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Veröffentlicht am 15.04.2019

Einmal Hölle und zurück

Nur wer die Hölle kennt
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Nachdem mir schon der dritte Band der Martinsfehn Krimireihe von Barbara Wendelken wirklich sehr gut gefallen hat, war ich auf den neuen Krimi sehr gespannt - und er hat mich nicht enttäuscht!
Quereinsteiger ...

Nachdem mir schon der dritte Band der Martinsfehn Krimireihe von Barbara Wendelken wirklich sehr gut gefallen hat, war ich auf den neuen Krimi sehr gespannt - und er hat mich nicht enttäuscht!
Quereinsteiger der Reihe sollten kein großes Problem haben. Ich bin selbst erst bei Band 3 eingestiegen und hatte keinerlei Schwierigkeiten.

Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. In Rückblenden erfahren wir mehr über die Geschehnisse im Jahre 1997, als sich die 15jährige Melody Matzke heimlich auf die Geburtstagsfeier ihrer Freundin Simone schleicht. Ihre Mutter hat ihr aus einer Laune heraus plötzlich die Teilnahme kurzfristig verweigert. Melody ist sauer und tönt auf der Party mit dem Satz: "Ich wünschte meine Mutter wäre tot" herum. Als sie sich später ziemlich alkoholisiert auf dem Heimweg macht, steht sie vor dem in Vollbrand stehenden Elternhaus. Ihre Mutter und ihr kleiner Halbbruder Michael kommen in den Flammen um, ebenso wie die gleichaltrige Auszubildende Daniela Finke. Ihr Stiefvater Wulf gibt Melody die Schuld und richtet seinen ganzen Hass gegen die ungeliebte Stieftochter, die von der Fürsorge ins Heim gesteckt wird.

Melody ist alleinerziehende Mutter und ist sprichwörtlich - passend zum Buchtitel - durch die Hölle gegangen. Nach 20 Jahren kehrt sie auf Anraten ihrer Psychologin in ihr Heimatdorf Martinsfehn zurück. Doch noch immer schlägt ihr Misstrauen und Hass entgegen und die Gerüchte, dass Melody das Gestüt angezündet hat, halten sich noch immer hartnäckig. Einzig Simone, die in der Zwischenzeit eine erfolgreiche Fotografin geworden ist, heißtihre damalige Schulfreundin willkommen. Sie veranstaltet eine kleine Willkommensparty zu ihrem Geburtstag, bei der sie alle Freunde von früher einlädt. Auch Melodys damaliger Freund Thore Bremer erscheint mit seiner Ehefrau Julia, die alles andere als begeistert ist, dass Melody wieder zurück ist. Während der Feier spricht Simone von einem Enthüllungsroman an dem sie gerade schreibt und der den wahren Brandstifter entlarven soll. Doch dazu kommt es nicht mehr, denn kurz darauf brennt auch Simones Haus bis auf die Grundmauern nieder....
Der Fall von damals wird neu aufgerollt, doch die ermittelnden Polizisten aus dem Jahre 1997 sind bereits in Rente oder haben den Beruf gewechselt. Nola van Heerden und Renke Nordmann werden daraufhin auf den Fall angesetzt...

Der rote Faden des Krimis ist die Brandnacht vor 20 Jahren, die Ausgangspunkt für alle weiteren Verbrechen ist. Die einzelnen Charaktere werden sehr lebendig und mit viel Liebe zum Detail dargestellt. Melody ist auch nach zwanzig Jahre noch immer tief traumatisiert und wünscht sich nichts mehr, als endlich Ruhe und ein normales Leben mit ihrem kleinen Sohn Linus. Simone ist eine egoistische Frau, die gerne im Mittelpunkt steht; Torben ein Mann, der sich seiner Austrahlung bewusst ist und erfolgreich als IT-Fachmann arbeitet; die Eifersucht seiner Frau Julia auf Melody nimmt bald zerstörerische Züge an. Sein Bruder Henning ist manipulativ und Wulf noch immer voller Hass und völlig unbeherrscht. Rosi, die noch immer am Gestüt arbeitet, das neu aufgebaut wurde, ist eine undurchsichtiges "Mannweib", das viel von Pferden, aber nichts von Menschen hält. Nolas Kollege Conrad trinkt zu viel und steht kurz vor dem Zusammenbruch und Renke ist sich seinen Gefühlen gegenüber Nola nicht wirklich sicher. Die privaten Probleme der beiden Ermittler sind ebenfalls Teil des Krimis, nehmen aber nicht zu viel Raum ein.

