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Veröffentlicht am 21.04.2019

Auf nach Mallorca!

Das kleine Café am Meer
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Der neue Roman von Anja Saskia Beyer erzählt von drei sehr unterschiedliche Frauen, die auf Mallorca ihr Leben ordnen bzw. einen Neuanfang wagen möchten.

Hannah hat die Nase voll von der oberflächlichen ...

Der neue Roman von Anja Saskia Beyer erzählt von drei sehr unterschiedliche Frauen, die auf Mallorca ihr Leben ordnen bzw. einen Neuanfang wagen möchten.

Hannah hat die Nase voll von der oberflächlichen Modebranche. Der schlecht bezahlte Assistentinnenjob lässt ihr kaum ein Privatleben, was auch ihrem Freund Constantin die Flucht ergreifen ließ. Mit Mitte Dreißig ist sie wieder Single und überlegt ihren Job zu kündigen. Voller Selbstzweifel beschließt Hannah eine kleine Auszeit zu nehmen und ihre Freundin Lucia auf Mallorca zu besuchen, die sie vor kurzem eingeladen hat. In ihrer Kindheit hat Hanna viele Sommer auf der Insel verbracht und sich bereits damals mit Lucia angefreundet. Nun hat die junge Frau vor kurzem ein kleines Café mit Meerblick eröffnet. Um auf andere Gedanken zu kommen und nebenher etwas Geld zu verdienen, möchte Hannah bei Lucias Freund Sam in seiner kleinen Pension aushelfen. Doch das erste Zusammentreffen mit Sam läuft alles andere als gut....

Durch die bildhaften Beschreibungen der Landschaft auf Mallorca war ich sehr schnell gefangen und in meinen Urlaubserinnerungen an die zauberhafte Baleareninsel versunken. Der Duft der Orangen rund um Sóller, sowie die atemberaubende Kulisse des Tramonata Gebirges haben mich bereits bei meinem ersten Besuch der Insel verzaubert. Anja Saskia Beyer zeigt hier das Mallorca etwas abseits des Massentourismus und erzählt in ihrem Roman auch von einem meiner Lieblingsplätze auf der Insel. Man hat sofort den Wunsch die Koffer zu packen und in den Süden zu fliegen. Gekonnt hat die Autorin die landschaftlichen Vorzüge von Mallorca in ihrem Roman verpackt.

Die Geschichte selbst plätscherte jedoch leider etwas vor sich hin. Einzig Greta bringt ab und zu etwas Schwung in die Handlung. Die quirlige Vierzigjährige ist kein Kind von Traurigkeit und trotzallem hat auch sie ihre Probleme. Greta macht sich nur wenige Gedanken um ihr Umfeld und passt perfekt in das mondäne Leben der Modebranche, in dem sich Hannah nicht mehr wohl fühlt.
Sam und Lucia blieben mir beide etwas zu blass. Ihre Sorgen konnte ich nur bedingt nachvollziehen. Weder Sam, noch Hannah oder Lucia kamen mir besonders nahe. Eine Ausnahme und nette Überraschung war hingegen Lucias Großmutter, die ich sofort ins Herz schloss. Sie zeigt auf, dass man auch noch im Alter Neues wagen kann und sich keine Gedanken darüber machen soll, was andere denken.

Insgesamt wurden mir zu viele Themen angerissen, die teilweise nur oberflächlich weiter verfolgt wurden. Einige Klischees wurden ebenfalls bedient, jedoch weiß man bei einem Liebesroman dieser Art meistens auch, was man bekommt. Somit ist auch die Vorhersehbarkeit entschuldigt. Trotzdem gibt es auch immer wieder Romane in diesem Genre, die mich überraschen und überzeugen können.
"Das kleine Café am Meer" gehört leider nicht wirklich dazu, obwohl es meine Sehnsucht nach Mallorca wieder aufleben lässt und der Roman sicherlich eine nette Strandlektüre ist.

Schreibstil:
Anja Saskia Beyer schreibt leicht und locker. Man kann bei ihrem Roman herrlich entspannen.
Die bildhaften Landschaftsbeschreibungen fand ich bereits in ihrem Roman "Träume der Province" sehr gelungen. Da ich aber bereits selbst an den Orten war, die sie in ihrem neuen Roman beschreibt, fühlt man sich beim Lesen noch näher am Geschehen.
Mit den Figuren hatte ich allerdings teileweise ein bisschen Probleme, denn sie gingen mir zu wenig in die Tiefe und waren auch nicht wirklich facettenreich.
Am Ende gibt es wieder Rezepte zu landestypischen Gerichten.

