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Veröffentlicht am 03.10.2020

Saisonbeginn

Die Tote im Stadl
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Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer macht Urlaub. Nach seiner Scheidung hat er sich Kummerspeck angefuttert und nun soll ein Sport- und Kururlaub mitsamt Diät es richten. So begeistert ist er allerdings ...

Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer macht Urlaub. Nach seiner Scheidung hat er sich Kummerspeck angefuttert und nun soll ein Sport- und Kururlaub mitsamt Diät es richten. So begeistert ist er allerdings nicht und so kommt es ihm eher recht, dass er um Mithilfe bei Ermittlungen in einem ungeklärten Todesfall gebeten wird. Eine junge Hotelbedienstete wurde erstochen in der Nähe der Skipiste gefunden. Sie war unter ihren Kollegen beliebt und es ist zunächst rätselhaft, weshalb ihr jemand nach dem Leben getrachtet haben soll. Könnte es etwas mit ihrem Arbeitsplatz zu tun haben oder liegt das Motiv eher in der Familie?

Dankbar ist Kerschbaumer für jede Ausrede, mit der er seine Diät unterbrechen kann. Die angebotenen kulinarischen Genüsse in Bad Kleinkirchheim sind einfach zu verlockend. Und nicht dass er dem örtlichen Polizeichef, der nach einem Skiunfall im Krankenhaus liegt, etwas will, aber insgeheim ist der Wendelin froh, dass er die Arbeit übernehmen kann. Auch wenn die Wache recht antiquiert wirkt, sind die Kollegen doch umgänglich und besonders Hilde auch der neuen Technik gegenüber aufgeschlossen und ein wenig aufgeschlossen auch gegenüber Wendelin Kerschbaumer. Obwohl sie mit geeinter Kraft loslegen, verlaufen die ersten Befragungen am Arbeitsplatz der Toten eher zäh.

Der sympathische Chefinspektor Kerschbaumer bekommt es in seinem ersten Fall gleich mit einem verzwickten Fall zu tun. Als Wiener muss er sich in dem idyllischen Bad Kleinkirchheim, wo tatsächlich schon Ski-Weltcup-Rennen stattgefunden haben, erstmal zurechtfinden. Durch die liebevollen und detailreichen Beschreibungen des Autors gelingt das sowohl dem Ermittler als auch dem Leser recht schnell. Gerade in der heutigen Zeit, in der man sich genau überlegt, ob man in Urlaub fährt, lassen einen die mit Humor und Hingewandtheit zum Ort des Geschehens geschriebenen Lokalkrimis einen kleinen Ersatzurlaub erleben. Wenn zu diesem schönen Rahmen noch ein spannender Fall kommt, der verzwickt, aber nicht allzu blutig ist, dann schlägt das Leserherz schon höher. Für Wendelin Kerschbaumer ist es ein gelungener Start, der auf etliche weitere Fälle für den gewitzten Ermittler hoffen lässt.

Veröffentlicht am 03.10.2020

Wiedereingliederung

Ich an meiner Seite
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Arthur war im Knast. Äußerlich hat er sich nicht verändert, aber innen drin ist er nicht mehr der, der vor über zwei Jahren die Haftanstalt betreten hat. Um sich wieder in die Gesellschaft einzufügen, ...

Arthur war im Knast. Äußerlich hat er sich nicht verändert, aber innen drin ist er nicht mehr der, der vor über zwei Jahren die Haftanstalt betreten hat. Um sich wieder in die Gesellschaft einzufügen, darf er ein Jahr in einer Wohngemeinschaft wohnen und an einer Studie teilnehmen, um seine Defizite anzugehen. Etwas widerwillig beginnt er mit der Therapie, um überrascht festzustellen, dass sich doch Veränderungen einstellen. Sein Therapeut Dr. Vogel, genannt Börd, ist zwar ein wenig seltsam, aber irgendwie schlagen seine Methoden an. Arthur soll von sich erzählen und am besten soll er mit dem Anfang beginnen.

In Rückblenden erzählt Arthur, dass er eigentlich Mario heißen sollte. Doch ehe seine Mutter sich versah stand der Name Arthur in der Urkunde. Und sein leiblicher Vater war bald darauf verschwunden. Die Mutter beginnt sich neu zu erfinden und geht mit ihrem neuen Lebensgefährten und ihren beiden Söhnen nach Spanien. Ein abenteuerlicher Lebensstart, der für ein Kind sicher nicht ganz einfach ist. Doch irgendwie findet sich der neunjährige Arthur in der Fremde zurecht und als Jugendlicher ist er eng mit Milla und Princeton befreundet. Bis kurz vor Beginn des Studium eine Katastrophe passiert, die Arthur aus der Bahn wirft.