Voller Spannung und mit immer neuen Wendungen, die mich aufs Glatteis führten, bin ich durch diesen Krimi gerast. Puzzlestück um Puzzlestück wird aufgeklappt, bis man kurz vor dem Ende noch immer nicht wirklich weiß, wer nun hinter allem steckt. Die stetig ansteigende Spannungskurve und die temporeiche Erzählweise tut ihr übriges. Mit einem kleinen Showdown am Schluss und einem stimmigen Ende wollte ich das Buch schon zuklappen....doch ein wirklich grausamer Cliffhanger auf den letzten Seiten hat mich voller Entsetzen zurückgelassen! Ich kann nicht glauben, dass ich nun nicht erfahre was hier weiter passiert (keine Angst der Fall ist abgeschlossen!) und eine halbe Ewigkeit auf den nächsten Band warten muss....Barbara Wendelken, wie konnten sie uns Lesern das nur antun?

Schreibstil:
Der Schreibstil ist rasant und der dichte Plot lädt zu Miträtseln ein. Die kurzen Kapitel lassen einem noch schneller durch das Buch fliegen. Die Spannungskurve steigt stetig an. Die charismatischen Figuren und ihre Emotionen sind großartig und sehr bildhaft dargestellt.

Fazit:
Ein packende Kriminalroman, der mir eine spannende Lesezeit beschert hat. Charismatische Figuren, ein mitreißender und ein dichter Plot, sowie zahlreiche überraschende Wendungen haben mich abolut überzeugt. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 14.04.2019

Die Geschichte eines mutigen Jungen

Niemand weiß, dass du hier bist
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Obwohl ich schon wahnsinnig viel Literatur zum Thema Zweiter Weltkrieg gelesen habe, fehlt mir eindeutig noch viel Wissen, was sich außerhalb Deutschlands und Österreichs zugetragen hat. Deshalb hatte ...

Obwohl ich schon wahnsinnig viel Literatur zum Thema Zweiter Weltkrieg gelesen habe, fehlt mir eindeutig noch viel Wissen, was sich außerhalb Deutschlands und Österreichs zugetragen hat. Deshalb hatte auch "Niemand weiß, dass du hier bist" von Nicoletta Giampietro, ein Roman der in Italien 1942 spielt, viel zu bieten. Obwohl unsere Hauptprotagonist Lorenzo noch ein Junge von anfangs 12 Jahren ist, ist das Buch in meinen Augen kein Jugendbuch.

Lorenzo wächst in Tripolis auf. Libyen ist zu dieser Zeit eine italienische Kolonie. Aufgewachsen unter Anhänger von Mussolini, ist er stolzer Faschist. Als Lorenzo 1942 von seiner Mutter aus Sicherheitsgründen nach Siena zu seinem Nonno und seiner Tante Chiara geschickt wird, denkt er noch an einige Wochen Ferien in der Toskana. Mit der Zeit vermisst Lorenzo seine Heimat und Freunde sehr, vorallem als ihm klar wird, dass seine Mutter ohne ihn nach Tripolis zurückgekehrt ist. Während sein Vater, trotz einer Kriegsverletzung, wieder an der Front kämpfen muss, versucht seine Mutter über einen Verwandten, ihn von dort abzuziehen.
Lorenzo freundet sich mit dem Nachbarjungen Franco an, dessen Familie überzeugte Mussolini-Anhänger sind. Und auch Francos Kusine Ilaria lässt sein Herz schneller schlagen. Doch ein Vorfall in der Schule und die beginnende Freundschaft zum jüdischen Jungen Daniele Neri lassen Lorenzo langsam nachdenklich werden. Als die Deutschen Italien besetzen und in Siena die Juden deportieren, überdenkt Lorenzo seine Einstellung und fällt eine Entscheidung....

Die italienisch-französische Autorin lebt seit 1986 in Deutschland und vermittelt in ihrem tiefgründigen Debütroman viel italienische Zeitgeschichte. Ihr Protagonist Lorenzo muss in den beiden Kriegsjahren schnell erwachsen werden. Seine widerstreitenden Gefühle werden von Nicoletta Giampietro sehr authentisch dargestellt. Der Wandel vom naiven und unbeschwerten Jungen zum Jugendlichen, der der Erwachsenenwelt mit Unglauben gegenübersteht, ist großartig gelungen.

