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Veröffentlicht am 14.11.2018

Tolles Debüt!

Falkenberg
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Mit ihrem Debüt ist Regine Seemann ein absolut spannender und vorallem eindringlicher Krimi gelungen.
Von der ersten Seite an wird man regelrecht in die Geschichte gezogen.
Bei einem Schulausflug auf den ...

Mit ihrem Debüt ist Regine Seemann ein absolut spannender und vorallem eindringlicher Krimi gelungen.
Von der ersten Seite an wird man regelrecht in die Geschichte gezogen.
Bei einem Schulausflug auf den Falkenberg bei Hamburg entdeckt eine Schülerin die Leiche eines alten Mannes. Der ehemalige Psychiater Henning Mantteufel wurde mit 147 Stichen hingerichtet. Zusätzlich befindet sich am Rücken ein eingeritztes Hakenkreuz. Die beiden Kommissarinnen Stella Brandes und Banu Kurtoglu ermitteln zuerst im rechtsradikalen Milieu und in der Seniorenresidenz Waldfrieden, wo das Opfer gelebt hat. Doch das Ermittlerteam findet einfach keinen Hinweis für ein Mordmotiv. Durch Jan Domingo, einen Abiturenten, der für sein Projekt "Zeitzeugen" Überlebende des Zweiten Weltkrieges interviewt, finden die Kommissarinnen einen ersten kleinen Hinweis. Doch auch der Fundort der Leiche dürfte ein weiteres Zeichen auf das Opfer und seine Geschichte sein.

In einem zweiten Handlungsstrang, der in Tagebuchform geschrieben und sich durch kursive Schrift von der gegenwärtigen Ermittlungen abhebt, erzählt ein junges Mädchen von ihrer Zeit in einem Kinderheim und anschließend in einer psychiatrischen Abteilung. Der Leser weiß nicht um wen es sich handelt, jedoch waren diese Einträge wirklich erschütternd und haben mich sehr berührt. Diese Tagebucheinträge waren für mich einerseits das Highlight des Krimis, aber auch der Teil, der mir wirklich zugesetzt hat.

Das ungewöhnliche Ermittlerteam hat mir sehr gut gefallen. Erstmals hatte ich zwei weibliche Ermittlerinnen, eine davon mit Migrationshintergrund. Auch die Konstellation von Banu's Familie ist einmal etwas ganz Neues. Ihr Mann bleibt bei den Kindern zu Hause und sie macht Karriere. Und wie in vielen anderen Ehen kommt es deswegen auch hier zu Problemen. Private Einblicke in das leben der beiden unterschiedlichen Frauen geben dem Krimi eine persönlichere Note.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und direkt aus dem Leben gegriffen. Sowohl die sherrytrinkende Verlobte des Opfers, die anderen Heimbewohner, als auch Jan Domingo und das restliche Ermittlerteam haben Bilder in meinem Kopf ausgelöst.

Ich habe bis zum Ende gerätselt, wer hinter dem Mord steckt. Die Autorin konnte mich mit ihrer Auflösung überraschen, die glaubwürdig erscheint und für mich perfekt gelöst wurde.
Ich hoffe auf weitere Fälle mit Stella und Banu.

Schreibstil:
Regine Seemann schreibt flüssig, eingängig und im Vergangenheitstrang sehr einfühlsam. Zum Thema Euthanasie während der NS-Zeit wurde hervorragend recherchiert und die Grausamkeiten von damals aufgezeigt. Die Aufarbeitung der geschichtlichen Ereignisse, die sich mit dem aktuellen Mordfall immer mehr verbinden und am Ende ein richtiges Ganzes ergeben, wurden spannend eingeflochten. Der Spannungsbogen steigt bis zum Ende hin kontinuerlich an.

Fazit:
Ich bin begeistert von diesem Debüt und kann allen, die Krimis mit historischen oder regionalen Bezug lieben "Falkenberg" empfehlen! Ich freue mich schon auf weitere Fälle von Stella und Banu.

Veröffentlicht am 14.11.2018

Gelungener Auftakt der Reihe

Die Fotografin - Am Anfang des Weges
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m ersten Teil "Die Fotografin - Am Anfang des Weges" startet Petra Durst-Benning in eine neue Reihe rund um Minna Reventlow.

