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Veröffentlicht am 25.04.2021

Spannend und lehrreich

Südlich vom Ende der Welt
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Was hat das Fliegen einer Sojus-Kapsel mit einem Aufenthalt in der Antarktis zu tun? Mehr als man denkt: die mitten in der Antarktis gelegene Forschungsstation Concordia ist der Ort auf der Erde der die ...

Was hat das Fliegen einer Sojus-Kapsel mit einem Aufenthalt in der Antarktis zu tun? Mehr als man denkt: die mitten in der Antarktis gelegene Forschungsstation Concordia ist der Ort auf der Erde der die größte Ähnlichkeit mit einer Station auf einem anderen Planeten oder mit einem Langzeitweltraumflug hat. Daher lässt sich hier beispielsweise erforschen wie sich motorische Fähigkeiten im Laufe einer langen Isolation verändern. Dann es wäre natürlich verheerend, wenn zukünftige Astronauten nach einem Flug zum Mars nicht mehr in der Lage wären sicher zu landen. Das und mehr erzählt Carmen Possnig in ihrem Buch.

Die klimatischen Bedingungen sind dabei enorm fordernd: monatelang kein Sonnenschein, dazu Temperaturen bis zu -80 °C. Auch die Isolation stellt eine Herausforderung dar. Das 13-köpfige Team ist über mehrere Monate komplett von der Außenwelt abschnitten, sie haben keine Möglichkeit im Notfall evakuiert zu werden, auch Helfer könnten nicht zu ihnen durchdringen.

Das Buch beginnt mit der Auswahl der Bewerber und der Vorbereitung auf die Zeit in der Antarktis. Bereits diese Einblicke fand ich enorm spannend, denn sie umfassen weit mehr als die Koffer zu packen und sich gesundheitlich fit zu halten. Possnig berichtet von den Tests und Forschungen die sie während des Aufenthalts in der Antarktis durchführen muss, welchen Hintergrund und welche Ziele diese haben. Das alles ist so einfach erklärt, dass selbst ich als Laie keine Verständnisprobleme hatte.

Der Leser erhält auch einen kurzen Überblick über die politische Lage der Antarktis und die Vereinbarungen der Länder. Das Ganze ist aber so kurz gehalten, dass man interessantes Hintergrundwissen erhält, aber nie durch zu viele Details ermüdet wird. Denn das Hauptthema des Buches ist natürlich der Aufenthalt in der Antarktis. Und über diesen berichtet Possnig mit mitreißender Begeisterung. Einen großen Teil nehmen Berichte über den Alltag ein, denn so einfach wie man es sich vielleicht vorstellt ist das Leben in der Forschungsstation gar nicht. Aufgrund der enorm abgelegenen Lage müssen beispielsweise Ressourcen wie Wasser aufbereitet werden - und schon die Verwendung des falschen Shampoos kann die Aufbereitungsanlage beschädigen. Auch dem Essen, der Zusammenarbeit mit den Kollegen und der Konflikte wird Platz gewidmet. Sehr amüsant fand ich zu erfahren, dass eines der Forschungszelte für regelmäßige Partys verwendet wird und es sogar eine Sauna gibt! Die Temperaturunterschiede zwischen der Sauna und der Außenwelt betragen dabei bis zu 180 °C! Die Erzählung wird abgerundet durch Erzählungen und Vergleiche mit den Zeiten der Polarreisenden Scott, Amundsen und Shackleton. Ein paar dieser Geschichten kannte ich schon, doch da sie nur wenige Seiten einnehmen war das nicht weiter schlimm.

Fazit
Carmen Possnigs Begeisterung für die Antarktis ist auf jeder Seite spürbar, so dass selbst Menschen die Schnee und Kälte wenig abgewinnen können, von diesem Buch begeistert sein werden. Für mich war es eine sehr spannende Lektüre über einen enorm faszinierenden Ort!