In der Villa kann er sich keinem Menschen anvertrauen. Mit Franco verbindet ihn zwar eine lose Freundschaft, aber das faschistische Elternhaus, besonders Francos Onkel, stehen seiner Familie eher feindlich gegenüber. Einzig die Hausangestellte Cesarina gibt ihm etwas Herzenswärme und Geborgenheit. Seine Tante Chiara beachtet Lorenzo anfangs etwas skeptisch, denn er merkt bald, dass sie nicht auf der Seite von Mussolini steht und immer wieder Heimlichkeiten vor ihm hat. Mit dem jüdischen Arzt Matteo findet Lorenzo eine Männerfigur, zu der er aufschauen und bewundern kann, während sein Nonno eher wortkarg an den ersten großen Krieg zurückdenkt, in dem er mitgekämpft hat. All diese Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet und detailliert beschrieben. Ich hatte alle vor Augen und fieberte mit ihnen mit.

Die Geschichte lässt sich trotz des ernsten Themas leicht lesen. Die Autorin spielt gekonnt mit den Gefühlen der Leser und zeigt auf, wie fanatisch Menschen sein können, ohne näher über die Hintergründe nachzudenken. Gut aufgezeigt wurde auch, wie Kinder schon von klein auf manipuliert und auf "die richtige Spur" gebracht werden. Der Faschismus wird gehuldigt, denn der Duce hat wieder Wohlstand ins Land gebracht. Doch auch Mussolini und seine Anhänger werden zur Marionette und von Hitler regelrecht überrannt. Besonders gut hat mir ein Gedanke von Lorenzo gefallen: "Man kann doch seine Werte nicht wie seine Unterhose wechseln". Dieser Satz spiegelt die Zeit der Kriegsjahre (nicht nur) in Italien wider. Und Lorenzo begibt sich daraufhin selbst in große Gefahr, als er sich vornimmt zu seiner Überzeugung zu stehen und das menschlich Richtige zu tun.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr lebendig, berührend und voller Atmosphäre. Die bildhaften Beschreibungen von Siena, das sich als Lazarettstadt bewirbt, um nicht bombardiert zu werden, um nicht nur seine Einwohner, sondern auch die mittelalterlichen Bauten zu schützen, wird authentisch dargestellt.
Das italienische Lebensgefühl ist spürbar, die Zerissenheit von Lorenzo mehr als greifbar.

Fazit:
Die Geschichte eines Jungen, der in Zeiten des Krieges das menschlich Richtige tun will. Ein tiefgründiger Roman, der mich sehr berührt hat und der die Wankelmütigkeit und den Fanatismus der Menschen aufzeigt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.04.2019

Einen Ozean entfernt

Zeilen ans Meer
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Wer sucht nach einen Nachfolger zu "Gut gegen Norwind"?
Mit "Zeilen ans Meer" könnt ihr diesen Roman gefunden haben, denn er steht in seiner Poesie, Melancholie und Tiefgründigkeit Glattauers Bestseller ...

Wer sucht nach einen Nachfolger zu "Gut gegen Norwind"?
Mit "Zeilen ans Meer" könnt ihr diesen Roman gefunden haben, denn er steht in seiner Poesie, Melancholie und Tiefgründigkeit Glattauers Bestseller in keinster Weise nach. Allerdings handelt es sich hier um einen reinen Briefroman, wo wirklich Briefe und keine Emails getauscht werden. Da ich selbst seit meiner Kindheit Briefe schreibe, liebe ich diese Art Romane sehr und fühle mich dabei immer wie eine Art "Seelenverwandte".

Dieser Briefroman erzählt die Geschichte der ehemaligen deutschen Studentin Lena, die 1999 ein Work-and-Travel Jahr in Australien verbracht hat. Am Ende ihres Aufenthaltes schreibt sie ihre Empfindungen, Wünsche und Träume auf und verschließt diese in einer Flaschenpost. Am Strand von Perth schickt Lena diese auf Reise. 16 Jahre später findet Sam Lenas Flaschenpost beim Joggen am Strand nahe Sydney und schreibt spontan zurück. Somit erhält Lena nach dieser langen Zeit überraschend Post aus Australien. Mittlerweile ist die Übersetzerin Mutter einer Tochter und lebt in Trennung. Aus Kartengrüße zur Weihnachtszeit werden bald immer längere Briefe - eine wunderbare Brieffreundschaft entsteht. Über die Ferne hinweg tauschen Sam und Lena Gedanken aus, die sie oftmals nicht einmal mit ihren besten Freunden
besprechen. Über die Distanz sieht man oft Dinge aus einer anderen Perspektive und langsam kommen sich die Beiden immer näher. Doch kann man sich in einen Brieffreund verlieben?

