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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.05.2023

Russischer Debütroman

Die Wunde
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Das Romandebüt der russischen Autorin Oxana Wassjakina ist eine auffällige Neuerscheinung.
Anlässlich des Todes der Mutter der Protagonistin entsteht eine Art Bericht. Es geht um ihre Beziehung zur Mutter ...

Das Romandebüt der russischen Autorin Oxana Wassjakina ist eine auffällige Neuerscheinung.
Anlässlich des Todes der Mutter der Protagonistin entsteht eine Art Bericht. Es geht um ihre Beziehung zur Mutter und um ihre Identität als lesbische Frau.

Die Protagonistin ist Dichterin, daher hätte man anfangs vermutet, die Prosa wäre lyrischer. Das ist aber nicht unbedingt der Fall, obwohl die Sprache ihre eigene Qualität hat und später einige Gedichte in den Text hineingearbeitet werden. Hinzu kommen essayistische Einschläge, abgeleitet von Texten von Maurice Blanchot und insbesondere Helene Cixous.
Wassjakonas Roman besticht durch Genauigkeit. Es dürfte interessant werden, zu sehen, was die Autorin in zukünftigen Büchern machen wird.

Veröffentlicht am 15.05.2023

obzessiv

I’m a Fan
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Im a Fan
ist ein bitteres Buch, dass eine toxische Beziehung zeigt.
Die Erzählerin ist dabei ungewöhnlich kalt, jedenfalls erzählt sie lange so.
Die einseitige Erzählperspektive ist das Merkmal des Romans. ...

Im a Fan
ist ein bitteres Buch, dass eine toxische Beziehung zeigt.
Die Erzählerin ist dabei ungewöhnlich kalt, jedenfalls erzählt sie lange so.
Die einseitige Erzählperspektive ist das Merkmal des Romans. Hinzu kommen viele hochkonzentrierte kurze Kapitel
Fokussiert ist die Protagonistin auf das stalken der Frau, deren Mann sie will.
Sie sieht die anderen nur aus ihrer Perspektive. Redet nur von „Der Mann, mit dem ich zusammen sein will“, „die Frau, von der ich besessen bin.“
Aus all dem geht aber auch hervor, wie die Frau sich in die Situation immer mehr hineinsteigert. Es is so gesehen tatsächlich ein tragisches Porträt einer gestörten Persönlichkeit.

Ich bin nicht ganz sicher, dass die Autorin ihre Geschichte richtig reflektiert. Es bleibt zu sehr auf der Oberfläche, obwohl offensichtlich mehr versucht wird.
Als Thriller würde die Geschichte funktionieren. Als psychologischer, zeitgenössischer Roman hat das Buch seine Grenzen, obwohl es stilistisch schon bemerkenswert ist.

Veröffentlicht am 15.05.2023

Neue Zeiten

Blue Skies
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Blue skies ist nicht nur ein Roman über klimatische Veränderungen sondern nach meiner Lesart vor allen ein Familienroman, stellvertretend für eine Gesellschaftsschicht, der Mittelschicht in den USA.
Die ...

Blue skies ist nicht nur ein Roman über klimatische Veränderungen sondern nach meiner Lesart vor allen ein Familienroman, stellvertretend für eine Gesellschaftsschicht, der Mittelschicht in den USA.
Die Protagonisten sind Cooper, ein Entomologe, seine Schwester Cat, die in Florida mit Verlobten und einer Pythonschlange lebt sowie die Eltern der beiden.
Cooper muss einen Schicksalsschlag hinnehmen. Er verliert einen Arm.
Cat wird mit Zwillingen schwanger und verliert eins der Babys durch einen schockierenden Vorfall.
Es kommen dramatische Veränderungen, z.b. Insektensterben, Krankheiten, die übertragen werden, Überschwemmungen.

Bei dem Gesamtkonzept bin ich nicht sicher, ob das so ganz funktioniert, aber es gibt immer wieder brillant geschriebene Passagen und ganz gute Dialoge. Auch die Figuren sind gut gemacht. Sie sind zwar nicht perfekt, aber ich mag sie.

Mir persönlich gefällt T.C.Boyle in der kurzen Form am Besten, Kurzgeschichten und Romane mit geringen Umfang. Blue Skies ordne ich im mittleren Feld von Boyles Werk ein und gebe knapp 4 Sterne.

Veröffentlicht am 12.05.2023

Preisgekrönter Jugendroman über die Zeit unmittelbar nach Kriegsende

Heul doch nicht, du lebst ja noch
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Kirsten Boje hat hier ein außergewöhnlich starkes Jugendbuch geschrieben, dass einen Blick auf die Zeit 1945 unmittelbar nach Kriegsende in das besiegte Deutschland wirft. Es ist gut recherchiert und glaubhaft ...

Kirsten Boje hat hier ein außergewöhnlich starkes Jugendbuch geschrieben, dass einen Blick auf die Zeit 1945 unmittelbar nach Kriegsende in das besiegte Deutschland wirft. Es ist gut recherchiert und glaubhaft geschildert, anhand dreier sehr unterschiedlicher Jugendlicher.
Jakob, der sich als Halbjude monatelang in Hamburg verstecken musste, nachdem seine Mutter nach Theresienstadt deportiert wurde. Traude, eine Bäckerstochter, deren Familie Polen in ihrem Haus aufgenommen hatte und schließlich Hermann, der HJ-Führer war und der Ideologie glaubte. Boje zeigt, wie die Kinder zu dem wurden.
Hier wird nichts beschönigt. Für die Jugendlichen ist die Kindheit zu Ende. Kirsten Boje schafft es aber, einen an den Emotionen aller teilhaben zu lassen und diese zeit plastisch werden zu lassen.
Das Buch ist sehr empathisch geschrieben. Als Leser kann man sich kaum davon lösen.

Veröffentlicht am 10.05.2023

sprachlich dicht

Sturz in die Sonne
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C.F.Ramuz ist für mich in erster Linie der Autor von Derborence, dem wichtigen Werk.
Aber auch Sturz in die Sonne hat einiges zu bieten und zwar vor allen sprachlich. C.F.Ramuz schreibt auf Französisch.
Der ...

C.F.Ramuz ist für mich in erster Linie der Autor von Derborence, dem wichtigen Werk.
Aber auch Sturz in die Sonne hat einiges zu bieten und zwar vor allen sprachlich. C.F.Ramuz schreibt auf Französisch.
Der Text wirkt fragmentarisch. Kapitel um Kapitel wechseln Szenen und Figuren und doch bildet es eine großes ganzes.
Die einzelnen Kapitel, es sind 28, haben eine große Dichte. Das kennzeichnet den Stil von Ramuz.
Was das für die Übersetzung bedeutet, wird in dem Nachwort des Übersetzers Steven Wyss angedeutet.