Fazit:
Ein leichter Roman, bei dem mir die Charaktere nicht wirklich nahe kamen. Der Plot ist ebenfalls nicht unbedingt etwas Neues, aber die wunderbar beschriebenen Landschaft hat mein Herz höher schlagen lassen. Am liebsten hätte ich meinen Koffer gepackt und wäre nach Mallorca geflogen. Nett für zwischendurch und bestens geeignet als Strandlektüre.

Veröffentlicht am 20.04.2019

Die besten Zutaten für einen Wohlfühlroman

Honigduft und Meeresbrise (Neuauflage)
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Immer wieder verbringe ich buchtechnisch Urlaub an der Ostsee und hoffe eines Tages auch im realen Leben einmal in einem Strandkorb am Meer sitzen zu können. Mit Anne Barns bin ich diesmal in das Künstlerdorf ...

Immer wieder verbringe ich buchtechnisch Urlaub an der Ostsee und hoffe eines Tages auch im realen Leben einmal in einem Strandkorb am Meer sitzen zu können. Mit Anne Barns bin ich diesmal in das Künstlerdorf Ahrenhoop gereist.
Doch zuvor lernte ich unsere Protagonistin Anna kennen. Sie lebt mit ihrem Freund Jens in Dortmund, doch seit dem Tod ihrer besten Freundin Mona und ihres Opas kriselt es vermehrt. Jens kann nicht verstehen, das Anna noch immer Zeit benötigt, um über diese beiden Verluste hinwegzukommen. Er möchte die alte Anna wieder zurück. Bei ihrer Oma Johanna fühlte sie sich schon immer geborgen und so beschließt sie ein paar Tage bei ihr in Lüdinghausen zu verbringen. Johanna ist Hobby-Imkerin und Anna liebt die Arbeit mit den Bienen und die Gespräche mit ihrer Oma. Eines Tages trifft ein Brief von der Kanalinsel Jersey ein, adressiert an Annas Urgroßmutter Martha Rothermund, unterschrieben von einem Johann und datiert im Dezember 1941. Auf Umwegen hat der Brief nach rund 80 Jahren Marthas Tochter, Oma Johanna, erreicht. Er war in einem Postsack, der von den Briten entwendet wurde, um die Moral der deutschen Besatzer zu schwächen.
Johanna und Anna machen sich auf den Weg nach Ahrenshoop, dem Geburtsort von Martha, und versuchen herauszufinden, wer der geheimnisvolle Absender war. Was wäre gewesen, wenn dieser Brief rechtzeitig eingetroffen wäre? Dann hätte die Familiengeschichte vielleicht nicht neu geschrieben werden müssen, wie Johanna nach dem Lesen des Briefes so treffend meint...

Mit "Honigduft und Meeresbrise" hat Anne Barns für mich ihren bisher besten Roman geschrieben. Man verliert sich von der ersten Seite an komplett in dieser wunderbaren Geschichte und taucht sehr schnell in die Handlung ein. Ich bin mit Anna und Johanna nach Ahrenshoop gefahren, habe dem Meeresrauschen gelauscht und die Seeluft eingeatmet; bin eigenwilligen Künstlern begegnet, die nach Aktmodellen suchen - egal welches Alter ;)...oder habe endlich meine innerliche Ruhe gefunden. Die Stimmung, die Anne Barns verbreitet ist einmalig und die Charaktere sind liebenswürdig und sympathisch. Eine Oma wie Johanna würde ich mir auch wünschen. Leider habe ich nur eine meiner beiden Großmütter kennengelernt und diese ist nach Jahren schwerer Krankheit verstorben, als ich 12 Jahre alt war.
Johanna ist herzlich, hat jede Menge Humor und ist für Anna ein sicherer Anker in ihrem Leben. Anna ist im Moment verunsichert, trauert um ihre Freundin Mona und die Beziehung zu Jens steht auf der Kippe. Mit Peggy, ihrer ehemaligen Freundin aus Kindertagen und Monas damaligen Partner Timo kommen zwei weitere interessante Charaktere hinzu. Und in Erzählungen von Hinterbliebenen erfahren wir mehr über Martha und Johann....ein Schicksal, das berührt.