Die Geschichte ist, obwohl in Briefform, wahnsinnig intensiv. Die wechselseitige Erzählung der beiden Protagonisten lässt dem Leser hinter die Fassade schauen. Man erlebt die Höhen und Tiefen von Sam und Lena mit und spürt die Intensivität der Gefühle. Beide haben ihre eigenen Probleme und eine Vergangenheit, die Spuren hinterlassen hat. Lenas Träume von damals sind dem Alltag und den Sorgen gewichen, ihre Unbeschwertheit verflogen. Die Liebe zur Musik ist tief vergraben, die Gitarre im Keller versteckt. Sam versucht Lena zu überzeugen, wieder ihren ehemaligen Leidenschaften nachzugehen und wieder zu leben.

"Dinge, die wir lieben, die uns begeistern, sind niemals Sackgassen, sondern immer der richtige Weg. Vielleicht haben sie kein Ziel, aber sie geben uns eine Richtung vor"- Seite 70

Seine Leidenschaft zum Surfsport hat Sam hingegen nie verloren, doch den Wunsch Berufssurfer zu werden, hat er aufgegeben. Die perfekte Welle hat er noch nicht gefunden. Sein bester Kumpel Daniel unterstützt ihn, wo er nur kann. Gemeinsam bauen sie Surfbretter aus Glasfaser.

Doch auch bei Brieffreunden gibt es nicht immer nur eitlen Sonnenschein. Vertrauen ist besonders wichtig und immer wieder überfallen beide große Zweifel. Einige überraschende Wendungen tun ihr Übriges dazu. In einem „normalen“ Roman wäre mir das Hin und Her zwischen den beiden vielleicht mit der Zeit etwas auf die Nerven gegangen, so aber fiebert man selbst dem nächsten Brief und einer Antwort entgegen.
Mit der Zeit wünschen sich sowohl Lena, als auch Sam, sich im realen Leben zu treffen. Denn auch wenn sie sich emotional so nah sind, fehlt einfach die körperliche Nähe und die Möglichkeit ein gemeinsames Leben zu teilen. Die Fernbeziehung von Lena und Sam droht mit der Zeit am Alltag zu scheitern. Doch kann überhaupt eine Liebe auf Distanz funktionieren?

In der heutigen digitalen Welt ist es nur mehr schwer vorstellbar, nur über Briefe zu kommunizieren. Auch ich werde immer wieder befremdlich angeschaut, wenn ich erzähle, dass ich noch ganz altmodisch Briefe auf Papier schreibe und mit der Post versende. Umso mehr genoss ich die Gefühle, wenn Lena auf den Briefträger wartet und voller Sehnsucht in den Briefkasten schaut. Erst nachdem sich beide in der realen Welt getroffen haben, schreiben sie sich auch hin und wieder Mails und skypen. Die Buchtipps, die die beiden austauschen, ließen mein Herz ebenso höher schlagen.

Schreibstil:
Sarah Fischers wunderschöne poetische Schreibstil verzauberte mich von der ersten Seite an. Mit sehr viel Empathie schreibt die Autorin über Gefühle und Ängste. Beide Protaginisten sind authentisch und sehr liebevoll dargestellt. Man kann die Entwicklung der aufkeimenden Gefühle wunderbar mitverfolgen. Die Dynamik steigert sich von Brief zu Brief. Sarah Fischer gelingt es großartig die wunderschönen Plätze in Australien darzustellen, die Sam Lena beschreibt. Lena hingegen bringt Sam München näher und einen ganz bestimmten Platz im Englischen Garten: der Eisbach und die berühmte Eisbachwelle...ein Surferparadies mitten in der Großstadt.

