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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.07.2022

Inspirierend und Berührend

Fräulein Steiff
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Maren Gottschalk schafft es Margarete Steiff auf beeindruckende Weise zum Leben zu erwecken und beschreibt sie als eine zielstrebige und sehr mutige Frau.

Dabei hatte Margarete es gar nicht leicht. In ...

Maren Gottschalk schafft es Margarete Steiff auf beeindruckende Weise zum Leben zu erwecken und beschreibt sie als eine zielstrebige und sehr mutige Frau.

Dabei hatte Margarete es gar nicht leicht. In jungen Jahren an Kinderlähmung erkrankt ist sie ihr Leben lang auf den Rollstuhl angewiesen. Und das war in der damaligen Zeit eine noch größere Herausforderung als heute. Während die Geschwister und Freunde durch den Garten toben sitzt sie im Leiterwagen daneben. Jede Treppe stellt ein unüberwindbares Hindernis dar, Feinfühligkeit erlebt sie nur selten. Auch die Mutter sieht sie lange nur als Bürde an und erkennt erst spät was in Margarete steckt. Trotzdem bleibt Margarete stets positiv und findet sich ohne Selbstmitleid mit ihrem Schicksal ab.

Und auch wenn sie dafür regelmäßig Kritik einstecken muss fordert sie ihren Anteil am Leben. Sie will nicht im Haus gefangen sein, sie will Tanzveranstaltungen besuchen, sie will zumindest kleine Reisen machen und sie will ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. So wird am Ende aus der Näherin Margarete Steiff eine Unternehmerin und zugleich Gründerin eines weltweit bekannten Unternehmens das bis heute überdauert hat. Das Buch erzählt diesen Werdegang abwechselnd auf zwei Zeitebenen. Der Leser erlebt Margaretes Kindheit, ihr Heranwachsen und wie versucht wird sie von ihrer Lähmung zu heilen. Nach und nach erkämpft sie sich ihre Selbstständigkeit und gemeinsam mit ihren Schwestern erhält sie die ersten kleinen Auftragsarbeiten als Näherinnen.

Der zweite Handlungsstrang spielt 30 Jahre später, hier ist Margarete bereits eine junge Frau und auf dem besten Weg ihre berühmte Firma aufzubauen. Mit einem Elefanten fing alles an, inzwischen sind viele weitere Tiere dazugekommen, ebenso Schaukelpferde oder Stehaufmännchen. Kataloge werden entworfen und gedruckt, nach und nach die Produktionsstätte vergrößert und weitere Näherinnen eingestellt. Auch die Geschichte hinter dem Knopf im Ohr wird aufgedeckt. Ich fand beide Handlungsstränge ungemein spannend und kann gar nicht sagen wie groß meine Bewunderung und mein Respekt für diese starke Frau sind, die sich nie den Lebensmut nehmen ließ.

Fazit
Ein wunderbar lebensbejahendes Buch über eine beeindruckende Frau die sich von ihren körperlichen Beeinträchtigungen nie aufhalten ließ und am Ende eine große Unternehmerin wurde.

Veröffentlicht am 02.07.2022

Interessant aber noch ausbaufähig

Die Hennakünstlerin
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Das Buch gibt einen zugleich spannenden als auch erschreckenden Einblick in die Indische Gesellschaft und die Rolle der Frau. Lakshmi und ihre Schwester Radha haben viele Hürden zu meistern, müssen sich ...

Das Buch gibt einen zugleich spannenden als auch erschreckenden Einblick in die Indische Gesellschaft und die Rolle der Frau. Lakshmi und ihre Schwester Radha haben viele Hürden zu meistern, müssen sich oft unterordnen und ein veraltetes Frauenbild verkörpern. Kleidung, Verhaltensweisen, Essen und der Alltag sind sehr anschaulich beschrieben, so dass man in eine exotische Welt abtauchen kann. Auch der noch tief verwurzelte Aberglaube ist durch verschiedenste Ereignisse gut in die Geschichte eingeflochten und war für mich oft erstaunlich.

Die Geschichte hat ein paar überraschende Wendungen, aber auch einige Geschehnisse die für mich etwas zu offensichtlich waren, weil man sie auf diese Weise einfach schon zu oft gelesen hat. Im letzten Abschnitt gibt es dann noch ein wenig Dramatik und ein Ende das sehr deutlich den Weg für eine Fortsetzung bereitet.

