ihr die Natur näher bringt und ...

Zu Beginn befinden wir uns im Jahre 1943 in Suffolk an der englischen Ostküste. Die siebenjährige Posy Montague erlebt den letzten Sommer mit ihrem heißgeliebten Vater, der ihr die Natur näher bringt und sie liebevoll seine kleine Fee nennt. Nachdem er aus dem Krieg nicht mehr zurückkehrt, ändert sich ihr Leben auf drastische Weise. Poy muss ihr geliebtes Admiral House verlassen und wird bei ihrer Großmutter wohnen. Einzig die Liebe zu ihrem Vater und den Naturwissenschaften bleiben Posy ihr Leben lang.

Auch dieser Roman von Lucinda Riley wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei allerdings diesmal der Gegenwartsstrang aus dem Jahre 2006 den Hauptteil einnimmt. Nur vereinzelt kommt es zu Rückblicken in Posy's Vergangenheit als Studentin und junge Frau. In diesem Abschnitten werden auch die Geheimnisse teilweise gelüftet, um die die Handlung aufgebaut wurde.
Der Großteil des Romans besteht allerdings aus einem Familiendrama rund um die fast 70-jährige Posy, ihren zwei Söhnnen Nick und Sam samt ihren Familien und ihrer ehemaligen Jugendliebe Freddie, der nach fast 50 Jahren wieder in ihr Leben tritt. Dabei kann die Autorin locker mit seichten Vorabendserien oder auch Hauptabendprogramm a la Dallas mithalten, denn Drama gibt es genug, welches manchmal auch ins Kitschige abdriftet. Das ewige "Mein Schatz", "meine Liebe", "mein liebes Kind" nervte mich nach einiger Zeit gewaltig.
Zusätzlich schreibt Riley schreibt in ihrem neuen Roman um den heißen Brei herum, dass ich das Buch sogar einmal am liebsten in die Ecke gepfeffert hätte. Da werden Dialoge begonnen, bei denen endlich eine Offenbarung stattfinden soll, auf die der Leser schon einige Kampitellängen hofft und dann erzählt einer der Protagonisten einem anderen das große Geheimnis, aber der Leser wird nicht eingeweiht. In zwei Sätzen ist somit die Anspannung verpufft und man denkt sich nur WTF?

Natürllich müssen wir noch weitere 400 Seiten warten bis endlich eines der Geheimnisse in ein-zwei Sätzen auch uns erzählt wird, um dann schnell das Thema zu wechseln und sich dem nächsten Drama zu widmen.
Riley hat hier eindeutig zu viele Baustellen offen, bei denen sie sich letzendlich ziemlich verzettelt. Manchmal dachte ich, sie hat irgendwie keinen Plan wohin ihre eigene Geschichte gehen soll. Es passiert einfach auf den 600 Seiten nicht wirklich viel...
Zu konstruiert und gleichzeitig aber auch schwammig wird die geschichte rund um das geheimnisvolle Schmetterlingszimmer aufgebaut. Dieses ist auch der rote Faden des Romans, der letztendlich viel zu schnell abgehandelt wird.
Eine Figur, die einen wichtigen Part inne hatte, lernte man kaum kennen, was ich sehr schade fand. Hier hätte ich sehr gerne mehr über diesen Charaktere erfahren, deri m Leben eines Familienmitgliedes eine große Rolle spielte.

Leider konnte mich die Autorin diesmal nicht wirklich überzeugen. Während die kürzeren Einschübe aus der Vergangenheit interessant und lebedig geschildert werden, konnte mich der Gegenwartstrang nicht wirklich fesseln. Zu vorhersehbar, zu viel Drama und Kitsch und reichlich Überlängen machten es mir besonders in der Mitte schwer dranzubleiben.

Aber ich will nicht nur kritisieren. Rileys Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und überzeugend. Man fliegt durch die Seiten - trotz mancher Längen. Die kurzen Abschnitte aus der Vergangenheit mochte ich gerne. Das Geheimnis um Posy und Freddie war nicht vorherhsehbar und konnte mich überraschen. Leider sind für mich diese wenigen Kriterien die einzigen Pluspunkte des Romans.

