Hist. Roman der in jeder anderen Zeit auch hätte spielen können und sich zu einem Groschenroman durch und durch entwickelte. Die unsympathische Protagonistin machte es nicht besser.
London 1904: Lady Celia Lytton betört die englische Society mit ihrer Intelligenz und Schönheit zugleich. Sie ist die perfekte Gastgeberin, veröffentlicht im eigenen Verlag einen Bestseller nach dem anderen ...
London 1904: Lady Celia Lytton betört die englische Society mit ihrer Intelligenz und Schönheit zugleich. Sie ist die perfekte Gastgeberin, veröffentlicht im eigenen Verlag einen Bestseller nach dem anderen und genießt ihr junges Familienglück – ein privilegiertes Leben. Doch dramatische Ereignisse kündigen sich an, und als ihr Mann Oliver in den Krieg eingezogen wird, können die Lyttons nicht mehr die Augen vor der Realität verschließen. Die makellose Fassade bekommt erste Risse, und Celia beginnt zu verstehen, dass sie einen Preis zahlen muss, für die Entscheidungen, die sie getroffen hat, und die Geheimnisse, die sie bewahrt …(Klappentext)
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">>Ich hoffe, eines Tages in meinem Büro inmitten meiner Bücher, aufgefunden zu werden.<<"
(S. 24)
Der Klappentext versprach einen äußerst interessanten Roman über das damalige Verlagswesen, der Kampf der Frauen während des Ersten Weltkrieges als sie zu Hause blieben, während die Männer an der Front für das Vaterland kämpften und eventuell den Wiederaufbau danach.
Ich habe durchaus mit Romantik gerechnete, 1. da dies schon im Klappentext ersichtlich ist und 2. da kein historischer Roman ohne auskommt. Liebe und Leidenschaft, Macht und Intrigen - dies in gut recherchierte historische Romane eingebettet, kann durchaus erfrischend sein...falls dies nicht überhand nimmt.
Bevor ich zu diesen überhand nehmenden Passagen kam, musste ich aber schon mit dem Erzählstil etwas kämpfen. Dieser lässt den Leser nicht nur die Protagonistin begleiten, sondern so ziemlich jede darin vorkommenden Figur. Zudem ist er genauso schlicht und sehr einfach gehalten, wie auch der Schreibstil selbst auch.
"Celia bekam ein Gehalt von einhundert Pfund im Jahr, das sie in Gänze an Jenny weitergab.
Oliver und LM waren sich einig, dass es sich bei Celias Tätigkeit für Lyttons um ein offizielles Beschäftigungsverhältnis handeln müsse.
Die anderen Angestellten, die ihr gegenüber anfangs noch argwöhnisch waren, akzeptierten sie schnell."
(S. 37)
Der Vorteil - es lässt sich flüssig lesen und erfordert nicht viel Konzentration. Der Nachteil - es nimmt den Roman gehörig die Spannung und es plätschert eben so dahin. Man kann sich jedoch daran gewöhnen und der Roman ist somit, in gewisser Weise, die ideale Urlaubslektüre.
Bis zur Hälfte gestaltete sich der Roman auch durchaus interessant bezüglich der Einsichten in das damalige Verlagswesen, des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges und der Konsequenzen hinsichtlich des Lytton-Verlags. Man erhält Einblick wie die Frauen ihren eigenen Kampf zu Hause austragen und sie daran wachsen und dadurch selbstbewusster werden.
Mit der 2. Hälfte geht es jedoch steil bergab und aus dem historischen Roman wird eine Soap à la "Reich und Schön", inklusive Affäre und Drama. War mir die Protagonistin bis dahin zwar schon etwas suspekt, danach hätte ich sie nur noch durch das Buch schnalzen mögen.
Und damit wären wir bei den Charakteren. Diese bleiben auf gewisse Weise blass und ich konnte mich in keine der Figuren richtig hineinversetzen. Ab der 2. Hälfte hatte ich dann zumindest eine Sympathieträgerin. Das war die kleine Barty, welche als einzige eine positive Entwicklung durchmacht.
