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Veröffentlicht am 26.02.2022

Ein besonderer Tropfen

Kaiserstuhl
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In den frühen 1960er Jahren soll der Vertrag über die deusch-französische Freundschaft geschlossen werden. In Freiburg lebt die gut vierzigjährige Henny Köpfer. Ihr Mann ist im Krieg geblieben und mit ...

In den frühen 1960er Jahren soll der Vertrag über die deusch-französische Freundschaft geschlossen werden. In Freiburg lebt die gut vierzigjährige Henny Köpfer. Ihr Mann ist im Krieg geblieben und mit ihrer Schwiegermutter hat sie sich nie gut verstanden. Ihr Ziehsohn Kaspar ist ihr eine Freude, doch auch das Verhältnis zu ihm ist schwierig. Nie vergessen hat Henny den Filmvorführer Paul Duringer aus dem Elsass, mit dem sie kurz nach dem Krieg zusammen war. Es sollte nicht sein mit ihnen Beiden. Alleine führt Henny ihre Weinhandlung und dort hört sie von Kaspar, der eine besondere Flasche des 37er Vossinger Champagners im Gepäck hat.

Im Januar 1963 wird der Élysée-Vertrag von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer unterschrieben. In den Monaten davor spielt dieser zeitgeschichtliche Roman. Zur Unterschrift soll dem französischen Präsidenten der erwähnte Champagner überreicht werden. Doch nicht nur Paul Duringer, der die Flasche nach Frankreich bringen soll, hat ein Interesse an dem edlen Tropfen. Henny hat ihre eigenen Pläne mit dem Champagner und noch weitere Personen strecken ihre gierigen Hände aus. Und plötzlich ist die Flasche verschwunden und die Karten werden neu gemischt. Bei all den Ereignissen in der Gegenwart, nehmen sich die Akteure Zeit, die Erinnerung an die Vergangenheit neu aufleben zu lassen.

Bereits mit ihren anderen zeitgeschichtlichen Romanen hat die Autorin ganz herausragende Werke geschaffen, deren Cover einen einheitlichen Stil haben. Ein wenig fällt ihr neues Buch dagegen ab, auch wenn das Thema interessant und wichtig ist. Wie immer in der Grenzregion zwischen Frankreich und Deutschland angesiedelt, ist es toll, von der Aufbruchstimmung nach dem Krieg zu lesen, von der unerwartbaren und unerwarteten Internationalität, deren Wurzeln durchaus weit zurückreichen. Gerade heutzutage fragt man sich, warum wurde nicht mehr daraus gemacht. Versuche gab es und Bremser auch. Ein letzter Versuch sollte vielleicht nicht gebremst werden, sonst kann es auch vorbei sein. Keine schönen Aussichten im Moment. Umso wichtiger sind Bücher wie dieses, die einem deutlich vor Augen führen, wie wichtig ein gutes und vor allem internationales Miteinander ist. Dass sich diese Erzählung um eine Flasche Champagner entwickelt, zeugt von dem großen Ideenreichtum der Autorin.

Veröffentlicht am 24.02.2022

Irische Botschaften

Boom Town Blues
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Patsy Logan, Münchner Kommissarin mit einem irischen Vater, ist während ihrer Auszeit in Dublin. Sie will zur Ruhe kommen. Als ob das so richtig ginge, natürlich will sie auch den Gerüchten nachgehen, ...

Patsy Logan, Münchner Kommissarin mit einem irischen Vater, ist während ihrer Auszeit in Dublin. Sie will zur Ruhe kommen. Als ob das so richtig ginge, natürlich will sie auch den Gerüchten nachgehen, ihr Vater könne noch am Leben sein. Doch dann wird bei einem Empfang in der österreichischen Botschaft eine Praktikantin getötet. Patsy und ihr österreichischer Kollege Sam Feuerstein fungieren als Verbindungsbeamte zu den irischen Polizeibeamten. Und nicht zur Freude der örtlichen Kollegen. Diese würde ihre beiden neuen Anhängsel am liebsten kalt stellen. Da haben sie aber nicht mit den Botschaftern gerechnet. Und so müssen sie Sam und Patsy doch in die Ermittlungen mit einbeziehen.

In ihrem dritten Fall ermittelt Patsy Logan erstmals komplett in Dublin. Sie musste mal raus aus dem Trott in München, ihre lahmgelegte Kariere, ihr unerfüllter Kinderwunsch, die Eheprobleme. Einfach mal durchatmen. Und dann dieser Todesfall, eine junge Frau mit guten Leumund, die sich nie etwas zu Schulden kommen ließ. Nun, immerhin lernt Patsy den österreichischen Botschaftsmitarbeiter Sam kennen, der einmal in einer Sondereinheit war. Eigentlich sollen die beiden die Morduntersuchung im Namen ihrer Botschaften nur beobachten, aber Patsy kann das Denken und Überlegen nicht lassen und das Ermitteln hat sie einfach gelernt.