Nicht leicht hat es ein junger Mensch nach einem Gefängnisaufenthalt wieder in die Welt zu kommen. Zwar gibt es Angebote zur Wiedereingliederung, doch wirkt ein Gefängnisaufenthalt im Lebenslauf nicht gerade karrierefördernd. Die Autorin beschreibt Arthurs Schwierigkeiten sehr eindringlich. Allerdings werden einige Ereignisse etwas zu sehr im Ungewissen gelassen. Arthurs Jahr der Resozialisierung gerät durch die notwendigen Zeitsprünge eher szenisch und nach manchen Sprüngen fragt man sich, wie kommt das denn. Nichtsdestotrotz beeindruckt Arthur mit seinem Streben nach Normalität. Wobei sein Mentor Börd auf eine eigenartig unprofessionelle Art eine beachtliche Hilfe ist. Arthurs Erzählung wirkt zwar unfertig, aber dennoch berührend.

Veröffentlicht am 27.09.2020

Biznes

Doppelte Spur
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Von zwei ihm unbekannten Quellen bekommt der Journalist Ilija Trojanow umfangreiches Material zugespielt. Das Material erscheint äußerst brisant, allerdings auch sehr umfangreich und unübersichtlich. Die ...

Von zwei ihm unbekannten Quellen bekommt der Journalist Ilija Trojanow umfangreiches Material zugespielt. Das Material erscheint äußerst brisant, allerdings auch sehr umfangreich und unübersichtlich. Die Quellen stehen sich quasi diametral gegenüber, die eine scheint aus den USA zu kommen, die andere aus Russland. Ilija überlegt, ob er einem Schwindel aufgesessen sein kann. Trotz seiner Unsicherheit beginnt er weiter in dem Material zu graben und den Spuren zu folgen. Dabei bekommt er in Amerika Hilfe von Boris, der einen anderen Ansatz verfolgt und dessen Erkenntnisse sich mit den Ilijas zu einem wahren Politthriller vereinen.

Es handelt sich hier um eines der Bücher, die sich eher als Printausgabe empfehlen, denn mehr als einmal möchte man einen Stift zücken, um eine bestimmte besonders prägnante Stelle zu markieren oder um etwas anzustreichen, das man sich selbst noch einmal genauer anschauen möchte. Auch empfiehlt sich dieses Buch gewiss für eine zweite Lektüre, in der man mal vor und zurück blättern kann und sich den Stellen widmet, die beim ersten Durchlauf wegen der fortlaufenden Lektüre vielleicht zu kurz gekommen sind. Man muss in einigen Passagen schon genau hinschauen, damit man wenigstens das Meiste mitbekommt. Leider kann man sich nicht alles merken.

Was für ein Roman. Oder ist es überhaupt ein Roman? Beim Lesen etlicher Stellen drängt sich der Gedanke auf, man könne dies doch in der ein oder anderen Form so oder so ähnlich schon mal in anderen Publikationen gelesen haben. Wie eine Wühlmaus gräbt man durch das Buch nach Indizien und Hinweisen, um die eigene Auffassung zu bestätigen oder einen anderen Blickwinkel eröffnet zu bekommen. Allerdings muss man immer wieder mal absetzen, weil die Fülle der Information einfach zu viel wird. Auch wird der Lesefluss etwas gehemmt, wenn der fiktive Autor tief in seine Quellen einsteigt und man tatsächlich Wort für Wort aufnehmen muss, um nichts zu verpassen. Dennoch ist dieses Spiel zwischen Wahrheit und Fiktion sehr gelungen. Schon während der Lektüre beginnt man sich zu fragen, wo die Grenze zwischen diesen beiden Polen liegt. Und nach dem Umblättern der letzten Seite arbeitet der Inhalt noch in einem nach und man fragt sich, welchen Manipulationen man wohl selbst ausgesetzt ist und welche Informationen man nur gefiltert präsentiert bekommt.

Zitat: „Woran erkennt man einen Präsidenten auf Lebenszeit? Er fälscht Wahlergebnisse. Sollte er trotzdem verlieren, annulliert er die Wahlen wegen „schwerwiegender Unregelmäßigkeiten“.“


Veröffentlicht am 26.09.2020

Poldi heiratet

Tante Poldi und der Gesang der Sirenen
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Man mag es kaum glauben, etwa über ein Jahr, nachdem die Tante Poldi nach Sizilien gereist ist und sich dort ein Haus gekauft hat, um sich zu Tode zu saufen, steht der Hochzeitstermin mit dem Kommissar ...

Man mag es kaum glauben, etwa über ein Jahr, nachdem die Tante Poldi nach Sizilien gereist ist und sich dort ein Haus gekauft hat, um sich zu Tode zu saufen, steht der Hochzeitstermin mit dem Kommissar Montana. Und ihr Neffe, der Chronist, ist etwas unleidlich, weil er nicht so richtig beteiligt wird. Er gehört doch wohl dazu, oder? Doch bevor die Party steigen kann, muss noch das Verschwinden des Unternehmers Aldo Favorotta geklärt werden. Von diesem hatte die Poldi gehofft, einen Laden für ein Café mieten zu können, hat jedoch schnell festgestellt, dass Favorotta nicht an ehrlichen Geschäften interessiert war.

