Mit Tiefgang
„Zum Schluss habe ich den letzten Vorhang gelüftet und gesehen: Dahinter ist nichts.“
Mit diesem Fazit meldet sich Hannes Dixon, Reporter und Herausgeber des Paulstädter Boten, zu Wort. Er ist einer der ...
„Zum Schluss habe ich den letzten Vorhang gelüftet und gesehen: Dahinter ist nichts.“
Mit diesem Fazit meldet sich Hannes Dixon, Reporter und Herausgeber des Paulstädter Boten, zu Wort. Er ist einer der Toten, die auf dem Feld, dem Friedhof in Paulstadt, ihre „Stimme“ erheben.
Neunundzwanzig ehemalige Paulstädter Bürger berichten aus ihrem Leben. Der Autor reiht ihre Schilderungen kommentarlos aneinander; doch finden sich in etlichen Erzählungen Bezüge zu vorangegangenen Kapiteln. Die Verstorbenen klagen nicht, sie ziehen Bilanz, geben Schlüsselszenen ihres Lebens oder sehr kurzgefasste Lebensbeschreibungen wieder - je nach Charakter knapp oder etwas ausführlicher. So entsteht kein Roman im herkömmlichen Sinn; skizzierte Lebensentwürfe verschiedener Kleinstadtbürger, die sich zu Lebzeiten mehr oder weniger gut kannten, setzen das Bild vom Leben in einer kleinen Gemeinde zusammen.
So kurz die einzelnen Kapitel gehalten sind, so knapp formuliert Seethaler auch seine Aussagen. In schlichter, ungeschönter Sprache lässt er die Verstorbenen für sich sprechen: von ruhigem Alltag, Erinnerungen an Katastrophen, von Geschäftsinteressen oder kleinen, scheinbar nebensächlichen Ereignissen. Doch von den scheinbar unkomplizierten Geschichten und der einfachen Sprache sollte man sich nicht täuschen lassen: Robert Seethalers Roman hat - wie bei ihm gewohnt - Tiefgang, er ist bestimmt kein „Leichtgewicht“.