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Veröffentlicht am 20.05.2018

Drei Etagen

Über uns
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Verschiedene Parteien leben in einem Mietshaus, da sind zum Bespiel Arnon und Ayelet, die nach der Geburt der Kinder auch mal wieder Zeit für sich brauchen, Chani, deren Mann so oft unterwegs ist, dass ...

Verschiedene Parteien leben in einem Mietshaus, da sind zum Bespiel Arnon und Ayelet, die nach der Geburt der Kinder auch mal wieder Zeit für sich brauchen, Chani, deren Mann so oft unterwegs ist, dass sie schon die Witwe genannt wird, und Dvorah, deren Mann tatsächlich verstorben ist. Während Arnon und Ayelet ihre Tochter gerne mal für ein paar Stunden bei den Nachbarn gegenüber parken, glaubt Chani, sie sei dabei sich selbst zu verlieren. Dvorah dagegen hat schon alles verloren, vielleicht hat sie eine Chance, sich neu zu erfinden. Ein Haus - drei Etagen, Nachbarn, die man grüßt, von denen man allerdings kaum weiß, wie es hinter verschlossenen Türen aussieht.

Auf verschiedene Arten erzählen die Bewohner von ihrem Leben, Leben, die anders verlaufen als man beim Anblick des einfachen, zeitlosen Miethauses vermuten würde. Ehen, die nach außen glücklich scheinen, erweisen sich als schwierig oder schon vergangen. Da werden Nachbarn zur Kinderbetreuung herangezogen und nicht bezahlt. Da erweisen sich verloren geglaubte Brüder als Gefahr für das eigene Denken, da könnte man den Eindruck bekommen, es bestehe auch nach dem Tod eines Ehegatten noch die Möglichkeit, sich von diesem zu trennen. Eshkol Nevo überrascht mit seinen Ideen der Darstellung.

Vielleicht würde man sich einen gewissen Zusammenhalt oder Zusammenhang zwischen den Geschichten wünschen, mehr als das sehr lockere Gerüst, das der Autor gewählt hat. Dennoch ist jede der Erzählungen über die Hausbewohner auf ihre Art spannend. So wie man in den Etagen aufsteigt, so steigert sich nach meinem Empfinden auch die Qualität der Geschichten. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass man hinter die schöne Fassade blicken darf und nicht immer eitel Sonnenschein zu sehen bekommt. Wobei die erste Etage mit dem selbstmitleidigen Arnon eher unangenehm wirkt, während die zweite einen schon fast hoffnungsvoll stimmt und die dritte einem Mut macht, dass es auch spät noch Aufbrüche zu neuen Ufern geben kann.

Die schöne Sprache, die der Autor beziehungsweise sein Übersetzer Markus Lemke verwendet, macht die Lektüre zu einem Genuss, der größer wird je weiter man die Treppe nach oben steigt.

Veröffentlicht am 19.05.2018

Die Wahrheit über Richard

The Wife Between Us
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Drei Frauennamen - drei unterschiedliche Wege. Nellie ist jung und Richard scheint ihr Prinz zu sein, reich, verliebt, zuvorkommend, fürsorglich. Vanessa dagegen, etwas älter, von ihr hat sich Richard ...

Drei Frauennamen - drei unterschiedliche Wege. Nellie ist jung und Richard scheint ihr Prinz zu sein, reich, verliebt, zuvorkommend, fürsorglich. Vanessa dagegen, etwas älter, von ihr hat sich Richard getrennt, sie hat die Trennung nicht verwunden und fällt in eine Depression, die es ihr fast unmöglich macht den Alltag zu bewältigen. Emma dagegen strahlt, sie ist selbstbewusst, sie ist die neue Braut von Richard. Vanessa glaubt, sie müsse Emma vor Richard retten. Sie versucht in Kontakt mit Emma zu treten, um sie zu warnen. Doch welches junge Glück will schon eine Warnung erhalten.