Fazit:
Ein zauberhafter Briefroman, der mich wunderbar unterhalten hat. Wer noch ähnliches wie "Gut gegen Nordwind" sucht, dem kann ich "Zeilen ans Meer" ans Herz legen. Mit viel Empathie und Poesie erzählt Sarah Fischer eine berührende Geschichte, realitätsnah, tiefgründig und packend. Ich empfehle dieses Buch gerne weiter!

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Veröffentlicht am 08.04.2019

Für mich das bisher neste Buch der Reihe

Die Salbenmacherin und der Engel des Todes
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Wer bereits die Bücher rund um die Salbenmacherin Olivera kennt, der weiß, dass es sicherlich auch im vieren Band wieder spannend weitergeht. Und wie immer fesselt einem bereits der Prolog von Anfang an ...

Wer bereits die Bücher rund um die Salbenmacherin Olivera kennt, der weiß, dass es sicherlich auch im vieren Band wieder spannend weitergeht. Und wie immer fesselt einem bereits der Prolog von Anfang an an die Seiten.

Wir sind in Nürnberg im Jahre 1409. Olivera ist hochschwanger und trauert um ihre geliebte Großmutter in Konstantinopel. Um sich abzulenken, arbeitet sie noch mehr als zuvor im Heilig-Geist-Spital. Hier kümmert sie sich nicht nur um reiche Kranke, sondern vorallem um die Armen in der Siechenstube. Gerlind ist in der Zwischenzeit zu ihrer Freundin geworden und geht ihr im Spital zur Hand. Das Mädchen beobachtet während der Nacht einige seltsame Vorgänge, traut sich aber nicht ihre Beobachtungen kundzutun. Götz versucht in der Zwischenzeit um ein Aufnahme in den Größeren Rat. Doch zu seinen Mitbewerbern gehört auch der Medicus. Olivera ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Der ehemalige Straßenjunge Jona arbeitet in der Apotheke mit, doch Knecht Mathis traut ihm nicht über dem Weg. Als in den Offizien von Olivera eingebrochen wird, fällt der Verdacht sofort auf ihn. Im Heilig-Geist-Spital sterben unterdessen kurz hintereinander ein alter Mann, den Olivera erst behandelt hat, und eine Wöchnerin. Als aufkommt, dass in der letzten Zeit mehrere Frauen, die erst entbunden haben, gestorben sind, wird Olivera vom Spitalmeister als Giftmischerin verdächtigt....

Gewohnt temporeich liest man sich durch die Abenteuer, die Salbenmacherin Olivera zu bestehen hat. Hochschwanger ist sie auf der Flucht, während Götz versucht sie zu entlasten und dabei sich und seine Frau noch tiefer in den Schlamassel zieht. Aber auch Jona und Gerlind sind nicht untätig. Doch wer glaubt schon einer ehemaligen Hure und einem Straßenjungen?

Silvia Stolzenburg nimmt den Leser wieder direkt mit ins Mittelalter, samt dazugehörigen Aberglauben. Besonders interessant waren für mich wieder die damaligen Behandlungsmethoden von allerlei Wehwechen (auch zu dieser Zeit wurde schon nach Mittelchen zur Stärkung der Manneskraft gefragt) oder schweren Verletzungen und Krankheiten. Neben den gewohnten Themen wie Neid, Missgunst, Hab- und Machtgier, nimmt sich die Autorin auch vermehrt um den Wert von Freundschaft und Loyalität an, die besonders Jona und Casper betrifft.

Ich liebe diese Reihe um die Salbenmacherin Olivera und habe das Gefühl, dass sie von Band um Band noch besser wird. Ich freue mich schon auf den kommenden Band.

Schreibstil:
Die lebendige und bildreiche Schreibweise lässt mich jedes Mal wieder im Buch versinken und die Zeit rund um mich herum vergessen. Die Figuren sind lebendig, facettenreich und mit viel Liebe gezeichnet. Die Charaktere sind nicht einfach schwarz-weiß, sondern mitten aus dem Leben gegriffen - mit Ecken und Kanten. Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Der Spannungsbogen baut sich laufend auf und bleibt auf einem hohem Niveau. Die historischen Hintergründe sind wie gewohnt sehr gut recherchiert.