Veröffentlicht am 25.04.2021

Ein schöner Roman mit ein paar unrunden Stellen

Als wir uns die Welt versprachen
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Auf zwei Zeitebenen erzählt Romina Casagrande die Geschichte von Edna. In der Gegenwart geht es um ihre Reise nach Ravensburg zum verloren geglaubten Freund und in der Vergangenheit um das Schicksal als ...

Auf zwei Zeitebenen erzählt Romina Casagrande die Geschichte von Edna. In der Gegenwart geht es um ihre Reise nach Ravensburg zum verloren geglaubten Freund und in der Vergangenheit um das Schicksal als sogenanntes „Schwaben- oder Hütekind“. Von diesen Kindern habe ich durch das Buch zum ersten Mal gehört. Bis ins frühe 20. Jahrhundert gaben arme Familien ihre Kinder als Arbeitskräfte an Bauern, doch um zu den Höfen zu gelangen mussten die Kinder erst einmal über die Alpen ziehen um dann in der Fremde harte Arbeiten unter strengen Dienstherren zu verrichten. Die in der Vergangenheit spielenden Kapitel sind daher oft eine eher schwere Kost, konnten mich insgesamt aber mehr überzeugen als die in der Gegenwart angesiedelten.

Bei Ednas in der Gegenwart stattfindenden Reise über die Alpen tat ich mich teilweise etwas schwer was die Glaubwürdigkeit angeht. Schon für einen jungen Menschen ist so ein langer Fußweg enorm beschwerlich, an vielen Stellen konnte ich nicht nachvollziehen wie eine knapp 90-Jährige mit einem sperrigen und schweren Transportkäfig auf den unebenen und steilen Bergpfaden zurechtkommen soll. Denn Edna ist keineswegs übermäßig fit. Auch das Verhalten einiger Personen war nicht immer nachvollziehbar. So wird der gänzlich erschöpften Edna von einer Freundin angeboten, sich von ihr mit dem Auto fahren zu lassen. Doch als dieses den Dienst versagt soll die alte Dame alleine mit dem Zug reisen. Warum die Freundin sie zwar mit dem Auto chauffieren, aber nicht auch im Zug begleiten will bleibt ungeklärt. Solche Ungereimtheiten trüben die Lesefreude ein wenig. Auch Ednas Begegnungen erschienen mir teils etwas konstruiert und ich konnte mir nicht immer vorstellen, dass etwas in der Realität so ablaufen könnte. Die Stärken des Buches liegen für mich in den eher unspektakulären Begegnungen, aus denen oft Gespräche mit fast philosophischer Note entstehen. Insgesamt muss man aber sagen, dass die Charaktere wunderbar herausgearbeitet sind und selbst die Nebencharaktere immer sehr lebendig wirken. Edna und Papagei Emil schließt man schnell ins Herz, die beiden sind zwar etwas kauzig aber absolut liebenswert. Sehr gut haben mir auch die Erzähl- und Schreibweise der Autorin gefallen. Das Buch liest sich flüssig mit vielen tollen Formulierungen die mein literaturbegeistertes Herz höherschlagen lassen.

Fazit
Wenn man über die nicht ganz runden Stellen hinwegsehen kann, ist es ein sehr schöner Roman mit gut herausgearbeiteten Figuren, den zu lesen sich durchaus lohnt.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Konnte mich nicht gänzlich überzeugen

Eine Frage der Zeit
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Das Buch beginnt mit einem rasanten Prolog und so freute ich mich auf einen spannenden, exotischen und unterhaltsamen Roman. Leider legt die Geschichte nach wenigen Seiten erstmal eine Vollbremsung hin ...

