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Veröffentlicht am 08.05.2019

Spannende Fortsetzung

Das Weingut. Aufbruch in ein neues Leben
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In meiner Rezension des ersten Teils habe ich eben entdeckt, dass ich dachte hier handelt es sich um eine Dilogie...nein, es wird eine Trilogie und Band 3 wird im September dieses Jahres erscheinen. Und ...

In meiner Rezension des ersten Teils habe ich eben entdeckt, dass ich dachte hier handelt es sich um eine Dilogie...nein, es wird eine Trilogie und Band 3 wird im September dieses Jahres erscheinen. Und wer diese Trilogie beginnt, dem kann ich versprechen, dass er sicherlich genauso den letzten Band entgegenfiebern wird, wie ich.

Band 2 schließt dort an, wo Band 1 aufgehört hat. Die Autorin stellt die Charaktere zwar anfangs nochmals vor und geht auf einige Details aus dem ersten Teil ein, jedoch ist es sinnvoll mit dem ersten Teil anzufangen und danach "Aufbrauch in ein neues Leben" zu lesen. Und für Irene, als auch für Franz, ist es genau das, denn ihre Wege trennen sich.
In jeweils einem eigenen Handlungsstrang begleiten wir die beiden liebgewonnen Charaktere weiter. Im dritten Erzählstrang leiden wir mit Franz Mutter Pauline, die von ihrem Ehemann in die Irrenanstalt eingewiesen wurde. So kann er seine Frau kontrollieren und er hat eine bessere Möglichkeit ans Erbe zu kommen, das eigentlich Franz zusteht.
Irene versucht sich indessen mit Fränzel durchzuschlagen, sowie eine neue Bleibe und Arbeit zu finden. Dies erweist sich anfangs alles andere als einfach, bis sie eine Stelle als Nopperin in einer Tuchfabrik findet. Doch die Arbeitsbedingungen sind schlecht und der Lohn reicht kaum zum Überleben.

Die eingeflochteten historischen Fakten ziehen sich wie schon im ersten Band durch die Geschichte. Marie Lacrosse hat sich im zweiten Teil vorallem der Ausbeutung der Arbeiter und der Industralisierung gewidmet. Als Leser erhält man Einblick in die Arbeitswelt der Textilherstellung und kann sich kaum vorstellen unter welchen Bedingungen Frauen und Männer, als auch Kinder, damals arbeiten mussten. Besonders Kinder wurden bei den gefährlichen Maschinen eingesetzt, denn der Lohn für die Erwachsenen reicht kaum um über die Runden zu kommen. Obwohl Kinderabeit bis zu einem gewissen Alter verboten ist, kümmert sich kaum jemand darum, denn jede Münze mehr im Geldbeutel bedeutet Essen.
Diese Zeit war auch der Beginn der Gewerkschaften, die sich gegen die unmenschlichen Methoden und Grausamkeiten der Arbeitgeber zu wehren begannen. Mit Josef Hartmann lernt Irene einen dieser Männer kennen, die sich für die Rechte der Arbeiter einzusetzen versuchen.

Aber auch bei Franz auf dem Weingut ist nicht alles eitel Sonnenschein. Immer wieder gibt es Streitereien, bis Franz sich vom Vater und der Heimat abwendet. Als Sohn einer Französin fühlte er sich schon immer mehr als Franzose, anstatt als Deutscher. Durch die Besetzung des Elsasses durch die Preußen gerät er jedoch wieder in einem Konflikt, der ihn in große Gefahr bringen kann.
Obwohl sich Franz anfangs vom Weingut abwendet, erfährt der Leser in diesem zweiten Teil mehr über den Weinanbau und auch den Versuch Eiswein herzustellen. Da ich selbst in der Nähe eines Weinbauangebietes wohne, war mir Eiswein bekannt, denn auch dieser wird bei uns in der Wachau erzeugt.
Die Abläufe auf dem Weingut werden ebenso interessant dargestellt, wie die Versuche menschliche Bedingungen in den Textilfabriken zu erlangen. Die Autorin hat wie üblich eine akribische Recherche betrieben, die diese Zeit des Umbruchs wunderbar lebendig werden lässt.

Im dritten Erzählstrang, der sich um Pauline dreht, erlebt man als Leser Methoden, die in der Psychatrie eingesetzt werden, die einem sprachlos zurücklassen. Ob es Pauline schafft zu überleben und die Anstalt wieder verlassen kann, müsst ihr selbst lesen.