Das Autorenduo Greer Hendricks und Sarah Pekkanen gibt den Lesern einige Nüsse zu knacken. Wie können Vanessa und Nellie nur so unterschiedliche Ansichten über ein und denselben Mann äußern. Legt Richard den Frauen gegenüber tatsächlich so unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag. Was für ein Mensch ist Richard, er scheint doch ein liebevoller Ehemann zu sein. Haben er und seine Frau sich vielleicht nur auseinander gelebt, das kommt schließlich in den besten Familien vor. Doch wieso tut sich Vanessa so schwer mit der Trennung und wieso will sie ihre Nachfolgerin warnen.

In ruhiger Erzählweise beginnt das Buch, die handelnden Personen werden eingehend in ihren jeweiligen Lebenssituationen dargestellt. Man beginnt sich Gedanken zu machen, wie die Lage zustande kam. Ist Vanessa vielleicht doch selbst schuld, schließlich war sie diejenige, die Kleinigkeiten durcheinander brachte, die Schwierigkeiten hatte ein Kind zu empfangen, die gerne ein Gläschen Wein trank. Doch mit einigen echten Kehrtwendungen verstehen es die Autorinnen zu überraschen. Da ist bis zur letzten Seite kaum etwas wie man zu Anfang meint. Die Schlüsse, die man gezogen hat, muss man noch einmal gründlich überdenken. Schließlich kennt man die Geschichte von Nellie, Vanessa und Emma und man ist überzeugt, dass die Frauen ihren Weg gehen werden. Richard ist zwar auch nicht so geboren, das Schicksal hat ihn so gemacht. Dennoch ist die Lösung, die für ihn gefunden wurde, eine logische. Wie in Schüben wird mit subtilen Andeutungen langsam die Spannung erhöht, so dass man am Ende die kleinen Längen vom Beginn schnell vergessen hat. Nachdem die letzte Seite umgeblättert ist, ist noch lange nicht der letzte Gedanke über die Handlung gedacht.

Veröffentlicht am 16.05.2018

Beaver süß-sauer

Eiskalter Hund
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Eigentlich wäre er, der Fellinger, bei der Polizei ja viel besser aufgehoben gewesen mit seinem Kombinationstalent. Doch irgendwie waren die anderer Meinung und so hat es nur zum Lebensmittelkontrolleur ...

Eigentlich wäre er, der Fellinger, bei der Polizei ja viel besser aufgehoben gewesen mit seinem Kombinationstalent. Doch irgendwie waren die anderer Meinung und so hat es nur zum Lebensmittelkontrolleur beim Gewerbeaufsichtsamt gereicht. Immerhin, auch da gilt es den Bakterien auf die Spur zu kommen. Zum Beispiel im China-Restaurant, das missgünstige Anrufer angezeigt haben. Eigentlich gibt es dort nichts zu beanstanden, außer dieser Hundeleiche im Kühlhaus. Das Fleisch in den Verkehr zu bringen, ist verboten. Allerdings hat er gerade keine Möglichkeit, das Opfer abzutransportieren. Und woher stammt das Tier eigentlich? Überfahren, vor den Augen eines Verwandten des Wirts, so ein Zufall.

Und der Fellinger trauert der Zukunft hinterher, die nun schon Vergangenheit ist. Doch hier kann er seine Spürnase einsetzen. Wie kam der tote Hund, seines Fells beraubt, in dieses Kühlhaus? Einem Unfall zum Opfer gefallen. Aber vermisst dann nicht der Besitzer das geliebte Haustier? Fellinger findet heraus, dass die Besitzerin verreist sein soll, am Urlaubsort jedoch nicht angekommen ist. Außerdem ist sie nach dem Tod ihres Mannes zu Geld gekommen und es stehen verschieden Leute in der Warteschleife, um möglicherweise im Testament bedacht werden zu können. Sehr verdächtig, wahrscheinlich weilt die gute Helga bereits nicht mehr unter den Lebenden und der Hund war ein Zeuge, der beseitigt werden musste.

