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Veröffentlicht am 27.04.2020

Wie viel Neues gibt es noch?

Ostseegruft
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Dieses Buch wird immer wieder auch als “Pias persönlichster Fall” bezeichnet. Ich kenne nicht alle vierzehn vorhergehenden Fälle von Pia Korittki, daher kann ich das nicht gut beurteilen. Es ist aber sicher ...

Dieses Buch wird immer wieder auch als “Pias persönlichster Fall” bezeichnet. Ich kenne nicht alle vierzehn vorhergehenden Fälle von Pia Korittki, daher kann ich das nicht gut beurteilen. Es ist aber sicher so, dass Pia und teilweise auch ihr (ehemaliges) privates Umfeld eine Rolle spielen.

Eine ehemalige Schulkollegin und Freundin, Kirsten, stirbt und zwar - sonst wäre es kein Krimi - keines natürlichen Todes. Auch wenn zuerst davon ausgegangen wird. Pia nimmt zu Beginn alleine Ermittlungen auf. Mit ihr reden die meisten Dorfbewohner auch, weil sie die Familie und das Umfeld der Verstorbenen teilweise gut kennt.

Im Lauf der Ermittlungen tauchen immer mehr Ungereimtheiten und Verdächtige auf, aber auch Verflossene unserer Kommissarin. Mit denen muss sie auch zusammenarbeiten, sind es doch - mehr oder weniger direkte - Kollegen.

Durch diese Zusammentreffen wird immer wieder auch Bezug auf Vergangenes genommen, aber wen das nicht weiter stört, der kann jeden Band aus dieser umfangreichen Reihe auch einzeln und ohne Vorwissen lesen. Pia hat auf jeden Fall ein abwechslungsreiches Privatleben hinter sich.

Und wie das in Lokalkrimis gerne so ist taucht während den Ermittlungen, bei denen nun auch mehr Kollegen von Pias Dienststelle dabei sind, eine parallele Ungereimtheit auf und die verschiedenen Teams rangeln um ihre Kompetenzen. Und - soviel lässt sich ohne zuviel zu verraten sagen - die Begebenheiten hängen natürlich zusammen.

Ereignisse aus der Vergangenheit haben bis in die Gegenwart Auswirkungen, an deren Kette am Ende Kirstens Tod steht. Um die Theorien der Polizei, was vorgefallen sein könnte, zu widerlegen oder zu bestätigen, greifen die Kommissare zu seltenen Mitteln…

“Ostseegruft” ist ein solider Lokalkrimi, routiniert verfasst und natürlich als Teil der Reihe passend. Da es hier aber so viel um Pias Vergangenheit geht und vieles auch in ihrem Privatleben sich zu wiederholen scheint, wirkt es bei Band 15 schon ein bisschen so als gäbe es nicht mehr so viel Neues zu sagen. Dass frühere “Unruhestifter” wieder auftauchen und privat Fragezeichen aufwerfen wirkt für mich ein wenig zu konstruiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Atmosphäre
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 21.04.2020

Rücksichtsloser als die Polizei erlaubt

Die Toten von Marnow
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Man merkt es nicht gleich von Beginn an, aber es klingt so nach und nach durch: Dieser Krimi spielt nicht ganz in der Gegenwart und zwar im Jahr 2003. Das bringt ein paar nette Anmerkungen mit sich (der ...

Man merkt es nicht gleich von Beginn an, aber es klingt so nach und nach durch: Dieser Krimi spielt nicht ganz in der Gegenwart und zwar im Jahr 2003. Das bringt ein paar nette Anmerkungen mit sich (der Euro ist noch eher neu, ebenso größere Shops bei Tankstellen, Laubbläser sind der letzte Schrei) und macht manches einfacher aber auch schwieriger (es gibt noch keine Smartphones oder Wlan-Hotspots, ebenso spielt Facebook noch keine Rolle). Aber vor allem hat Autor Holger Karsten Schmidt die Handlung so gelegt, weil ansonsten der eine oder andere fiktive Charakter nicht mehr am Leben wäre um in der Geschichte mitzuspielen.

Die Rostocker Kriminalhauptkommissare Frank Elling und Lona Mendt bekommen es nämlich in ihrem ersten Band mit einem harten Fall zu tun, der weit in die DDR-Zeit zurückreicht. Und wie mit (fast) allem, was dann später über bestimmte Jahrzehnte so ans Licht kam, gibt es auch hier einen wahren Kern in dieser grausamen Erzählung.

Aber von Anfang an: Geht in Rostock ein Serienmörder um oder bekommen Elling und Mendt einfach nur zwei sehr seltsame Morde auf ihren Schreibtisch, rein zufällig kurz hintereinander? Noch dazu wo die beiden Opfer bis auf ihr Geschlecht und den Kehlschnitt nichts gemeinsam haben.

