Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2023

Sehr berührende Geschichte über die Flucht eines Jungen

Das einzige Kind
0

Sehr, sehr berührend ist die Geschichte schon rund um den kleinen Jungen Djoko, der in den Wirren vor und während des Zweiten Weltkrieges im ehemaligen Jugoslawen zum Waisen wird und der mit Hilfe einer ...

Sehr, sehr berührend ist die Geschichte schon rund um den kleinen Jungen Djoko, der in den Wirren vor und während des Zweiten Weltkrieges im ehemaligen Jugoslawen zum Waisen wird und der mit Hilfe einer Anzahl ihm wohlgesonnener Menschen schließlich bis in das für ihn sichere Österreich flüchten kann. Doch das allein reicht mir anders als anderen Rezensenten nicht aus, um das Buch mit Höchstnote zu bewerten. Ich hadere ein wenig damit, dass aus der Perspektive und nach den Erinnerungen des kleinen Protagonisten seine abenteuerliche Flucht geschildert wird. Zwar setzt die Kindheitserinnerung wohl durchaus schon im Alter von etwa drei Jahren ein. Doch habe ich meine Zweifel, ob sich ein kleiner Junge wirklich so detailliert an alles erinnern kann. Er wird in seinem Denken und Tun auch eher wie ein Erwachsener denn als ein Kind dargestellt. Ebenso stört mich, dass sich immer alles recht schnell zum Guten für Djoko wendet, was nicht sehr realitätsgerecht erscheint. Da fällt mir als Beispiel etwa der Umstand ein, dass mehrere für Djoko quasi unbekannte Personen diesen rasch adoptieren wollen. Positiv war für mich aber auf jeden Fall etwas über den Kriegsverlauf im ehemaligen Jugoslawen zu lesen, womit ich bislang nicht so vertraut war.
Insgesamt bewerte ich das Buch mit dreieinhalb Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.09.2023

Mutter-Tochter-Beziehung

Bei euch ist es immer so unheimlich still
0


In diesem Roman treten erneut Evelyn und Silvia Borowsky (Mutter und Tochter) auf, die schon in dem Debütroman „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ der Autorin eine Rolle spielen. ...


In diesem Roman treten erneut Evelyn und Silvia Borowsky (Mutter und Tochter) auf, die schon in dem Debütroman „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ der Autorin eine Rolle spielen. Es handelt sich allerdings um keinen Fortsetzungsroman, da die erste Geschichte chronologisch früher angesiedelt ist. Beide lassen sich vollkommen unabhängig voneinander lesen. Inhaltlich steht das komplizierte Mutter-Tochter-Verhältnis im Vordergrund. Evelyn konnte bzw. durfte als Frau ihrer Zeit (1950er Jahre) nach der Geburt ihrer Tochter zunächst nicht ihre sie voll ausfüllende Berufstätigkeit als Ärztin fortsetzen, weil das seinerzeit gesellschaftlich unerwünscht war. Indirekt hat das dann dazu geführt, dass sie ihrer Tochter nicht die notwendige Liebe geben konnte und aus dieser ein „schwarzes Schaf“ wurde. Also eine Thematik, die selbst heute noch von Bedeutung ist, sehen sich berufstätige Mütter doch immer noch gelegentlich dem Vorwurf einer Rabenmutterschaft ausgesetzt. Auch andere gesellschaftlich relevante Themen werden berührt, wie das Unvorbereitetsein während des Übergangs von Berufstätigkeit in den Ruhestand oder das Leben auf dem Dorf, wo ein jeder alles vom anderen weiß und niemand dem Dorfklatsch ausgesetzt sein will. Alles liest sich recht flüssig, wenngleich sich Ähnliches bereits gehäuft auf dem Buchmarkt findet. Insgesamt ist die Geschichte mit ihren Wendungen etwas konstruiert und sind die Romanfiguren eher gekünstelt und nicht gerade Sympathieträger

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2022

Historisch-wissenschaftlicher Roman rund um die Grapholgie und das Verhältnis BRD/DDR im Jahr 1974

Die Diplomatenallee
0

Diese Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Bezug fasziniert durch ihren wissenschaftlichen Hintergrund, die Graphologie.
Die Mittdreißigerin Heike führt im Bonn des Jahres 1974 ein bürgerliches Familienleben ...

Diese Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Bezug fasziniert durch ihren wissenschaftlichen Hintergrund, die Graphologie.
Die Mittdreißigerin Heike führt im Bonn des Jahres 1974 ein bürgerliches Familienleben mit Mann und Kindern und einem Schreibwarenladen. Noch zehn Jahre zuvor befand sie sich, sehr begabt, im Studium der Graphologie mit einem renommierten Professor als Förderer, der sie vor Jahren vor ihrem gewalttätigen Vater in Schutz nahm. Das hat sie jäh abgebrochen, weil ihr bewusst unfachmännisch eingesetztes Wissen vermeintlich Unglück über eine Kommilitonin brachte. Jetzt, im zeitlichen Zusammenhang mit der Eröffnung der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn, verlangt der Professor, der für die Stasi arbeitet, von ihr Wiedergutmachung in Form graphologischer Tätigkeit auch für die Stasi. Doch auch der Bundesnachrichtendienst will sie einspannen. Die Ereignisse spitzen sich zu und Heikes Familienleben ist bedroht.
Was den Themenkomplex der Graphologie anbelangt, so ist dieser höchst interessant. Mir war gar nicht bewusst, welch hohe Bedeutung diese Wissenschaft in den 1960er/1970er Jahren in Deutschland (in beiden Teilen) hatte. Behörden, Unternehmen und eben auch Geheimdienste bedienten sich ihrer. Immer wieder werden Analysemöglichkeiten bzgl. der Handschrift in die Geschichte eingeflochten. Der Strang der Familiengeschichte dagegen fing gut an, fiel dann aber angesichts der immer dramatischer werdenden Ereignisse zusehends ab. Die Romanfiguren rund um Heike und ihre Familie wirkten auf mich recht gekünstelt und unwirklich. Am Ende der Geschichte habe ich Antworten auf Rolle und Verbleib einiger Personen vermisst.
Ein unterhaltender Roman, der zur Beschäftigung mit der Graphologie animiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.01.2022

