Wenn Potential auf Brache trifft
Dieses Buch sollte mein erster lesbischer Liebesroman werden - deswegen habe ich ihn anfordert. Leider ist das Buch SO klischeehaft und hölzern, dass ich schnell frustriert war.
Rezi enthält Spoiler.
Worum ...
Dieses Buch sollte mein erster lesbischer Liebesroman werden - deswegen habe ich ihn anfordert. Leider ist das Buch SO klischeehaft und hölzern, dass ich schnell frustriert war.
Rezi enthält Spoiler.
Worum geht es?
Eine Buchhändlerin mit toter Mutter und eine Autorin mit Vater-Problem treffen sich - erst digital, später real. Die eine hat einen Laden, die andere will das Haus abreißen, in dem er sich befindet. Stoff für Probleme - wenn man sie ausgeführt hätte.
Was hat mir gefallen?
Der Hund: Buchhändlerin Rosie hat ein Haustier, das oft erwähnt wird und mich von manchem Grummel abgelenkt hat.
Der Konflikt: Ich fand es toll, dass der Konflikt stetig aufflammt, abkühlt, aber im Untergrund weiterschwelt. Wirklich gelöst ist das Problem erst am Ende. Es gibt auch interessante Aspekte, die angesprochen werden.
Was hat mir nicht gefallen?
Rosie: Die Hauptfigur besitzt den Laden, aber was sie macht, ist nicht klar. Für Buchhaltung und Marketing hat sie eine Managerin, meistens steht sie an der Kasse. Die an Krebs gestorbene Mutter spielt eine große Rolle, aber greifbar wirkt das nicht. Immerhin macht Rosie einzigartig, dass sie auf Janes Business-Klamotten steht.
Jane: Die zweite Hauptfigur bringt mehrere interessante Päckchen mit, aber sie werden nur wenig ausgeführt. Oft wird erwähnt, dass sie introvertiert ist - aber es wird nur einmal erklärt, dass sie eine Pause von Menschen braucht. Ein wirkliches Problem ist das nicht, obwohl das real zu Schwierigkeiten führen kann - sowohl für die Person als auch für das Umfeld. Wenn jemand z.B. nach einem mehrstündigen Treffen ein paar Tage Ruhe braucht. Ich finde es gut, dass das Thema nicht aufgeblasen wird, aber es wirkt auch, als hätte das Buch nur einen negativen Aspekt gebraucht, der nicht zu heftig ist. Außerdem wurde Jane in die Immobilienfirma ihres Vaters gedrängt, fühlt sich aber dort nicht wohl. Offen diskutiert wird das selten. Es gibt keine deutlichen Konfrontation. Ganz im Gegenteil: Der Vater nimmt das und ihr Autor:innen-Dasein eher hin, die Mutter und Schwester unterstützen sie. Zuletzt steht die Frage, ob sich Jane ihrer Leserschaft als Brie offenbahren soll oder nicht. Im Buch wird der Eindruck vermittelt, es sei nur eine Frage der Schüchternheit. Aber real gibt es viele Gründe dafür und dagegen. Offen als Autor:in in Erscheinung zu treten, das bedeutet öffentlich zu werden, seine Persönlichkeit als Marketing-Instrument zu begreifen - das kann für introvertierte Persönlichkeiten auch anstrengend sein, dieser ständige Kontakt. Andererseits verkauft man so besser. Auch der Job als Vollzeit-Autor:in wird stark romantisiert. Und: Jane schreibt keine kreativen Storys.
Die Chemie: Wie bei vielen Konstellationen habe ich mich auch hier gefragt, warum die sich mögen. Die beiden sind, obwohl sie Potential haben, so farblos, dass es wehtut. Wenn sie mal nicht über ihre Beziehung reden, dann sind ihre Gespräche über Bucher oberflächlich. Obwohl Autor:innen und Buchhändler:innen viel zu sagen hätten.
Die Erotik: Ich hatte auf ein paar gute Erotik-Szenen gehofft, aber auch hier: Ödniss. Es gibt eine kleine Szene nach der Hälfte und eine größere nach ca. 70 %. Aber weder Orte noch Technik sind besonders kreativ. Es werden zuwenig Körperteile einbezogen und auf mich wirkte es, als ob die Autorin die Leidenschaft nicht gefühlt hat, die sie auf das Papier bannen wollte.
Die Sprache: Der Text ist nicht schlecht, mir fehlte es aber an Fluss. Oft klingt der Text hölzern, technisch und ein bisschen nach einem Protokoll z.B. S. 208 "Beim Küssen rieb Rosie sich sanft mit ihren Hüften an Janes, und obwohl Janes Schenkel in dieser Stellung aneinandergepresst waren, sodass sie Rosie nicht dort spüren konnte, wo es sie nach ihr verlangte, so war es doch derart erotisch, dass
sie es kaum aushielt."
Die Harmonie: Bis auf einen frauenfeindlichen Vermieter mögen sich im Buch alle - wer keine lesbischen Literatur mag, liebt sie nach dem ersten Lesen, alle finden Jane toll, Rosies Freundin toleriert, dass sie wegen Rosies Beziehung ständig Überstunden machen muss und überhaupt ist alles gut. Es ist eine schöne heile Welt, die man mögen kann - die mir aber zu platt ist.
Fazit
Nachdem der letzte Roman, den ich gelesen habe, zumindest ein paar Themen erst nahm und mich in die Geschichte gezogen hat, war dieser Text nur viel verschenktes Potential. Hier war die Liebesgeschichte wohl wichtiger als die Figuren und ihre Probleme.