Dass sich Lakshmi ihre Selbstständigkeit mit Ausdauer und Mut hart erkämpft hat ist sehr beeindruckend. Ziemlich an ihr gestört haben mich aber ihre ständigen Selbstvorwürfe. Auch ihre jüngere Schwester Radha ist recht anstrengend, man merkt ihr deutlich an, dass sie im Teenageralter ist. Vermutlich ist sie mit ihren Launen gut getroffen, richtig warm geworden bin ich mir ihr aber nicht. Die Geschwister hatten es in ihrem Leben bisher nicht leicht und natürlich entsprechende Charakterzüge entwickelt, eine richtig tiefe Sympathie ihnen gegenüber mochte bei mir aber trotzdem nicht aufkommen.

Das mit acht eng bedruckten Seiten sehr umfangreiche Glossar hat mich ein wenig erschlagen. Natürlich geben in die Geschichte eingeflochtene Worte in der Landessprache einen zusätzlichen exotischen Flair, aber wenn ich auf einer Doppelseite fünfmal ans Ende des Buches blättern muss ist mir das dann irgendwann zu viel. Großartig hingegen fand ich die der Geschichte angefügten kurzen Erklärungen zur Tradition des Henna, dem indischen Kastensystem und zwei Rezepten.

Fazit
Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits habe ich es gerne und binnen weniger Tage gelesen, andererseits wäre vor allem bei den Charakteren noch mehr möglich gewesen. Der Einblick in die Arbeiten als Hennakünstlerin und die indische Gesellschaft waren wiederum interessant.

Veröffentlicht am 02.07.2022

Ein solides Debüt mit ein paar Schwächen

Der Tunnel
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Die Geschichte ist aus Sicht mehrerer Protagonisten erzählt. Der Zugführer, die Lehrerin der Berliner Klasse, sowie eine ihrer Schülerinnen und zwei Hauptmänner der Schweizer Soldaten erzählen uns ihre ...

Die Geschichte ist aus Sicht mehrerer Protagonisten erzählt. Der Zugführer, die Lehrerin der Berliner Klasse, sowie eine ihrer Schülerinnen und zwei Hauptmänner der Schweizer Soldaten erzählen uns ihre Sicht der Dinge und ihre Erlebnisse. Für die Handlung ist das ein großer Vorteil, der Leser ist an verschiedenen Orten dabei, was mehr Abwechslung bietet. Weniger gut gelöst fand ich allerdings, dass teils zeitliche Sprünge in die Vergangenheit gemacht werden. Wir lesen einen Abschnitt aus Sicht von Person A, ein Kapitel später erleben wir einen Teil des eben gelesenen nochmals aus Sicht von Person B. In Actionszenen mag das Spannung bringen – wie ein Zug in einen Bahnhof einfährt brauche ich allerdings nicht aus zwei Sichtweisen zu erfahren.

Die Beklemmung im dunklen Tunnel eingeschlossen zu sein, kilometerweit entfernt vom nächsten Ausgang, kommt gut rüber. Es ist heiß und stickig, bald fehlen Nahrung und Wasser, niemand weiß was passiert ist und warum keine Hilfe kommt.

An manchen Stellen zieht sich das Lesen allerdings. Leister verliert sich gerne mal in Nebensächlichkeiten und Details. Bei den technischen Parts hat mich das weniger gestört, wenn auch nicht immer in dieser Tiefe interessiert, doch eine umfangreiche Beschreibung in welcher Reihenfolge die Kleidung angelegt wird ist wenig spannend. Auch bestimmte Gedankengänge wiederholen sich immer wieder. Natürlich hat jeder Sorge wie es außerhalb des Bunkers aussieht und Angst, dass den Angehörigen etwas passiert ist. Darüber aber in jedem dritten Satz zu lesen war mir dann irgendwann zu viel.

„Der Tunnel“ hängt direkt mit Leisters zweitem Buch „Das U-Boot“ zusammen. Während im ersten Buch die Geschehnisse in der Schweiz erzählt werden, stehen im zweiten Buch die Erlebnisse einer israelischen U-Boot-Mannschaft im Mittelpunkt. So viel sei bereits verraten: im zweiten Buch kreuzen sich dann die Wege, ich fand diese Überschneidung der Handlungen eine großartige Idee.

Fazit
Ein solides Debüt, mit einigen noch ausbaufähigen Punkten. Da ich vor kurzem auch sein zweites Buch gelesen habe kann ich dazu allerdings sagen: Leister hat seinen Stil und die Erzählweise weiterentwickelt, die meisten meiner Kritikpunkte fallen für das zweite Buch weg.

Veröffentlicht am 25.06.2022

Spannend und kurzweilig

Palast der Finsternis
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Anhand des Klappentextes hatte ich einen Abenteuerroman erwartet, etwas in Richtung Indiana Jones oder Tomb Raider, doch schnell zeigt sich, dass das Buch einen anderen Weg einschlägt. Die Jugendlichen ...