Das Ende ist diesmal nicht offen, was ich als angenehm empfunden habe. Trotzdem kann ich es kaum erwarten Band 3 in den Händen zu halten, der im September erscheinen wird.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Marie Lacrosse/Marita Sprang ist wie immer einfach grandios. Sie schreibt fesselnd und man hat das Gefühl nur durch die Seiten zu fliegen...trotz der hohen Seitenanzahl. Die vielschichtige Handlung bietet Spannung und Dramatik.
Jeder Charakter entwickelt sich in der Geschichte weiter und bei einem oder zwei erlebt man sogar noch eine große Überraschung.
In der Klappbroschur findet ihr außerdem ein ausführliches Personenverzeichnis, ein Glossar, ein Nachwort der Autorin und eine kleine Leseprobe des dritten Teiles.

Fazit:
"Das Weingut: Aufbruch in ein neues Leben" hat mir noch besser gefallen als der erste Band der Reihe. Die Autorin hat diese Zeit des Umbruchs wunderbar lebendig werden lassen und wie immer fabelhaft recherchiert. Marie Lacrosse aka Marita Spang bringt wie kaum eine andere Autorin dem Leser Geschichte so wunderbar lebendig nahe, dass es eine Freude ist ihre Bücher zu lesen und mit ihren Figuren mitzufiebern.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Vom Feldjäger zur Security

Falschspiel
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Auch der dritte Band rund um Feldjäger Mark Becker und Oberkommissarin Lisa Schäfer ist gewohnt actionreich ausgefallen. Nach Band 1 und 2 war ich sehr auf den neuen Fall gespannt, der nahtlos an "Das ...

Auch der dritte Band rund um Feldjäger Mark Becker und Oberkommissarin Lisa Schäfer ist gewohnt actionreich ausgefallen. Nach Band 1 und 2 war ich sehr auf den neuen Fall gespannt, der nahtlos an "Das dunkle Netz" anschließt.

Silvia Stolzenburg gelingt es immer wieder mich von der ersten Seite an in den Bann zu ziehen. Schon der Prolog verschaffte mir Gänsehaut.
Danach erfahren wir im ersten Kapitel, dass Mark nach dem eher unglücklichem Ende des letzten Falles, um ein Disziplinarverfahren zu umgehen, die Bundeswehr verlässt. Er nimmt ein Jobangebot seines ehemaligen Kameraden Michael Kuhn als Sicherheitsfachmann an, der seine neue Securityfirma gerade im Aufbau hat. Der neue Job bringt große Anforderungen, denn Kuhns Firma soll die Sicherheitsvorkehrungen für das Volksfest an der Cannstädter Wasen erstellen. Ein Großauftrag und noch viel zu wenig Personal! Kurze Zeit später entdeckt Mark eine Wanze in seinem Auto und beim Checken des Volksfestgeländes wird eine Handgranate ins Festzelt geschmissen, in dem er gerade steht. Hat es jemand auf Marks Leben abgesehen oder will die Konkurrenz die neue Sicherheitsfirma ausschalten?

Im Gegenzug hofft Lisa Schäfer endlich wieder einen neuen Fall auf den Tisch zu bekommen. Und sie braucht nicht langne zu warten. Ein junger Mann wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert - versuchter Mord. Kurze Zeit später ist er tot - erwürgt. Die Polizei geht zunächst davon aus, dass der junge Mann in ein Drogendelikt verwickelt ist. Doch es bleibt nicht bei diesem einem Todesfall... Gibt es Verbindungen zu den Todesfällen und den Anschlägen?

Während sich privat Lisa und Mark näher kommen, ändert sich an Marks altem Verhalten nicht wirklich etwas. Er lässt auch in diesem Fall alle rechtlichen Vorschriften außer acht und bleibt seinem Stil treu.
Auch Marks Hacker-Freund Lukas ist wieder mit von der Partie und eine große Hilfe bei der Auflösung des Falles. Als sich die Ereignisse zu überschlagen beginnen, ist Lukas in seinem Element.

