Erinnern braucht Mut, darüber zu reden noch mehr!
Es ist einmal… Unter diesem Motto haben die Autorinnen Sabine Michel und Dörte Grimm zehn Gespräche zwischen Großeltern, die in der DDR geboren und/oder aufgewachsen sind und ihren Enkeln aufgezeichnet.
Durch ...
Es ist einmal… Unter diesem Motto haben die Autorinnen Sabine Michel und Dörte Grimm zehn Gespräche zwischen Großeltern, die in der DDR geboren und/oder aufgewachsen sind und ihren Enkeln aufgezeichnet.
Durch dieses Setting entsteht ein sehr persönlicher Zugang zur Vergangenheit, bei dem das Nachfragen der Enkelgeneration neue Türen öffnet, oft auch zu vergessenen, verdrängten Erinnerungen, ebenso wie den oft schmerzhaften Gefühlen, die damit verbunden sind. Gleichzeitig gelingt den Autorinnen, dass die Generationen sich ins Verhältnis setzen, Ähnlichkeiten und Unterschiede entdecken, und Kontinuitäten ebenso wie Brüche in Familiengeschichten deutlich werden.
Die Enkel sind zwischen 1982 und 2005 geboren, die Großeltern zwischen 1935 und 1955. Dadurch variieren auch zwischen den Geschichten ganz unabhängig von der jeweiligen Familie die Erfahrungen des Aufwachsens und Erlebens der zeithistorischen Kontexte. Während einige Enkel selbst keine eigenen Erinnerungen an die DDR haben, sind andere noch Pionier geworden. Auch die Großeltern blicken auf sehr unterschiedliche Lebenswege zurück, während einige vor dem zweiten Weltkrieg Geborene in ihrem Leben drei Gesellschaftssysteme und zwei Systemwechsel erlebt haben, sind andere in der DDR geboren, wieder andere sind als Kind aus Polen geflüchtet.
So entsteht eine echte Vielfalt von Perspektiven auf das Leben und die Erfahrungen in der DDR und die Familiengeschichten, die diese schreiben.
Sehr authentisch und sympathisch finde ich, dass die Autorinnen immer wieder kurze eigene Eindrücke schildern und situativ ihre eigene Biografie in den Geschichten verorten, wie etwa der eigene Besuch in Buchenwald, als ein Großelternteil davon erzählt. Dadurch entstand für mich beim Lesen eine noch größere Nähe zum Geschriebenen.
Bereichert wird der lesenswerte Band zusätzlich durch eindringliche Fotografien von Ina Schoenenburg.
Nicht selten fungieren die Gespräche als Türöffner und Anstoß des Dialogs über die Vergangenheit innerhalb der Familien über die Aufzeichnung hinaus. Und so erging es auch mir beim Lesen, denn neben den aufgezeichneten Geschichten bewegt dieses Buch auch ganz persönlich, um über die eigene Familiengeschichte mehr in Erfahrung zu bringen und ins Gespräch zu kommen. Eine ganz klare Leseempfehlung!