Anhand des Klappentextes hatte ich einen Abenteuerroman erwartet, etwas in Richtung Indiana Jones oder Tomb Raider, doch schnell zeigt sich, dass das Buch einen anderen Weg einschlägt. Die Jugendlichen sind nicht aus dem Grund aus dem sie in den Palast eingeladen wurden dort, sondern müssen aus dem Labyrinth fliehen, während verschiedene Feinde sie jagen. Die Geschichte ist dabei spannend und einfallsreich erzählt und mit einer Prise Fantasy/Mystery gewürzt. Während ein Erzählstrang in der Gegenwart spielt, wird in einem weiteren nach und nach die Geschichte der Familie die den unterirdischen Palast erbaute aufgedeckt. Die Rückblenden haben mir sehr gut gefallen, dort gibt es viele Andeutungen, dass mit dem Palast etwas nicht stimmt. Es wird aber nie zu viel verraten, so dass man bis zum Ende rätselt, was es mit dem Ganzen wohl aufs ich hat.

Die Stimmung ist gut getroffen, eine bedrohliche Atmosphäre zieht sich durch das ganze Buch, dabei findet aber auch feiner Humor seinen Platz. Auch die Charaktere sind wirklich gut gelungen. Jugendliche Protagonisten können ja schnell sehr anstrengend sein, hier ist das zum Glück nicht der Fall und trotz des wenigen Seitenumfangs ist eine Weiterentwicklung der Charaktere zu beobachten.

Fazit
Eine mysteriöse und packende Geschichte die ich binnen kürzester Zeit gelesen habe und die mich sehr gut unterhalten hat. Ich hätte mir sogar noch ein paar Seiten mehr für eine noch tiefere Entwicklung der Charaktere und die Erklärung der Hintergründe gewünscht.

Veröffentlicht am 18.06.2022

Da ist noch Luft nach oben

Wie man sich einen Lord angelt
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Das Buch hat nur 352 Seiten, entsprechend gestrafft ist die Handlung und gerade zu Beginn geht es sehr schnell wie Kitty nach London reist, sich mit passender Garderobe ausstattet und auch schon mit dem ...

Das Buch hat nur 352 Seiten, entsprechend gestrafft ist die Handlung und gerade zu Beginn geht es sehr schnell wie Kitty nach London reist, sich mit passender Garderobe ausstattet und auch schon mit dem ersten Lord in Kontakt steht. Wir begleiten Kitty und ihre Schwester Cecily zu den pompösen Bällen Londons, zu nachmittäglichen Teestunden und zu Ausritten. Mit einer Mischung aus kleineren Manipulationen und Schauspielerei versucht Kitty dabei passende Heiratskandidaten auf sich aufmerksam zu machen und für sich einzunehmen. Da der Leser bereits weiß, dass ihre Absichten dazu dienen sollen das Familienanwesen und die Heimat nicht zu verlieren, kann man ihr Handeln durchaus nachvollziehen, trotzdem wurde ich nie so ganz warm mit Kitty.

Der Roman ist in der 3. Person geschrieben und überwiegend aus Kittys Sicht erzählt. Ziemlich irritiert hat mich, dass es erst heißt „Kitty wusste, dass ….“, eine Seite weiter dann plötzlich „…Miss Talbot blickte sich um…“. Das ganze Buch hindurch wechseln sich diese Bezeichnungen willkürlich ab.

Auch bei den Charakteren gibt es Licht und Schatten. Vor allem der weltfremde, ständig errötende und auf den ersten Blick verliebte Archie war mir zu dümmlich. Kittys Ideen sich bei Archies Familie beliebt zu machen sind nicht immer außerordentlich originell, so dass ich vor allem die Reaktionen seiner Mutter leider oft als unglaubwürdig empfand. Als Mutter dreier lediger und sehr reicher Kinder muss sie solche Manipulationen schon mehrmals erlebt haben und kennen.

Punkten konnte die Geschichte mit unterhaltsamen Dialogen, feinem Humor und Situationskomik, die sich ab dem ersten Drittel so langsam einstellten. Vor allem die Auseinandersetzungen mit Lord Radcliffe sorgten für Abwechslung.

Fazit
Insgesamt war es trotz meiner Kritikpunkte eine angenehme Lektüre. Es ist ein leichter Regency-Roman mit Luft nach oben für die Nachfolger. Das Ende war für mich schon beim Lesen des Klappentextes klar, hier wird das Rad nicht neu erfunden, dennoch hoffe ich noch immer auf eine Autorin die hier mal komplett neue Wege beschreitet.