Erinnerungen an die Kriegszeit im Alter

Was bei uns bleibt
0

Wie sehr die noch lebende Generation derer, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt haben, an den Erinnerungen leidet, zeigt dieser Roman gelungen auf.
Die 84jährige Klara wird in ihrem Lebensabend heimgesucht ...

Wie sehr die noch lebende Generation derer, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt haben, an den Erinnerungen leidet, zeigt dieser Roman gelungen auf.
Die 84jährige Klara wird in ihrem Lebensabend heimgesucht von den Erinnerungen an die Jahre 1944 und 1945, als sie als junge Frau in der renommierten Hirtenberger Fabrik in Österreich in der Patronenproduktion arbeitete. Zu immer höheren Produktionszahlen wurden die Arbeiterinnen von der Führung aus Berlin verpflichtet, was ihre ohnehin schwere Arbeit weiter erschwerte. Klara ist dennoch stolz auf ihre Leistung und findet unter ihren Kolleginnen so etwas wie eine Gemeinschaft. Einen anderen Blickwinkel erhält sie, als zusätzlich jüdische Zwangsarbeiterinnen ein nahes Lager beziehen und ebenfalls zur Patronenproduktion verdingt werden. Mit einer der Frauen freundet sie sich an und hilft ihr während der Verlegung ins KZ Mauthausen auf einem gewaltigen Fußmarsch. Diesen Teil ihrer Lebensgeschichte hat sie ihrem 32 Jahre alten Enkelsohn Luis nie erzählt, holt dies aber jetzt nach, als er durch Zufall von ihrer früheren Arbeit erfährt.
Geschichtlich fand ich den Roman sehr interessant. Die Hirtenberger Fabrik und der Fußmarsch der jüdischen Schutzhäftlinge bei Anrücken der Russen ins KZ Mauthausen waren mir bislang unbekannt. Sehr gelungen dargestellt ist, wie die heute alte Klara lebenslang unter diesem Teil ihres Lebens leidet und ihre Erinnerungen sie im Alter quälen. Dazu passt dann auch der eher melancholische Erzählton, der das Buch durchzieht. Das Leben der weiteren Romanfiguren – des Nachbarn Horst und seiner Tochter Dora, Klaras Enkel Luis – wird dann allerdings zu stichwortartig erzählt und so manche Frage ist offen geblieben.
Für Leser von Familiengeschichten, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2021

Leichte Unterhaltung über die Liebe zwischen einem amerikanischen GI und einer Deutschen

Wenn die Hoffnung erwacht
0

Unterhaltungswert kommt diesem Roman durchaus zu für jemanden, der eine seichte Lektüre zur Entspannung sucht, es nicht allzu anspruchsvoll will und historische Romane mag, die in der deutschen Nachkriegszeit ...

Unterhaltungswert kommt diesem Roman durchaus zu für jemanden, der eine seichte Lektüre zur Entspannung sucht, es nicht allzu anspruchsvoll will und historische Romane mag, die in der deutschen Nachkriegszeit spielen. Doch wie ich es immer wieder bei ähnlichen Büchern erlebe, störe ich mich auch hier daran, dass für die Protagonistin alles zu glatt läuft und sich ihre Probleme binnen kürzester Zeit im Nichts auflösen. Das ist mir zu realitätsfremd.
Doch worum geht es? Die junge Nora lernt in ihrer noch kriegszerstörten und unter den Folgen des Krieges leidenden Heimatstadt Regensburg einen amerikanischen Besatzungssoldaten kennen und lieben. Rasch wird sie schwanger und er verspricht ihr die Ehe. Noch ehe es dazu kommt, wird er zu einer geheimen Mission abkommandiert. Noras erzkonservativer Vater will die Schande auf seine Art lösen und Nora nebst Baby an einen Geschäftspartner verheiraten. Nora kommt dem zuvor und flieht nach München, wo sie Aufnahme bei einer wohlhabenden Familie findet, die allerdings aufgrund eines Missverständnisses das Baby für das ihrer Tochter hält und es als geliebten Enkel großzieht mit Nora als seinem Kindermädchen. Nora macht Karriere in dem Zeitungsverlag ihres Arbeitgebers und verliebt sich in dessen Neffen. Bis sie aber Klarheit in die wahren Verhältnisse bringt, dauert es geraume Zeit.
Wenn man verschiedene Sachen nicht hinterfragt, für die die Autorin letztlich immer eine plausible Lösung entwickelt, wird man sich gut unterhalten fühlen. Für mich interessant war, dass einige historische Aspekte sehr interessant dargestellt werden, wie etwa die Tatsache, dass mehrere hunderttausend Babys während der Zeit der amerikanischen Besatzung in Deutschland geboren wurden mit einer deutschen Mutter (die als „Ami-Liebchen“ verschrien war) und einem amerikanischen Vater, der sich ganz gesetzeskonform seiner Verantwortung für sein Kind entziehen konnte.
Alles in allem dreieinhalb Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere