Weder Krimi noch Psychodrama
Zwei befreundete Paare Mitte 40 ziehen gemeinsam von Berlin hinaus aufs Land auf einen restaurierten Bauernhof. Ein Bauerngarten, gemeinsame Mahlzeiten draußen unter der alten Buche, ein Badesee in nur ...
Zwei befreundete Paare Mitte 40 ziehen gemeinsam von Berlin hinaus aufs Land auf einen restaurierten Bauernhof. Ein Bauerngarten, gemeinsame Mahlzeiten draußen unter der alten Buche, ein Badesee in nur zweihundert Meter Entfernung ... Idylle pur, könnte man meinen. Doch dann kommt ein Gast und wirbelt all die negativen Gefühle auf - Eifersucht, Selbstzweifel, Neid, Misstrauen. Bereits der Prolog des Buches verrät, dass es am Ende eine Leiche geben wird.
Der Klappentext und der Button „Ein meisterhaftes Psychodrama“ auf dem Cover weckten mein Interesse für dieses Buch. Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, mit den Figuren warm zu werden, und das blieb leider auch so. Zwar wurde immer wieder die Perspektive gewechselt und abwechselnd aus Sicht der Hauptakteure erzählt, aber sie blieben für mich doch blass, ihre Motive nicht nachvollziehbar. Viele Hintergründe schienen mir unklar, manche sogar unlogisch. ACHTUNG SPOILER! z.B. Marlis - warum riss sie die Rosensträucher wieder raus? Und wieso blühen sie während der weiteren Erzählung trotzdem vor Noras Fenster? Wer kauft sich ein Pferd, wenn er nicht mal das Geld hat, der Tochter ein Bahnticket zu zahlen? Johannes, Alex, ihr Verhältnis zueinander. Waren sie jemals beste Freunde und falls nicht, warum ziehen sie dann zusammen? Die Zeitabläufe: Marlis Geburtstag, sie will nächsten Tag das Pferd holen. Tatsächlich holt sie es zwei Wochen später. Warum? Epilog: Erben, Verkaufen, Aus- und Einzug, Dorfbewohner von den neuen Besitzern schon auf einen Wein eingeladen ... alles in nur sechs Wochen? In Deutschland unmöglich. ENDE SPOILER
Die Hauptakteure blieben mindestens bis zur Hälfte des Buches so verwechselbar, dass ich immer wieder innehalten und mir die Konstellation klarmachen musste. Wer sind Livias, wer Lukas‘ Eltern? Das lag sicher auch daran, dass sie alle in ihrem Handeln inkonsequent blieben und niemand wirklich klar seine Motive verfolgte. Mit keiner der Figuren konnte ich mich identifizieren, sie blieben mir fremd. Dieses ganze Hin- und Her ihrer Gedanken, wer gerade wieder was über den Anderen dachte. Fast schon ein bisschen Kindergarten. Keiner kam auf die für mich naheliegenste Idee, sich zusammen unter die Buche zu setzen und die Dinge anzusprechen, jeder kochte sein eigenes Süppchen aus Vorurteilen, Misstrauen und Eigensinn.
Fazit: Auch wenn es eine Leiche gibt, weder die Bezeichnung „Krimi“ noch „Psychodrama“ wird diesem Roman gerecht. 3***