Ich weiß die Autorin kann es besser, deswegen freue ich mich auch schon auf ihren nächsten Roman, den sechsten Band ihrer Sieben Schwestern Reihe im November, der uns nach Afrika führt.

Fazit:
Leider konnte mich der neue Roman der Autorin nur bedingt fesseln. Zu viel Drama, Kitsch und etliche Längen zeigen nicht das wahre Potential der Autorin. Sie verliert sich in zu viele Baustellen und handelt wichtige Sequenzen zu schnell ab, während andere zu viel Aufmerksamkeit bekamen. Die Story hat mich emotional nicht wirklich erreicht und bleibt für mich, neben "Helenes Geheimnis", das schlechteste Buch der Autorin. Schade!

Veröffentlicht am 05.09.2019

Noch bedrückender, aber tolle Gesellschaftskritik

Wir gegen euch
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Fredrik Backman´s Bücher sind meiner Meinung sehr unterschiedlich ausgefallen. "Ein Mann namens Ove" und "Britt-Marie war hier" sind amüsante Romane mit schrulligen Protagonisten und haben mir gefallen. ...

Fredrik Backman´s Bücher sind meiner Meinung sehr unterschiedlich ausgefallen. "Ein Mann namens Ove" und "Britt-Marie war hier" sind amüsante Romane mit schrulligen Protagonisten und haben mir gefallen. "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" mochte ich hingegen gar nicht. "Kleine Stadt der großen Träume", Teil 1 der "Beartown-Reihe", war bereits anders und hat von mir die volle 5 Sterne-Anzahl bekommen. Die Geschichte war gesellschaftskritisch und bot vorallem eine unvergleichliche Atmosphäre. Zusätzlich hat mir Backman noch das Eishockey näher gebracht.
Kaum hatte ich die ersten des neuen Buches Seiten gelesen, fühlte ich mich wieder in Björnstadt angekommen. Wer Teil Eins nicht kennt, sollte keinerlei Schwierigkeiten haben in den Roman zu finden, denn der Autor geht auf die wichtigsten Ereignisse nochmals ein. Und wer tatsächlich einiges vergessen hat, der wird sich sehr bald wieder an viele Begebenheiten zurückerinnern....

In der Fortsetzung wird es um einiges bedrückender. Nach den schrecklichen Zwischenfällen im ersten Band wollen die Menschen in Björnstadt wieder zusammenfinden, doch dann soll der Eishockey-Club geschlossen werden. Eine Katastrophe, wo doch der Eishockeysport für die Menschen in der kleinen Stadt das Lebensexelir ist. Obwohl ich noch immer kein Eishockeyfan bin, fand ich das Thema, welches sich wieder wie der rote Faden durch die Geschichte zieht, auch diesmal wieder spannend erzählt. Denn eigentlich bewirkt der Autor mit seinem Roman etwas ganz anderes: Es geht es um das Zwischenmenschliche. Obwohl Backman die Handlungen aus großer Distanz beleuchtet, sind es keine aufeinanderfolgenden Geschehnisse, sondern man lebt mit allen Figuren mit. Man verspürt genauso Wut, Trauer, Hass, Verzweiflung, Vergebung, Mut und Liebe. Und genau das kann Fredrik Backman so lebendig und gefühlvoll beschreiben, dass man sich nicht als Beobachter fühlt, sondern einfach mit den Figuren alles durchlebt, was in der Kleinstadt passiert. Da wird gemobbt, gekämpft, geschmiert und getrauert.

