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Veröffentlicht am 18.03.2017

Schauspielerei

Der König der Komödianten
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Der junge Marco ist tief betrübt als sein Ziehvater stirbt. Auf dem Landgut hat er es gut gehabt und er hätte sich hier noch eine glückliche Jugend erträumt. Doch Marco ist noch nicht volljährig und für ...

Der junge Marco ist tief betrübt als sein Ziehvater stirbt. Auf dem Landgut hat er es gut gehabt und er hätte sich hier noch eine glückliche Jugend erträumt. Doch Marco ist noch nicht volljährig und für den Fall des Falles hat Vittore den Prior und einen Advokaten als gemeinsamen Vollmund bestimmt. Und nun wird Marco ins Kloster gebracht, dort gefällt es ihm nicht so gut. Zusammen mit dem alten Vittore wollte er immer in die Stadt, es ist jedoch nicht mehr so weit gekommen. Jetzt steht auch noch zu befürchten, dass sich jemand sein Erbe unter den Nagel reißen will. Marco flieht aus dem Kloster und gerät an eine fahrende Schauspielertruppe, mit der er nach Padua gelangt.

Welch eine neue Welt, vom Land in die Stadt, vom Kloster ins Theater. So viele Eindrücke stürzen auf Marco ein. Er kann sich garnicht sattsehen oder fühlen. Der alte Intendant ist manchmal nicht mehr ganz Herr seiner Gedanken, aber er reimt begnadet aus dem Stehgreif und seine gewitzte Bauernschläue lässt ihn auch aus unangenehmen Situationen herauskommen. Auch wenn es so scheint als müsse man auf den Alten aufpassen, wird er doch eine Art väterlicher Freund für Marco. Seine Enkelin Elena entgeht Marcos Blicken beinahe, sie wirkt noch sehr jung. Catrina dagegen, die rassige Schöne, hat es Marco angetan.

Ein wenig vermischt sich die Handlung des Romans mit dem Schauspiel auf der Bühne. Das Theaterleben um 1594, das Schicksal des jungen Marco, das manchmal einem Stück zu gleichen scheint. Heiter wirkt dieser Roman durch die wohlgewählten Worte, die ihm diese Stimmung verleihen. Zwar gibt es auch ernste Momente, doch eher wird eine Komödie gegeben denn eine Tragödie. Und das ist ausgesprochen erfreulich, denn möchte man dem Alltag entfliehen und für ein paar Lesestunden ins Padua und Venedig des 16, Jahrhunderts eintauchen und etwas über die Commedia dell` Arte lernen, ist dieser Roman gerade das Richtige. Mit schönen Anspielungen auf den anscheinend damals auch schon über die Grenzen seines Landes hinaus bekannten Shakespeare, so dass man bei vielen Sätzen rätseln kann, auf welches Stück Bezug genommen wird.

3,5 Sterne

Veröffentlicht am 11.03.2017

Outland

Never Say Anything
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Eine Reiseberichterstattung über Marokko sollte es werden. In einem abgelegenen Grenzort allerdings geraten die Journalistin Sophie Schelling und ihr Begleiter in einen Hinterhalt. Viele Menschen kommen ...

Eine Reiseberichterstattung über Marokko sollte es werden. In einem abgelegenen Grenzort allerdings geraten die Journalistin Sophie Schelling und ihr Begleiter in einen Hinterhalt. Viele Menschen kommen um und Sophie überlebt nur mit viel Glück und Hilfe von Unbekannten. Zurück in Berlin versucht sie die Erlebnisse zu verarbeiten, muss aber zu Ihrem Entsetzen feststellen, dass der Vorfall in der Presse völlig anders dargestellt wird als sie ihn erlebt hat. Sophie Schelling will nun die Wahrheit enthüllen. Konsterniert fühlt sie sich als ihr klar wird, dass nicht jeder an der Wahrheit interessiert ist. Nur nach und nach wird der Reporterin klar, dass sie sich durch ihre Nachforschungen in Gefahr begibt.