Die junge Frau entzieht sich jeglicher Konventionen, als sie ihren großen Wunsch ...

m ersten Teil "Die Fotografin - Am Anfang des Weges" startet Petra Durst-Benning in eine neue Reihe rund um Minna Reventlow.

Die junge Frau entzieht sich jeglicher Konventionen, als sie ihren großen Wunsch Fotografin zu werden, in die Tat umsetzt. Die Pastorentochter bewundert seit ihrer Kindheit ihren Onkel Josef, der als Wanderfotograf durch die Lande zieht. Mimmi darf, dank eines Vorfalles in ihrer Kindheit, nach einem Jahr "Frauenschule" in Berlin eine Ausbildung zur Fotografin beginnen. Ihr Lehrherr hält allerdings nichts von Frauen im Berufsleben und auch ihr Verlobter möchte, dass sie nach der Heirat ihren Beruf aufgibt. Mimi lehnt daraufhin seinen Heiratsantrag ab. Nach Abschluss ihrer Ausbildung tritt sie in die Fußstapfen ihres Onkels und arbeitet als Wanderfotografin. Die Liebe zu ihrer Arbeit und mit ihrer unkonventionellen Art zu fotografieren, hat sie bald Erfolg. Als Mimi erfährt, dass es ihrem Onkel Josef gesundheitlich schlecht geht, will sie ihn ein paar Tage besuchen. Dieser hat vor Jahren die Wanderschaft aufgegeben, spät geheiratet und in Laichingen, einem Leinenweberdorf, ein Fotoatelier eröffnet. Nach dem Tod seiner Frau hat er sich zur Ruhe gesetzt. Als Mimi in Laichingen, ankommt, fällt die moderne und selbstbewusste Frau bald auf. Außerdem legt sie sich unwissentlich gleich am ersten Tag mit dem größten Arbeitgeber des Dorfes an. Aufgrund der schweren Krankheit entschließt sich Mimi länger zu bleiben und den Onkel zu pflegen, sowie sein Geschäft wieder zu öffnen und fortzuführen. Doch ihr weht ein starker Wind entgegen, denn selbstbewusste, mutige Frauen mit eigenem Willen sind im Dorf nicht gefragt.

Petra Durst-Benning ist schon als Kind mit dem Thema "Historische Fotografie" in Berührung gekommen und ist noch heute fasziniert davon. Für sie stand fest, dass sie einmal einen Roman darüber schreiben möchte, dessen erster Band nun veröffentlicht wurde. Doch nicht nur die Fotografie, sondern auch die Lebens- und Arbeitsweise der Weber und das immer stärkere Aufkommen von Fabriken, hat die Autorin einfließen lassen. Die wichtigsten Arbeitgeber des Dorfes sind kleine Könige und die Menschen von ihnen abhängig. Der Zeitgeist und der große wirtschaftliche Umschwung sind zu dieser Zeit ein großes Thema.

Die Charaktere hat die Autorin, wie ich bereits von ihr gewohnt bin, sehr lebendig und facettenreich dargestellt. Mimi ist eine starke und selbstbewusste Protagonistin, die ihren Traum leben möchte, was als Frau zu dieser Zeit fast undenkbar ist. Dafür gibt sie ein zukünftiges Leben an der Seite eines Mannes, Ehe und Familie, auf. Ihr Freigeist und ihre Kreativität helfen ihr in Laichingen mehr als einmal über die Runden zu kommen.
Das ganze Gegenteil ist Evelyn. Die Tochter einer reichen Chemnitzer Fabrikantenfamilie ist blauäugig ihrer Liebe gefolgt, ohne etwas vom harten und entbehrungsreichen Leben in Laichingen zu ahnen. Sie hadert mit ihrem Schicksal und beneidet Mimi, ohne jedoch selbst etwas gegen ihre Lage beizutragen.
Die Rolle der Frau war 1911 keineswegs mit Heute vergleichbar. Haushalt, Kindererziehung, Heimarbeit und Kirchgang stellen die Eckpfeiler einer gewissenhaften und gläubigen Ehefrau dar. Da fällt eine Frau wie Mimi, die ihrer Zeit voraus ist, ganz gehörig auf...

