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Veröffentlicht am 27.05.2022

Frühlungsopfer

Bluteiche
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Im Jahr 1986 stirbt die 16jährige Elita in der Walpurgisnacht. Sie ist aufgemacht als solle sie als Opfer dargebracht werden. In der Gegenwart kehren David Nordin und seine Frau Thea Lind nach Thornaby ...

Im Jahr 1986 stirbt die 16jährige Elita in der Walpurgisnacht. Sie ist aufgemacht als solle sie als Opfer dargebracht werden. In der Gegenwart kehren David Nordin und seine Frau Thea Lind nach Thornaby zurück. David möchte im alten Schloß ein Restaurant eröffnen und Thea wird die Stelle der Dorfärztin antreten. Alles läuft gut bis Thea in einem hohlen Baumstamm ein altes Foto entdeckt. Darauf ist eine junge Frau abgebildet und ein paar verkleidete Kinder. Thea erfährt vom Tod der jungen Elita, deren Stiefbruder wegen des Mordes verurteilt wurde. Doch irgendetwas scheint mit der Geschichte, die erzählt wird, nicht zu stimmen.

Kann es nach ungefähr dreißig Jahren noch möglich sein, etwas Neues herauszufinden in dem rätselhaften Todesfall der jungen Elita? Thea hat so ein ungutes Gefühl und die Dorfbewohner sind ihr als Neuankömmling gegenüber nicht unbedingt offen. Dennoch hakt Thea immer wieder nach und tatsächlich stößt sie auf Hinweise, die darauf hindeuten, dass die Ereignisse damals doch anders abgelaufen sind als es in den Archiven verzeichnet ist. Allerdings scheint niemand etwas über ihre Entdeckungen wissen zu wollen. Nach ihrem Einsatz bei Ärzte ohne Grenzen, den Thea noch verarbeiten muss, ist Thea froh über die Ablenkung und die vielen neuen Eindrücke.

Dieser subtile und ruhige Roman beschreibt zum einen die Vorgänge im Jahr 1986 und zum anderen Thea Nachforschungen. Dadurch erhält er einen besonderen Handlungsbogen. Allerdings wirkt die Handlung möglicherweise etwas zu ausführlich und spannungsarm angelegt. Dabei ist die Idee und wie sich die Handlungsstränge entwickeln sehr interessant. Gerade auch der Ansatz mit den beiden Zeitebenen macht neugierig, weil man darüber nachdenkt, wie sich die damaligen Ereignisse auf die Gegenwart auswirken. Gut beschrieben ist auch das Leben in dem kleinen Ort, wo jeder jeden kennt und das Geflecht aus Beziehungen und Abhängigkeiten jeden auch noch in der heutigen Zeit beeinflusst. Insgesamt ein durchaus lesenswerter Roman, der durch seinen Aufbau etwas Besonderes bekommt.

Veröffentlicht am 29.04.2022

Olivias Teddy

Leona
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Leona möchte so sein wie die anderen. Sie ist verheiratet mit zwei Kindern und sie arbeitet bei der Polizei. Doch sie ist auch getrieben. Wenn sie abends am Computer sitzt taucht sie in eine andere Welt ...

Leona möchte so sein wie die anderen. Sie ist verheiratet mit zwei Kindern und sie arbeitet bei der Polizei. Doch sie ist auch getrieben. Wenn sie abends am Computer sitzt taucht sie in eine andere Welt ein. Als ein schrecklicher Überfall passiert, übernimmt Leona den Fall. Ein kleines Mädchen hat die Bank betreten und eine Kassette wurde abgespielt, auf der eine Männerstimme erklärt, dass es sich um einen Überfall handele und das Geld ausgehändigt werden soll. Geschockt erfüllen die Bankangestellten die Forderung. Leona ist in einer Zwickmühle. Das muss sie den Kollegen gegenüber allerdings verheimlichen.

Bei Leona Lindberg handelt es sich um eine sehr ungewöhnliche Ermittlerin bei der Stockholmer Polizei. Sie ist schlau und hat ein Händchen dafür, dem Verbrechen nachzuspüren. Glücklich ist sie jedoch nicht. Beinahe als sei sie eine geduldete Besucherin in ihrem eigenen Leben. Nun stürzt sich Leona in den neuen Fall, obwohl, weitere Fälle an den Hacken hat. Auch ihr Mann Peter richtet Forderungen an sie, er will ein drittes Kind, es soll ein Haus gekauft werden. Leona wirkt so als hätte sie lieber ihre Freiheit. Ihre Kinder sind ihr sehr wichtig, da sollte sich jeder Einsatz für die Familie lohnen.