Der neue Thriller lässt sich wieder schnell lesen und ich war innerhalb kürzester Zeit durch. Der Schreibstil von Silvia Stolzenburg ist wie immer rasant und temporeich. Die Spannungskurve bleibt die ganzen 278 Seiten konstant oben. Die kurzen Kapitel unterstreichen die rasante Handlung noch mehr. Allerdings muss ich sagen, dass es mir langsam zu actionlastig und explosiv wird und die Realitätsnähe immer mehr auf der Strecke bleibt. Schon im letzten Teil fand ich einige Handlungen zu abgedreht. Oft erinnerte mich die eine oder andere Szene an einem amerikanischen Actionfilm in dem der Held unverwüstlich bleibt und sämtliche Mordanschläge mit einer Handbewegung zur Seite wischt. Dadurch fand ich einige Ereignisse etwas unrealistisch. Auch die Ermittlungsarbeit geriet diesmal aufgrund der Action ins Hintertreffen.
Trotzdem war ich wieder in der temnporeichen Erzählung gefangen und konnte den Thriller kaum aus der Hand legen. Innerhalb kürzester Zeit war ich damit durch.

Fazit:
Wer es gerne rasant und explosiv mag, ist hier bestens aufgehoben. Mark Beckers drittes Abenteuer ist wieder Hochspannung pur, jedoch erinnerten mich diesmal doch so einige Szenen an amerikanische Actionsfilme. Die Ermittlungsarbeit blieb mir zu sehr auf der Strecke und auch die Auflösung in Lisas Fall war mir zu unrund.

Veröffentlicht am 06.05.2019

Liebesgeschichte fern aller Klischees - TOP!

Kuckuckssohn
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Der Roman fiel mir bei Lovelybooks ins Auge, weil Ingrid Zellner als Co-Autorin angegeben wurde. Von ihr habe ich bereits den Krimi "Adlerschanze" aus dem Silberburg Verlag gelesen, der mir sehr gut gefallen ...

Der Roman fiel mir bei Lovelybooks ins Auge, weil Ingrid Zellner als Co-Autorin angegeben wurde. Von ihr habe ich bereits den Krimi "Adlerschanze" aus dem Silberburg Verlag gelesen, der mir sehr gut gefallen hat und der auch von mir 5 Sterne bekommen hat. Nun hat sie gemeinsam mit Simone Dorra den Liebes- und Familienroman "Kuckuckssohn" geschrieben.

Als "Kuckuck" in der Familie Gebhard entpuppt sich nach dem Tod des Familienoberhauptes und Unternehmers Traugott Gebhard sein unehelicher Sohn Göran. Traugott verliebte sich einst auf einer Geschäftsreise in eine Schwedin, die von ihm schwanger und seine große Liebe wurde. Bei der Testamentseröffnung erfahren auch seine ehelichen Söhne Markus und Julian von diesem Fehltritt und sind mehr als aufgebracht. Es kommt zu einem handfesten Streit, denn Julius und Markus glauben nicht, dass Göran tatsächlich Traugotts Sohn ist. Dieser reist daraufhin erbost wieder ab und schlägt seinen Erbteil aus. Einzig Markus Ehefrau Elisabeth und ihre gemeinsame Tochter Vivian glauben Göran und bleiben mit ihm weiterhin in Verbindung.

Die Geschichte lässt sich wunderbar lesen und steckt voller Überraschungen. Obwohl es in gewissem Maße ein Liebesroman ist, gibt es hier weder Kitsch, noch unglaubwürdige Szenen. Es ist eine Geschichte, die mitten aus dem Leben gegriffen ist und in der Elisabeth die Hauptprotagonistin ist. Einst die rechte Hand ihres Schwiegervaters, ist sie nach seinem Tod nur mehr lästiges Anhängsel ihres Mannes, der sie bevormundet wie ein kleines Kind. Tochter Vivian steht kurz vor ihrem Schulabschluss und zieht in wenigen Monaten in ihre eigene WG um ihr Studium zu beginnen. Elisabeth fühlt sich nutzlos und als ihr Mann noch den gemeinsamen Familienurlaub absagt, nimmt sie sich Vivians Worte zu Herzen und bucht selbst eine sponate Reise. Sie landet in Stockholm, der Lieblingsstadt ihres Schwiegervaters und weitet ihre Reise nach Kiruna aus, wo sie Görans Freunde und das einfache Leben in der Natur kennenlernt. Gleichzeitig entdeckt sie sich selbst ein bisschen mehr und überlegt ihr Leben von nun an zu ändern...
Wer jedoch glaubt den Fortgang dieses Romans bereits zu kennen, der erlebt noch die eine und andere Überraschung. "Kuckuckssohn" ist weit entfernt von Klischees und den typischen Liebesromanen.

Den Autorinnen ist es gelungen die Charaktere authentisch und realistisch zu zeichnen. Sie haben Ecken und Kanten und stecken auch voller Überraschungen. Elisabeth ist eine bodenständige Frau, die an ihrer Ehe festhält und an ihre Familie glaubt. Eine Affäre kommt für sie nicht in Frage, und doch fühlt sie sich bei Göran mehr als wohl. Sie beginnt ihr Leben zu überdenken und genießt die wunderschöne schwedische Landschaft und das Leben inmitten der traumhaften Natur. Aber auch ein langgehegter Wunsch, den sie nach ihrer Eheschließung ad acta gelegt hat, nimmt wieder Form an. Sie beginnt nach ihrem Schwedenaufenthalt ihr Leben umzukrempeln.

Die wunderbaren bildhaften Beschreibungen von Stockholm, ebenso wie von Kiruna in Nordschweden wecken die Sehnsucht sofort die Koffer zu packen und in den Norden zu reisen. Auch ich bin ein Fan der schwedischen Hauptstadt, war aber noch nie weiter nördlich. Bildlich durfte ich mit diesem Roman nun dorthin reisen und habe wundervolle Lesestunden verbracht.

Fazit:
Eine fesselnde Familiengeschichte, die mit überraschenden Wendungen und der traumhaft beschrieben Kulisse Nordschwedens mehr als punkten kann. Eine Liebesgeschichte fern aller Klischees, realistisch und voller spannender Überraschungsmomente. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.05.2019

Dein Herz oder sein Herz?

Dein fremdes Herz
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Bewertung: 3 1/2 Sterne

Dies ist mein erstes Buch der Autorin, obwohl ich gerade bemerkt habe, dass ich einen weiteren Roman von Kati Seck in meinem Bücherregal stehen habe, den ich mir für meine gesammelten ...

Bewertung: 3 1/2 Sterne

Dies ist mein erstes Buch der Autorin, obwohl ich gerade bemerkt habe, dass ich einen weiteren Roman von Kati Seck in meinem Bücherregal stehen habe, den ich mir für meine gesammelten Punkte bei der Lesejury geholt habe. In der aktuellen Geschichte, die ich eben beendet habe, nimmt sich die Autorin dem wichtigen Thema der Organspende an.

Zu Beginn war ich sofort gefangen von der wunderschönen poetischen Sprache und den bildhaften Beschreibungen der Landschaft. Dadurch habe ich die 320 Seiten eher langsam gelesen und Satz für Satz genossen. Mit der Figur von Nela, die nur für ihre Arbeit lebt und unter einer Zwangstörung leidet, wurde ich aber leider nicht wirklich warm. Die junge Frau hat noch immer am Verlust ihres Vaters zu knabbern. Dieser hat vor 15 Jahren die Familie von einem Tag auf den anderen ohne ein Wort verlassen und sein "geliebtes Meermädchen" zurückgelassen. Er hat nochmals geheiratet und ist bald darauf verstorben. Nelas Mutter leidet an Demenz und lebt im Heim. Die beiden Frauen hatten nie ein herzliches Verhältnis zueinander, wodurch Nela noch einsamer wirkt. Eines Tages erhält sie ein Paket mit alten Briefen, die ihr die zweite Frau ihres Vaters zugeschickt hat. In diesen Briefen schreibt Ellen an ihrem Mann Hannes, Nelas Vater. Darin teilt sie ihre Gedanken und Gefühle ab ihren ersten Zusammentreffen bis zu seinem Tod mit. Im ersten Brief erfährt Nela, dass das Herz ihres Vaters gespendet wurde. Beigelegt ist ein Zeitungsartikel über einen Teenager, der ein Herz just am selben Tag bekommen hat, als ihr Vater starb. Damit schickt Ella sie auf die Reise zu diesem Jungen, in dessen Brust Hannes Herz schlägt. Nela nimmt diese Herausforderung an und reist ans Meer zu Maximilian, der das Spenderherz erhalten hat..