Aber nicht nur die Charaktere sind unglaublich liebevoll und detailliert beschrieben, sondern auch die landschaftlichen Besonderheiten der Ziele, die Mimi bereist. Die Schwäbische Alb, wo der Winter länger dauert unddie Menschen von der Weberei oder der Landwirtschaft leben, wird ebenso bildhaft beschrieben.

Das karge Leben der Leinenweber und der noch immer verankerte Glauben, dass die Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und denselben Beruf erlernen müssen, egal welche Begabungen sie haben, ist ein wichtiges Thema des Romans. Der vorwitzige Anton, dessen Eltern das einzige Gasthaus im Ort bewirtschaften, hat keine Lust als Gastwirt in Laichingen zu versauern. Auch sein Freund Alexander, der zeichnerisch äußert begabte Sohn eines Webers, soll beim verhassten Fabriksbesitzer Gehringer, denselben Beruf wie sein Vater erlernen. Als Mimi sich für ihn einsetzt und einen Platz an der Kunstschule für ihn besorgen will, kommt es zu einem Eklat. Aber nicht nur Alexander und Anton haben Träume und Begabungen...

Der Spannungsbogen bleibt die ganze Zeit über konstant. Das Ende bleibt leider offen und Teil Eins endet mit einem gehörigen Cliffhanger, was mir nicht wirklich gefällt. Hier hätte man wenigstens einen der offenen Handlunsgstränge enden lassen können. Deswegen gibt es einen halben Stern Abzug, da ich es als Kaufzwang ansehe, wenn im ersten Teil so alles offen bleibt...
Trotzdem kann ich es kaum erwarten Teil 2 zu lesen, der jedoch erst im April 2019 erscheinen wird.

Fazit:
Ein gelungener Auftakt der Reihe rund um "Die Fotografin". Petra Durst-Benning verleiht dem Roman lebendige Charaktere, sowie interessante Einblicke in die Fotografie der damaligen Zeit. Ich bin schon gespannt auf den Folgeband.

Veröffentlicht am 13.11.2018

Spannend, aber unglaubwürdig

Die Party
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Halloween, die 80iger Jahre und Morde a la Agathe Christies "Zehn kleine Negerlein" - diese drei Komponenten genügten, dass mich "Die Party" von Jonas Winner sofort ansprach. Als mich dann auch noch der ...

Halloween, die 80iger Jahre und Morde a la Agathe Christies "Zehn kleine Negerlein" - diese drei Komponenten genügten, dass mich "Die Party" von Jonas Winner sofort ansprach. Als mich dann auch noch der Autor persönlich anschrieb und fragte, ob ich den Thriller lesen und rezensieren möchte, sagte ich sofort zu.

Brandon lädt zu einer Revival-Halloweenparty ein. Er möchte die Achziger Jahre aufleben lassen, denn vor genau 30 Jahren hat er zum Schulabschluss ebenfalls mit seinen Mitschülern gefeiert. Diesmal hat er sich aber auf zehn seiner ehemaligen Freunde eingeschossen, die die Fahrt in sein abgelegenes Haus als Mumie, Horrorclown oder Werwolf antreten. Der opulente Glasbungalow außerhalb von New Jericho ist nur mit einer Fähre über einen Fluss zu erreichen und liegt auf einer Anhöhe. Gleich zu Beginn werden den Besuchern die Handys abgenommen, denn die Party soll authentisch sein. Die zehn Freunde fragen sich, warum gerade sie eingeladen wurden, denn eigentlich haben sich alle seit dem Schulabschluss aus den Augen verloren.
Als Brandon seine Gäste begrüßt, geschieht ein Unglück und der Gastgeber wird vom Kronleuchter erschlagen. Kurze Zeit später spricht er in einem Video zu ihnen und erklärt den zehn Freunden, dass sie gerade noch 24 Stunden leben werden. Nach der Ankündigung von Brandon, dass nur einer von ihnen das Haus lebend verlassen wird, bricht anfangs das Chaos aus. Bald beginnt das gegenseitige Misstrauen und die Freunde fragen sich: "Was wissen wir eigentlich über Henry? Ashley? Oder Nick? Nicht wirklich viel. Leider erfährt es auch der Leser nicht wirklich, denn die Charaktere bleiben sehr blass und sind austauschbar. Einzig Nick, Donna und Henry ergeben ein etwas klareres Bild.
Das in der Videobotschaft angesprochene Konzept, dass nur im Haus die Fallen lauern, wird nicht durchgezogen. Nur zu Beginn werden die Anschläge auf die Gäste durchgeführt, danach weitet sich das tödliche Netz aus. Den immer weniger werdenden Überlebenden ist bald klar, dass Brandon einen Komplizen haben muss, der noch unter ihnen weilt. Wer steckt mit dem Gastgeber unter einer Decke?