Nach den schrecklichen Ereignissen, mit denen dieser Roman beginnt, setzt sich die Handlung erstmal etwas gemütlich fort. Natürlich will Sophie Schelling berichten, dabei geht sie vorsichtig vor, um keine Angriffsfläche zu bieten. Wer legt sich schon gerne mit mächtigen Gegnern an. Doch nachdem sie mehr in Erfahrung gebracht hat und es Eingriffe in ihr eigenes Leben gab, spürt sie, dass sie eine Konfrontation nicht mehr vermeiden kann. Sophie überwirft sich dabei mit fast allen und kommt vielen anderen in die Quere. Sie versucht, sich selbst treu zu bleiben, ihr Durchhaltevermögen wird jedoch auf eine harte Probe gestellt. Ihre Gegner schrecken vor fast nichts zurück.

Immer steht während der Lektüre die Frage im Raum, wie nah an der Realität sich der Roman bewegt. Man befürchtet, es könne doch sehr nahe sein, obwohl man es lieber nicht glauben würde. So wie sich die Schlinge um Sophie Schellings Hals mehr und mehr zuzuziehen scheint, so bekommt man immer mehr ein Gefühl der Beklemmung. Gewisse Organisationen machen möglicherweise vor nichts halt, um ihre Ziele zu erreichen, und sei es nur das Ziel, gewisse Aktionen geheim zu halten. Je weiter man liest, desto mehr könnte man sich eine analoge Welt zurückwünschen, in der es doch etwas aufwendiger war, das Leben auch von unbescholtenen nur vielleicht unliebsamen Menschen negativ zu beeinflussen.

Ein Buch, dass nach und nach immer mehr fesselt und verstört. In so einer Welt möchte man nicht leben. Oder lebt man etwa schon in so einer Welt?

3,5 Sterne

Veröffentlicht am 04.03.2017

Lewisham Monster

Kein Sterbensort
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Lewisham ist ein Stadtteil von London und hier führen die Polizisten Jane Bennett und Mike Lockyer ihre Ermittlungen durch. Nach dem vorherigen Fall ist Lockyer irgendwie noch nicht wieder auf der Höhe ...

Lewisham ist ein Stadtteil von London und hier führen die Polizisten Jane Bennett und Mike Lockyer ihre Ermittlungen durch. Nach dem vorherigen Fall ist Lockyer irgendwie noch nicht wieder auf der Höhe und die Verantwortung fällt Jane Bennett zu. Gerade jetzt verschwindet ein Kollege, der seit ein paar Jahren in Pension ist. Ein Ereignis, das für die Familie sehr belastend ist, aber auch für die Polizisten, schließlich kennen sie den ehemaligen Kollegen. Auf der Suche stoßen sie per Zufall auf die Leiche einer jungen Frau. Zwei Fälle, die die Ermittler aufs Äußerste fordern.

Bei diesem Band handelt es sich um den zweiten Band der Reihe um Mike Lockyer und Jane Bennett. Zu Beginn wird einige Male Bezug auf den ersten Fall genommen, auf eine Art, die es sinnvoll erscheinen lässt, zunächst den ersten Band zu lesen. Zum Verständnis des laufenden Falles ist es allerdings zum Glück nicht zwingend erforderlich. Obwohl die Ermittler noch mit der Verarbeitung des vorherigen Geschehnisse beschäftigt und auch in ihrem Privatleben eingespannt sind, müssen sie sich mit hundertprozentigem Einsatz den neuen Untersuchungen widmen. Die Art wie die junge Frau gestorben ist, schließt die Vermutung nicht aus, dass Ähnliches wieder geschehen könnte. Und der verschwundene Ex-Kollege könnte verletzt sein. Es ist also Eile geboten. Doch zunächst geht es nicht so schnell voran wie die Ermittler es sich wünschen würden.