Unzufrieden mit sich und seinem Beruf grummelt der Fellinger vor sich hin. Wenn es jedoch was zu erforschen gibt, läuft er zu Höchstform auf. Seiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Köstlich, wenn er sich die tollsten logischen Ketten aufreiht, um dann von seinem Gegenüber mit einem Wort ausgebremst zu werden und seine Gedanken einer erneuten Überprüfung zu unterwerfen. Wozu die Entdeckung einer vermeintlich harmlosen Hundeleiche doch führen kann. Am Fellinger ist wenn wegen geringfügiger körperlicher Beeinträchtigungen schon nicht für den Polizeidienst geeignet ist, so ist an ihm wenigstens ein Detektiv verloren gegangen. Ein Detektiv mit dem man sich wahrhaft amüsieren kann.

Ein humoriger Kriminalroman aus dem bayrischen Wald wird mit dem richtigen Timbre vorgetragen von Michaeil Schwarzmeier. Als Beginn einer Reihe sehr gelungen.

Veröffentlicht am 13.05.2018

Das Mädchen

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
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Vor Jahren wurde Paul Simon verurteilt. Es soll seine kleine Tochter umgebracht haben. In einem Berufungsverfahren wurde er freigesprochen und nun ist er an seinen Heimatort zurückgekehrt. Niemand will ...

Vor Jahren wurde Paul Simon verurteilt. Es soll seine kleine Tochter umgebracht haben. In einem Berufungsverfahren wurde er freigesprochen und nun ist er an seinen Heimatort zurückgekehrt. Niemand will ihn dort haben, das machen die Bewohner von Le Lavandou eindeutig klar. Simon beteuert immer wieder, dass er mit dem Verschwinden seiner kleinen Amélie nichts zu tun hatte. Um die Zeit, in der Simon wieder heimkehrt, wird ein Toter am Strand angespült. Da auch dessen Boot in desolatem Zustand aufgelaufen ist, geht man zunächst von einem Unfall aus. Aber Dr. Leon Ritter kommt die Sache eigenartig vor. Sein Bauchgefühl sagt ihm, da muss er genauer hinschauen.

Dem Gerichtsmediziner, den es in die Provence verschlagen hat, kommt so manches unter. Doch häufig liegt er richtig, wenn er dem Kribbeln vertraut, dass ihm sagt, schau genau, untersuche akribisch. Nicht selten erweist sich das Offensichtliche als Trugschluss, auch wenn es dem örtlichen Polizeichef nur allzu gut in den Kram passt. Zerna wünscht sich am liebsten Unfälle oder Selbstmorde, weil dann nicht die übergeordneten Ermittler allen voran Kommissarin Lapierre aus Toulon eingeschaltet werden. Zu Zernas Verdruss behält Dr. Ritter jedoch in einigen Punkten recht und die große Untersuchungsmaschinerie läuft an. Gleichzeitig soll ein zweiter Gerichtsmediziner in Leons Abteilung anfangen, sollte etwa sein Job gefährdet sein?

Zum vierten Mal „pfuscht“ Dr. Leon Ritter der Polizei ins Handwerk. Er sagt den Leuten einfach nicht, dass was sie hören wollen, sondern er legt die Ergebnisse seiner Untersuchungen dar, wie sie sind. Schnörkelos und geradlinig, soll die Polizei doch damit anfangen, was sie will. Und so kommt die Wahrheit ans Licht. Wenigstens Leons Freundin Isabelle ist eine hervorragende Ermittlerin, die seine Hinweise bestens einzuschätzen weiß.

