Die 9- jährige Colline ist ein außergewöhnliches Mädchen, denn sie ist nicht nur sehr empfindsam gegenüber allen Geschöpfen, sondern erlebt das Leben mit Herz und Seele. Sie liebt Farben und hat ein feines Gespür für die Stimmungen in ihrer Umwelt. Ihre Eltern, die ein Bäckereiunternehmen führen, wollen sich scheiden lassen, was Colline völlig aus der Bahn wirft. Die pensionierte Clélie, eine ehemalige Angestellte der Bäckerei und eine alte Vertraute der Familie, ist die einzige, bei der Colline sich sicher fühlt und der sie sich anvertraut. Deshalb erklärt sich Clélie dazu bereit, das kleine Mädchen während Sommerferien bei sich aufzunehmen, damit Colline etwas Abstand zu ihrer Familie bekommt und sich etwas erholen kann, denn seit der Eröffnung ihrer Eltern hat sie aufgehört zu essen. Nicht nur Clélie, sondern auch ihre Hausnachbarn Rosa und Theodore sowie einige andere Bewohner schließen Colline sofort in ihr Herz und wollen nur eines: dass das Mädchen wieder lacht, glücklich ist und endlich etwas isst. Dafür fallen ihnen so einige besondere Dinge ein…
Ondine Khayat hat mit „Der glücklichste Sommer unseres Lebens“ einen wunderschönen, anrührenden und tiefgründigen Roman vorgelegt, der in des Lesers Herz und Seele Platz nimmt, um dort noch lange zu verweilen. Der Schreibstil ist flüssig mit leicht poetischen Zügen und nimmt den Leser gleich mit den ersten Worten mit ins Leben von Colline und ihrem Umfeld in Paris. Die Autorin lässt den Leser mit viel Fingerspitzengefühl in das Seelenleben der kleinen Colline blicken, wobei sie deren hochempfindliche Antennen für die Stimmungen der Erwachsenen ebenso hervorhebt, wie die bewundernswerte kindliche Welt der Gedanken, die mit bestimmten Ereignissen Glück, Geborgenheit, Trauer und Leid verbinden. Besonders gelungen ist auch die Darstellung der sehr viel älteren Erwachsenen, die sich durch die kindliche Betrachtungsweise dazu hinreißen lassen, in ihre eigene Vergangenheit zurückzureisen, aber auch den Beschützerinstinkt in ihnen wecken und durch einigen Ideenreichtum wie Meditation im Garten, das Betrachten von Gemälden sowie das Deklinieren von philosophischen Texten und deren Auslegung das Interesse des Kindes wecken. Dabei sind auch so profane Dinge wie ein Picknick hilfreich. Nebenbei lenkt die Autorin den Leser durch das pulsierende Paris mit seinen vielen verschiedenen Kulturen und Besonderheiten, was hier einen wunderbaren Hintergrund ergibt.
Die Charaktere wirken aufgrund ihrer detaillierten und authentischen Darstellung mit Leben gefüllt und lassen den Leser sie schnell ins Herz schließen. Sie sind wie alte Bekannte oder gute Freunde, deren Wohl einem wichtig ist. Colline ist ein zauberhaftes kleines Mädchen, das hochsensibel auf ihr Umfeld reagiert. Sie nimmt sich alles sehr zu Herzen und sucht oftmals auch die Schuld für die Misere bei sich. Sie liebt ihre Eltern, und gerade die Entscheidung, bei wem sie nach der Scheidung leben soll, macht ihr sehr zu schaffen. Colline ist rundum liebenswert, fürchtet aber geradezu die Ablehnung, besonders durch ihren Vater, der oftmals desinteressiert und unaufmerksam ist. Clélie ist eine alte Dame, die ihren Ruhestand genießt. In ihrem Leben gab es einige Schicksalsschläge, die mit dem Besuch von Colline zaghaft an die Oberfläche dringen. Sie hat ein großes Herz, ist mitfühlend, offen und bei vielen sehr beliebt. Rosa ebenso wie Theodore ein Hausnachbar von Clélie. Die beiden sind ebenfalls sehr sympathische und herzliche Menschen, denen der Besuch von Colline ebenso gut tut wie Colline selbst. Aber auch die weiteren Nebendarsteller haben alle ihren Platz in dieser wunderbaren und berührenden Geschichte.
„Der glücklichste Sommer unseres Lebens“ ist ein wunderschöner und tiefgründiger Roman über eine sensible Kinderseele, die an vielen Seelen rührt und so einiges zutage fördert. Zauberhaft und mit viel Einfühlungsvermögen geschrieben, kann man das Buch nicht aus der Hand legen und noch weniger vergessen. Absolute Leseempfehlung!