Die Leiden der Ermittler zu Beginn des Romans sind etwas schwierig nachzuvollziehen, wenn man den Vorgängerband nicht kennt. Dennoch sind die Vorgänge fesselnd beschrieben und vor allen Dingen Jane Bennett wirkt sehr lebendig und authentisch. Sie muss die Verantwortung übernehmen und stellt fest, dass es auch nicht so einfach ist, Leiterin der Ermittlungen zu sein und die Fäden in der Hand zu behalten. Bei der Koordination der Nachforschungen geht sie klug und besonnen vor, obwohl sie manchmal an die Belastungsgrenze gehen muss. Es geht ihr wie vielen Familienmenschen, das schlechte Gewissen wegen der Zeit, die sie nicht mit der Familie verbringt, nagt an ihr. Trotzdem kniet sie sich voll in die Ermittlungen. Zwei Fälle, die die Aufmerksamkeit fordern, akribische Untersuchungen, packend geschildert. Ein wenig auffällig könnte sein, dass Kapitel manchmal mit einem Cliffhanger enden und die folgenden Ereignisse aus der Rückschau geschildert werden. Hier muss man selbst entscheiden, ob das gefällt. Insgesamt bietet die Autorin mit Lockyer und Bennett ein Ermittler-Duo, von dem man gerne mehr lesen möchte und einen fesselnden Kriminalfall, der einige Überraschungen aufweist.

Veröffentlicht am 26.02.2017

It-Girl

Die Gästeliste
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Sie ist ein Star, Carola Martins, sie hat aus Nichts etwas gemacht, sie hat die besten Kontakte, sie gibt die tollsten Partys. Doch es kostet eine Menge Disziplin und Berechnung, ihren Stern vorm Untergang ...

Sie ist ein Star, Carola Martins, sie hat aus Nichts etwas gemacht, sie hat die besten Kontakte, sie gibt die tollsten Partys. Doch es kostet eine Menge Disziplin und Berechnung, ihren Stern vorm Untergang zu bewahren. Die sozialen Netzwerke sind da wie ein Stimmungsbarometer, dass es zu beeinflussen gilt. Es kann daher nichts Schlimmeres geben als miese Kommentare und Hetze im ach so schnellen Internet, das nichts vergisst. Jetzt, wo eine wichtige Vereinbarung vor dem Abschluss steht, kreuzt Carola die Klingen mit den Konkurrentinnen, wenn auch auf subtile Art. Ein Todesfall war nicht im Plan inbegriffen. Und es bleibt nicht bei einer Leiche, beinahe scheint es als sei es gefährlich zu Carolas Bekanntenkreis zu gehören.

Wie ein Diamant wirkt Carola, hart, geschliffen, strahlend und funkelnd. Was irgendwann einmal hinter der Fassade war, weiß kaum jemand. Am ehesten noch ihre Freundin aus Kindertagen Bianca. Immer ein Lächeln auf den Lippen, zielstrebig und nach außen hin von den Ereignissen unberührt, versucht Carola ihre Reputation zu retten. So langsam, aber sicher bekommt sie es mit der Angst zu tun. Durch die Todesfälle ist ihre Geschäftsgrundlage und damit auch ihre Existenz bedroht. Und Carola will nicht in die kleinen Verhältnisse zurück, aus denen sie kommt. Woher aber kommt die Gefahr und wieso ist sie in die Schusslinie geraten.