Mit seinem Frankreichflair vermittelt dieser Kriminalroman zwar sehr gute Urlaubsstimmung, bietet aber auch eine spannende Untersuchung einer Reihe von Todesfällen. Toll beschrieben ist die Hartnäckigkeit, mit der Leon Ritter am Ball bleibt und sich von nichts und niemandem Steine in den Weg legen lässt. Die Geplänkel mit seiner Freundin und deren pubertierender Tochter sorgen auf angenehme Weise für kleine Auflockerungen. Nach den eingehenden Nachforschungen kommt das Ende zwar etwas schnell, das hindert jedoch nicht daran, das Buch mit einem guten Gefühl zu schließen.

Kriminalromane wie dieser, die einem Land und Leute näher bringen und gleichzeitig eine spannende Krimihandlung aufweisen, sind immer einen gedanklichen Ausflug in das jeweilige Land wert.

Veröffentlicht am 13.05.2018

Ich und sie

Fiona
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Fiona Griffiths ist eine hervorragende Polizistin, sie ist geschickt und wandelbar. Und nun absolviert sie eine Zusatzausbildung zu Undercovereinsätzen. Mit ihrem Freund Buzz, der ebenfalls Polizist ist, ...

Fiona Griffiths ist eine hervorragende Polizistin, sie ist geschickt und wandelbar. Und nun absolviert sie eine Zusatzausbildung zu Undercovereinsätzen. Mit ihrem Freund Buzz, der ebenfalls Polizist ist, lebt sie glücklich. Im Moment ist sie vom Morddezernat an den Betrug ausgeliehen, keine besonders interessante Aufgabe. Ein Abrechnungsbetrug in einem Möbelhaus, doch bald finden die Ermittler die Leiche einer alten Frau, die offensichtlich verhungert ist. Nun kommt Fiona ihre Ausbildung zur verdeckten Ermittlerin zupass. Sie wird in die Ränge der Betrüger eingeschleust und als Fiona Grey soll sie herausfinden, was der eigentliche Plan der Verbrecher ist.

In ihrer Kindheit hatte Fiona eine schwere Zeit. Viele Menschen erleben in ihrer Kindheit eine schwere Zeit und überstehen diese. Doch Fiona hat dieses Glück nicht, sie entwickelt eine Persönlichkeitsstörung, die sie als Erwachsene zwar einigermaßen im Griff hat, von der es aber keine vollständige Heilung gibt. Für sie selbst erstaunlich fühlt sie sich teilweise in ihrer Rolle als Fiona Grey wohler als in ihrem wirklichen Leben. Eine Tatsache, die Fiona für sich behält, um nicht von dem Fall abgezogen zu werden. Schließlich ist mindestens ein unbeteiligter Mensch zu Tode gekommen. Ein Todesfall, der gesühnt werden soll. Zudem gilt es, einen größeren Betrug zu verhindern.

Mit „Als ich tot war“ absolviert Fiona bereits ihren dritten Auftritt, für das Verständnis ist die Kenntnis der Vorbände nicht notwendig. Wenn man Fiona besser kennenlernen möchte, hat man so allerdings zwei weitere Gelegenheiten. Fiona Griffiths überzeugt mit ihrer speziellen Persönlichkeit. Sie versteht es ansprechend aus ihren Schwächen Stärken werden zu lassen. Als verdeckte Ermittlerin nutzt sie keine Gelegenheit zum Ausstieg, wieder und wieder kehrt sie in die Reihen der Betrüger zurück, um auch noch das letzte Geheimnis aufzudecken. Zwar fragt man sich als Leser manchmal, ob es immer noch ein Gewinn ist oder ob die Untersuchung nicht auch auf üblichem Wege zum Erfolg führen würde. Doch in jeder Sekunde will man wissen, ob und wie Fiona ihren Einsatz übersteht. Mit Sorge betrachtet man die Entwicklung, dass sie ihrer Legende beinahe näher ist als sich selbst, es wirkt fast so als wünschte sie sich eine Hintertür in ihrem Leben.

Eine ungewöhnliche Frau, die gerade durch ihre Einschränkung zur herausragenden Ermittlerin wird. Eine Ermittlerin, von der man gerne mehr liest.