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Veröffentlicht am 10.08.2019

Die E-Mails von der Nachteule und dem Sternhai

An Nachteule von Sternhai
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Von Meg Wolitzer fand ich schon Das weibliche Prinzip gut und wollte daher auch dieses Buch lesen, obwohl es ein Kinder/Jugendbuch ist. Holly Goldberg kannte ich noch nicht.
An Nachteule von Sternhai ist ...

Von Meg Wolitzer fand ich schon Das weibliche Prinzip gut und wollte daher auch dieses Buch lesen, obwohl es ein Kinder/Jugendbuch ist. Holly Goldberg kannte ich noch nicht.
An Nachteule von Sternhai ist ein E-Mail-Roman. Es sind E-Mails zwischen zwei 12jährigen Mädchen, deren alleinerziehende Väter sich ineinander verliebten und sich wünschen, das sich ihre Töchter anfreunden, damit sie eine Familie werden können. Dafür sollen die Mädchen gemeinsam in ein Feriencamp.
Das ganze passt den Mädchen nicht, da sie ihre Väter bisher für sich selbst hatten. In ihrem E-Mail-Austausch betonen sie daher, sich nie kennenlernen zu wollen, doch mit der Zeit erzählen sie sich immer mehr voneinander.
Im Sommercamp gehen sie sich zunächst aus dem Weg. Die Väter sind gemeinsam auf einer Motorradreise durch China. Das finde ich aber leicht übertrieben, bei 2 Leuten, die sich erst kurz kennen.

Auch andere Personen kommen zu Worte, z.B. die Väter, die Großmutter oder Leute aus dem Sommercamp. Da sind ausnahmsweise neben E-Mails auch Briefe oder Berichte enthalten.
Dann gibt es auch noch ein paar Überraschungen. Und manches wird nicht so einfach wie gedacht.

Natürlich ist das Buch auf die Zielgruppe junge Mädchen zugeschnitten, aber einige gute und humorvolle Dialoge kann man auch als ältere Person genießen. Außerdem ist die konzentrierte Erzählform ansprechend.

Veröffentlicht am 10.08.2019

Allein im Marschland

Der Gesang der Flusskrebse
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Wie schon der Titel vermuten lässt, ist Der Gesang der Flußkrebse ein poetisches Buch, dass sensibel und atmosphärisch von einem Mädchen im Marschland der USA erzählt, das mit 6 Jahren von der Mutter und ...

Wie schon der Titel vermuten lässt, ist Der Gesang der Flußkrebse ein poetisches Buch, dass sensibel und atmosphärisch von einem Mädchen im Marschland der USA erzählt, das mit 6 Jahren von der Mutter und den älteren Geschwistern verlassen wird. Nur der gewalttätige, versoffene Vater bleibt zunächst noch. Und bald muss Kya ganz alleine klar kommen.
Die Handlung spielt sich in den fünfziger bis sechziger Jahren ab.
Einsamkeit und Sehnsucht sind die treibenden Kräfte, aber auch Lebenskraft und naturverbundenheit. Es ist besonders am Anfang sehr detailliert, daher lebt man als Leser dicht an der Seite des einsamen Mädchens und erlebt ihre Entwicklung mit.

Die Naturbeschreibungen an der Küste North Carolina sind unglaublich stark.
Delia Owens erzählt ruhig und getragen, aber auch kraftvoll.

Der mysteriöse Tod eines jungen Mannes 1969 gibt dem Buch einen leichten Krimitouch. Eigentlich erstaunlich, aber tatsächlich gibt das dem restliche Plot einen Kontrast.
Die Handlung mündet schließlich in ein Gerichtsdrama.

Sprecherin Luise Helm liest das Hörbuch empathisch.
Ein Buch, dass man sicher nicht so schnell vergisst!

Veröffentlicht am 08.08.2019

harmlos, aber amüsant

Effi liest
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Bei Effi Liest hatte ich eine Parodie auf Effi Briest von Theodor Fontane erwartet, aber so weit kann man nicht gehen. Der Roman ist leider ziemlich harmlos.
Schauplatz ist Berlin, 1894. Die junge Effi ...

Bei Effi Liest hatte ich eine Parodie auf Effi Briest von Theodor Fontane erwartet, aber so weit kann man nicht gehen. Der Roman ist leider ziemlich harmlos.
Schauplatz ist Berlin, 1894. Die junge Effi hat mit den strengen Anstandsregeln dieser Zeit zu kämpfen.
Die Autorin Anna Moretti bemüht sich um ein Portrait des neunzehnten Jahrhunderts, doch es gibt viele Romane dieses Themas. Dennoch interessiert mich diese Zeit immer noch.

Immerhin gibt es ein paar amüsante Szenen und auch ein paar gute Einfälle, z.B. der abgebildete Merkzettel auf vergilbten Papier sowie der Einsatz von Briefen. Außerdem noch gelungene Zitate vor den Kapiteln, z.B. von Freud, Friedrich Schlegel. Joseph Conrad und aus dem Damen-Conversationslexikon! Und schließlich sogar von Fontane himself!

