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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.10.2017

Was für ein Buch!

Anstand
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Ein sehr amerikanischer und sehr lebhafter Roman! Eine starker Hauptfigur, aus denen Perspektive konsequent erzählt wird. Der Erzähler ist ein Original. Vietnamveteran und vorgeblich konservativ, doch ...

Ein sehr amerikanischer und sehr lebhafter Roman! Eine starker Hauptfigur, aus denen Perspektive konsequent erzählt wird. Der Erzähler ist ein Original. Vietnamveteran und vorgeblich konservativ, doch blitzt immer wieder seine große Toleranz durch, die er den Menschen entgegen bringt. Besonders liegt ihm sein Sohn Hank am Herzen und erst Recht seine Enkelin Ella.

Der Mann hat Witz, aber es gab auch harte und tragische Schicksalsschläge, die sein Leben prägten.

Matthew Quick zeigt anhand seines Protagonisten, wie man mit seinen eigenen Vorurteilen umgehen kann. Dazu gehört die Suche nach den Ursachen dafür,
Ich bezweifle, dass der Protagonist mit seiner Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ein typischer Vertreter des Trump-Wählers ist. Das Buch zeigt nicht, wie diese Spezis tickt, vielmehr wird ein Einzelfall im Detail gezeigt und man erfährt, was diesen 68jährigen US-Amerikaner zu dem machte, was er ist. Er musste als junger Mann in den Krieg ziehen und die schrecklichen Erlebnisse in Vietnam lassen ihn noch Jahre später Alpträume haben. Damit muss man erst einmal fertig werden und ganz wird das Kapitel nie abgeschlossen sein.
Hinzu kam die Liebe zu einer labilen Frau, die an schweren Depressionen litt und eine Entfremdung zum erwachsenen Sohn, der mit Mitte 40 von seiner Frau verlassen wurde.
Nach einer schweren Erkrankung kommt Granger seinem Sohn und seiner geliebten Enkelin wieder nahe.
So ganz glaubwürdig und realistisch finde ich die Hauptfigur nicht, aber das macht nichts. Dafür ist der Roman umso unterhaltsamer.Ganz unbekannt ist die Masche mit dem grantelnden, aber gutherzigen Antihelden nicht. Man denkt z.B. an Clint Eastwood in Gran Torino. Und es funktioniert auch hier.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Lebens- wie Liebesgeschichte

Durch alle Zeiten
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Zeitlich sinnvoll versetzte Handlungsabschnitte zeigen das Leben von Elisabeth, der Protagonistin dieses Buches. Eine Lebens- wie Liebesgeschichte.
Die fünfziger und sechziger Jahre zeigen Kindheit und ...

Zeitlich sinnvoll versetzte Handlungsabschnitte zeigen das Leben von Elisabeth, der Protagonistin dieses Buches. Eine Lebens- wie Liebesgeschichte.
Die fünfziger und sechziger Jahre zeigen Kindheit und Jugend.
Es ist ein Leben mit Höhen und Tiefen. Die Kindheit in Armut, eine unglücklich verlaufende erste Liebe zu Niklas aber auch die schöne Zeit als sie durchsetzen konnte, auf die Haushaltsschule in England gehen zu können, schließlich auch eine Affäre, dann die Heimkehr schwanger. Heirat und Kinder.
Und all die Jahre immer wieder Niklas, obwohl sie beide mit anderen verheiratet sind.
Dass im Ablauf des Erzählens zeitlich hin- und hergesprungen wird ist effektiv, und zeigt, wie alles miteinander zusammen hängt.

Dieses Frauenportrait ist sehr realistisch, mit ihrer Stärke und ihren Fehlern, und in der jeweiligen Zeit glaubhaft verankert,

Prägend ist natürlich auch die Bergwelt, in der Elisabeth mit Ausnahme des kurzen Englandabschnitts ihr Leben verbringt.

Mich beeindruckt auch die wirklich schön gemachte, genaue Sprache, die nicht zu viel und nicht zu wenig Mittel einsetzt. Kein Wunder, dass die 1940 geborene Autorin mit Ullstein fünf einen Verlag gefunden hat, der sich intensiv um neue deutsche Literatur kümmert.
Da ist der Anspruch: Zitat: „klassisch gut erzählen, vertraute Lebenswelten erschließen, uns aber auch in Teile unserer Welt führen, über die wir wenig wissen.“. Diesen Anspruch erfüllt Helga Hammer in hohen Maße.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Stimmungsvolles Portrait

Ein Gentleman in Moskau
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Der Roman ist ein Portrait eines Mannes, der in schweren Zeiten in Moskau in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts an seinen Lebensstil festhält. Amor Towles arbeitet dessen Werte heraus, wie ...

Der Roman ist ein Portrait eines Mannes, der in schweren Zeiten in Moskau in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts an seinen Lebensstil festhält. Amor Towles arbeitet dessen Werte heraus, wie zum Beispiel Gentleman-likes Verhalten, die russische Literatur (Tolstoi, Tschechow, Gogol …), klassische Musik,
Standhaftigkeit. Seine Welt spielt sich auf Jahrzehnte ausschließlich im Moskauer Hotel Metropol ab, in dem er ab 1922 Hausarrest hat. Natürlich verliert er viele seine Privilegien, muss von seiner Suite in eine kleine Dachkammer ziehen und schließlich sogar Kellner werden.
Der Graf bleibt stets positiv und behält seine Geisteshaltung unbeirrt bei. Sein Verhalten wird von einigen Bekannten, auf die er zählen kann, goutiert. Dazu gehört auch Sophia, das 4-jährige Mädchen, dessen Mutter er schon kannte, als die noch ein kannte. Er nimmt Sophia als Tochter an und erzieht das begabte, intelligente Mädchen mit seinen Werten.