Fazit:
Für mich ist "Die Salbenmacherin und der Engel der Todes" der bis jetzt beste Band der Reihe! Spannung von Beginn an, überraschende Wendungen und ein überaus lebendiges Bild dieser Zeit verbinden den Plot zu einem wahren Pageturner! Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung! (mit dem Hinweis die Reihe mit Band 1 zu beginnen)

Veröffentlicht am 07.04.2019

Frederikas persönlichster Fall

Sündengräber
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Sehr gespannt war ich auf den sechsten Band rund um die Reihe von Fredrika Bergman und Alex Recht, nachdem ich alle Vorgängerbände gelesen habe. Im Gegensatz zur Dilogie der Autorin um "Schwesterherz" ...

Sehr gespannt war ich auf den sechsten Band rund um die Reihe von Fredrika Bergman und Alex Recht, nachdem ich alle Vorgängerbände gelesen habe. Im Gegensatz zur Dilogie der Autorin um "Schwesterherz" und "Bruderlüge", die ich furchtbar fand (Band 2 habe ich gar nicht mehr gelesen), sind mir Fredrika und Alex mittlerweile richtig ans Herz gewachsen.

Der erste Mann schreibt mit der Gewissheit, dass er bald sterben muss sein Testament und gesteht eine verjährte Tat. Der zweite Mann mietet ein Haus für eine Familie, das zur Festung wird. Niemand kommt rein und niemand kommt raus. Der dritte Mann fühlt sich verloren und beschließt die Welt auf seine Art besser zu machen.
So beginnen die ersten Kapitel des voraussichtlich letzten Teils dieser Reihe, die anfangs ganz schön verwirrend sind und dem Leser völlig zusammenhanglos vorkommen. Lange versucht man die Verbindungen der Handlungsstränge zu finden, doch dies dauert und ist auch gewollt. Einzig den ersten Mann hatte ich bald entlarvt.... Danach wird es aber richtig spannend und der erste Mord lässt auch gar nicht lange auf sich warten. Und mitten drinnen Fredrika und Alex, deren letzter großer Fall der Salomon-Gemeinde ihnen noch in den Knochen sitzt. Nun sind sie am Schauplatz eines neuen Mordes, der wie eine Hinrichtung wirkt. Seltsamerweise hat das Mordopfer den Ehering seiner toten Tochter am Finger. Soll dies ein Hinweis sein? Und was will der Täter damit sagen?
Dies ist erst der Beginn einer Mordserie, bei der die Ernittler allerdings keine Gemeinsamkeiten erkennen können. Lange Zeit tappen sie im Dunkeln und der Täter ist ihnen immer um eine Nasenlänge voraus. Nur langsam ist das Motiv ersichtlich, welches jedoch nicht zum Täter führt....bis es fast zum spät ist und Fredrika und Alex den Mörder überführen können.

Auch dieser Thriller der Autorin ist wieder äußerst komplex aufgebaut. Dadurch ist man zwar von Anfang an gespannt, was sich hinter all den Handlungssträngen verbirgt, jedoch ist es zu Beginn etwas verwirrend. Bald war ich jedoch gefangen von der Story und dem langsam aufkommenden furchtbaren Verdacht, der sich Gott sei Dank als falsch herausgestellt hat und den ich auch immer wieder in die Ecke meiner Gedanken stellen wollte.
Die Atnosphäre ist diesmal ziemlich düster. Gefallen hat mir die abwechselnde Sicht auf die zukünftigen Opfer oder wie sich langsam ein Puzzleteilchen ums andere zusammensetzt. Mehr möchte ich diesmal zum Inhalt gar nicht verraten.....

Die persönlichen Probleme, vorallem von Fredrika, sind auch im voraussichtlich letzten Band der Reihe wieder ein zentrales Thema neben der Ermittlungsarbeit. Und diesmal hat es die Ermittlerin wirklich nicht leicht.
Den Spannungsbogen fand ich durchgehend hoch und ich hatte das Buch wirklich schnell durchgesuchtet. Trotzdem ist es für mich nicht das Beste der Reihe. Mein Lieblingsbuch bleibt "Himmelschlüssel", aber ich denke jeder Leser der Reihe hat seinen eigenen Lieblingsband.

Ich finde es schade, dass wir uns von diesem Ermittlerung nun tatsächlich verabschieden müssen...

Fazit:
Der voraussichtlich letzte Band der Reihe rund um Fredrika Bergman und Alex recht ist ziemlich düster und sehr komplex. Anfangs etwas verwirrend entwickelt er sich zu einer spannenden Story, die so einige Überraschungen bereit hält. Obwohl es nicht der beste Band der Reihe ist, finde ich es schade, dass