In "Die Party" gibt es keinen typischen Protagonisten, sondern alle Gäste erzählen abwechselnd aus ihrer Perspektive - manche mehr, manche weniger. Anfangs war ich durch die vielen Namen und Kostüme verwirrt und konnte nicht gleich jede Figur richtig zuordnen. Das Personenregister mit Name, Kostüm und Beruf fand ich leider erst kurz bevor ich das Buch zugeschlagen habe.....ähm. Das wäre vielleicht zu Beginn des Buches besser platziert gewesen, damit es auch Blondinnen finden können.

Den Plot finde ich gut, auch wenn er nicht unbedingt neu ist. Die Atmosphäre ist düster und geheimnisvoll. Auch die Achziger Jahre Stimmung kommt durch, wenn von Filmen und Musik dieser Zeit gesprochen wird oder von der ersten Halloweenparty, die Brandon gegeben hat und die ein plötzliches Ende nahm. Keiner der Freunde weiß jedoch, was damals passiert ist.
Das Tempo ist schnell, der Spannungsbogen hoch. Man liest sich wirklich sehr gut durch die kleine Horrorgeschichte und drückt unwillkürlich dabei ein Auge zu, wenn es zu konstruiert und überspitzt wird. Was ich allerdings nicht verstehen kann ist, dass man im Angesicht seines baldigen Todes lieber Sex haben möchte, statt einen Ausweg aus der tödlichen Ausgangslage zu finden.

Ich hatte gehofft, dass mich das Ende aus den Socken hauen wird, jedoch fand ich es richtig an den Haaren herbeigezogen und konstruiert. Schade!

Fazit:
Kleiner Grusel, schönes Achziger Jahre Feeling und ein rasantes Tempo sind die positiven Aspekte dieses Thrillers. Blasse Charaktere, keine wirklichen Überraschungsmomente und ein Ende, das irgendwie mit dem Rest der Geschichte nichts zu tun hat und für mich völlig an den Haaren herbeigezogen ist.
Die 3 Sterne vergebe ich für die rasante Unterhaltung und schöne Erinnerungsmomente an meine Jugendzeit in den Achziger Jahren, sowie der düsteren Atmosphäre.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Lässt mich zwiegespalten zurück

Wie die Sonne in der Nacht
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Unsere Protagonistin ist Mara, eine 17jährige Schülerin aus Deutschland. Es sind bereits ihre letzten Wochen in New Mexico, die sie bei ihrer Gastfamilie verbringt. Diese fliegen allerdings nach Paris, ...

Unsere Protagonistin ist Mara, eine 17jährige Schülerin aus Deutschland. Es sind bereits ihre letzten Wochen in New Mexico, die sie bei ihrer Gastfamilie verbringt. Diese fliegen allerdings nach Paris, wo eine der Töchter einen Studienplatz erhalten soll. Mara hatte für diese Wochen geplant ihrem Freund Nils die Gegend zu zeigen, doch dieser hat die Beziehung kurz zuvor beendet. Wenige Tage spoäter stößt sie auf der Landstraße auf einen verletzten Jungen, der sich an nichts erinnern kann, außer an seinem Namen: Kayemo.
Gemeinsam mit ihm macht sie sich auf, seine Heimt und seine Familie zu finden....