Amor Towles Stärke liegen in seinem eleganten Stil und wie er das alte Moskau zum Leben erweckt. Probleme hatte ich nur mit der Glaubwürdigkeit, wie der Graf sein Schicksal klaglos annimmt und besteht. Realistisch wäre wohl eher, die komplette Isoliertheit und die Schikanen deutlicher zu zeigen, die folge des Wandels sein musste.
Aber das stört mich nicht wirklich, da die Geschichte anrührt und die Erzählart sehr unterhaltend ist. Obwohl sich die Handlung fast ausschließlich in einem Hotel abspielt, wird es nie langweilig. Towles erzählt dialogbetont und wirft immer wieder interessante Fragestellungen auf.

Ich habe das Hörbuch gehört, eine gute Entscheidung, denn mit dem ausdrucksstarken Sprecher Hans Jürgen Stockerl führt einen eine passende Stimme durch die Handlung von immerhin 9 CDs.

Veröffentlicht am 04.10.2017

Mord am Brenner

Nachts am Brenner
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Nachts am Brenner ist ein konventionell geschriebener Krimi, der stark mit seinem Tiroler Schauplatz verbunden ist.
Das hat man erwarten können, mich interessierte aber die Hauptfigur, der Kommissar Johann ...

Nachts am Brenner ist ein konventionell geschriebener Krimi, der stark mit seinem Tiroler Schauplatz verbunden ist.
Das hat man erwarten können, mich interessierte aber die Hauptfigur, der Kommissar Johann Grauner, der den Roman deutlich prägt. Er ist ein Mensch, der nichts überstürzt und eher überlegt vorgeht. Darin erinnert er mich ein wenig an Figuren von Friedrich Dürrenmatt, aber das kann auch eine zufällige Assoziation sein. Es ist gut beschrieben, wie er die Dinge bei der Ermittlung auf sich wirken lässt und wie erdenkt und Schlüsse zieht. Diese Mühe machen sich viele moderne Krimis nicht mehr, da haben die Ermittler einfach irgendwelche Eingebungen oder Glück.
Grauner ist altmodisch, verlässt sich mehr auf seine grauen Zellen als auf moderne Technik. Er ist ein Bewahrer, kein Innovator. Immer wieder untermauern einzelne Passagen Grauners Charakter, zum Beispiel wenn er Mahler hört.

Leider muss ich sagen, dass ich lange brauchte, um mich in den Roman richtig einzufinden und eine Distanz habe ich von Anfang bis Ende behalten. Während Grauner eine ganz gut gemachte Figur ist, wird sich bei den Nebenfiguren nicht viel Mühe gegeben. Kaum eine hat Profil. Am meisten vielleicht noch Alba, die aber nur einen kurzen Auftritt hat.

Der Fall an sich konnte mich kaum interessieren, ich bin allerdings auch kein expliziter Krimifan, daher ist mein urteil in dem Zusammenhang wenig aussagefähig. Die ersten beiden Teile habe ich nicht gelesen, vielleicht entgeht mir daher auch etwas.
Es bleibt ein Roman mit einer nachdenklichen Hauptfigur, dem man gut folgen kann.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Göttlicher Spaß

Die Abenteuer des Apollo 1: Das verborgene Orakel
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Das Buch bietet relativ harmlose, aber originelle Unterhaltung im göttlichen Milieu für Kinder und Jugendliche, aber der Witz und die Ironie erreicht auch erwachsene Leser wie mich. Die Form ist entscheidend, ...

Das Buch bietet relativ harmlose, aber originelle Unterhaltung im göttlichen Milieu für Kinder und Jugendliche, aber der Witz und die Ironie erreicht auch erwachsene Leser wie mich. Die Form ist entscheidend, denn es ist wird konsequent aus Apollos Blickwinkel erzählt.
Überraschend und eigentlich verstörend dabei das Cover mit einem “brennenden” Jungen, der in der Luft schwebt. Da hätte ich ein anderes Motiv bevorzugt.

Da Apollo durch seinen Sturz in die Menschlichkeit vielen Einschränkungen und menschlichen Schwächen unterlegen ist, wird seine Überheblichkeit gefolgt von Überraschung über sein jetziges Versagen bei Problemen zum ständigen Thema. Niederlagen und Verletzlichkeit sind die Folge, Ein unsterbliche Gott kannte das nicht, der menschliche Leser schon. Apollo ist ein echter Antiheld.
Eine Komik besteht darin, dass Apollo als 16jähriger Jugendlicher Mensch wiedererweckt wird, schwächlich an Kraft und Gedächtnis. Später trifft er sogar seinen göttlichen Sohn, der somit plötzlich älter als er selbst ist. Außerdem wird Apollo der Diener einer Halbgöttin, der 12jährigen Mag. Ein toughes Mädchen. In späten Szenen wird sie auch gegen Ameisenmonster bestehen.
Auch Percey Jackson spielt am Anfang und am Ende kurz mit.

Das Buch besticht durch sein Tempo, allerdings überzeugen mich die Actionszenen z.B. im Kampf gegen Geister nicht so sehr, das wirkt wohl dann doch auf Young Adults besser.
Mein Interesse wird aber immer wieder neu geweckt, wenn es inhaltliche Verwicklungen gibt und es zwischen Götterwelten und Menschenwelt zu Zusammenstößen kommt und griechische Mythen angedeutet werden.
Höhepunkt wird der Kampf gegen einen Koloss.