Die komplexe Handlung ist keine leichte Kost und die tragischen Augenblicke überlagern den Roman. Trotzdem konnte mich die Geschichte wieder emotional packen. Die schnellen Perspektivwechsel und einige Cliffhanger lassen einem das Buch kaum aus der Hand legen.
Trotz der vielen Charaktere hat man keine Probleme diese auseinander zu halten oder das Gefühl zu haben, man wäre auf zu vielen "Baustellen". Viele Figuren kennt man bereits aus dem ersten Band, wie Maya, Peter, Ana, Bobo, Amat oder Benji. Zwei sehr facettenreiche Neuzugänge sind Elisabeth Zackell, die neue Trainerin und der schmierige Politiker Richard Theo. Konfliktsituationen sind somit vorprogrammiert.

Hass und Gewalt dominieren in vielen Teilen und verbreiten manchmal auch eine Hoffnungslosigkeit, die die Stimmung öfters regelrecht drückt. Trotzdem gelingt es Backman immer wieder mit einer Prise Hoffnung oder witzigen Szenen, wie z. Bsp. in Ramonas Lokal "Bärenpelz", diese auszugleichen.
Regelrecht gefangen nahmen mich die tiefgründigen Zitate und Metaphern, die diesen Roman einfach unvergleichlich machen.
Mit einem hoffnungsvollen Ende versöhnt der Autor sich mit dem Leser, den er auf diesen 544 Seiten durch eine Achterbahn der Gefühle geschickt hat. Grandios!

Fazit:
Fredrik Backmann erzählt nicht nur die Geschehnisse, er beleuchtet sie aus großer Distanz, philosophiert und schildert seine Gedanken und Eindrücke auf hohem Niveau. Der Schreibstil ist einzigartig und man würde am liebsten den Bleistift zücken und alle tiefsinnigen Zitate niederschreiben. Ich bin auch von Teil zwei von "Beartown" begeistert und gebe eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.09.2019

Lass uns entschleunigen

Das kleine Café in Kopenhagen
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Während vor kurzem der dritte Band der Romantic Escape Reihe erschienen ist, habe ich mir den ersten Band geschnappt, der in meinem SuB-Regal langsam zu verstauben drohte. Das Buch habe ich mir gebraucht ...

Während vor kurzem der dritte Band der Romantic Escape Reihe erschienen ist, habe ich mir den ersten Band geschnappt, der in meinem SuB-Regal langsam zu verstauben drohte. Das Buch habe ich mir gebraucht gekauft und vermutlich werde ich mir auch noch die Folgebände zulegen - ganz sicher aber Band 4, der nächstes Jahr erscheinen wird und in Island spielen soll.

Dieses Buch von Julie Caplin ist ein wunderschöner Wohlfühlroman und das kann man wirklich so sagen, denn das Thema und der rote Faden im Buch ist HYGGE - der Trend aus Dänemark. Diesen soll PR-Frau Kate auch anderen Menschen näher bringen. Eine Pressereise nach Kopenhagen zu diesem Thema ist ihre letzte Chance in der PR-Agentur in der sie arbeitet, nachdem ihr Freund und Arbeitskollege ihr die Idee geklaut hat und statt ihr befördert wurde. Nun soll sie für die Agentur einen Kunden gewinnen, der eine Filiale seiner dänischen Kaufhauskette in London eröffnen will. Zu diesem Zweck soll Kate sechs Journalisten überreden mit ihr nach Kopenhagen zu fliegen und über den Hygge-Trend, den wohligen und gemütlichen Lifestyle der Dänen, zu berichten.

„Hätten Sie Interesse an einer Pilgerreise nach Kopenhagen, um herauszufinden, warum die Dänen als glücklichste Nation der Welt gelten? Es sind fünf Tage zu veschiedenen Zielen, darunter ein Besuch des Dänischen Instituts für Glücksforschung.“

Die fünf Kandidaten sind schnell gefunden, doch Benedict Johnson, der für TOP-Journalist unter ihnen, der für die Agentur am Wichtigsten erscheint, hat abolut keine Lust sich diesem trivialen Thema zu widmen. Von Beginn an fliegen die Fetzen zwischen Ben und Kate, der dafür sorgt, dass sie kaum zur Ruhe kommt und der die Reise immer wieder stört. Doch er ist nicht der Einzige, der Kate das Leben schwer macht. Denn obwohl sie alles bis aufs Kleinste organisiert hat, muss Kate erleben, dass ein Sack Flöhe leichter zu hüten ist. Die kleine Reisegruppe benimmt sich oftmals daneben und stellt Kate vor richtigen Herausforderungen. Doch das Chaos wird erst perfekt, als Josh, ihr Exfreund und Kollege, auftaucht, der ihr unter die Arme greifen und die Lorbeeren wieder für sich einheimsen will.

