Lottogewinn = Glück?
Herrn Haiduks Laden der WünscheDie lebensscheue, schweigsame Französin Alma hat sich in den Kopf gesetzt, den rechtmäßigen Besitzer einer verlorenen und von ihr gefundenen Lottoquittung zu finden, die zur Empfangnahme von 13 Millionen ...
Die lebensscheue, schweigsame Französin Alma hat sich in den Kopf gesetzt, den rechtmäßigen Besitzer einer verlorenen und von ihr gefundenen Lottoquittung zu finden, die zur Empfangnahme von 13 Millionen Euro berechtigt. Denn sie will prüfen, ob der Gewinner einen solch hohen Gewinn überhaupt verträgt und nicht etwa in sein Unglück rennt. Unterstützung erfährt sie durch den vor Jahrzehnten aus Algerien nach Berlin immigrierten Kioskbesitzer Herr Haiduk, der seinerseits Alma vor ausufernden Übergriffen vermeintlicher Gewinner schützen will. Es entwickelt sich ein interessantes Detektivspiel mit Zettelaushängen, In-die-Welt-setzen von Gerüchten und deren Revidierung, Interviews, in dessen Verlauf sich Kontakte zu Nachbarn, Bewohnern aus dem Viertel und dem weiteren Umkreis anbahnen, die alle ein Anrecht auf den Gewinn erheben. Jeden von ihnen umgibt eine spezielle Geschichte, warum er sein persönliches Glück in dem Supergewinn zu finden meint. Ob am Ende der wahre Gewinner sein Geld einkassieren kann?
Dieser Roman ist von ganz besonderer Art und wird allen gefallen, die anspruchsvolle Literatur mögen. Schon der Aufbau ist speziell. Die Geschichte vom Auffinden der Lottoquittung bis hin zur Beendigung der Suche des Gewinners hat nämlich bereits stattgefunden und wird von Herrn Haiduk in der Rückschau stückchenweise dem gescheiterten Schriftsteller Paul im idyllischen Hinterhof des Kiosks erzählt, der sie als Buch niederschreiben soll. Außerdem treibt Haiduk noch ein weiteres Motiv, das nicht verraten werden soll. Die Trennung zwischen der erzählten Geschichte und der Überblendung in die Gegenwart geschieht oft sehr abrupt, ohne optisch kenntlich gemacht zu sein, so dass es ein wenig Obacht beim Lesen bedarf. Die Romanfiguren sind alle sehr liebevoll beschrieben und knapp, aber aussagekräftig mit Schlagwörtern benannt, so dass man sich ein gutes Bild von ihnen machen kann. Da es ihrer ja doch eine Reihe gibt, helfen zur Unterscheidung gut die Namen, die Herr Haiduk ihnen gibt: der Junge Kettenraucher, die Ängstliche, die Falsche Witwe. Mit viel Liebe zum Detail und sehr bildhaft beschreibt der Autor die örtlichen Gegebenheiten – Herrn Haiduks winzigen Kiosk, die Geschäfte und den Friedhof in der Nachbarschaft. Sehr interessant ist es zu lesen, was die unterschiedlichen Menschen sich mit Hilfe des Gewinns vom Leben erhoffen.
Ein wirklich lesenswertes Buch.