Das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt auf dem zerütteten Familienleben und dem Verlust des Vaters. Das Thema Organspende nahm für mich vorallem in der Mitte des Romans zu wenig Raum ein, obwohl es der eigentliche rote Faden sein sollte, wenn man vom Titel und Klappentext ausgeht.
Mit der Reise an die Ostsee und den Briefen von Ellen im Gepäck versucht Nela sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Nach und nach liest Nela die Briefe an Hannes und taucht tief in die Vergangenheit ihres Vaters ein. Diese werden in einer Schriftart dargestellt, die einer Handschrift gleicht und sich leider etwas schlecht lesen lässt. Trotzdem sind die Worte, die Ellen an ihren Mann richtet, voller Liebe und Traurer und offenbaren für Nela immer mehr über ihren Vater. Die Erzählungen von Ellen berührten mich sehr und sind sehr intensiv. Die Gefühlslage von Nela stellt die Autorin sehr authentisch dar. Sie ist eher ein Kopfmensch, sucht noch immer nach ihrer Identität und spürt auch eine besondere Anziehungskraft zu Maximilian. Ihre innere Zerissenheit steht im Vordergrund.

"Aber dann erinnerte ich mich an das Schweigen im Auto zurück, und dass es in Ordnung war wenn wir kein Wasserfall waren, sondern ein stiller See."- Seite 48

In der Mitte wurde mir die Geschichte etwas zu langatmig. Es herrscht eine eher düstere und traurige Stimmung vor, auch das Wetter ist kalt und regnerisch. So hat man trotz der poetischen Worte ein klammes Gefühl. Auch Maximilian ist eher der melancholische und depressive Typ. Er ist ein Einzelgänger und kann mit seinem "Wunder in der Brust" schwer umgehen. Die aufkeimende Beziehung zwischen Nela und Maximilian wirkte für mich etwas zu gewollt.
Das Ende war mir zu vorhersehbar, war etwas zu viel an Dramatik und wurde schnell abgehandelt, wo ich zuerst über 2/3 des Buches eher das Gefühl hatte nicht voranzukommen. Das hört sich jetzt alles eher negativ an, war es aber absolut nicht.

Der Roman regt zum Nachdenken an. Unglücke passieren doch immer nur anderen....selbst rechnet man nie mit einer Situation in der man lebenswichtige Entscheidungen für andere Menschen treffen muss. Deshalb sollte sich jeder einmal im Leben mit dem Thema Organspende auseinandersetzen.

Fazit:
Ein Roman voller Poesie, indem aber auch viel Schwermut steckt. Das wichtige Thema der Organspende wurde mir etwas zu wenig intensiv behandelt. Mit den Charakteren wurde ich nicht ganz warm und das Ende war mir zu vorhersehbar. Trotzdem ein kleines Leseerlebnis. Ein Roman der leisen Töne, der zum Nachdenken anregt und berührt.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Ein absolutes Lese-Highlight!

Zwei Handvoll Leben
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Katharina Fuchs erzählt in ihrem Debütroman über das Leben ihrer Großmütter Anna Tannenberg und Charlotte Felten, die beide in der dritten Oktoberwoche im Jahr 1899 geboren wurden. Dennoch wachsen die ...

Katharina Fuchs erzählt in ihrem Debütroman über das Leben ihrer Großmütter Anna Tannenberg und Charlotte Felten, die beide in der dritten Oktoberwoche im Jahr 1899 geboren wurden. Dennoch wachsen die beiden Frauen sehr unterschiedlich und in verschiedenen Gesellschaftsschichten auf. Die Autorin erzählt eine berührende Geschichte, die mich sehr beeindruckt und an die Seiten gefesselt hat. Laut Klappentext denkt man, dass Anna und Charlotte etwa in der Mitte des Buches aufeinandertreffen, jedoch passiert dies erst ganz zum Schluss, was allerdings absolut nicht stört.

Anna wächst mit ihren fünf Geschwistern unter ärmlichen Verhältnissen im Spreewald auf. Trotz Armut besteht ihre Mutter auf eine Ausbildung für ihre Töchter, was in dieser Zeit sehr selten vorkam. Anna kommt in die Schneiderlehre. Diese Entscheidung beeinflusst ihren weiteren Lebensweg sehr. Als sie mit 19 Jahren den Spreewald Richtung Berlin verlässt, um bei ihrer Tante Adelheid unterzukommen, erwartet sie allerdings Hunger, Not und Arbeitslosigkeit. Wir schreiben das Jahr 1919 und der Erste Weltkrieg ist zwar vorüber, doch die Menschen leiden unter bitterer Armut. Als man im KaDeWe Verkäuferinnen sucht, ist das Anna's große Chance...