Inzwischen hat Tante Poldi Sizilien im Blut. Der Leser hat einiges von ihr und ihrer Vergangenheit erfahren. Die Einladungen zu Poldis Hochzeit sind heiß begehrt. Doch Tante Poldi kann es nicht lassen. Wenn sich ihr quasi ein Rätsel in den Weg stellt, dann will sie es auch lösen. Zumal nach dem Verschwinden des Unternehmers auch noch eine Tote am Strand angespült wird. Doch auch die Hochzeitsvorbereitungen wollen bewältigt werden. Poldi oder Montana, da wird doch wohl keiner kalte Füße kriegen.

Wieder mit leichter Hand geschrieben und vom Vorleser Christian Baumann gekonnt vorgetragen bietet dieser fünfte Teil um Tante Poldi und ihre sizilianischen Abenteuer eine kurzweilige Unterhaltung. Es macht Spaß zuzuhören und sich Poldis Sizilien vorzustellen. Südländisches Temperament gepaart mit dem Phlegma des Neffen, der leider auf einen Namen verzichten muss. Doch der Chronist schwimmt sich frei und auch die Poldi und Montana wagen einen Schritt in eine neue Zukunft. So bleibt etwas ungewiss, was der Autor mit seinen liebenswerten Protagonisten vorhat. Auch der Fall tritt etwas hinter Poldi, Montana, Neffen und Hochzeit zurück. Dennoch bereiten die lieb gewonnenen Protagonisten Freude und verkürzen so manche Autofahrt.

Veröffentlicht am 25.09.2020

Exkursion

Bewahren Sie Ruhe
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Nachdem Noras Mutter verstorben ist, wollte Liv der Cousine etwas Gutes tun. Sie schlägt vor, die beiden Familien sollten doch eine Kreuzfahrt unternehmen, damit Nora auf andere Gedanken kommen kann und ...

Nachdem Noras Mutter verstorben ist, wollte Liv der Cousine etwas Gutes tun. Sie schlägt vor, die beiden Familien sollten doch eine Kreuzfahrt unternehmen, damit Nora auf andere Gedanken kommen kann und ihre Familie trotzdem bei sich hat. Es scheint eine tolle Idee zu sein. Sie genießen die Tage an Bord. Irgendwann wollen sie doch etwas von Land und Leuten sehen. Die Männer wollen golfen, die Frauen und Kinder entscheiden sich für eine Zip-Line Tour. Doch leider hat das Fahrzeug des Tourguides eine Panne und die Gruppe legt eine Pause am Fluss ein, um auf ein Ersatzfahrzeug zu warten. In diesem entspannten Moment passen die Mütter einen Moment nicht auf und die Kinder sind verschwunden.

Welche Katastrophe, sechs Kinder und Jugendliche verschwinden in einem touristisch nicht erschlossenen Land, dass möglicherweise eher für Drogenschmuggel und Entführungen bekannt ist. Die Eltern machen sich große Vorwürfe, besonders die Frauen untereinander. Doch auch der Tourguide hätte aufmerksamer sein müssen, wenigstens hätte er aufklären müssen, dass die Flut den Fluss ins Landesinnere drückt. Doch was geschieht unterdessen mit den Kindern? Sie sind es, die sich in großer Gefahr befinden. Allein in einer unbekannten Umgebung, sich der Gefahren wahrscheinlich zunächst nicht bewusst.

Leichtsinnige oder auch unbedarfte Eltern und Kinder, die von einer makaberen Situation in die nächste geraten, die Szenen wechseln zwischen diesen beiden Polen hin und her. Das ist leicht zu lesen und spannend. Allerdings fragt man sich schon, wie so etwas passieren kann. Besonders wenn man selbst schon organisierte Fahrten mitgemacht hat und somit weiß, dass die meisten Tourguides gut geschult und verantwortungsbewusst sind. Gut nachvollziehbar ist, wie die Eltern langsam beginnen, sich zu zerfleischen. Es ist so ziemlich das Schlimmste, was einer Familie passieren kann, die Kinder in Gefahr zu wissen. Da ist es zwar nicht schön aber menschlich, wenn die Schuld bei den anderen gesucht wird. Gut auch zu lesen, dass es im vermeintlichen Urwald auch hilfsbereite Menschen gibt, denen es am Herzen liegt, dass den Vermissten kein größeres Leid zugefügt wird.

Der Situationen in dem Roman wirken teilweise etwas schöngeredet, doch grundsätzlich kommt gut heraus, wie aus geplant wunderbaren Ferien eine große Katastrophe werden kann.