Überwiegend ist der Roman routiniert geschrieben. Das ist in Ordnung.
Leider wirken die meisten Nebenfiguren leicht merkwürdig, z.B. Tante Auguste, dabei hat die zum Ende hin doch noch etwas zu bieten. Max von Waldau, für den sich Effi interessiert, hat wenig Profil.

Ich wünschte, mit hätte der Roman besser gefallen, doch ich kann diesmal leider nur gute 3 von 5 Sternen geben. Ganz informativ war dann noch das Nachwort der Autorin.

Veröffentlicht am 06.08.2019

Eine Frau von Format

Tante Martl
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Ursula März ist hauptsächlich als Literaturkritikerin in Erscheinung getreten. Schon dabei hat sie mich immer beeindruckt. Seit einigen Jahren schreibt sie auch Prosa, jetzt auch erstmals einen Roman. ...

Ursula März ist hauptsächlich als Literaturkritikerin in Erscheinung getreten. Schon dabei hat sie mich immer beeindruckt. Seit einigen Jahren schreibt sie auch Prosa, jetzt auch erstmals einen Roman. Es gibt anscheinend autobiografisch Bezüge, obwohl das nicht genau benannt wird. Das spielt dann letztlich keine Rolle, denn die Titelfigur steht natürlich exemplarisch für Frauen aus der Nachkriegszeit.

Es sind 192 starke Seiten. Ursula März weiß durch ihre Erfahrung als Kritikerin, dass bei Beschreibungen des Alltags der Hauptfigur ein zu sehr gekünstelter Stil nicht passend wäre, dass aber ein Erzählton entstehen muss. Sie schafft das unter anderen auch durch eine Prise Humor. Tante Martl ist ein Original, aber sie wird nicht übertrieben geschildert und damit auch nicht der Lächerlichkeit preisgegeben.
Doch fängt schon mit ihrer Geburt ein Missgeschick an. Ihr Vater kann nicht akzeptieren, dass sein Kind wieder ein Mädchen ist und nennt sie Martin. Diesen Fehler muss er aber beim Standesamt wieder korrigieren. Dieses Missgeschick scheint Tante Martl aber geprägt zu haben, denn selbst als ältere Frau hat sie als seriöse und anständige Person das nicht vergesse und hat auch ansonsten kein Verständnis für Firlefanz. Dennoch pflegt sie später aufoperungsvoll und pflichtbewusst den kranken Vater.

Im Roman gibt es häufig Dialoge zwischen der Erzählerin und der Tante. Die Sätze der Tante sind im Dialekt gehalten.
Mir gefällt, wie gut sie sich verstehen. Man spürt die Sympathie, die der Figur entgegengebracht wird. Es gibt auch noch die Schwestern von Martl. Jede von ihnen hatte ihre eigene Rolle in der Familie.
In verschiedenen, meist amüsanten, manchmal leicht tragischen Episoden wird Tante Martls Leben von Kindheit, Jugend bis ins Alter geschildert. Für mich war es ein Lesegenuß.

Ich wünsche dem Buch großen Erfolg und sei es nur, damit Ursula März weiterschreibt!

Veröffentlicht am 05.08.2019

Die Entstehung des blauen Engel

Im Licht der Zeit
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Edgar Rai schreibt in seinem Buch mit dem leicht rätselhaften Titel Im Licht der Zeit über einen Abschnitt im Leben von Marlene Dietrich, die Schauspielerin, die ab den dreißiger und vierziger Jahren große ...

Edgar Rai schreibt in seinem Buch mit dem leicht rätselhaften Titel Im Licht der Zeit über einen Abschnitt im Leben von Marlene Dietrich, die Schauspielerin, die ab den dreißiger und vierziger Jahren große Erfolge hatte. Der blaue Engel, Die Zeugin der Anklage und Marokko. Das sind Filme, die kannte zu meiner Zeit fast jeder. Heutzutage sind alte Filme nicht mehr so gefragt, aber ich denke, Marlene Dietrich ist auch heute noch vielen ein Begriff
.
Über Marlene Dietrich ist schon viel geschrieben worden. Auch gegensätzliches oder vages, denn die Frau war auch gerne rätselhaft. Ihre schauspielerische Ausstrahlung, ihre Stimme und ihre Rolle bei der Truppenbetreuung im Krieg halte ich für außerordentlich. Manche sehen das auch anders.
Daher war ich gespannt, wie Edgar Rai die Figur entwirft. Auch bei ihr wird sie eine Kunstfigur bleiben. Unterhaltungsromane können die Komplexität eines Menschen nicht komplett abbilden.

Doch unterhaltsam ist das Buch, ohne Frage und Edgar Rai schreibt in einem leicht zugänglichen Stil. Rai schildert Marlene schon als junge Frau als selbstbewusst und ehrgeizig. Zentral sind die Dreharbeiten zu Der blaue Engel.
Aber es ist nicht nur ein Buch über Marlene Dietrich. Rai überzeugt auch durch das Zeitbild, das er relativ glaubhaft zeichnet. Dazu gehört auch der beginnende schlimme politische Wandel in Deutschland.

Von den prominenten Nebenfiguren gefällt mir das Portrait von Emil Jannings, der eine kontroverse Figur in der Zeit war, und auch der Schriftsteller Heinrich Mann, der die Vorlage für Der blaue Engel geschrieben hatte.

Ich mag das Buch!