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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2019

Talentiert, stark, aber auch verletzlich

Poet X
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Poet X ist ein wunderbares Jugendbuch, dass viel über das Leben einer Familie in Harlem erzählt.
Sie stammen aus der dominikanischen Republik und hatten es anfangs nicht leicht.
Zentrale Hauptfigur ist ...

Poet X ist ein wunderbares Jugendbuch, dass viel über das Leben einer Familie in Harlem erzählt.
Sie stammen aus der dominikanischen Republik und hatten es anfangs nicht leicht.
Zentrale Hauptfigur ist die 15jährige Xiomara, ein eigensinniger Teenager, die anfängt gegen die starre, einschränkende Erziehung und strenge Religion ihrer Mutter zu rebellieren. Sie hat einen Zwilling, ein sensibler Junge und ihre beste Freundin Carida sowie Aman, ein Junge, den sie in der Schule kennen lernt.
Fasziniert ist sie von Worten und Gedichten, die sie in einem Notizbuch verfasst, aber bis sie sich traut an einem Poetry Slam teilzunehmen, dauert es noch. Erst muss sie mit den Konflikten in der Schule und mit der Mutter fertig werden. Xiomara ist talentiert, stark, aber auch verletzlich.

Die Form des Buches ist an Poetry Slam-Texten angelehnt, dennoch sehr gut und leicht lesbar. Mich überzeugt dieser Stil. Elizabeth Acevedo, die auch dominikanische Wurzeln hat, kann wirklich schreiben. Ich bin gespannt, ob weitere Bücher von ihr in deutscher Übersetzung folgen werden.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Geiselnahme ohne Drive

Hotel Cartagena
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Hotel Cartagena ist ein Triller angesiedelt in Hamburg.
Es verwundert nicht, dass die Staatsanwältin Chastity Riley so kaltschnäuzig und cooll ist. Schließlich ist auch die Autorin Simone Buchholz, die ...

Hotel Cartagena ist ein Triller angesiedelt in Hamburg.
Es verwundert nicht, dass die Staatsanwältin Chastity Riley so kaltschnäuzig und cooll ist. Schließlich ist auch die Autorin Simone Buchholz, die ich letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse sah, abgeklärt und ironisch. Das überträgt sich beim Lesen.

Bei dem Plot hingegen bleiben leichte Zweifel. Weder begeistern mich das viele Springen zwischen den Zeiten noch überzeugt mich die Geiselnahme. Das Gefühl der Beklemmung fehlt. Chas mentalen Zustand kann ich nicht so ganz nachvollziehen, vielleicht muss man aber auch die Vorgängerroman gelesen haben, um die Figur ganz zu greifen.
Dennoch entwickelt sich die Situation. Schließlich wird es aber zu verspielt.
Kein schlechtes Buch, aber so richtig hat es mich nicht überzeugt.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Verordnete Inspiration

The Wonderful Wild
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Das wirklich tolle Cover dieses Buches verspricht ein autobiografisches Sachbuch über die afrikanische Wildnis und die Tiere. Diese Erwartungshaltung muss ein Buch nicht automatisch erfüllen.

Die deutsche ...

Das wirklich tolle Cover dieses Buches verspricht ein autobiografisches Sachbuch über die afrikanische Wildnis und die Tiere. Diese Erwartungshaltung muss ein Buch nicht automatisch erfüllen.

Die deutsche Autorin Gesa Neitzel hatte sich als Rangerin in Afrika ausbilden lassen und darüber geschrieben. Das war bestimmt ein interessantes Buch, doch The wonderful wild ist es nur bedingt. Zwar geht es viel um Afrika, aber in erster Linie ist es ein Lebensratgeber, bei der die Leser direkt angesprochen werden. Das Belehrende ist problematisch. Nicht jeder mag es, vorgeschrieben zu bekommen, wie man zu leben hat. Die Autorin geht da meiner Meinung nach zu weit. Zudem bleibt vieles sehr an der Oberfläche. Naja, geschenkt! Was bleibt noch? Immerhin ein paar gute Details über die afrikanische Wildnis und den Tieren. Elefanten, Löwen etc. Manche Passagen waren wirklich nicht schlecht, immer symbolisch und vergleichend. Aber man muss sich klar darüber sein, dass Gesa Neitzel das aus dem Grund schreibt, den Leser zu beeinflussen und zu inspirieren, dass sich auch modernes Leben im Einklang mit der Natur befinden kann.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Jede Menge Stress im Himmel

Wer im Himmel auf dich wartet
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Dienstags bei Morrie fand ich eigentlich ganz gut, damals. Es ist ja schon viele Jahre her als ich es gelesen habe. Doch mit „Wer im Himmel auf dich wartet“ hatte ich unerwartet Probleme.

Die Ausgangssituation ...

Dienstags bei Morrie fand ich eigentlich ganz gut, damals. Es ist ja schon viele Jahre her als ich es gelesen habe. Doch mit „Wer im Himmel auf dich wartet“ hatte ich unerwartet Probleme.

Die Ausgangssituation ist ganz originell. So ein Ballonfahrtunglück mit einem Hochzeitspaar ist doch ungewöhnlich. Auch das es in der Kindheit der Protagonistin schon einmal in einem Vergnügungspark einen Unfall gab und das die Ereignisse in einen Kontext gestellt werden, überzeugt. Mitch Albom kann außerdem gut und sorgfältig schreiben. Das kann man nicht absprechen. Dennoch hat mich das Buch dann nur noch genervt, als es in Richtung Himmel ging, wo man dann 5 Leute trifft. Die Gespräche mit diesen Leuten sind eher verkrampft und zeigen, das man nicht einmal im Himmel seine Ruhe hat.

So einige Themen werden eingearbeitet. Auf manche hätte ich verzichten können, auch die Frage nach Schuld und Verantwortung ergeben so für mich keinen Sinn.
Am Ende bleibe ich ratlos zurück.
Es bleibt der Eindruck ein esoterisch verquastes Buch gelesen zu haben. Dafür ist mir meine Lesezeit zu schade.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Vor dem Putsch

Stumme Schwäne
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Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch ...

Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch einmal einen Roman von ihr lesen und Stumme Schwäne ist ein ebenso beeindruckendes Portrait der Türkei zu einer bestimmten Zeit, 1980 kurz vor dem Militärputsch. Das Land ist gespalten und zerrissen. Die Autorin war 1980 noch ein Kind, daher ist es sinnig, dass vieles aus den Perspektive von Kindern gezeigt wird. Anhand zweier Familien in Ankara sieht man den Zustand der Unruhe.
Immer wieder wechseln die Perspektiven, aber meistens ist es aus der Sicht der Kinder Ayse und Ali. Sie kommen aus verschiedenen Schichten. Ali, Sohn von armen Kurde, ist ein ernster Junge, der schon einiges versteht. Ayse ist noch naiv, nimmt aber doch vieles schon wahr, aus den besorgten Gesprächen der Erwachsenen.
Ein gut gewähltes Sinnbild für den Zustand des Landes sind die Schwäne, denen die Flügel gebrochen werden, um sie am wegfliegen zu hindern.
Die Kinder wollen die Schwäne retten, und irgendwie damit auch das Land, und sie wollen Schmetterlinge ins Parlament bringen.
Man spürt in diesem 2015 geschriebenen Roman auch Parallelen von 1980 zur Gegenwart.
Ece Temelkurans Stil ist ausdrucksstark, die Romanstruktur raffiniert gemacht. Ich kann das Buch nur empfehlen.