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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2023

Kurzweilig, wenngleich ohne rechte Spannung

Tea Time
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Das Buch ist eine kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch. Wenngleich die Autorin für ihre Kriminalgeschichten bekannt ist, handelt es sich vorliegend streng genommen nicht um eine solche.
Zwei Freundinnen ...

Das Buch ist eine kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch. Wenngleich die Autorin für ihre Kriminalgeschichten bekannt ist, handelt es sich vorliegend streng genommen nicht um eine solche.
Zwei Freundinnen aus Schulzeiten haben so ihre Macken und gründen mit vier weiteren, ähnlich tickenden Frauen den Club der Spinnereien, um sich nach Herzenslust über ihre Spleens auszutauschen. Bei einem solchen Treffen verliert die eine ihre Handtasche und wird hinterhältig vom Finder, dem Ex-Partner eines Clubmitglieds, in dessen Wohnung zur Abholung gelockt. Sie setzt sich zur Wehr und setzt damit eine Kette von Ereignissen in Gang, an deren Ende eine Leiche steht und sie sich fragen muss, die Todesursache gesetzt zu haben. Und noch bei drei der anderen Frauen tun sich (verbrecherische) Abgründe auf.
Über die Ticks zu lesen, ist recht amüsant. Sie treten aber recht rasch in den Hintergrund. Die Charaktere sind eher blass und nicht unbedingt sympathisch. Vor allem erscheint es mir als lebensfern, wie wenig schlechtes Gewissen es den Frauen macht, ein eventuelles Verbrechen begangen zu haben. Insgesamt hätte ich mir mehr Spannung gewünscht.

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Veröffentlicht am 03.01.2023

Eine Portrait der eigenen Mutter

Eine Frau
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Dreizehn Tage nach dem Tod der Mutter hat die Autorin begonnen und dies die folgenden zehn Monate fortgeführt, das Leben ihrer Mutter zu portraitieren und über das Mutter-Tochter-Verhältnis zu sinnieren. ...

Dreizehn Tage nach dem Tod der Mutter hat die Autorin begonnen und dies die folgenden zehn Monate fortgeführt, das Leben ihrer Mutter zu portraitieren und über das Mutter-Tochter-Verhältnis zu sinnieren. Der familiäre Hintergrund ist äußerst interessant. Die Mutter wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in eine Arbeiterfamilie geboren und richtete ihr gesamtes Bestreben darauf, sozial aufzusteigen, damit es der Tochter besser erginge. Dieser wurde anders als noch der Mutter auch Bildung zuteil, was unerwartete Weise eine Distanz zwischen beiden Frauen bewirkte. Dennoch haben sie einander geliebt und respektiert. Das lässt sich dem liebevollen Erzählstil der Autorin durchweg entnehmen. Leider war das Buch sehr kurz. Ich hätte gerne noch mehr von der Familiengeschichte gelesen

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Doppelleben einer Jugendlichen

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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Das Buch ist die Neuauflage des bereits im Jahr 2011 erschienenen Debütromans der Autorin. Er hat mich sehr beeindruckt und erhält von mir eine Bestbewertung.
Die Geschichte ist angelegt zur Zeit der ...

Das Buch ist die Neuauflage des bereits im Jahr 2011 erschienenen Debütromans der Autorin. Er hat mich sehr beeindruckt und erhält von mir eine Bestbewertung.
Die Geschichte ist angelegt zur Zeit der Wende in der DDR im Jahr 1990 auf einem grenznahen Dorf. Die 16jährige Maria, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommt, findet Aufnahme in der Familie ihres gleichaltrigen Freundes auf deren Bauernhof und wird dort vorbehaltlos als vollwertiges Familienmitglied anerkannt. Sie verfällt sexuell dem einsiedlerischen 40jährigen Nachbarn und schleicht sich zu ihm über Monate hinweg, ohne dass ihr Doppelleben publik wird. Kurz bevor sie sich schließlich der Familie offenbaren will, um dann endgültig zum Geliebten zu ziehen, passiert etwas Einschneidendes.
Das Leben in der ehemaligen DDR wird gut beleuchtet, gerade auch, wenn es um Spitzeltätigkeit auf dem Dorf geht, ebenso die Aufbruchstimmung der Wendezeit. Noch besser aber ist Marias Lebensgeschichte, die, obwohl fast noch ein Kind, so erwachsen charakterisiert wird. Was ihr Beziehungsleben angeht, verschont die Autorin sie und den Leser nicht. Ob es letztlich realistisch ist, vermag ich, die gut behütet aufgewachsen ist, nicht zu beurteilen. Auf jeden Fall kommt Maria trotz ihres Doppellebens sympathisch rüber.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Eine einmal etwas andere Biografie

Das glückliche Geheimnis
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Arno Geiger ist ein bekannter österreichischer Schriftsteller. Sein neuestes Buch ist eine ungewöhnliche Biografie. Er schildert schonungslos seine beruflichen und privaten Stationen seit seinen jungen ...