"Zu viel nachdenken ist wie schaukeln, man ist zwar in Bewegung, aber man kommt nicht vorwärts"

Das bewegende Familiengeheimnis ist logisch aufgebaut und kann mit so einigen Überraschungen punkten. Mich haben die Umstände sehr berührt. Nur eine einzige Entscheidung kann das Leben bis zur Nachfolge-Generation beeinflussen.
Es geht aber auch um Trauer und Trauerbewältigung, um alte und neue Freundschaften, um Vergebung und das Schicksal, das manchmal ganz schön heftig zuschlagen kann.

Genau wie das Leben, hat auch dieser Roman viele Facetten und am Ende schließt man das Buch mit Wehmut...gerne hätte ich noch stundenlang weitergelesen.

Schreibstil:
Ich liebe den angenehmen spritzigen Schreibstil der Autorin. Mit viel Witz, aber auch mit ernsthaften Themen hat Anne Barns einen absoluten Wohlfühlroman geschrieben, in den man versinken und die Welt ausblenden kann. Die atmosphärische und bildhafte Landschaftsbeschreibung sorgt für das nötige Lokalkolorit.
Protagonistin Anna erzählt das Geschehen aus der Ich-Perspektive.

Das Cover ist wieder ein Augenschmaus. Im Anschluss gibt es wie schon in den Vorgängerromanen Rezepte aus der Küche der Autorin. Die Honigseufzer werde ich sicherlich zur Weihnachtszeit ausprobieren...ich durfte einen bereits probieren und fand ihn köstlich!

Fazit:
Für mich der bisher beste Roman der Autorin. "Honigduft und Meeresbrise" spricht nicht nur leichte Themen an und ist trotzdem ein Buch zum Wohlfühlen, das man mit einem Seufzer zuschlägt und in den man noch stundenlang weiterlesen hätte können. Die leckeren Rezepte am Ende sind nur mehr das Tüpfelchen auf dem i. Ich gebe hier eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.04.2019

Die Legende der Schattenkrähe

Die Schattenkrähe der Rocky Mountains
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Der erste Band der Willow Ranch Reihe "Die Schattenpferde der Rocky Mountains" war 2017 eines meiner absoluten Lieblingsbücher des Jahres. Deshalb habe ich mich schon sehr auf den Nachfolgeband gefreut. ...

Der erste Band der Willow Ranch Reihe "Die Schattenpferde der Rocky Mountains" war 2017 eines meiner absoluten Lieblingsbücher des Jahres. Deshalb habe ich mich schon sehr auf den Nachfolgeband gefreut. Band 2 hat mir ebenfalls wieder sehr gut gefallen, reichte für mich allerdings nicht ganz an den ersten Band heran.
Schon der Prolog hat mich wieder verzaubert. Er erzählt eine Indianerlegende um die Regenbogenkrähe und wie sie ihr prächtiges buntes Federkleid und ihre wunderschöne Singstimme verlor und zur Schattenkrähe wurde. Somit haben wir gleich einen Bezug zum titelgebenden 2. Teil. Doch auch die Schattenpferde aus dem ersten Band spielen wieder eine Rolle.
Mittlerweile sind drei Jahre vergangen und Lyla lebt mit Nick in einem Wohntrailer nahe der Willow Ranch, die ihr Bruder Lee, seine Lebensgefährtin Naira und Tante Jeanne bewirtschaften.
Lyla möchte eine Stiftung zum Schutz der Wildpferde gründen, die ihre Seelentiere sind. Sie kämpft darum den Lebensraum der einzigartigen Tiere zu erhalten. Außerdem möchte sie mehr über ihre indianischen Wurzeln erfahren. Doch die Beziehung zwischen Nick und Lyla wird auf eine harte Probe gestellt, als seine alkoholkranke Mutter bei ihnen im Wohntrailer einzieht. Einzig die geheimnisvolle Wahleeah und der Indianer Lonefeather Jones verstehen Lylas Schwierigkeiten und ihre Rastlosigkeit. Auch Wahleeah ist auf der Suche nach ihrem inneren Frieden und sich selbst und die beiden Frauen werden gute Freundinnen. Doch die junge Frau birgt ein großes Geheimnis...