Das Buch beginnt mit einem rasanten Prolog und so freute ich mich auf einen spannenden, exotischen und unterhaltsamen Roman. Leider legt die Geschichte nach wenigen Seiten erstmal eine Vollbremsung hin und fast 100 Seiten passiert nur sehr wenig. Der Autor führt seine Figuren recht umständlich ein und verliert sich gerne und oft in Details. So listet er etwa über eine halbe Seite auf welche Tiere und wie viele davon einer seiner Protagonisten auf der Reise erblickt hat. Das macht das Lesen schnell mühsam und sehr zäh. Interessanter wird es erst ab Ausbruch des ersten Weltkrieges, wenn sich der entspannte Aufenthalt der drei deutschen Bootsbauer gravierend verändert. Plötzlich sind sie keine Zivilisten mehr, sondern Teil der deutschen Armee und die am anderen Ufer stationierten Belgier sind vom einen Tag auf den anderen ihre Feinde.

Die Helden des Romans sind einfache Menschen, wobei die drei deutschen Werftarbeiter deutlich besser wegkommen als der britische Marineoffizier, dieser wirkt oft grotesk und lächerlich. Auch die Reise des deutschen Bootes erhält im Roman mehr Platz als die der beiden englischen. Man ist sehr gespannt, wie die Engländer es schaffen zwei Schiffe über viele Kilometer Land zu schaffen, doch am Ende erzählt Capus diese Episode nur rückblickend in einem Brief und auf sehr wenigen Seiten. Auch beim Ende hätte ich mir etwas mehr Klarheit gewünscht oder zumindest einen Anhang erwartet der mich über das Schicksal der Protagonisten aufklärt.⠀⠀

Was Capus hingegen gut gelingt ist die Absurdität des Krieges zu verdeutlichen. Auch Kritik am Kolonialismus und die Diskriminierung und Ausbeutung der Einheimischen finden Platz im Roman. Dabei wirkt der Autor nie belehrend sondern lässt den Leser die Szenen beobachten und seine eigenen Schlüsse ziehen.

Ich tue mich schwer das Buch zu bewerten. Es hat starke Stellen, dafür auch einiges das ich weniger gelungen fand. Ein großer Minuspunkt ist für mich das unklare Ende in Kombination mit einem fehlenden Anhang bei dem erkenntlich wird ob und welche Teile der Geschichte vom Autor verändert wurden. Bei Büchern die auf einer wahren Geschichte basieren ist das für mich ein Muss. Insgesamt ist es kein Buch das man jedem empfehlen kann. Mein Exemplar wird in den Bücherschrank und nicht ins Regal wandern, denn nochmal lesen werde ich es nicht.

Veröffentlicht am 16.04.2021

Kann den Erwartungen nicht ganz gerecht werden

Meine Schwester, die Serienmörderin
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Um das Buch ist ein kleiner Hype entstanden, es wurde von der Presse wie auch in den sozialen Medien hoch gelobt und hat es in die Bestsellerlisten geschafft. Auch der Klappentext verspricht viel: „Beiläufig ...

Um das Buch ist ein kleiner Hype entstanden, es wurde von der Presse wie auch in den sozialen Medien hoch gelobt und hat es in die Bestsellerlisten geschafft. Auch der Klappentext verspricht viel: „Beiläufig feministisch“, „abgründig“, „wahnsinnig komisch“ – mit diesen Worten wird das Buch beworben. Meine Erwartungen waren entsprechend hoch, konnten am Ende aber nicht komplett erfüllt werden.⠀

Das Buch ist ein bunter Genre-Mix aus Krimi, Satire und Roman. An manchen Stellen fühlte ich mich an einen Tarantino Film erinnert, auch wenn es im Buch deutlich weniger blutrünstig zugeht. Wer die Mörderin ist steht natürlich schon sehr früh fest, die Spannung fußt auf der Frage wohin die Entwicklung der beiden Schwestern geht und ob sie am Ende gefasst werden.

Die Autorin erzählt ihre rasante Geschichte dabei in sehr kurzen Kapiteln. Die Ich-Erzählerin bleibt dabei immer etwas distanziert und kommentiert die Ereignisse recht lässig und trocken, was ich unterhaltsam fand. Auch der Stil von Braithwaite hat mir sehr gut gefallen, sie braucht nicht viele Worte und setzt diese sehr gezielt ein.

