Sue und Wilfried Schwerin von Krosigks Berlinkrimi „Der Totenversteher“ ist 2018 im be.bra Verlag erschienen und umfasst 269 Seiten.
Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oytinghausen, von allen nur Hasi genannt, könnte so glücklich sein, hat er doch ein Vermögen geerbt, das ihm ein sorgenloses Leben ermöglicht. Doch Pustekuchen: Statt das Geld sicher zu investieren, fällt er einem Betrüger zum Opfer. Aber es soll noch dicker kommen: Bald darauf gerät er unverschuldet in das Visier eines Auftragsmörders.
Mit Hilfe seiner verstorbenen Tante, die ihm aus dem Jenseits zur Hilfe eilt, und seiner illustren Freundesschar versucht er, aus dem Schlamassel wieder hinauszukommen und tritt dabei von einem Fettnäpfchen in das nächste …
Die Geschichte ist solide und in sich stimmig konstruiert. Anfangs werden zwei an sich getrennte Handlungsebenen erzählt, die im Laufe des Geschehens zusammenlaufen und am Ende als Einheit aufgelöst werden.
Die Zahl der Charaktere ist überschaubar, alle Personen werden detailliert charakterisiert und gewinnen ihren Liebreiz aus ihren je persönlichen Marotten. Wie es sich für „komische“ Literatur gehört, sind sie teils überzeichnet, sodass man beim Lesen immer wieder mit dem Kopf schütteln muss und sich fragt, ob das Gelesene wirklich wahr sein kann, ob es so viel Naivität gibt. Kriminalhauptkommissar Torsten Nagel präsentiert sich dabei am tiefgründigsten, da er sich am besten reflektieren kann und sich im Laufe der Geschichte weiterentwickelt.
Das Buch enthält sehr viele gesellschaftskritische Aspekte, so zum Beispiel illegale und unsoziale Investmentpraktiken, Alt-68-er und Mitglieder der Hausbesetzerszene, die ihre Ideale verraten haben, das elitäre Gehabe der Kunstszene und die fast schon religiös anmutenden Riten der Esoterik- und Bio-Anhänger. Auf humorige Weise werden diese Gesellschaftsschichten aufs Korn genommen und teils ad absurdum geführt. Geschickt greifen die Autoren dabei auch auf schwarzen und britischen Humor zurück und sorgen damit beim Leser für sehr viele Lacher.
Dass das Autorenduo seine Wahlheimat Berlin gut kennt und liebt, kann man den zahlreichen Wegbeschreibungen durch die bundesdeutsche Hauptstadt entnehmen. Dass der Handlungsort möglichst naturgetreu dargestellt wird, macht den Reiz von Regionalkrimis aus und sollte so sein.
Die Sprache der Verfasser ist flüssig, schnörkellos und leicht zu lesen. Wie es sich für einen Regionalkrimi gehört, hat sich auch der ein oder andere Berlinerische Ausdruck eingeschlichen.
Einziger Wermutstropfen beim Lesen war, dass es mir persönlich doch sehr an Spannung fehlte. Zwar gibt es einen Spannungsbogen, der allerdings durch den Humor überlagert wird, weshalb mir dieses Moment des nicht mehr Aufhörenkönnens oder Nägelkauens vor Spannung fehlte.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Regionalkrimi um ein wirklich intelligent und hintergründig verfasstes Buch, das der Gesellschaft und somit auch dem Leser auf teils groteske Weise den Spiegel vorhält und kriminalistische Elemente enthält. Für Anhänger des schwarzen Humors eine wahre Freude, diejenigen, die mehr Wert auf Spannung legen, werden möglicherweise enttäuscht sein. Mir hat das Buch letztendlich einige lustige, unterhaltsame und nachdenkliche Lesestunden beschert.