Im Mittelpunkt der Geschichte steht diesmal jedoch Chuck, Lee's Freund. Ein großer Streit vor drei Jahren hat die Beziehung der Beiden stark belastet und Chuck hat die Willow Ranch daraufhin verlassen. Im Yukon war er als Pelzjäger unterwegs und kehrt nun nach dem Tod seinens Vaters zurück. Chuck hat sich jedoch sehr verändert und ist zum mürrischen Einzelgänger geworden. Alles was er möchte, ist die Pelzjägerroute seines Vaters zu verkaufen und den Ort so schnell wie möglich wieder verlassen. Doch damit gibt es bald Probleme und auch Wahleeah geht ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Die wunderbare Leseatmosphäre, die indianische Mystik und die lebendige Darstellung der Bergwelt und der kanadischen Natur hat Natascha Birovljev wieder wunderbar eingefangen. Schon im ersten Band hat sie mich damit verzaubert. Das geheimnisvolle Flair rund um Indianerlegenden und ihre Weisheiten, sowie das Leben mit der Natur hat mich erneut gefesselt. Es macht jedoch auch nachdenklich, vorallem wenn man bedenkt, wie wir mit der Natur umgehen.

Die Figuren konnten mich diesmal, mit Ausnahme von Wahleeah und Lyla, nicht komplett überzeugen, jedoch haben sich alle weiterentwickelt.
Chuck hat sich seit Band 1 total verändert. Aus dem lustigen und wagemutigen Rodeoreiter ist ein menschenscheuer und verbitterter Mann geworden. Und so läuft er auch mit Scheuklappen herum und erkennt nicht, wer es gut und wer es schlecht mit ihm meint. Seine Sturheit hat mich manchmal richtig verzweifeln lassen. Auch Nick hat an Sympathie eingebüßt. Er unterstützt Lyla kaum und bürdet ihr mit seiner unberechenbaren Mutter ein weiteres Problem auf. Lyla fühlt sich überfordert. Ihre Liebe zu den Wildpferden hat für sie noch immer oberste Priorität.
Eric, Rob und Jeanne sind in Nebenrollen wieder mit dabei und es war eine Freude ihnen wiederzubegegnen.

Zum Ende hin gibt es einen spannenden Showdown, der einem das Buch nicht mehr aus der Hand legen lässt. Einige Fragen bleiben offen, die hoffentlichen im nächsten Band beantwortet werden.


Fazit:
Ein sehr atmosphärischer Roman über Indianerlegenden und vom Leben mit der Natur. Dazu gibt es eine spannende Geschichte und viele bereits liebgewonnene Charaktere aus dem ersten Band. Ich freue mich bereits auf Band 3, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Veröffentlicht am 17.04.2019

Londons erste medizinische Hochschule für Frauen

Wohin dein Herz mich ruft
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Julia Barney ist für 1881 eine sehr selbstbewusste, zielstrebige und mutige Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Sie wuchs gemeinsam mit ihren beiden Schwestern in einem Waisenhaus auf. Ihr großer ...

Julia Barney ist für 1881 eine sehr selbstbewusste, zielstrebige und mutige Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Sie wuchs gemeinsam mit ihren beiden Schwestern in einem Waisenhaus auf. Ihr großer Wunsch als Ärztin und Missionarin in Afrika den Menschen zu helfen, steht jedoch seit kurzer Zeit auf wackeligen Füßen. Graf von Westerbridge versucht alles Mögliche, um die einzige medizinische Hochschule, die vor nicht allzu langer Zeit auch für Frauen zugelassen ist, zu schließen. In einem Prozess gegen eine Lehrkraft versucht er sein Ziel zu erreichen. Julia bereitet sich unterdessen auf die Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium vor. Auf den Weg zu einer Vorlesung nimmt sie die U-Bahn, die damals noch mit einer Dampfmaschine betrieben wurde. Es kommt es zu einem folgenschweren Unfall. Der junge und attraktive Anwalt Michael Stephenson wird dabei schwer verletzt und Julia rettet ihm das Leben. Doch Michael ist einer der Anwälte des Prozesses gegen die Medizinerin und hat es nur durch harte Arbeit geschafft, den Ruf seiner Familie wieder herzustellen. Nichts kann ihn davon abbringen. Nun hat er genau eine dieser Frauen vor sich, deren Zukunft er damit zerstört, wenn er den Prozess gewinnt. Und Julia fordert von ihm seine Hilfe - als Tausch für die Rettung seines Lebens....