Die Krimis mit den runden Ecken sind doch immer eine Besonderheit. Und hier wird ein Thema angepackt, das für die Beteiligten dramatische Folgen hat und auch beim Lesen aufwühlt. Auch wenn man die Tat verurteilt, kann man schon ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, aus welchem Grund sie begangen wurde. Sehr geschickt wird man von der Autorin mit Hinweisen zu den Hintergründen versorgt. Wirtschaftskrise, Immobilienblase, viel zu hohe Kredite, Menschen, die unter die Räder des Systems geraten. Eine spannende Story, ansprechend geschrieben. Vielleicht hofft man als Leser, dass Patsy ihren nervigen Mann nun endgültig los ist und sie sich von der ihrer Schwermut befreien kann. Davon abgesehen kann man sich von diesem Roman mitreißen lassen und sich auf Patsys nächsten Fall freuen, der sie möglicherweise näher zur Lösung des Rätsels um den vermeintlichen Tod ihres Vaters bringt.

Eine lesenswerte Reihe von einer Autorin, die sich mit viel Einfühlungsvermögen und großer Sachkenntnis auszeichnet.

Veröffentlicht am 23.02.2022

Tier-Forensik

Sechzehn Pferde
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Im Bereich der Gemeinde Ilmarch werden die Köpfe von sechzehn Pferden gefunden. Auf der Seite liegend starren die oben liegenden Augen in den Himmel. Die Veterinär-Forensikerin Cooper Allen wird hinzugezogen, ...

Im Bereich der Gemeinde Ilmarch werden die Köpfe von sechzehn Pferden gefunden. Auf der Seite liegend starren die oben liegenden Augen in den Himmel. Die Veterinär-Forensikerin Cooper Allen wird hinzugezogen, um vielleicht Genaueres über die Kadaver herauszufinden. Der ermittelnde Polizist Alec Nichols soll mit ihr zusammenarbeiten. Doch die Farmer, auf deren Gelände die Tierleichen gefunden wurden, sind schweigsam. Sie geben an, nichts gemerkt zu haben. Cooper Allen geht bei ihren Befragungen zurückhaltend vor. Ihr Kollege Nichols scheint eigene Probleme zu haben. Er wirkt manchmal etwas abwesend und in sich gekehrt. Bald allerdings treffen die Beiden im Zuge der Ermittlungen auf einen menschlichen Toten.

Dieser düstere Kriminalroman ist in einer ehemals prosperierenden Gegend Englands angesiedelt. Der Ort ist heruntergekommen und die Menschen scheinen sich damit abgefunden haben. Irgendwie scheinen die Personen vereinzelt, selbst die familiären Bindungen wirken bemüht und oberflächlich. Etliche Familien, so auch die von Alec Nichols und seinem Sohn, hatten schon Verluste zu beklagen. Die Forensikerin Cooper Allen bringt in diese Stimmung hinein etwas frischen Wind, doch auch sie bleibt von der Düsternis nicht unbeeindruckt. Mit ihrer Erfahrung als Tierärztin versucht sie, zu entschlüsseln, was mit den Pferden geschehen sein könnte und wieso es so gekommen ist.

Beim Lesen des Klappentextes denkt man, was für eine erfrischende neue Idee, eine Ermittlung von Tierleichen aus aufzuziehen und eine Tierärztin mit ins Team zu holen. Und so liest man zu Beginn gespannt, um zu erfahren, was zu den Tötungen geführt hat. Allerdings muss man schon nach relativ kurzer Zeit feststellen, dass man das Gefühl hat, der literarischen Herangehensweise des Autors nicht gewachsen zu sein. Die Handlung gestaltet sich, so jedenfalls der Eindruck, verworren und verwirrend. Man vermisst eine geradlinige Ermittlung, bei der sich verdichtende Hinweise zu einer schlüssigen Lösung führen. Vielleicht ist dieser Roman auch nicht als Kriminalroman gemeint, sondern eher als Gemälde einer untergehenden Stadt und deren Gesellschaft. Dann allerdings ist dieser Roman nur bedingt etwas für Krimileser. Vielleicht begeistert er in anderen Genres.

Veröffentlicht am 20.02.2022

Kunde der Vergangenheit

Der zweite Schlaf
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Der junge Priester Fairfax wird in ein kleines Dort geschickt, um den ansässigen Geistlichen zu beerdigen. Der kam bei einem Sturz um, der durchaus verdächtig erscheint. Die lange Reise zu Pferd ist für ...

Der junge Priester Fairfax wird in ein kleines Dort geschickt, um den ansässigen Geistlichen zu beerdigen. Der kam bei einem Sturz um, der durchaus verdächtig erscheint. Die lange Reise zu Pferd ist für Fairfax durchaus beschwerlich und das Pfarrhaus bietet nur wenig Komfort. Die Haushälterin des Pfarrers und deren Nicht halten das Gebäude in Ordnung, doch durch den Tod Laceys sehen sie einer ungewissen Zukunft entgegen. In dieser Situation überrascht es Fairfax außerordentlich, dass sein Vorgänger wohl verbotene Schriften in seinem Arbeitszimmer hortete. Neugierig blättert der junge Geistliche in den Büchern und diese erzählen von einer anderen Welt vor der Apokalypse.

