Drei Etagen
Über unsVerschiedene Parteien leben in einem Mietshaus, da sind zum Bespiel Arnon und Ayelet, die nach der Geburt der Kinder auch mal wieder Zeit für sich brauchen, Chani, deren Mann so oft unterwegs ist, dass ...
Verschiedene Parteien leben in einem Mietshaus, da sind zum Bespiel Arnon und Ayelet, die nach der Geburt der Kinder auch mal wieder Zeit für sich brauchen, Chani, deren Mann so oft unterwegs ist, dass sie schon die Witwe genannt wird, und Dvorah, deren Mann tatsächlich verstorben ist. Während Arnon und Ayelet ihre Tochter gerne mal für ein paar Stunden bei den Nachbarn gegenüber parken, glaubt Chani, sie sei dabei sich selbst zu verlieren. Dvorah dagegen hat schon alles verloren, vielleicht hat sie eine Chance, sich neu zu erfinden. Ein Haus - drei Etagen, Nachbarn, die man grüßt, von denen man allerdings kaum weiß, wie es hinter verschlossenen Türen aussieht.
Auf verschiedene Arten erzählen die Bewohner von ihrem Leben, Leben, die anders verlaufen als man beim Anblick des einfachen, zeitlosen Miethauses vermuten würde. Ehen, die nach außen glücklich scheinen, erweisen sich als schwierig oder schon vergangen. Da werden Nachbarn zur Kinderbetreuung herangezogen und nicht bezahlt. Da erweisen sich verloren geglaubte Brüder als Gefahr für das eigene Denken, da könnte man den Eindruck bekommen, es bestehe auch nach dem Tod eines Ehegatten noch die Möglichkeit, sich von diesem zu trennen. Eshkol Nevo überrascht mit seinen Ideen der Darstellung.
Vielleicht würde man sich einen gewissen Zusammenhalt oder Zusammenhang zwischen den Geschichten wünschen, mehr als das sehr lockere Gerüst, das der Autor gewählt hat. Dennoch ist jede der Erzählungen über die Hausbewohner auf ihre Art spannend. So wie man in den Etagen aufsteigt, so steigert sich nach meinem Empfinden auch die Qualität der Geschichten. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass man hinter die schöne Fassade blicken darf und nicht immer eitel Sonnenschein zu sehen bekommt. Wobei die erste Etage mit dem selbstmitleidigen Arnon eher unangenehm wirkt, während die zweite einen schon fast hoffnungsvoll stimmt und die dritte einem Mut macht, dass es auch spät noch Aufbrüche zu neuen Ufern geben kann.
Die schöne Sprache, die der Autor beziehungsweise sein Übersetzer Markus Lemke verwendet, macht die Lektüre zu einem Genuss, der größer wird je weiter man die Treppe nach oben steigt.