Ich wusste nicht, dass es sich hier bereits um den 2. Band der Reihe "Liebe in London" (ich finde den deutschen Titel furchtbar und halte mich eher an das Original, das "London Beginnings" heißt) handelt. Protaginisten sind die drei Barney Schwestern Rosalyn, Julia und Cara. Band Eins "Die Tochter des Kapitäns" kannte ich noch nicht, hatte aber keinerlei Schwierigkeiten in "Wohin dein Herz mich ruft" einzusteigen, denn jeder Schwester ist ein Band gewidmet.

Zu Beginn hatte ich ein bisschen zu kämpfen um in die Geschichte hineinzufinden. Für meine Begriffe war mir der Roman anfangs etwas zu ruhig und unspektakulär. Das eher nette vikorianisch-züchtige Geplänkel zwischen Julia und Michael plätscherte etwas vor sich hin....doch dies änderte sich bald. Jennifer Delamere legt neben der aufkeimenden Liebesgeschichte, die doch eher am Rand spielt, ihren Fokus auf den Kampf der Zulassung von Frauen zum Medizinstudium und den damit verbundenen Prozess, gesellschaftlichen Konventionen und hebt zusätzlich den Unterschied zwischen Arm und Reich hervor. Da es sich um einen christlichen Roman handelt, steht auch der Glaube des öfteren im Fokus.

Julias offenes und gewinnendes Wesen und ihr Glaube an Gott überraschen Michael, der bis jetzt nur Frauen aus seiner Gesellschaftsschicht kennt, die eher durch Koketterie auffallen und keinerlei Ambitionen haben einen Beruf zu ergreifen. Julia ist jedoch ehrgeizig und verfolgt ihre Ziele systematisch. Doch darin kommt kein Mann vor.... Und Michaels Schwester Corinna versucht alles Mögliche, um ihren Bruder bestens zu verheiraten und die gute gesellschaftliche Stellung zu halten, wenn nicht zu verbessern. Dies zieht einige Komplikationen nach sich....

Julias jüngere Schwester Cara, die im nächsten Band die Hauptprotagonistin sein wird, hat auch in diesem Buch einen Auftritt. Ihre Figur hat mich bereits neugierig auf den Folgeband gemacht, denn Cara ist eine sehr aufgeweckte und doch verträumte Person, die nur das Gute im Menschen sieht.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Jennifer Delamere hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte mir alle Figuren sehr plastisch und bildhaft vorstellen. Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet. Die Sprache passt zur Zeit des Romans und ich hatte das viktorianische London stets vor Augen.


Fazit:
Ein unterhaltsamer historischer Roman, der die gesellschaftlichen Konventionen und die langsam aufkommende Emanzipation der Frauen im viktorianischen London zum Thema hat. Nach anfänglich kleinen Schwierigkeiten konnte ich das Buch danach kaum aus der Hand legen.

Veröffentlicht am 15.04.2019

Einmal Hölle und zurück

Nur wer die Hölle kennt
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Nachdem mir schon der dritte Band der Martinsfehn Krimireihe von Barbara Wendelken wirklich sehr gut gefallen hat, war ich auf den neuen Krimi sehr gespannt - und er hat mich nicht enttäuscht!
Quereinsteiger ...

Nachdem mir schon der dritte Band der Martinsfehn Krimireihe von Barbara Wendelken wirklich sehr gut gefallen hat, war ich auf den neuen Krimi sehr gespannt - und er hat mich nicht enttäuscht!
Quereinsteiger der Reihe sollten kein großes Problem haben. Ich bin selbst erst bei Band 3 eingestiegen und hatte keinerlei Schwierigkeiten.

Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. In Rückblenden erfahren wir mehr über die Geschehnisse im Jahre 1997, als sich die 15jährige Melody Matzke heimlich auf die Geburtstagsfeier ihrer Freundin Simone schleicht. Ihre Mutter hat ihr aus einer Laune heraus plötzlich die Teilnahme kurzfristig verweigert. Melody ist sauer und tönt auf der Party mit dem Satz: "Ich wünschte meine Mutter wäre tot" herum. Als sie sich später ziemlich alkoholisiert auf dem Heimweg macht, steht sie vor dem in Vollbrand stehenden Elternhaus. Ihre Mutter und ihr kleiner Halbbruder Michael kommen in den Flammen um, ebenso wie die gleichaltrige Auszubildende Daniela Finke. Ihr Stiefvater Wulf gibt Melody die Schuld und richtet seinen ganzen Hass gegen die ungeliebte Stieftochter, die von der Fürsorge ins Heim gesteckt wird.