In klassischer Polizeiarbeit mit vielen Befragungen und Hypothesen beginnen die ungleichen und dennoch einander verbundenen Ermittler ihre Arbeit. Zwischendrin gibts Einblicke in ihre Privatleben und eigenen Geschichten.

Und die sind mitunter sehr wichtig, denn sie beeinflussen stark wie Mendt und Elling sich in gewissen Schlüsselsituationen verhalten. Sie loten Grenzen aus, überschreiten sie auch. Manchmal zögerlicher, manchmal sehr zielstrebig. Sie setzen sich durch, sie haben auch ihre zweifelhaften Methoden um zu Lösungen zu gelangen.

Manche Ergebnisse geben ihnen recht und dennoch - unsere Helden sind keine “Saubermänner” und haben auch ihre deutlichen dunklen Seiten. “Auge um Auge” ist so ein klassischer Sager, aber in diesem Krimi hat man immer wieder das Gefühl, dass es das am besten beschreibt. Die beiden sind, wenn sie sich dazu genötigt sehen, auch mit einer Prise Rücksichtslosigkeit unterwegs.

“Die Toten von Marnow” wird vom Verlag als “Start einer Krimireihe” bezeichnet, was Fans gepflegter Krimi-Literatur mit Actionelementen hoffen lässt. Aufgrund der aktuellen Lage gibt es da logischerweise noch kein verlässliches Datum.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Mitgehangen, mitgefangen?

Der Empfänger
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Josef Klein, ein vor dem Krieg ausgewanderter junger Mann aus dem Rheinland, kommt nach New York und ist dabei, sich in dieser für damalige Verhältnisse verrückten Großstadt ein Leben aufzubauen. Doch ...

Josef Klein, ein vor dem Krieg ausgewanderter junger Mann aus dem Rheinland, kommt nach New York und ist dabei, sich in dieser für damalige Verhältnisse verrückten Großstadt ein Leben aufzubauen. Doch als Hitler in seinem Heimatland an die Macht kommt, muss er feststellen, dass Deutschland ihm in gewisser Weise über den Atlantik gefolgt ist.

Anhand seines Schicksals gibt Autorin Ulla Lenze all denen eine Stimme, die schon vor oder während der NS-Zeit aus Deutschland und Mitteleuropa nach Amerika gekommen waren in der Hoffnung, den politischen Wirren entkommen zu können.

Doch plötzlich betrachteten die Amerikaner sie mit anderen Augen. Und als Immigrant musste man sich auf eine Seite schlagen: entweder zu den Hitler-Unterstützern, die darauf hofften, dass er nach Europa auch die USA unterwerfen würde oder auf die Gegenseite. “Joe”, wie er nun genannt wird, will sich da heraushalten, aber die Realität wirft seine Pläne dann durcheinander.

Ein paar naive Entscheidungen und seine ganz persönliche Unentschlossenheit sind der Nährboden für eine bewegte Lebensgeschichte, von der der Leser nur einen kleinen Teil erfährt, 1939-1953. Diese Zeitspanne wird in drei Ebenen erzählt und spielt in New York, Neuss und Südamerika.

Was vorher und danach passiert, erfahren wir nicht. Das Ende bleibt relativ offen und nimmt etwas Spannung raus. Der Fokus auf das eine Jahrzehnt wirft aber dennoch genug Fragen auf: Ist Josef nun “Opfer” oder “Täter”?

Und welche Theorie trifft nun zu - war er tatsächlich Teil des deutschen Geheimdienstes oder sollte er das nur glauben, weil im Hintergrund die echten Agenten unerkannt arbeiten wollten? Die Antwort auf diese Fragen muss jeder für sich selbst finden, hier bezieht die Erzählung keine Stellung.

Die reduzierte, zur damaligen Zeit passende Sprache ist etwas ungewohnt und lässt einen nicht gleich ins Buch finden. Ein fiktiver, sehr kompakter Roman, der auf den Erlebnissen und Biografien vieler realer Personen aufbaut.

Veröffentlicht am 11.04.2020

Ein Komplott, getrieben von Sucht, Geld und Neid

Der Todgeweihte
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Die Reihe um Kriminalinspektor Johan Rokka ist im Deutschen immer so betitelt, dass einer der Charaktere damit in Verbindung gebracht werden kann. Nach “Der Schmetterling” und “Der Läufer” geht es hier ...

Die Reihe um Kriminalinspektor Johan Rokka ist im Deutschen immer so betitelt, dass einer der Charaktere damit in Verbindung gebracht werden kann. Nach “Der Schmetterling” und “Der Läufer” geht es hier um einen “Todgeweihten”.