Aus den sozialen Medien kann Positives entstehen, aber sie können auch ausgesprochen negative Auswirkungen haben. Die Anonymität, die vermeintliche Straflosigkeit, mit der Äußerungen getätigt werden können, verleitet Menschen dazu, auf eine Art zu kommentieren, die sie im persönlichen Kontakt meist scheuen würden. Wenn man wie Carola die Wirkungen kennt, die geschickt platzierte Nachrichten oder spitze Kommentare haben können, kann man das Netz sicher für eigene Zwecke ausnutzen und manipulieren. Wenn dann noch das Sehen und Gesehen werden auf Carolas Partys hinzukommt, der Wunsch auf die Gästeliste zu kommen oder der Hass, wenn man von ihr runtergeflogen ist, dann kann man sich gut vorstellen, welche Stimmung in Carolas Kreisen herrscht, nachdem es die ersten Todesnachrichten gegeben hat. Mit Spannung verfolgt man, wie Carola und ihre Freundin Bianca selbst versuchen, den Hintergrund der Morde zu durchleuchten. Carola, immer darauf bedacht, ihre Geheimnisse zu schützen. Und Bianca, wie ein treuer mausgrauer Schatten ihre Freundin unterstützend. Lange ist man unschlüssig, wen man verdächtig finden soll, zieht wahrscheinliche und unwahrscheinliche Lösungen in Betracht und lässt sich gefesselt in Carolas schillernde Welt hineinziehen, die fremd und einerseits abstoßend ob ihrer Gefühlskälte und doch auch reizvoll erscheint.

Veröffentlicht am 16.02.2017

Hangar 885

Tage der Schuld
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Kommissar Erlendur steht noch am Anfang seiner Karriere. Fälle von Vermissten haben es ihm angetan und er hat gerade begonnen, den Fall der jungen Dagbjört noch einmal aufzurollen, die vor über zwanzig ...

Kommissar Erlendur steht noch am Anfang seiner Karriere. Fälle von Vermissten haben es ihm angetan und er hat gerade begonnen, den Fall der jungen Dagbjört noch einmal aufzurollen, die vor über zwanzig Jahren auf dem Weg zur Schule verschwand. Gemeinsam mit seinem Kollegen Marian ermittelt er auch in dem Fall eins Toten, der von einer jungen Frau in einem See gefunden wurde. Der Tote trug Kleidung aus amerikanischer Herstellung. Sollte es sich gar um einen Amerikaner handeln oder doch ehr um einen Isländer, der auf dem US-Stützpunkt beschäftigt war?

Die Reihe um Kommissar Erlendur umfasst mit diesem neuesten Roman inzwischen über zehn Bände und zum zweiten Mal geht es in die Vergangenheit. Die späten 1970er sind die Gegenwart dieses Falles und das Verschwinden Dagbjörts hat bereits in den 50ern Stattgefunden. Zeiten, in denen der US-Stützpunkt einen Ort der unerfüllten Träume markierte. Sei es nach gut und in Dollar bezahlter Arbeit, nach Kleidung, Alkohol oder gar Drogen. Alles scheint auf dem Stützpunkt leicht und billig zu haben zu sein. doch welches Schicksal hat der junge Mann erlitten, der tot aufgefunden wurde. Ist er dem Reiz des Verbotenen erlegen? Erlendur und Marian ermitteln unaufgeregt aber zielstrebig. Haben sie auch nur die kleinste Witterung aufgenommen, lassen sie sich durch keinen Widerstand abschütteln. Jede Information wird gewogen und eingeordnet bis sich schließlich ein Bild rundet. Dies gilt gleichermaßen für den Tod des jungen Mannes als auch für das vor Jahren verschwundene Mädchen.

Dem Autor gelingt es dabei ausgesprochen gut ein Bild der Zeit zu zeichnen. Kleine Hinweise auf die Tagespolitik, aber auch einfach die Beschreibung des Lebens, der Menschen, der Orte lassen die 70er lebendig werden. Die stete Gegenwart der Amerikaner, die Stützpunkte als exterritoriales Gebiet ansehen. Die Beschaulichkeit des Alltags, die Unaufgeregtheit. Und doch auch in diesem Idyll gibt es Geheimnisse und Verbrechen, Menschen oder Organisationen, die etwas zu verbergen haben. Äußerst filigran verwebt der Autor seine Handlungsstränge, weckt Wissbegier und steigert geschickt die Spannung, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte bis das vorletzte Geheimnis gelüftet ist. Die allerletzte spur darf nicht gefunden werden, was genau der Zeit entspricht, in der der Roman spielt. Was allerdings in letzter Konsequenz wohl auch heute nicht anders wäre.

4,5 Sterne