Arno Geiger ist ein bekannter österreichischer Schriftsteller. Sein neuestes Buch ist eine ungewöhnliche Biografie. Er schildert schonungslos seine beruflichen und privaten Stationen seit seinen jungen Zwanzigern bis in die Gegenwart. Beides war oft holprig und hat sich für ihn erst spät zum Positiven gewendet. Vor allem aber sind Geigers Bekenntnisse offen. Denn bis zur Niederschrift dieses Buches hat nur eine ganz kleine Anzahl von engeren Lebensgefährtinnen von seinem Geheimnis gewusst, das inhaltsbestimmend und titelgebend ist: Als junger Student, der unter Zukunftsängsten litt betreffend seinen schriftstellerischen Werdegang, begann er im Wiener Stadtgebiet, systematisch Altpapiercontainer zu durchforsten und Fundstücke wie werthaltige Bücher, Briefe, Tagebücher, Postkarten mitzunehmen. War es mit dem nachfolgenden Verkauf auf dem Flohmarkt für ihn zunächst noch ein Broterwerb, dessen er sich schämte, so wandelte sich die Bedeutung des Containers im Laufe der Jahrzehnte und seine Einstellung dazu. Er sog aus den Fundstücken mit den verbundenen Lebensläufen das Material für sein Schreiben über das Leben von Menschen. Geiger lässt in seinen Roman einiges an Hintergrundwissen über seine früheren Werke einfließen wie auch Zitate aus Werken von Schriftstellerkollegen, was das Buch unheimlich interessant macht.
Ein anspruchsvolles Buch, aber unbedingt lesenswert.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Lehrreiche Familiengeschichte mit ukrainisch-russischem Bezug

Rote Sirenen
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Es handelt sich um eine wirklich lehrreiche, lesenswerte Familienbiografie der Autorin, die dem Leser den Hintergrund des ukrainisch-russischen Verhältnisses anschaulich und detailliert aufbereitet. Sie ...

Es handelt sich um eine wirklich lehrreiche, lesenswerte Familienbiografie der Autorin, die dem Leser den Hintergrund des ukrainisch-russischen Verhältnisses anschaulich und detailliert aufbereitet. Sie selbst entstammt einer Multi-Kulti-Familie – russischer Vater, ukrainische Mutter, viele Angehörige mit Wurzeln in einer der früheren Sowjetrepubliken. Aufgewachsen in der Ukraine zu Sowjetzeiten, wanderte sie 15jährig 1994 drei Jahre nach Zerfall der Sowjetunion in die USA aus und als Erwachsene nach Brüssel. Der Krim-Konflikt 2014 ist für sie Anlass, zu ihrer Großmutter in die Ukraine zurückzukehren und ihrer Herkunft nachzugehen. Vor allem das Schicksal eines unter Stalin spurlos verschwundenen Urgroßonkels, der fortan in der Familie zum Tabuthema wurde, zieht sie in ihren Bann.

Die Geschichte ist sehr gut recherchiert. Ihr ist anzumerken, dass die Autorin studierte Politikwissenschaftlerin ist. Teilweise liest sie sich nach Art eines Sachbuchs und beleuchtet das historische und aktuelle Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine in vielfältigen Facetten. Interessant ist, dass es in der Familie der Autorin auch durchaus Angehörige mit prorussischen Ansichten gibt. Insgesamt schneidet Russland natürlich sehr schlecht ab und es ist schockierend zu lesen, welch grausamer Methoden es sich in der Vergangenheit gegenüber der Ukraine und der Bevölkerung bediente. Das Buch ist ein gelungener Beitrag, um auch den aktuellen Krieg zu verstehen. Für einen deutschen Leser ist nicht auf Anhieb alles verständlich. Die Vielzahl von Ortsnamen, Personennamen, Ereignissen, Instrumenten ist manchmal etwas verwirrend, so dass sich eine wiederholte Lektüre des Buchs empfiehlt.

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