Auch wenn Rokka immer sehr engagiert, auch schon mal mit ungewöhnlichen Methoden, bei der Sache ist, wird es dieses Mal für ihn persönlich kompliziert. Es gibt lange Zeit fast so viele Verdächtige wie Tote im schwedischen Hudiksvall. Zeitgleich bekommt Johan Besuch von seinem Bruder, den er viele Jahre nicht gesehen hat. Ein Zufall?

Durch Schauplatzwechsel erfährt der Leser Teile der Handlung früher und detaillierter als die Polizei und kann eigene Schlüsse ziehen. Einige Details werden somit schon vor dem Ende klarer. Ohne zu viel zu spoilern kann man sagen, dass “klassische Motive” wie Sucht, Geld und Neid treibende Kräfte hinter einem tödlichen Komplott darstellen.

Im Gegensatz zum ersten Buch der Serie gibt es hier zwar keine Einteilung nach Tagen, aber dennoch sehr lange Kapitel, in denen die Schauplatzwechsel durch große Absätze ersichtlich sind. Sobald die Handlung mehr Fahrt aufnimmt, stört das nicht mehr, aber solange noch nicht so viel passiert, fällt auch das stärker auf.

Außer ein paar kurzen Gedankenspielen von Johan Rokka erfährt man über die Protagonisten privat recht wenig, wer da mehr wissen möchte, sollte mit “Der Schmetterling” beginnen. Dafür kann Teil 3 dieser Reihe mit der besseren Geschichte aufwarten.

Einen direkten Cliffhanger gibt es nicht (auch wenn das Ende so interpretierbar wäre), ein vierter Band (“Der Gejagte”) soll aber im Dezember 2020 erscheinen.

Veröffentlicht am 08.04.2020

Ein junger Mann gibt nicht auf

1965 - Der erste Fall für Thomas Engel
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Die erste Überraschung im Plot gibt es schon zu Beginn - man erwartet, dass Thomas Engel, der Protagonist dieses Krimis, ein doch einigermaßen arrivierter Ermittler ist, aber es kommt anders.

Thomas, ...

Die erste Überraschung im Plot gibt es schon zu Beginn - man erwartet, dass Thomas Engel, der Protagonist dieses Krimis, ein doch einigermaßen arrivierter Ermittler ist, aber es kommt anders.

Thomas, ein friedliebender und analytisch denkender Tagträumer und kommt als gerade Volljähriger zur Kriminalpolizei. Der “erste Fall” ist dann tatsächlich sein erster Fall. Dieser beginnt leider etwas spät im Buch. Der Erzählstrang des titelgebenden Jahres 1965 zieht sich lange dahin, wichtige Figuren müssen eingeführt werden, das Lebensgefühl zu dieser Zeit wird gut eingefangen.

Abwechslung bietet da der zweite Erzählstrang aus dem Jahr 1939. Ein Unbekannter begeht ein schändliches Verbrechen an einem jungen Mädchen. Trotz der 26 Jahre dazwischen hängen diese Teile des Buchs natürlich zusammen und erst langsam kann der Leser oder Hörer herausfinden, wer von den aktuellen Protagonisten auch damals schon involviert war.

Es ist ein klassischer “die Vergangenheit kann dich immer einholen, auch wenn du sie noch so sehr verharmlost”-Krimi der bewegte Zeiten miteinander verbindet. Der Hörer oder Leser erfährt zwischendurch etwas mehr als Thomas und kann so gut mitermitteln.

Der Protagonist erfährt während seiner Arbeit und durch die Steine, die ihm in den Weg gelegt werden, eine sehr deutliche Wandlung, beißt sich am Fall fest und ermittelt auch weiter, als er den Dienst quittiert. Kann man so machen, gefällt aber nicht jedem.

Das Hörbuch ist gekürzt, ich hatte das Gefühl an 2-3 Stellen, dass etwas fehlt, weil zum Beispiel ein Name wo auftauchte, wo er davor nicht vorkam und nicht erklärt wurde wie eine Person davon wissen konnte. Aber alles in allem hält sich das in Grenzen und die Handlung ist stimmig. Das Ende lässt offen, ob und wo genau in Deutschland es einen zweiten Fall für Thomas Engel geben wird.

Der Sprecher arbeitet die verschiedenen Charaktere gut heraus, nimmt sich aber in der Lautstärke zurück. Es wird zwischen den Charakteren oft mal lauter, Streits oder Befehle werden “gebrüllt”. Nicht so auf der CD, wohl um allzu krasse Lautstärkewechsel und Hörschäden zu vermeiden.