Cover-Bild Nachthimmel mit Austrittswunden
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12,00
inkl. MwSt
  • Verlag: btb
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Lyrik, Poesie
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 11.01.2023
  • ISBN: 9783442771226
Ocean Vuong

Nachthimmel mit Austrittswunden

Gedichte. (Zweisprachig: englisch-deutsch)
Anne-Kristin Mittag (Übersetzer)

Gedichte vom Autor des gefeierten Debütromans »Auf Erden sind wir kurz grandios«.

Hier ist sie wieder, die unverwechselbare Stimme von Ocean Vuong, die einen sofort in Bann zieht – ob in seinem gefeierten Roman 'Auf Erden sind wir kurz grandios' oder in diesem Gedichtband, der Vuongs Ruhm begründet hat. In den zwischen Versform und Prosa changierenden Gedichten beschwört Vuong seine Vergangenheit herauf: die Kindheit, die Liebe zum Vater, die Gewalt, die er als schwuler Sohn vietnamesischer Einwanderer auch im Land der erträumten Freiheit Amerika erfährt. Sein preisgekrönter Lyrikband wagt es, mit unerhörter Dringlichkeit und grandioser Poesie die Wunden der Menschheit zu erkunden.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.01.2023

Sehr persönliche Sammlung

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Ocean Vuong begeisterte schon mit seinem 2019 erschienenen Debütroman „Auf Erden sind wir kurz grandios“. In seiner ersten Gedichtsammlung „Nachthimmel mit Austrittswunden“ knüpft er sowohl thematisch ...

Ocean Vuong begeisterte schon mit seinem 2019 erschienenen Debütroman „Auf Erden sind wir kurz grandios“. In seiner ersten Gedichtsammlung „Nachthimmel mit Austrittswunden“ knüpft er sowohl thematisch als auch emotional an seinen Erstling an. Die Sammlung von insgesamt 35 Gedichten ist zweisprachig: auf der linken Seite finden wir den englischen Originaltext, auf der rechten die deutsche Übersetzung von Anne-Kristin Mittag. Wie schon bei seinem Roman leistet sie großartige Arbeit, in dem sie die englischen Sätze mit teils mehrdeutigen Bezügen gekonnt ins Deutsche überträgt.

Vuong sprengt die Grenzen zwischen Prosa und Lyrik, probierte verschiedene Formen aus, so zum Beispiel das japanische Haibun, die Briefform oder ein Gedicht, das nur aus Fußnoten besteht. Er nimmt Bezug auf reale Ereignisse: 1975 spielte der Rundfunk der Streitkräfte „White Christmas“ als Startsignal der Operation „Frequent Wind“, welche die Evakuierung Saigons in der Endphase des Vietnamskriegs einleitete. Vuong kontrapunktiert Zeilen des Liedes mit Beschreibungen der realen Ereignisse. In einem anderen Gedicht nimmt er Bezug auf einen im Jahr 2011 verübten Doppelmord an einem schwulen Ehepaar in Texas.

Ocean Vuong verarbeitet auch Autobiografisches. 1988 im damaligen Saigon geboren, kam er mit 2 Jahren in die USA. Auf dem Cover der Sammlung sehen wir ihn, zwischen Mutter und Tante, in einem philippinischen Flüchtlingslager. Der Vater, der wegen häuslicher Gewalt im Gefängnis saß, verließ die Familie – eine Abwesenheit, die den Autor zeit seines Lebens beschäftigt. In seinem Gedichten erdenkt er sich das, was vom Vater fehlt, hält Zwiesprache mit ihm oder nimmt seine Position ein. Einmal vergleicht er sich selbst mit Telemach, dem Sohn des Odysseus, der ebenfalls von diesem als Kind verlassen wurde.

Im Gegensatz zum Vater ist seine Mutter in Vuongs Texten präsent. Als Analphabetin brachte sie den Sohn mit ihrer Arbeit in einem Nagelstudio durch, was nicht immer einfach war. Und auch nach der Einwanderung bleiben Ocean und seine Familie in den USA oft einsam, gehören nicht dazu. Besonders der Autor fragt sich, wo er als junger, homosexueller Vietnamese seinen Platz im „American Dream“ finden soll. Im emotionalen Gedicht „Someday I‘ll love Ocean Vuong“ richtet er das Wort an sich selbst:

„Don‘t be afraid, the gunfire
is only the sound of people
trying to live a little longer
& failing. Ocean. Ocean -
get up. The most beautiful part of your body
is where it‘s headed. & remember
loneliness is still time spent
with the world.“ (Seite 158/160)

Was für eine wundervolle Sammlung!

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Veröffentlicht am 10.02.2023

Besondere Lyrik

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Um über Ocean Vuongs Gedichte schreiben zu können, muss ich zunächst kurz auf meine Beziehung zu seinem Roman "Auf Erden sind wir kurz grandios" eingehen. Dieses Debüt hat einen bleibenden Eindruck bei ...

Um über Ocean Vuongs Gedichte schreiben zu können, muss ich zunächst kurz auf meine Beziehung zu seinem Roman "Auf Erden sind wir kurz grandios" eingehen. Dieses Debüt hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, steht für mich stilistisch völlig für sich und hat einen unvergleichlichen Wiedererkennungswert. Da ich in Bezug auf den Roman stets von "poetisch" gesprochen habe, war ich neugierig darauf, wie die eigentliche Poesie Vuongs auf mich wirken würde.

Mit Vuongs Gedichten hatte ich noch mehr das Gefühl, in die Sprache des Autors eintauchen zu dürfen. Seine Gedanken, Eindrücke, Erinnerungen, Bilder, Bildfragmente und Ideen werden durch ein Konstrukt von Assoziationen und Leitmotiven zusammengehalten. Die Vaterfigur, Krieg, Flucht, Sexualität, Verlust, Einsamkeit, Wunden... all diese Elemente ziehen sich durch die Gedichte. Der Schmerz ist dabei omnipräsent und spricht aus fast jedem Gedicht (wie auch schon der Titel suggeriert).

„& remember,/loneliness is still time spent/with the world.“

Ocean Vuong verleiht dem Ausdruck, was ihn in seinem Innersten bewegt. Seine Gedichte sind persönlich und eindringlich, verarbeiten die eigene Lebensgeschichte und die seiner Familie. Manchmal sind sie vielleicht weniger zugänglich, weniger leicht zu fassen als sein Debütroman, aber dadurch nicht minder beeindruckend. Sie entwickeln einen Sog. Vor allem im Original. Deshalb empfehle ich sie allen Fans von besonderer Lyrik.

„& how/could I have known, that by pressing this pen to paper, I was touching us/back from extinction?“

Übersetzt aus dem Englischen von Anne-Kristin Mittag.

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