Kopenhagen steht schon länger auf meiner Wunsch-Reiseliste. Leider habe ich die dänische Hauptstadt noch nicht besucht. Julie Caplin gelingt es sehr schnell diese Sehnsucht zu wecken und Bilder im Kopf zu erzeugen. Wäre die Stadt nicht schon ganz oben auf meiner To-do-list, wäre sie es spätestens nach diesem Roman.
Julie Caplin führt den Leser durch das wunderschöne Kopenhagen und lädt ihn ein, an wunderschönen Plätzen und hyggeligen Café`s zu rasten. Eines dieser Kaffeehäuser ist das Café Varme, deren Besitzerin Eva Kate Trost bei Kaffee und Gebäck spendet. Ihr Café ist der Inbegriff von Hygge und Eve wohl die liebenswerteste Inhaberin.

Die Erlebnisse der bunten Chaos-Gruppe sind amüsant und witizg beschrieben. Bis zum Ende rätselt man, ob es Kate gelingen wird den Kunden zu überzeugen und wie sich ihre Truppe letztendlich verhalten wird. Obwohl die Idee nicht unbedingt neu ist, versteht es die Autorin den Leser in die Geschichte eintauchen zu lassen und sie zu genießen.
Einige Wendungen sind etwas vorhersehbar, was aber nicht weiter stört. Jane Caplin hatte zwar öfters ihre rosarote Brille beim Schreiben auf, aber der Roman soll ja auch das Hygge-Gefühl vermitteln und das tut er von der ersten bis zur letzten Seite.
Der Autorin ist ein warmherziger Wohlfühlroman gelungen, der Lust auf die weiteren Bände macht.

Charaktere:
Kate ist eine sehr liebenswerte Protagonistin und eine echte Powerfrau. Doch in Kopenhagen bemerkt sie schnell, dass es noch mehr vom Leben gibt, als beruflichen Erfolg. Bald findet sie am Trend Hygge immer mehr gefallen.
Die Lifestyle Bloggerin Fiona ist eine schüchterne junge Frau und eine begnadete Fotografin. Avril ist eine bekannte TV-Journalistin und ein Luxusweibchen - privat aber unsicher. Food-Journlistin Sophie richtet ihr Leben nach ihrem Freund aus und ist eine gute Freundin von Kate. Lokaljournalist David arbeitet von zuhause aus und vereinsamt immer mehr. Conrad schreibt für ein Hochglanzmagazin und ist ein Experte für Designermöbel, aber auch für Alkohol. Ben ist anfangs ein übellauniger Mensch, der sich nicht an die Spielregeln halten will. Doch er versteckt einen weichen Kern unter seiner rauen Schale.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist leicht, bildhaft und unterhaltsam. Die Charaktere sind facettenreich und manchmal etwas überspitzt. Witz und Situationskomik wechseln sich mit bildhaften Beschreibungen der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten ab.

Auf der Innenseite des Umschlages befindet sich eine Karte von Kopenhagen mit der man die Stationen der Gruppe mitverfolgen kann.

Fazit:
Julie Caplin gelingt es mit ihrem Auftaktband zur Romantic Escape Reihe den Leser auf eine witzige, aber auch lebendige Weise nach Kopenhagen mitzunehmen und das Gefühl von Hygge zu vermitteln. Der warmherzige Wohlfühlroman lässt einem zurücklehnen, die Füße hochlegen und entschleunigen. Manchmal blickt die Autorin zu sehr durch die rosarote Brille. Als Leser drückt man aber gerne ein Auge zu.