Mein Juist

Vor mehr als 40 Jahren wird Juist zur Heimat für Sandra Lüpkes - erst aus gesundheitlichen Gründen, aber dann verankert sich das Eiland in der Nordsee tief im Herzen der Autorin. Ist ihr Kompass und Sehnsuchtsort zugleich und doch hat sich Sandra Lüpkes dafür entschieden, in Berlin zu leben.

Denn Inselromantik, wie die Leser;innen sie aus ihren Büchern kennen, oder die Urlauber:innen sie für ein paar Wochen im Jahr genießen, gibt es nur bedingt auf Juist zu finden, denn auch hier existiert er - der Alltag. Mit all seinen Problemen und Macken und einer unberechenbaren Komponente, die sich Natur(gewalt) nennt.

Das Buch ist eine Liebeserklärung an die Insel mitten in der Nordsee und ein klar Schiff machen mit Vorurteilen, kitschigen Klischees und verklärten Sichtweisen. Und doch fließt ganz viel Liebe und Wärme aus den Seiten, Demut und Zärtlichkeit und ganz viele Erinnerungen, die sich wie die Blüten einer Strandrose zusammensetzen und sich öffnen.

Sandra Lüpkes erzählt anschauchlich und unterhaltsam Inselgeschichte und Inselgeschichten und ermöglicht so eine ganz neue, frische Perspektive auf die Urlaubsinsel, die nicht nur ihre Gäste verzaubert, sondern die im Volksmund auch gerne "Töwerland" genannt wird.

Bräuche und Traditionen, Ebbe und Flut sind fest mit dem Inselleben verknüpft wie die Erkenntnis, dass man sich auf der Insel unweigerlich tagtäglich mehrmals begegnet und ein "Ausweichen"nicht möglich ist. Aber genau da liegt auch die Stärke - es ist ein Zusammenhalt der Insulaner:innen zu spüren, die sie im Kampf gegen die Naturgewalten und den Erhalt ihres Zuhauses vereint.

Die Schreibende sieht aus der Ferne auf Kindheitserinnerungen, große Lieben und ihren zweimaligen Weggang von der Insel. Bezeichnet diese selbst wie Ebbe und Flut und merkt am Schuss des Buches, dass sie dem Herzschlag der Insel und dem Ruf der Möwen immer wieder folgen muss. Denn ein Teil von Juist lebt in ihr und ist zu "Mein Juist" geworden.

Ein sehr persönliches Buch voller Erinnerungen, liebevollen Umarmungen und auch ernsten Worten, die den Schrei der Möwen weit hinaus tragen, auf die Probleme der Insel in Zeiten des Klimawandels aufmerksam machen und die das ewige Rauschen der Nordseewellen mit sich tragen.

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Nach der Normandie kommt nun die Insel Juist. Während ich schon die Normandie bereist habe, habe ich Juist noch nicht besucht. Mit Sandra Lüpkes kleinem biografischen Reiseführer kann man jedoch schnell und unterhaltsam die kleine Insel kennenlernen.

Damit man ihr gut folgen kann, wurden auf den Innenseiten des Buches zwei Karten von der Insel gedruckt, so dass man immer wieder schauen kann, wo sich die Autorin gerade mit ihrer Geschichte befindet. Ich fand es hilfreich, dadurch konnte das Kopfkino gut an- und mitlaufen.

Der Schreibstil der Autorin sorgt dafür, dass man die 190 Seiten sehr schnell gelesen hat, da man in den kleinen biografischen und (Gäste-) Anekdoten, geschichtlichen Rückblicken und geografischen Besonderheiten gut versinken konnte. Wer das Buch "Die Schule am Meer" (auch von Sandra Lüpkes) gelesen hat, wird manches wiedererkennen und Verbindungen herstellen können.

Was mir gut gefallen hat, ist ihr Blick auf Juist. Es ist nicht der verklärte Inselblick mit ganz viel Romantik und einem lauen Lüftchen. Sie geht dabei auf die Probleme der Insel, die Naturgewalten und die Veränderungen im Laufe der Jahre ein. Sie beschreibt die Inselbewohner:innen mit Zuneigung und Verständnis und erzählt von ihrem Leben auf Juist, ihrem Weggang und ihren Zurückkommen, welche Anziehung Juist auf sie hat und wie es auch anderen Menschen mit der Insel ergangen ist.

Wer das Buch vor seinem Inselurlaub lesen wird, wird die Reise mit anderen Augen antreten und wahrscheinlich trotzdem einen schönen Urlaub auf einer faszinierenden Insel Juist haben.