Melody ist alleinerziehende Mutter und ist sprichwörtlich - passend zum Buchtitel - durch die Hölle gegangen. Nach 20 Jahren kehrt sie auf Anraten ihrer Psychologin in ihr Heimatdorf Martinsfehn zurück. Doch noch immer schlägt ihr Misstrauen und Hass entgegen und die Gerüchte, dass Melody das Gestüt angezündet hat, halten sich noch immer hartnäckig. Einzig Simone, die in der Zwischenzeit eine erfolgreiche Fotografin geworden ist, heißtihre damalige Schulfreundin willkommen. Sie veranstaltet eine kleine Willkommensparty zu ihrem Geburtstag, bei der sie alle Freunde von früher einlädt. Auch Melodys damaliger Freund Thore Bremer erscheint mit seiner Ehefrau Julia, die alles andere als begeistert ist, dass Melody wieder zurück ist. Während der Feier spricht Simone von einem Enthüllungsroman an dem sie gerade schreibt und der den wahren Brandstifter entlarven soll. Doch dazu kommt es nicht mehr, denn kurz darauf brennt auch Simones Haus bis auf die Grundmauern nieder....
Der Fall von damals wird neu aufgerollt, doch die ermittelnden Polizisten aus dem Jahre 1997 sind bereits in Rente oder haben den Beruf gewechselt. Nola van Heerden und Renke Nordmann werden daraufhin auf den Fall angesetzt...

Der rote Faden des Krimis ist die Brandnacht vor 20 Jahren, die Ausgangspunkt für alle weiteren Verbrechen ist. Die einzelnen Charaktere werden sehr lebendig und mit viel Liebe zum Detail dargestellt. Melody ist auch nach zwanzig Jahre noch immer tief traumatisiert und wünscht sich nichts mehr, als endlich Ruhe und ein normales Leben mit ihrem kleinen Sohn Linus. Simone ist eine egoistische Frau, die gerne im Mittelpunkt steht; Torben ein Mann, der sich seiner Austrahlung bewusst ist und erfolgreich als IT-Fachmann arbeitet; die Eifersucht seiner Frau Julia auf Melody nimmt bald zerstörerische Züge an. Sein Bruder Henning ist manipulativ und Wulf noch immer voller Hass und völlig unbeherrscht. Rosi, die noch immer am Gestüt arbeitet, das neu aufgebaut wurde, ist eine undurchsichtiges "Mannweib", das viel von Pferden, aber nichts von Menschen hält. Nolas Kollege Conrad trinkt zu viel und steht kurz vor dem Zusammenbruch und Renke ist sich seinen Gefühlen gegenüber Nola nicht wirklich sicher. Die privaten Probleme der beiden Ermittler sind ebenfalls Teil des Krimis, nehmen aber nicht zu viel Raum ein.

Voller Spannung und mit immer neuen Wendungen, die mich aufs Glatteis führten, bin ich durch diesen Krimi gerast. Puzzlestück um Puzzlestück wird aufgeklappt, bis man kurz vor dem Ende noch immer nicht wirklich weiß, wer nun hinter allem steckt. Die stetig ansteigende Spannungskurve und die temporeiche Erzählweise tut ihr übriges. Mit einem kleinen Showdown am Schluss und einem stimmigen Ende wollte ich das Buch schon zuklappen....doch ein wirklich grausamer Cliffhanger auf den letzten Seiten hat mich voller Entsetzen zurückgelassen! Ich kann nicht glauben, dass ich nun nicht erfahre was hier weiter passiert (keine Angst der Fall ist abgeschlossen!) und eine halbe Ewigkeit auf den nächsten Band warten muss....Barbara Wendelken, wie konnten sie uns Lesern das nur antun?

Schreibstil:
Der Schreibstil ist rasant und der dichte Plot lädt zu Miträtseln ein. Die kurzen Kapitel lassen einem noch schneller durch das Buch fliegen. Die Spannungskurve steigt stetig an. Die charismatischen Figuren und ihre Emotionen sind großartig und sehr bildhaft dargestellt.

Fazit:
Ein packende Kriminalroman, der mir eine spannende Lesezeit beschert hat. Charismatische Figuren, ein mitreißender und ein dichter Plot, sowie zahlreiche überraschende Wendungen haben mich abolut überzeugt. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!