Ein außergewöhnliches aber definitiv lesenswertes Debüt!
Klappentext:
„Eine junge Frau bringt die Asche ihrer Mutter nach Sibirien, um sie in ihrer Heimatstadt Ust-Ilimsk zu bestatten. Von Wolgograd nach Moskau, von Moskau nach Nowosibirsk und Irkutsk mit dem ...
Klappentext:
„Eine junge Frau bringt die Asche ihrer Mutter nach Sibirien, um sie in ihrer Heimatstadt Ust-Ilimsk zu bestatten. Von Wolgograd nach Moskau, von Moskau nach Nowosibirsk und Irkutsk mit dem Flugzeug und dann mit dem Bus durch die Taiga. Es ist eine Reise durch die harte postsowjetische Realität und zugleich eine Suche nach der Herkunft und Identität der Ich-Erzählerin. Sie nimmt Abschied von ihrer Mutter und versucht sie zugleich im Schreiben festzuhalten, bevor sie ihr zu entgleiten droht. Am Ende findet sie eine eigene Sprache, durch die sie bei sich selbst ankommt. Oxana Wassjakina erzählt vom Tod, aber auch vom selbstbestimmten lesbischen Leben und feministischen Schreiben, lakonisch und mit bemerkenswerter Offenheit.“
Der Buchtitel ist hier absolut Programm. Autorin Oxana Wassjakina verewigt sich auf sprachlich besondere und wirklich anstrengende, man kann es garnicht anders sagen, Weise in der Literaturwelt. Ihr Debüt „Die Wunde“ bohrt tief in ihrer Seele und in die der Leser. Sie schreibt sich mit diesem Buch ihre Seele frei, sie schreibt ihren Kummer nieder und hat Angst davor, wenn dieses Buch beendet ist, was es ja zu sein scheint, keinen Kummer mehr spüren zu können. Ist diese Geschichte autobiografisch? Man könnte es sehr stark vermuten, klar und deutlich wird es aber nur sehr bedingt. Auch damit muss der Leser umgehen können.
Um welchen Kummer es es genau geht? Unsere namenlose Ich-Erzählerin geht ihren Weg nun neu. Ihre Mutter ist verstorben und sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Asche ihrer Mutter in ihrer Heimatstadt in Sibirien zu bestatten. Wassjakina erzählt eindrücklich über den Verlust eines geliebten Menschen. Wie diese Liebe ausgesehen hat, das darf jeder Leser selbst erlesen. Die Liebe hat viele Formen und so erzählt sie eine von vielen hier in dieser Geschichte. Der Buchtitel ist mehr als perfekt gewählt und unsere Erzählerin hat viele davon. Nur wieviele Wunden hält man aus? Sie ist bei all dieser speziellen und tief emotionalen Reise auch gleichzeitig für sich selbst unterwegs. Es geht um das Suchen und Finden von Heimat, um die inneren Wurzeln, um die Befreiung der eigenen Gefühle (vor allem wenn sie nicht der „gesellschaftlichen Norm“ entsprechen) und es geht um das Thema Frau-zu-sein. Selbst heute immer noch etwas, was stark benannt werden muss. Die Emotionen in diesem Buch wandeln von jeder Buchseite aufs Neue. Man muss sich als Leser darauf einlassen. Jeder der schonmal einem geliebten Menschen verloren hat, kennt aber genau diese unbeschreibliche emotionale Achterbahn. Aus diesem Grund kann ich hier nur klar sagen: diese Geschichte wird sehr authentisch erzählt. Dass so ein Verlust auch mehr zu Tage bringt als „nur“ mit dem eigentlich Verlust umzugehen, kann eben jeder nachvollziehen der dies durchmachen musste. Dieses Buch hat mich persönlich zu einer sehr tief-traurigen Zeit erwischt und genau da getroffen wo es besonders schmerzt. Wassjakinas Schreibstil ist eine Herausforderung, ja, aber ich konnte ihr dennoch bestens folgen. Ihre Entwicklung und die Entwicklung auf ihre persönliche Sicht der Dinge, auf ihren Befreiungsschlag, ist schlussendlich eine Geschichte von vielen. Sie ist dennoch lesenswert und berührt tief im Herzen. Man muss sich hier frei machen von der eigenen Meinung und sollte diese Geschichte einfach lesen, wirken lassen und darüber nachdenken. Ich habe sie zwei Mal gelesen bevor ich diese Rezension verfassen konnte. Nach dem ersten Mal hätte ich noch anders bewertet aber nach dem zweiten Mal, werden Dinge klarer und verständlicher. Ich kann allen Lesern nur ans Herz legen, diese Buch nicht gleich vorzeitig zu beenden, nur weil es vielleicht hier und da anstrengend erscheint. Es ist definitiv eine lesenswerte Geschichte und für diese vergebe ich 4 sehr gute Sterne!