Charlotte wächst als einzige Tochter und Erbin eines Gutshofes in Sachsen auf. Ihr Vater ist ein cholerischer Mann, der vergblich auf den gewünschten männlichen Erben hoffte. So wächst Charlotte auf dem Pferderücken und immer mit dem Gefühl, ihren Vater den Sohn ersetzen zu müssen, auf. Um seinen Zornesausbrüchen zu entkommen, nimmt sie viel in Kauf. Als sie sich verliebt, weiß sie nicht, ob der Mann ihrer Träume wirklich sie als Person liebt oder den immensen Besitz, den sie einmal erben wird. Doch ihr Vater möchte seine Ländereien weiter vergrößern und sich seinen Schwiegersohn selbst bestimmen. Erstmals stellt sich Charlotte gegen ihren Vater und wird kurze Zeit später, nach Ende des Ersten Weltkrieges, nach Leipzig geschickt, um von ihrer Tante Cäcilie in die bessere Gesellschaft eingeführt zu werden. Dabei erhält man als Leser einen großartigen Einblick in die gesellschaftlichen Konventionen und in die damalige Zeit.

Die beiden Erzählstränge sind nathlos miteinander verknüpft. Abwechselnd wird aus der Sicht von Anna und Charlottes Leben erzählt. Über den Kapiteln steht der Name der jeweiligen Protagonistin. Vermisst habe ich hier manchmal eine Jahreszahl, denn oftmals gab es einen kleinen Sprung in der Zeit, der erst nach einigen Zeilen klar wurde. Schon nach den ersten Seiten fühlt man sich mit den jungen Frauen verbunden und möchte nach Kapitelende einerseits den Charakter nicht verlassen, aber gleichzeitig begierig weiterlesen, wie es mit der anderen Protagonistin weitergeht. Ich konnte den Roman kaum aus der Hand legen. Die Schicksale von Anna und Charlotte gingen mir nahe und wurden sehr glaubwürdig dargestellt. Beide Frauen wurden in die Zeit hineingeboren, die von zwei Weltkriegen beherrscht wurden....eigentlich unfassbar und trotzdem erging es auch meiner Großmutter nicht anders. Dementsprechend müssen Anna und Charlotte im Laufe der Jahre einiges erdulden und auch von geliebten Menschen Abschied nehmen. Doch es gibt auch wunderschöne Glücksmomente, die wir mit den beiden verbingen dürfen. Ich muss sagen, dass ich mich am Ende des Buches schwer tat, mich von den liebgewonnen Charaktere zu verabschieden.

Charaktere:
Nicht nur Anna und Charlotte wurden während des Lesens meine Freundinnen. Auch sämtliche Nebencharaktere wurden von der Autorin wunderbar gezeichnet und nehmen mehr oder weniger Platz in der Geschichte ein. Charlottes Kusine, die hübsche, aber unkonventionelle Edith, ist ein widersprüchlicher Charakter und Halbjüdin. Als die Nationalsozialisten mehr und mehr an die Macht kommen, sind Charlottes Onkel Samuel und ihre Tante Cäcilie in Gefahr. Doch wie so viele andere Juden nehmen sie Warnungen nicht ernst...
Ella wird zu Annas bester Freundin, die ihr immer zur Seite steht. Mit Günther haben wir auch einen richtig fiesen Charakter dabei, der über Leichen geht. Erich und Leo sind die große Liebe der jungen Frauen bevor der Krieg und das Schicksal zuschlägt.

Schreibstil:
Katharina Fuchs schildert das Leben ihrer Großmütter eindrucksvoll und voller Empathie. Die Atmosphäre wurde wundervoll eingefangen. Besonders spürte ich das bei einer Szene in Leipzig, als Charlotte mit ihrem Vater an Bahnhof ankommt und sie unwissentlich auf eine riesige Menschenmenge stoßen, die auf den Einzug Hitlers wartet. Dabei hatte ich Gänsehaut....

Der Roman besteht aus zwei Teilen. Im ersten Zeitabschnitt befinden wir uns vor und nach dem Ersten Weltkrieg, im zweiten verweilen wir in der Zwischenkriegszeit, erleben den Zweiten Weltkrieg und den Beginn des Wiederaufbaus. Im Vorwort geht die Autorin kurz auf die persönlichen Fakten ein.

Fazit:
Ein grandioser Roman, der sich in die Reihe meiner Bücher mit ♥♥♥ Lieblingsbuch-Status ♥♥♥ einreihen darf. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, fieberte mit Anna und Charlotte mit, litt und freute mich mit ihnen und war traurig, als ich die beiden wundervollen Charaktere am Ende verlassen musste, als ich die letzte Seite zuschlug. Absolute Leseempfehlung und definitiv eines meiner Jahres-Highlights!