Das Buch beginnt ruhig und benötigt seine Zeit um Fahrt aufzunehmen. Bis dahin fand ich es leider etwas anstrengend, vorallem da mir Mara nicht wirklich sympathisch war und ich ihre Handlungen nicht verstand. Mara ist unsensibel, gedankenlos und forsch. Ihre unbedachte Art ist aber auch teilweise von der Autorin gewollt, denn Mara und Kayemo sollen den Unterschied der beiden Kulturen verdeutlichen. Insbesonders die Gegensätze zwischen der alten Indianerkultur und der heutigen Konsumgesellschaft wird hier sehr schnell deutlich. Hier prellen eindeutig zwei Welten aufeinander.
Kayemo liegt sehr viel an der Lebensweise seiner Ahnen. Sein ganzes Leben hat sich in einem Pueblo-Dorf abgespielt. Er ist ein sympathischer Junge, der oft wie "aus der Welte gefallen" wirkt.
Die Naturverbundenheit und die Wertschätzung der Ahnen, heilige Stätte, die nur wenige ausgesuchte Personen betreten dürfen, sowie alte Mythen sind allgegenwärtige Themen. Antje Babendererde lässt uns durch Kayemos Augen diese für uns unbekannte Welt erfühlen und erforschen. Die manchmal mystische Atmosphäre fand ich äußerst gelungen.
Der letzte Abschnitt war äußerst spannend und hat mich dann richtig ans Buch gefesselt.

Die Liebe oder Verliebtheit der Beiden war hingegen für mich nur teilweise greifbar. Es ging eindeutig viel zu schnell und Mara und Kayemo überschreiten die Grenze zwischen "Wir-sind-nur-Freunde" etwas zu früh. Dadurch fehlte mir das Gefühl, das Knistern und die Glaubwürdigkeit.
Was ich der Autorin hier ankreiden muss ist, dass sie zwar Verhütung erwähnt hat, allerdings nimmt Mara eine Spirale. Ehrlich gesagt kenne ich kein Mädchen in dem Alter, dass die Spirale benutzt und die Ärzte raten auch in diesem Alter davon ab. Aber das sei nun dahingestellt.... was mir richtig sauer aufgestoßen ist, ist allerdings, dass die Verhütung wieder nur der Frau überlassen wird und vorallem kein Wort über die Möglichkeit einer Erkrankung anderer Art gesprochen wird. Da die angegebene Zielgruppe des Romans mit "Von 12 bis 15 Jahre" angegeben ist, finde ich das ziemlich verantwortungslos. Mara scheint außerdem ein ausgesprochen aktives Sexualleben zu haben und auch ihre Gedanken im Buch schwirren mir zu viel um dieses Thema herum.

Manche Handlungen konnte ich auch nicht wirklich nachvollziehen. Mara wird von ihrer Gastfamilie alleine gelassen und sie soll auf das Haus aufpassen. Fand ich ehrlich gesagt etwas merkwürdig. Ich würde meinem Au-Pair Mädchen nie das Haus überlassen bzw. sind die Gasteltern nicht verpflichtet auf ihre minderjährigen Austauschstudenten aufzupassen? Dass Mara das Haus dann trotzdem verlässt und einem ihr wildfremden Jungen in die Berge folgt, fand ich ebenso fragwürdig.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eher ruhig und die Spannung baut sich sehr langsam auf. Die Geschichte wird aus der Sicht beider Protagonisten erzählt. So erhält man einen schönen Zugang zu ihren Gedanken.
Die Mystik und die wunderbare bildhafte Beschreibung der Gegend und der Kultur der Pueblo-Indianer ist das große Plus des Romans. Hier bemerkt man sofort, dass sich die Autorin auf diesem Gebiet sehr gut auskennt. Man ist verzaubert von den Geheimnissen und Mythen. Auch die Charakterisierung der Figuren ist lebendig, sehr detailliert und absolut gelungen.

Cover:
Ich muss noch ein paar Worte zum wunderschönen Cover verlieren. Die Signalfarbe rot und die weiße Eidechse, die gelben Farbschattierungen, die an die Sonne erinnern....wunderschön! Auch das Lesebändchen sieht edel aus.

Fazit:
Ein Buch, das mich etwas zwiegespalten zurücklässt. Die erste Hälfte konnte mich nicht überzeugen und war mir auch zu ruhig. Die Protagonistin fand ich außerdem unsympathisch. Ab der Hälfte wird es wunderbar atmosphärisch und richtig spannend. Das Leben und die Kultur der Pueblo-Indianer hat die Autorin wunderbar eingefangen.

Veröffentlicht am 08.11.2018

Eine Leseempfehlung - gegen das Vergessen!

Überleben
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Dieser biografischer Roman und Tatsachenbericht eines Zeitzeugens fiel mir alleine durch das Thema und Cover auf. Als ich jedoch in der Buchbeschreibung las, dass Hauptprotagonist Walter Fantl seine Kindheit ...