Mit einer Beamtin wie Leona Lindberg muss man erstmal klarkommen. Natürlich sind Polizisten auch Menschen, jedoch könnte man sich fragen, ob man das in Romanform auch so genau wissen möchte. Leona wirkt nicht wie eine integre Persönlichkeit, doch sie ist intelligent und sie versteht es, die Leute zu manipulieren. Man fragt sich, was bei ihr schief gelaufen ist. Nach einer Weile lässt man sich dennoch auf die Konstruktion dieses ersten Falles ein. Nach und nach wird es spannend und die Chuzpe, mit der Leona vorgeht, nötigt einem Respekt ab. Ein solider Reihenbeginn, der allerdings noch Luft nach oben lässt.

Veröffentlicht am 23.02.2022

Tier-Forensik

Sechzehn Pferde
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Im Bereich der Gemeinde Ilmarch werden die Köpfe von sechzehn Pferden gefunden. Auf der Seite liegend starren die oben liegenden Augen in den Himmel. Die Veterinär-Forensikerin Cooper Allen wird hinzugezogen, ...

Im Bereich der Gemeinde Ilmarch werden die Köpfe von sechzehn Pferden gefunden. Auf der Seite liegend starren die oben liegenden Augen in den Himmel. Die Veterinär-Forensikerin Cooper Allen wird hinzugezogen, um vielleicht Genaueres über die Kadaver herauszufinden. Der ermittelnde Polizist Alec Nichols soll mit ihr zusammenarbeiten. Doch die Farmer, auf deren Gelände die Tierleichen gefunden wurden, sind schweigsam. Sie geben an, nichts gemerkt zu haben. Cooper Allen geht bei ihren Befragungen zurückhaltend vor. Ihr Kollege Nichols scheint eigene Probleme zu haben. Er wirkt manchmal etwas abwesend und in sich gekehrt. Bald allerdings treffen die Beiden im Zuge der Ermittlungen auf einen menschlichen Toten.

Dieser düstere Kriminalroman ist in einer ehemals prosperierenden Gegend Englands angesiedelt. Der Ort ist heruntergekommen und die Menschen scheinen sich damit abgefunden haben. Irgendwie scheinen die Personen vereinzelt, selbst die familiären Bindungen wirken bemüht und oberflächlich. Etliche Familien, so auch die von Alec Nichols und seinem Sohn, hatten schon Verluste zu beklagen. Die Forensikerin Cooper Allen bringt in diese Stimmung hinein etwas frischen Wind, doch auch sie bleibt von der Düsternis nicht unbeeindruckt. Mit ihrer Erfahrung als Tierärztin versucht sie, zu entschlüsseln, was mit den Pferden geschehen sein könnte und wieso es so gekommen ist.

Beim Lesen des Klappentextes denkt man, was für eine erfrischende neue Idee, eine Ermittlung von Tierleichen aus aufzuziehen und eine Tierärztin mit ins Team zu holen. Und so liest man zu Beginn gespannt, um zu erfahren, was zu den Tötungen geführt hat. Allerdings muss man schon nach relativ kurzer Zeit feststellen, dass man das Gefühl hat, der literarischen Herangehensweise des Autors nicht gewachsen zu sein. Die Handlung gestaltet sich, so jedenfalls der Eindruck, verworren und verwirrend. Man vermisst eine geradlinige Ermittlung, bei der sich verdichtende Hinweise zu einer schlüssigen Lösung führen. Vielleicht ist dieser Roman auch nicht als Kriminalroman gemeint, sondern eher als Gemälde einer untergehenden Stadt und deren Gesellschaft. Dann allerdings ist dieser Roman nur bedingt etwas für Krimileser. Vielleicht begeistert er in anderen Genres.

Veröffentlicht am 28.12.2021

Adina Europa

Blaue Frau
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Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes kommt die junge Adina aus ihrem tschechischen Dorf, aus dem schon die meisten jungen Menschen fortgezogen sind, nach Berlin, um zu studieren. Sie lernt die ...

Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes kommt die junge Adina aus ihrem tschechischen Dorf, aus dem schon die meisten jungen Menschen fortgezogen sind, nach Berlin, um zu studieren. Sie lernt die außergewöhnliche Fotografin Rikkie kennen, die Adina durch ihre Linse einen ganz eigenen Blick auf sich selbst eröffnet. Adina ist deshalb dankbar, dass Rikkie ihr ein Praktikum in der brandenburgischen Provinz verschafft. Dieses jedoch endet mit einem Desaster, nachdem Adina flieht. Sie landet in Helsinki, wo sie zur Ruhe kommen will. Hilfe bekommt sie von Leonidis, dem sie sich allerdings nicht anvertrauen kann.

