Hohe Erwartungen- alle erfüllt
Ralph B. Mertin ist für mich kein unbekannter Autor. Bisher habe ich alle Werke gelesen, die beim Droemer Knaur von ihm erschienen sind. Alle fand ich bisher sehr gut und war nun gespannt auf Nachtigall ...
Ralph B. Mertin ist für mich kein unbekannter Autor. Bisher habe ich alle Werke gelesen, die beim Droemer Knaur von ihm erschienen sind. Alle fand ich bisher sehr gut und war nun gespannt auf Nachtigall im Winter-denn meine Erwartungen waren immens. Und um es vorweg zu nehmen: sie wurden alle erfüllt.
Es geht darin um ein Internat 5 Jahre nach Kriegsende. Die Waisen leben zusammengefasst in Gruppen (zb. Sommer, Frühling, Winter, Nachtigall, Amsel, usw.). Man kann sich schon anhand des Titels denken, dass gerade die Gruppe Winter vom Hauptinteresse sein wird. Denn als auf einmal der charismatische Lehrer Choran mit uraltem Wissen im Gepäck auf das Internat und die Jungen der Wintergruppe trifft, ist nichts mehr so wie es war.
Was mir am Roman wohl am meisten Gefallen hat, war seine düstere Atmosphäre! Wirklich toll wie es der Autor geschafft hat, passend zum jeweiligen Thema und der Situation die Umgebung zu skizzieren- Gänsehautfeeling war dadurch bei mir immer vorhanden! Auch die Spannung blieb konstant da, weswegen ich mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören konnte! Und der Showdown am Schluss war eine wahre Hetzjagd für mein Leserherz.
Auch wunderbar zu verfolgen war, wie die Charaktere sich im Verlauf der Handlung verändern. Das geht zum Teil schleichend und wirkt dadurch sehr, sehr realistisch. Da wäre zum Beispiel der arme kleine Felix. Ein Außenseiter, der immer gehänselt und geschlagen wird. Freunde hat er keine. Zum Ende hin? Na lest selbst!
Alexander- der Gewaltbereite Junge aus Winter, der u.a. Felix das Leben zu Hölle macht und viele mehr. Choran vereint diese unterschiedlichen Charaktere zu einer Gruppe.
Choran als der treibende Aggressor im Buch hat mir auch sehr gut gefallen! Seine Motive sind bis kurz vor Ende absolut ungeklärt. Ein Hauch Mystik liegt der Handlung auch bei. Das schöne für mich dabei: selbst diese mystischen Elemente kann man sich als totaler Realist auch mit Wissenschaft erklären (der Autor überlässt es demnach dem Leser ob er an diese "Melodie" glauben will, oder ob der Realist es auf andere Hilfsmittel im Buch zurück führen möchte!).
Alles in allem hat mir der Roman wirklich sehr, sehr gut gefallen. Es geht im Prolog richtig knackig los. Im Verlauf der Handlung erscheinen immer mehr Fragezeichen beim Leser, die zum Ende hin nach einem großen Showdown doch alle gelöst werden! Gelungenes Werk! Ich möchte weitere Bücher von Herrn Mertin lesen. Ein wirklich sehr vielfältiger Schriftsteller, der mich mit seinen Büchern immer wieder aufs Neue überrascht.