Die Kapitel spielen abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit, so dass der Leser nach und nach die Geschichte der beiden Schwestern kennenlernt und zu ahnen beginnt wie eine von ihnen zur Serienmörderin wurde. Über die Motive kann der Leser dennoch nur spekulieren. Es gibt einige Andeutungen, doch für tiefere Einblicke in die Seele der Serienmörderin ist in der Story kein Platz. Dafür ist ein wenig Gesellschaftskritik ist enthalten, die Autorin wirft einen kritischen Blick auf die Rolle der Frau oder die Bestechlichkeit der Polizei. Den auf dem Klappentext angekündigten Feminismus konnte ich allerdings nirgends entdecken.

Schade fand ich, dass die regelmäßig verwendeten nigerianische Begriffe und Ausdrücke nicht erklärt werden. An diesen Stellen muss man entweder zu Google greifen oder darüber hinweglesen. Hier hätte ich mir dringend ein Glossar mit Erklärungen/Übersetzungen gewünscht.

Fazit
Die Idee ist super, insgesamt kann das Buch die durch den Hype entstandenen hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Ich habe es trotzdem gerne gelesen und wurde sehr kurzweilig unterhalten.

Veröffentlicht am 19.03.2021

Kurzweilige Unterhaltung

QualityLand (QualityLand 1)
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Mit seiner Känguru-Trilogie hatte Marc-Uwe Kling großen Erfolg und hat es im letzten Jahr damit auch schon ins Kino geschafft. Sein zweites Werk ist ebenfalls sehr unterhaltsam, geht aber in eine andere ...

Mit seiner Känguru-Trilogie hatte Marc-Uwe Kling großen Erfolg und hat es im letzten Jahr damit auch schon ins Kino geschafft. Sein zweites Werk ist ebenfalls sehr unterhaltsam, geht aber in eine andere Richtung. Im Vergleich zu den Känguru Büchern, die eher aus vielen kleinen Geschichten bestanden, ist „QualityLand“ zusammenhängender und romanhafter erzählt. Gleich geblieben sind die gesellschaftskritischen Ansätze und jede Menge Komik.

Kling gelingt es eine Zukunft zu entwerfen, die an vielen Stellen nur wenige technologische Schritte von unserer entfernt zu sein scheint. Ergänzt durch witzige Ideen erschafft er eine sehr originelle Welt von Morgen. Die Geschichte besteht aus drei groben Rahmenhandlungen die Einblick in die unterschiedlichen sozialen Ebenen der futuristischen Gesellschaft geben. Eine allzu komplexe Handlung mit tiefgreifenden Charakteren darf man zwar nicht erwarten, das ist aber auch gar nicht Ziel des Buches. Kling schafft es trotzdem, dass der Leser an vielen Stellen ins Grübeln kommt.

Ergänzt wird die Erzählung durch Ausschnitte aus dem QualityLand-Reiseführer sowie Internet-Zeitungsartikeln mitsamt Werbung und Kommentaren. Übrigens liegt hier begründet, warum es das Buch mit einem hellen und einem dunklen Cover zu kaufen gibt. Die Bücher unterscheiden nämlich sich nicht nur durch die Coverfarbe, sondern die Auszüge aus dem Reiseführer und die Zeitungsartikel sind inhaltlich unterschiedlich formuliert, bei der hellen Ausgabe optimistischer als bei der dunklen. Der Leser muss aber nicht auf Inhalte verzichten, ein Link am Ende des Buches verschafft Zugriff auf die Texte der jeweils anderen Ausgabe.

Fazit
„Qualityland“ hat mich sehr kurzweilig und gut unterhalten. Das Buch endet mich einem Knall, daher bin ich schon sehr gespannt auf die Fortsetzung in Band 2.