Dieser biografischer Roman und Tatsachenbericht eines Zeitzeugens fiel mir alleine durch das Thema und Cover auf. Als ich jedoch in der Buchbeschreibung las, dass Hauptprotagonist Walter Fantl seine Kindheit in unserem Nachbarort Bischofstetten verbracht hat, musste ich dieses Buch einfach lesen!
Der anerkannte Historiker Gerhard Zeilinger erzählt die Geschichte basierend auf jahrelanger Gespräche und Aufzeichnungen. Ich muss vorab sagen, dass ich schon viele Bücher zum Thema gelesen habe, aber dieses musste ich in "kleinen Happen" konsumieren, da es einem wirklich mitnimmt und verstört. Die sehr intensive Erzählung, besonders die Auszüge aus Ausschwitz, sind einfach nur schockierend.

Vorallem zu Beginn war es für mich überaus interessant zu lesen, da Orte genannt wurden, die sowohl mein Geburtsort, als auch mein jetziger Heimatort sind. Die anderen Nachbardörfer kenne ich natürlich ebenfalls und auch einige bekannte Namen sind aufgetaucht. Man liest automatisch anders, wenn man die Location kennt. Und man fragt sich zur selben Zeit, ob man heute noch einen Juden kennt...ich nicht....sagt doch schon viel aus....

Walter Fantl lebt mit seinen Eltern und der älteren Schwester in Bischofstetten im niederösterreichischen Mostviertel. Der Vater betreibt einen Gemischtwarenladebn und die Fantls sind im Dorf gut integriert. Das ändert sich als Hitler in Österreich einmarschiert. Walter ist zu dieser Zeit 14 Jahre alt. Die Ausgrenzung beginnt schleichend und die Lebensgrundlage der Fantls, das Geschäft, soll arisiert werden. Die gesamte Familie wird nach Wien in die jüdische Gemeinde umgesiedelt. Walters Vater wehrt sich lange dagegen und versucht durch den Widerstand Zeit zu gewinnen, um für seine Familie eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Die Fantls und alle anderen Juden bekommen allerdings kaum Geld für ihre ehemalige Lebensgrundlage und nur mit diesem und einem Bekannten im Ausland bekommt man eine bessere Chance eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. 1942 wird die Familie nach Theresienstadt (im heutigen Tschechien) und 1944 werden Walter und sein Vater nach Ausschwitz, (im heutigen Polen) deportiert. Gleich bei der Ankunft werden sie getrennt....die berühmt berüchtigten Worte "links" oder "rechts" entscheiden zu diesem Zeitpunk über Leben und Tod. Walter bleibt nur sein Gürtel, der für ihn zum Symbol und Hoffnungsträger wird. Alles andere wurde ihm genommen.
Bereits im Prolog erfahren wir, dass Walter überlebt (er ist ja Zeitzeuge, also spoilere ich hier nicht) und nachdem er aus Ausschwitz entkommen und der Krieg beendet ist, nach Wien zurückkehrt. Wie verloren diejenigen waren, die überlebt haben, hat mich zutiefst bedrückt. Immer wieder liest man vom Roten Kreuz, das Menschen unterstützt und letzendlich auch die Überlebenden wieder zusammengeführt hat, aber Wien ist wohl doch anders...es gab für Walter Fantl keinerlei Hilfe oder Entgegenkommen....das machte mich wirklich sprachlos!

Die Fotos im Buch sind nicht wie oftmals üblich in der Buchmitte zu finden, sondern wurden perfekt zum jeweiligen Abschnitt platziert. Dass sie überhaupt gezeigt werden können verdankt Walter der damaligen (katholischen) Haushälterin, die übrigens aus meinem jetzigen Heimatort kam und 2016 mit 102 Jahren verstorben ist. Sie hat alles aufbewahrt und ich sage ihr dafür ein großes Dankeschön....auch wenn sie es nicht mehr hören kann.

Fazit:
Was soll man noch über einen biografischen Roman sagen, der die Abgründe der Menschen zeigt? Normaler Weise bewerte ich Biografien und Bücher dieser Art nicht, aber hier kann ich mit gutem Gewissen ganze fünf Sterne vergeben und eine absolute Leseempfehlung aussprechen!