Als Anime- und Japan-Fan gehört „kawaii“ praktisch schon zu meinem Grundwortschatz und da ich gerne für andere backe, freute ich mich sehr, das Backbuch ausprobieren zu dürfen.
Beim ersten Durchblättern umgab mich auch gleich der „Kawaii“-Zauber, weil alles einfach zuckersüß aussah und geradezu danach schrie, ausprobiert zu werden. Dann widmete ich dem ganzen einen zweiten Blick und las mir die Rezepte durch. Alles ist verständlich erklärt und Aufgrund der Einfachheit auch sicher motivierend für Anfänger. Soweit so gut, aber leider kam in den ersten Seiten dann auch nicht viel Neues. Wie man das Gebäck mit Spritzglasur verziert, sollte man spätestens nach dem zweiten Rezept verstanden haben. Natürlich waren es verschiedene Formen und Farben, aber die Grundanweisungen sind immer gleich und es kommen nicht wirklich neue Arbeitstechniken dazu. Ja, es steht in der Beschreibung und im Vorwort, dass viel mit Keksen gearbeitet wird, aber im Grunde hätten die ganzen Keksrezepte nach dem ersten zu einem großen Bild zusammengefasst werden können, als Anregung was man noch machen kann, da auch ein Anfänger rein von der Optik begreifen können sollte, was beim jeweiligen Objekt nacheinander zu tun ist. Hier fehlte mir definitiv die Abwechslung. Man kann den Keksen nicht absprechen, dass sie nicht mit viel Liebe zum Detail entworfen worden wären und sind auf Feiern oder zum Verschenken sicher der Hit, aber es fehlt mir eben etwas Varianz.
Die Grundrezepte sind aber wirklich gut geeignet und lassen sich prima verarbeiten.
Wirklich gestört haben mich aber dann doch andere Dinge. Das erste ist eine fehlende Mengenangabe wie viele Plätzchen man denn nun aus dem Grundteig bekommt. Es ist logisch, dass dies ganz stark davon abhängt wie dünn man den Teig ausrollt und welche Form man aussticht, aber für mich hätte zu jedem Rezept eine ungefähre Stückzahl dazugehört. Denn gerade wenn man für eine Feier bäckt, will man schon abschätzen können, ob man nun 15 oder 50 Kekse erhält. Davon ist ja auch die Zeitplanung abhängig, denn es macht gerade bei den filigranen Spritzmustern einen gehörigen Unterschied wie lange man am Einzelkeks sitzt.
Außerdem hätten dem Buch ein paar zusätzliche Tipps, speziell für Backanfänger, gut getan, denn eigentlich eignet es sich prima für Einsteiger. Dazu gehören für mich z.B. Antworten auf die Fragen: Kann ich das Royal Icing auch aufbewahren und wenn ja, wie?
Aus dem Rezept wird nämlich eine ganz schöne Menge und ich kann mir kaum vorstellen, dass man immer alles gleich aufbraucht. Ich hatte jedenfalls viel zu viel übrig bzw. konnte nicht alles hintereinander weg verarbeiten.
Kann ich auch was anderes außer dem Lebensmittelfarbstift zum Verzieren der Gesichter nehmen? (War gar nicht so einfach einen zu finden)
Ebenso – Fondant ist nicht gleich Fondant. Man muss ja keine Wissenschaft draus machen, aber bei den meisten Marken gibt es schon Unterschiede zwischen Roll- und Dekorfondant bzw. wie bekommt man denn Fondant stabiler, falls man mal eine sehr weiche Sorte erwischt hat?
Klar sind es vielleicht auch Sachen, auf die man selber kommen könnte, aber da ich das Zielpublikum eher in Backanfängern sehe, wären das echt hilfreiche Informationen gewesen.
Bei der Einhorntorte ist mir leider auch zu sehr Informationssparkurs gefahren wurden. Zwischen dem 3. Schritt (die Torte dünn mit Ganache, Creme oder Marmelade einstreichen) und dem 4. (Fondant überziehen), fehlt mir z.B. dass man eigentlich nach einer Kühlphase noch eine zweite, dickere Schicht aufträgt, denn die dünne ist zum Versiegen der Krume und die zweite, damit es auch wirklich glatt wird. Wer will schon ein buckeliges Einhorn? Okay, es mag vielleicht auch ohne gehen, wenn der Teig nicht zu sehr krümelt und das Fondant stabil genug ist, das sehe ich gar nicht als so gravierend an. Aber „oder eine andere Creme“ nicht weiter zu definieren, ist ein bisschen riskant, denn das würde auch eine richtige Sahne-Creme einschließen und schwups hat man kein Einhorn, sondern ein Fondant-Seepferdchen, das wegschwimmt (meines Wissens ist das bei Marmelade das gleiche Spiel). Habe ich selber schon erleben dürfen, macht keinen Spaß.
Das ist ein bisschen schade, denn grundlegend kann das Buch viel Backfreude bringen.
Fazit:
„Kawaii backen“ ist ein schönes Backbuch für Einsteiger, die vor allem mit nicht unmäßig viel Aufwand schöne und freudebringende Ergebnisse erzielen wollen. Wer schon mehr Erfahrung hat, dem wird wahrscheinlich die Abwechslung fehlen.
Ein paar zusätzliche Tipps und Tricks wären schön gewesen.
Mir persönlich hat auch etwas der japanische Flair gefehlt, den der Japan-Fan man nun mal assoziiert, wenn im Titel „kawaii“ sieht.
Das Preis-Leistungsverhältnis ist an sich aber völlig in Ordnung.
Auf Grund der fehlenden Abwechslung und der oben beschriebenen Kritikpunkte komme ich für mich trotzdem leider nur auf 3,5 von 5 Sternen (für die Bewertungsformen ohne Komma mit Augenzudrücken 4 ;))
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~ Wem würde ich das Buch empfehlen? ~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Für alle, die es im doppelten Sinne „süß“ mögen ist „Kawaii backen“ ein netter Einstieg. Das Buch eignet sich somit auch als kleines Geschenk für Backneugierige. Wer schon Erfahrung hat, sollte aber einen genaueren Blick hinein werfen, und für sich selbst entscheiden, ob es sich wirklich lohnt.