Nach der Verleihung des Deutschen Buchpreises 2021 doch neugierig geworden, obwohl die Leseprobe nicht übermäßig ansprechend erschien, hat man sich an das von der Autorin selbst eingelesene ungekürzte Hörbuch hergemacht. Die Worte sind auf angenehme Weise vorgetragen. Man merkt, dass die Autorin ihren Text im Herzen trägt. Bei Adina handelt es sich um eine sympathische junge Frau, die auf ihrem Weg in die Welt, den sie wie jeder junge Mensch mit viel Enthusiasmus angetreten hat, aufs Übelste misshandelt wird. Dadurch verliert sie den so sicher geglaubten Halt und fällt in ein Tief, aus dem sie sich nur schwer befreien kann.

Mit dem Roman greift die Autorin im Rahmen der MeToo Debatte ein brennend aktuelles Thema auf. Leider erscheint die Umsetzung durch die nicht chronologische Erzählweise und etliche Abschweifungen zwar buchpreisgerecht, aber aus der persönlichen Lesersicht nicht übermäßig gelungen. Es dauert ein wenig, um überhaupt in den Roman hineinzufinden. Da war die Erkenntnis aus der Leseprobe durchaus wegweisend. Kommt man nach und nach hinter das eigentliche Thema, gewinnt das Buch mit seinen nachdrücklichen und emotionsgeladenen Beschreibungen durchaus an Profil, nur um im weiteren Verlauf wieder ins Verschwommene abzudriften. Und so hat man einen für sich selbst einen nicht ganz so packenden Roman, aber dennoch einen würdigen Buchpreisträger.

Veröffentlicht am 25.12.2021

Stadt der Hoffnung

Die Idealisten
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Der namenlose Vietnamese und sein bester Freund Bon sind nach schweren Zeiten in Paris gelandet. Die Tante des Ersteren nimmt sie zunächst auf, doch einen Job kann sie ihnen nicht besorgen. Als Lektorin ...

Der namenlose Vietnamese und sein bester Freund Bon sind nach schweren Zeiten in Paris gelandet. Die Tante des Ersteren nimmt sie zunächst auf, doch einen Job kann sie ihnen nicht besorgen. Als Lektorin lebt sie unter Intellektuellen und wirkt sehr französisch. Die beiden Neuankömmlinge beginnen mit der Arbeit für den Boss im schlechtesten vietnamesischen Restaurant in Paris. Und sie müssen von unten anfangen. Aber natürlich merken sie schnell, dass es sich bei dem Lokal lediglich um eine Fassade handelt. Mehr Geld verdient der Boss mit seinen Drogengeschäften.

Anfang der 1980er ist der Sympathisant aus dem vorherigen Band in Frankreich, dem Land seines Vaters, angelangt. Leider hat sich dieser nie zu seinem Sohn bekannt. Eine richtige Zugehörigkeit gibt es nicht, aus der ehemaligen französischen Kolonie Indochina stammend, hat man in Paris nicht auf die Freunde gewartet. Eine Verkleidung als asiatischer Tourist soll helfen. Doch der Tante ist ein Lieferant abhanden gekommen und so hat der Namenlose die glorreiche Idee, er könne für den Boss einen weiteren Kundenkreis für seine Drogen zuführen und selbst dabei eine Menge Geld machen. Schon das klappt nicht und es dauert auch nicht lange, bis es Streß mit den Arabern gibt.

Hatte der erste Band einen besonderen Reiz, der in der Art des Aufbaus lag, so sucht man in diesem zweiten Band nach dem Besonderen. Zwar werden Missstände angeprangert und die persönlichen Konflikte der Protagonisten zum Tragen gebracht, jedoch gewinnt man den Eindruck, dass etwas zu viel Wert auf recht lange Ergüsse gelegt wurde. Es fehlt ein wenig das unterschwellige Thema, das zu einem Aha-Erlebnis führt. Nichtsdestotrotz ist der Roman interessant, beleuchtet er doch verschiedene Milieus im Paris der 1980er. Da liegen schon die Wurzeln der Probleme, die uns auch heute noch begleiten. Dies aus Sicht eines Bootsflüchtlings, der nicht auf dieses eine Wort reduziert werden möchte, macht schon einen lesenswerten Roman aus.