Die Protagonistin Celia Lytton hingegen wurde mir zunehmend unsympathisch. Hat sich zuvor schon alles um sie gedreht, wird es in der 2. Hälfte noch viel schlimmer und fast unmöglich sich in sie hinein zu versetzen oder ihr so etwas wie Sympathie entgegenzubringen. Diese Wandlung hatte keineswegs etwas mit Stärke, Mut, Durchsetzungsvermögen und Feminismus zu tun. Sie entwickelte sich einfach nur zu einer egoistischen Drama-Queen ohne Empathie anderen gegenüber.
----------ACHTUNG SPOILER!----------
Sex war für sie schon anfangs immer Mittel zum Zweck. Sei es, um ihren Traummann vor den Altar zu schleppen, um ihn zu manipulieren oder um sich für irgend etwas zu entschuldigen.
Als Oliver Lytton, zu diesem Zeitpunkt schon leicht traumatisiert, seinen Fronturlaub zu Hause verbringt, beschäftigt Celia allein nur der Gedanke, weshalb er kein Interesse für ihre Probleme und an ihr selbst zeigt.
"Während seines zehntägigen Aufenthaltes zu Hause stellte er Celia keine einzige Frage über Lyttons, wie sie mit ihrem eigenen schwierigen Leben zurecht komme.
Er schlief auch nicht mit ihr oder signalisierte ihr, dass er sich das wünsche.
Als er an die Front zurück musste, setzte sie sich an die Themse und fragte sich, wie eine Ehe solche Belastungen überstehen sollte."
(S. 285 /
Es ist natürlich viel schlimmer, dass er nicht mit ihr pempern will u. sich kein Stück für sie interessiert...schlimmer als das er wieder an die Front muss.)
Als Oliver schließlich aus dem Krieg zurückkehrt, mit schwerer Bauchverletzung und inzwischen schwerst traumatisiert wohlgemerkt, erklärte die Autorin wie egoistisch er nicht agiert.
"Er war dankbar, zu Hause zu sein, und freute sich darüber,
Celia und die Kinder wiederzusehen,
interessierte sich darüber hinaus jedoch nur für sich selbst und seine Genesung."
(S. 327 / Also Pfui..wie kann er nur!)
Celia hat daraufhin natürlich nichts besseres zu tun als sich, nach nur paar Wochen seiner Rückkehr, unsterblich in den erstbesten Autor zu verlieben und eine Affäre mit ihm zu beginnen.
Eh klar, wenn der Gatte mit posttraumatischer Belastungsstörung zu kämpfen hat und einem nicht mehr besteigen will, reagiert man nun mal so. Da ist ein Rasenmäher sensibler als die Protagonistin.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Roman für mich nahezu unlesbar.
----------SPOILER-ENDE!----------
Des Weiteren sind alle Figuren ungewöhnlich attraktiv, äußerst hübsch und höchst intelligent. "Normalos" kommen einem hier also nicht wirklich unter.
Und noch etwas habe ich hier zu beanstanden..jahaa, ich bin noch nicht fertig...und zwar: Die Beschreibung des Settings.
Bis auf die Passagen in denen der Erste Weltkrieg explizit erwähnt wird, könnte sich dieser Roman in jeder x-beliebigen Epoche befinden. Ich vermisste die historische Atmosphäre und ebenso die gut recherchierten historischen Ereignisse à la Ken Follet oder Rebecca Gablé.
Fazit:
Dieser Roman war eine große Enttäuschung für mich, habe ich mir doch, aufgrund der vielen Lobhudeleien bezüglich der Autorin und dieser Reihe, einen historischen Roman à la Ken Follett oder Rebecca Gablé erwartet. Bekommen habe ich einen Groschenroman mit unsympathischer Protagonistin und einem Setting ohne Atmosphäre.
Wer jedoch seichten Liebesschnulzen ohne Tiefgang etwas abgewinnen kann, könnte von dieser Saga durchaus begeistert sein. Ich persönlich halte mich von dieser Reihe und von Büchern dieser Autorin fern. Urlaubslektüre hin oder her.
© Pink Anemone