Wie ein historischer Roman liest sich diese Dystopie. Nach einem zerstörerischen Ereignis ist die Welt in eine Kirchenherrschaft mittelalterlichen Zuschnitts zurückgefallen. Das, was ehemals modern und selbstverständlich war, gilt als Ketzerei. Und die ist strafbar. Was hat der alte Pfarrer also getan? Oder hat er etwas gefunden? Manche Artefakte haben die Jahrhunderte überdauert und können in der Erde gefunden werden. Möglicherweise ist Lacey bei seinen Forschungen zu weit gegangen und hat dies mit seinem Leben bezahlt. Der junge idealistische Fairfax ist gefangen von seinen Entdeckungen. Er, der Waisenjunge, wurde von der Kirche aufgenommen und in deren Sinne erzogen. Das kann nicht falsch gewesen sein.

Die Menschheit stirbt nicht aus nach der Katastrophe, aber viel von Wohlstand, Annehmlichkeiten und Kultur bleiben nicht. Durch die Bequemlichkeit des immer Verfügbaren, sind die meisten Menschen nicht wirklich überlebensfähig. Wie viele Kulturen vorher, ist auch die des Technik- und Wissenschaftszeitalters ausgestorben. Nur das einfache Leben ist geblieben und die Vorherrschaft der Kirche, die die Erinnerung und neue alte Entwicklungen blockiert. Nur wenige wie der alte Pfarrer stellen Nachforschungen an. In diese Szenerie kommt der junge Fairfax, der plötzlich alles hinterfragen muss und will. Seine Suche nach der Wahrheit ist sehr spannend beschrieben. Nachdem er allerdings ein gewisses Rätsel gelöst hat, ändert sich der Tenor des Buches und es gerät von der fesselnden Wahrheitssuche zu einer archäologischen Grabung. Auch die Auflösung kommt nachher etwas plötzlich und wird so stehen gelassen, ohne wirklich gelöst zu werden. Dennoch ist die Idee einer postapokalyptischen Welt, die wie ein Mittelalter scheint, sehr ansprechend zu lesen.

Veröffentlicht am 19.02.2022

Alte Freunde

Neuschnee
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Schon seit Oxford sind sie eine eingeschworene Clique von Freunden, vier Männer und fünf Frauen Anfang Dreißig. Immer wieder fahren sie über Sylvester aufs Land. Und in diesem Jahr soll es etwas ganz besonderes ...

Schon seit Oxford sind sie eine eingeschworene Clique von Freunden, vier Männer und fünf Frauen Anfang Dreißig. Immer wieder fahren sie über Sylvester aufs Land. Und in diesem Jahr soll es etwas ganz besonderes werden. Emma, die erst später zu der Gruppe gestoßen ist, hat die Reise in ein abgelegenes Resort in den schottischen Highlands organisiert. Aber werden sie auch mit der Einsamkeit des Ortes klarkommen? In der Anlage stehen ihnen nur zwei Angestellte zur Verfügung, Doug, der Wildhüter, und Heather vom Büro. Die Gruppe ist auf sich zurückgeworfen und neben den positiven Erinnerungen kommen auch die Uneinigkeiten heraus, die sich über die Jahre aufgebaut haben.

Wie ein Kammerspiel ist dieser Roman angelegt. Eine Gruppe von Menschen, die Meisten zumindest dem Namen nach alte Freunde, die anderen Bedienstete oder Figuren, die nur am Rande auftauchen. Schnell stellt sich heraus, dass es mit der Freundschaft und dem guten Verstehen in der Gruppe nicht so weit her ist, wie es zunächst den Anschein hat. Miranda hat die Freunde über die Jahre zusammengehalten. In den letzten Monaten hat sie allerdings das Gefühl, der Kontakt sei abgeflacht. Am ehesten Zeit hat Emma, die Freundin zweiter Wahl, während ihre beste Freundin Katie sich doch rar macht.

Eine besondere Spannung entwickelt dieser Thriller durch die beiden gewählten Zeitebenen. Dadurch kennt der Leser einige Ereignisse und beginnt fast automatisch auf der anderen Ebene nach Hinweisen zu suchen, wie es zu den Ergebnissen gekommen sein könnte. Man stößt auf Untiefen in der Gruppenpsychologie, die an das Sprichwort vom Schein, der trügen kann, denken lässt. Leider sind den Personen, die eher sympathisch wirken, nur kleinere Rollen vergönnt. Bei der Urlaubergruppe fragt man sich irgendwann, wie sie sich überhaupt Freunde nennen können. Sie wirken wie dekadente mitteljunge Leute, die sich gegenseitig nicht viel Gutes gönnen. Da wird sogar der gesuchte Mörder, der sich in der Gegend herumtreiben soll, zur Nebensache. Dennoch handelt es sich bei diesem Roman um einen fesselnden Thriller um einer überraschenden Auflösung.